Urteil des LAG Hessen vom 14.12.2010

LAG Frankfurt: unterrichtung, juristische person, kündigung, betriebsübergang, kaufpreis, gefährdung, arbeitsgericht, meinung, tochtergesellschaft, auflösung

1
2
3
4
5
Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
15. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
15 Sa 757/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 613a Abs 5 BGB, § 613a
Abs 6 BGB
Unterrichtung bei Betriebsübergang
Leitsatz
Einzelfall zu einem insgesamt ordnungsgemäßen Unterrichtungsschreiben bei einem
Betriebsteilübergang. Die Widerspruchsfrist wurde nach über einem Jahr nicht
eingehalten.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 15.
April 2010 - 7 Ca 532/09 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger und die vormalige Beklagte zu 2. (im Folgenden nur Beklagte) streiten
im Berufungsrechtszug weiterhin um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses,
die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und Weiterbeschäftigung.
Der am xxx geborene und verheiratete Kläger war seit dem yyyy bei der Beklagten
zuletzt als Ingenieur im Bereich der digitalen Filmbearbeitung (Geschäftsbereich
Post Production Solution = PPS) beschäftigt. Sein Bruttomonatsgehalt betrug
zuletzt € 4.860,87.
Die Beklagte ist ein Unternehmen des A-Konzerns. Zwischen ihr und der B oHG
bestand ein am 20. Dezember 2001 abgeschlossener Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrag. Am 5. Januar 2010 erfolgte die Eintragung der
Aufhebung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages durch Vertrag
vom 30. Dezember 2009 in das Handelsregister des Amtsgerichts Darmstadt (vgl.
Bl. 351 d.A.).
Die Beklagte übertrug mit einem Einbringungsvertrag (German Asset Transfer
Agreement, Bl. 88 – 95 d.A.) vom 27. Oktober 2008 den Geschäftsbereich PPS auf
ihre neu gegründete Tochtergesellschaft, die zunächst unter C GmbH, sodann
unter D GmbH und zuletzt unter E GmbH firmierte. Der seinerzeitige
Geschäftsführer der Tochtergesellschaft übernahm mit Wirkung vom 27. Oktober
2008 die Leitung des Geschäftsbereichs PPS. Die Tochtergesellschaft der
Beklagten trat in sämtliche bestehenden Verträge ein, übernahm die vom
Geschäftsbereich PPS genutzten Maschinen und führte die Arbeitsverhältnisse von
171 Arbeitnehmern, die in diesem Geschäftsbereich tätig waren, fort.
Im November 2008 übertrug die Beklagte ihre Gesellschaftsanteile an ihrer
Tochtergesellschaft auf die F GmbH. Deren Gesellschaftsanteile wurden aufgrund
eines Anteils- und Übertragungsvertrages (Share Purchase and Transfer
Agreement) vom 8. September 2008 (Bl. 96 – 134 d.A.) auf die G GmbH
übertragen.
6
7
8
9
10
11
12
13
Die Beklagte nutzte für den Geschäftsbereich PPS Patente und Lizenzen, deren
Inhaber die H mit Sitz in I war. Die H übertrug mit Vertrag vom 8. September 2008
(Patent License Agreement, Bl. 135 – 151 d.A.) ihre Rechte an den Patenten und
Lizenzen auf die G GmbH.
Mit Schreiben vom 31. Oktober 2008 informierten die Beklagte und die C GmbH
den Kläger über den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die C GmbH.
Wegen der Einzelheiten und des genauen Inhalts dieses Schreibens an den Kläger
wird auf Blatt 5 bis 9 der Akten Bezug genommen. Das Schreiben ging dem Kläger
am 3. November 2008 zu. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2009 widersprach der
Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses.
Mit Schreiben vom 29. Oktober 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis
des Klägers zum nächstmöglichen Zeitpunkt (Bl. 12 d.A.).
Wegen des Vortrages der Parteien im ersten Rechtszug und der dort gestellten
Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts
Darmstadt vom 15. April 2010 gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen (Bl.
258 - 260 d.A.).
Das Arbeitsgericht Darmstadt hat durch vorgenanntes Urteil die Klage
abgewiesen. Es hat – soweit im zweiten Rechtszug betreffend die Beklagte von
Bedeutung - angenommen, der Widerspruch des Klägers gegen den Übergang
seines Arbeitsverhältnisses auf die C GmbH sei nicht fristgerecht erfolgt, weil die
Monatsfrist gemäß § 613a Abs. 6 BGB seit Zugang des ordnungsgemäßen und
vollständigen Unterrichtungsschreibens vom 31. Oktober 2008 nicht eingehalten
worden sei. Der Zeitpunkt des Betriebsübergangs sei zutreffend bezeichnet.
Insoweit sei der Zeitpunkt der tatsächlichen Übernahme des Betriebsteils PPS
durch eine andere juristische Person maßgeblich, nicht aber wer Gesellschafter
dieser juristischen Person sei. Durch die Übertragung von Gesellschaftsanteilen an
einer juristischen Person finde kein Betriebsübergang statt, so dass es auch nicht
zu den für die Unterrichtung maßgeblichen wirtschaftlichen Folgen eines
Betriebsübergangs gehöre, wenn ein Betriebsteil an eine Gesellschaft verkauft
werde, die durch die Veräußerung ihrer Gesellschaftsanteile letztlich aus einem
Konzern ausscheide. Auf die Vereinbarung einer Verlustübernahme innerhalb des
A Konzerns komme es nicht an. Das Unterrichtungsschreiben informiere auch
zutreffend über die Veräußerung aller wesentlichen zu dem Betriebsteil PPS
gehörenden materiellen und immateriellen Betriebsmittel. Die Beklagte habe im
Hinblick auf Lizenzen und Patente weder eine unzutreffende Behauptung
aufgestellt, noch einen falschen Eindruck erweckt. Den Vortrag des Klägers zu
einem vereinbarten negativen Kaufpreis hat es als nicht hinreichend substantiiert
angesehen. Auf den von der Beklagten erhobenen Einwand der Verwirkung komme
es nicht an. Den Kündigungsschutzantrag hat es zurückgewiesen, weil zum
Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 29. Oktober 2009 zwischen dem Kläger
und der Beklagten kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden habe und hat
dementsprechend noch angenommen, es bestehe keine
Weiterbeschäftigungsverpflichtung der Beklagten.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger innerhalb der zur Niederschrift über die
Berufungsverhandlung am 14. Dezember 2010 festgestellten und dort
ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt, soweit seine Klage gegen die Beklagte
abgewiesen wurde.
Er verfolgt sein Begehren teilweise unter Wiederholung und Ergänzung seines
erstinstanzlichen Vorbringens weiter und hält an seiner Auffassung fest, dass sein
Widerspruch fristgerecht erfolgt sei, weil das Unterrichtungsschreiben nicht
ordnungsgemäß sei. Insoweit meint er, dass auch der Anteilsverkauf von der
Beklagten an die G GmbH ein Betriebsübergang sei, denn nach der Richtlinie
2001/23/EG falle auch der share deal in den Anwendungsbereich des § 613a BGB.
Dies könne jedoch dahinstehen, denn jedenfalls sei über die wirtschaftliche Folge
zu unterrichten gewesen, dass mit der Herauslösung des Geschäftsbereichs PPS
aus dem A-Konzern eine Auflösung der Gewinnabführung bzw. Verlustübernahme
verbunden sein würde. Eine solche Auflösung habe erhebliche Auswirkungen auf
die Liquidität des künftigen Arbeitgebers. Diese Tatsache und auch das genaue
Datum der Vollziehung des Anteilsverkaufs wären deshalb von entscheidender
Bedeutung für die Arbeitnehmer gewesen.
Er ist der Auffassung, es sei von entscheidender Bedeutung für die Arbeitnehmer
gewesen, ob Patente und Markenrechte auf den Erwerber übergehen oder – etwa
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
gewesen, ob Patente und Markenrechte auf den Erwerber übergehen oder – etwa
weil dies gar nicht möglich war – nach wie vor genutzt werden dürften. Er meint, es
wäre ein einschränkender Hinweis darauf, dass die Beklagte gerade nicht Inhaberin
der Rechte war, wesentlicher Bestandteil der Informationspflicht gewesen. Mangels
eines solchen Hinweises habe er nur davon ausgehen können, dass Patente und
Markenrechte als für den Geschäftsbetrieb erhebliche immaterielle Betriebsmittel
ebenfalls veräußert worden seien.
Er ist der Meinung, dass die Beklagte über den so genannten „negativen
Kaufpreis“ habe informieren müssen. Er behauptet, aus Ziffer 4.1 des Share
Purchase and Transfer Agreement vom 8. September 2008 ergebe sich, dass die
Beklagte ihre Geschäftsanteile an der F GmbH für € 19.400.000,-- an die G GmbH
verkauft habe. Er ist der Auffassung, aus Ziffer 6.1 des Share Purchase and
Transfer Agreement ergebe sich eine den negativen Kaufpreis belegende
Gesamtzahlungsverpflichtung von € 25.700.000,-- bestehend aus einer
Verpflichtung in Höhe von € 18.100.000,-- an die F GmbH und von € 7.170.000,--
an die E GmbH. Er meint in diesem Zusammenhang, dass wenn die Beklagte den
Arbeitnehmern mitgeteilt hätte, dass sie sogar noch Zahlungen an den Erwerber
bzw. die F GmbH als neuem Mutterunternehmen geleistet hat, wäre diesen
bewusst geworden, dass eine erhebliche Gefährdung des Teilbetriebs bestehe.
Diese Gefährdung des Teilbetriebes ergebe sich auch aus der Ausschüttung von €
2.875.000,-- von der E GmbH an die F GmbH aufgrund eines
Gesellschafterbeschlusses vom 28. November 2008 und aus der Ausschüttung
von € 21.115.000,-- von der F GmbH an die G GmbH aufgrund eines
Gesellschafterbeschlusses ebenfalls vom 28. November 2008. Damit habe die G
GmbH als Investorin mehr als den Anteilskaufpreis zurück erhalten und ein
nachhaltiges Interesse an der Ausrichtung des Unternehmens sei nicht ersichtlich.
Er behauptet, im Jahresabschluss zum Geschäftsjahr 27. August 2008 bis 31.
Dezember 2008 der E GmbH werde auf eine fehlende Kreditlinie und auf erhebliche
Verluste infolge der Etablierung einer selbständigen nationalen sowie
internationalen Vertriebsstruktur verwiesen. Er meint, die Vertriebsorganisation
stelle ein wesentliches Betriebsmittel dar und dessen Fehlen sei ein Umstand, der
im Informationsschreiben hätte enthalten sein müssen.
Er ist der Meinung, eine Verwirkung des Widerspruchsrechts sei nicht anzunehmen
und die Kündigung der Beklagten sei unwirksam. Er behauptet, es seien nach wie
vor Beschäftigungsmöglichkeiten für ihn vorhanden. Die Beklagte beschäftigte
zahlreiche Ingenieure, mit denen er vergleichbar sei. Die
Weiterbeschäftigungspflicht ergebe sich im Hinblick auf die Rechtsprechung des
Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts zur Weiterbeschäftigungspflicht.
Der Kläger beantragt:
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 15.April 2010 wird abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass das zwischen dem Kläger und der Beklagten
bestehende Beschäftigungsverhältnis – aufgrund des Widerspruchs gemäß § 613a
BGB – mit der Beklagten zu unveränderten Bedingungen seit 27. Oktober 2008
fortbesteht.
3. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die vorsorgliche
betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 29. Oktober 2009 aufgelöst
worden ist.
4. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger vertragsgemäß als Ingenieur und auch
sonst zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres
erstinstanzlichen Vorbringens. Sie hält an ihrer Auffassung fest, der Kläger habe
sein Widerspruchsrecht verwirkt und hält die Kündigung für wirksam.
Sie meint, auch die Auslegung des deutschen Rechts im Lichte des europäischen
Rechts führe nicht zu der Annahme, dass die Übertragung von
Gesellschaftsanteilen an einer juristischen Person ein Betriebsübergang sei. Über
die Auflösung der Gewinnabführung bzw. Verlustübernahme habe sie deshalb nicht
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
die Auflösung der Gewinnabführung bzw. Verlustübernahme habe sie deshalb nicht
informieren müssen, weil es sich dabei nicht um einen Umstand handele, der zum
Zeitpunkt der Unterrichtung konkret absehbar gewesen sei. Hinsichtlich der
Patente und Markenrechte ist sie der Meinung, dass sie streng genommen, gar
nicht habe informieren dürfen.
Sie behauptet, der Gesamtkaufpreis für die Gesellschaftsanteile habe ausweislich
Ziffer 4.1 und 4.2 € 19.670.000,-- betragen. Die Angaben zu einem negativen
Kaufpreis ordne sie den mittelbaren Angaben im Rahmen von share deals zu und
ist der Meinung, dass es insoweit allenfalls allein auf das Verhältnis zwischen ihr
und der E GmbH ankomme. Die Zahlung von € 7.170.000,-- sei für die Übernahme
der Verpflichtungen gemäß Ziffer 6.1 b) bis e) des Share Purchase and Transfer
Agreement. Über eine fehlende Kreditlinie habe sie nicht unterrichten müssen, weil
über das wirtschaftliche Potenzial des Erwerbers nicht unterrichtet werden müsse,
so lange dieser nicht offensichtlich notleidend sei. Die Etablierung einer
selbständigen nationalen und internationalen Vertriebsstruktur sei zum Zeitpunkt
des Unterrichtungsschreibens noch nicht in Aussicht genommen gewesen.
Wegen des vollständigen Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird im
Übrigen auf die Berufungsbegründung insgesamt (Bl. 293 – 305 d.A.) nebst Anlage
(Bl. 306 d.A.), die Berufungsbeantwortung (Bl. 334 – 347 d.A.) nebst Anlagen (Bl.
348 – 352 d.A.), den Schriftsatz des Klägers vom 8. Dezember 2010 (Bl. 357 – 360
d.A.) und den Schriftsatz der Beklagten vom 13. Dezember 2010 (Bl. 368 – 373
d.A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 14. Dezember 2010 (Bl. 264, 265 d.
A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers gegen das am 15. April 2010 verkündete Urteil des
Arbeitsgerichts Darmstadt ist zulässig. Das Rechtsmittel ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64
Abs. 1, 2 ArbGG statthaft und von dem Kläger in gesetzlicher Form und Frist
gemäß § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG iVm §§ 519 ZPO, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG eingelegt
und ordnungsgemäß und fristgerecht nach § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG iVm § 520 Abs.
3 ZPO begründet worden.
Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht
abgewiesen.
1. Der Klageantrag auf Feststellung, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten
über den 27. Oktober 2008 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht, ist zulässig.
Der Bestand eines Arbeitsverhältnisses ist ein feststellungsfähiges
Rechtsverhältnis iSd. § 256 Abs. 1 ZPO. Das nach dieser Norm erforderliche
Interesse an alsbaldiger Feststellung ist gegeben. Das Feststellungsinteresse ist
eine Sachurteilsvoraussetzung und als solche in jeder Lage des Verfahrens, auch
in der Berufungsinstanz, von Amts wegen zu prüfen. Maßgebender Zeitpunkt für
das Bestehen des Feststellungsinteresses ist der Schluss der
Berufungsverhandlung.
Da die Beklagte bestreitet, über den 27. Oktober 2008 hinaus Arbeitgeberin des
Klägers gewesen zu sein, ist ein Feststellungsurteil über den Bestand des
Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien geeignet klarzustellen, wer die
Verpflichtungen aus diesem Arbeitsverhältnis künftig zu erfüllen hat.
2. Dieser Feststellungsklageantrag ist jedoch nicht begründet.
Zwischen den Parteien hat über den 27. Oktober 2008, den Zeitpunkt des
Übergangs des Bereichs PPS auf die E GmbH (seinerzeit firmierend unter C
GmbH) im Wege eines Betriebsteilübergangs (§ 613a BGB), kein Arbeitsverhältnis
mehr bestanden. Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf
die E GmbH nicht wirksam widersprochen, denn er hat die einmonatige
Widerspruchsfrist nicht eingehalten.
Die Unterrichtung des Klägers durch die Beklagte und die C GmbH (nunmehr
firmierend unter E GmbH) mit Schreiben vom 31. Oktober 2008 über den am 27.
Oktober 2008 erfolgten Betriebsteilübergang entsprach den gesetzlichen
Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB. Daher war der Widerspruch des Klägers
vom 6. Oktober 2009 verspätet, weil die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a
Abs. 6 S. 1 BGB mit Zugang des Unterrichtungsschreibens beim Kläger am 3.
November 2008 zu laufen begonnen hatte.
36
37
38
39
40
41
42
Gemäß § 613a Abs. 5 BGB hat der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber
die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform
zu unterrichten über: 1. den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des
Übergangs, 2. den Grund für den Übergang, 3. die rechtlichen, wirtschaftlichen und
sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und 4. die hinsichtlich der
Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.
Das den Anforderungen des § 126b BGB genügende Unterrichtungsschreiben der
Beklagten und der E GmbH (seinerzeit firmierend unter C GmbH) stammt vom 31.
Oktober 2008. Mit ihm wurde der Kläger über den Übergang seines
Arbeitsverhältnisses auf die für den damaligen Zeitpunkt zutreffend und
vollständig bezeichnete C GmbH zum 27. Oktober 2008 informiert. Die erst
nachträgliche Information steht der Wirksamkeit der Unterrichtung nicht entgegen,
denn die Unterrichtungsverpflichtung erlischt nicht mit dem Zeitpunkt des
Übergangs, sondern besteht darüber hinaus. Erfolgt die Unterrichtung erst nach
dem Vollzug des Betriebsübergangs, beginnt die Widerspruchsfrist erst nach
Zugang der Unterrichtung (vgl. BT-Drucks. 14/7760 S. 20 noch zur dreiwöchigen
Widerspruchsfrist; BAG v. 24. Mai 2005 - 8 AZR 398/04 - AP BGB § 613a Nr. 284 =
EzA BGB 2002 § 613a Nr. 35; MünchKommBGB/Müller-Glöge § 613a Rn. 120).
Über den Grund für den Teilbetriebsübergang iSd. § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB, d.h.
die Angabe des Rechtsgrundes für den Betriebsübergang wie Pachtvertrag,
Kaufvertrag, Umwandlung etc., hat die Beklagte zutreffend und hinreichend in dem
Unterrichtungsschreiben informiert, wenn sie dort ausführt, dass sie den
Geschäftsbereich Post Production Solutions in J im Wege eines
Einbringungsvertrages vom 27. Oktober 2008 an die C GmbH veräußert habe und
ihre den Hintergrund dafür bildende unternehmerische Entscheidung erläutert.
Die Beklagte hat den Kläger mit dem Schreiben vom 31. Oktober 2008 auch
hinreichend gemäß § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB informiert.
Unter den rechtlichen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer sind Fragen des
Kündigungsschutzes, die Information über das Widerspruchsrecht nach § 613a
Abs. 6 BGB, der Hinweis auf die mögliche Folge des Ausspruchs einer
betriebsbedingten Kündigung im Falle von dessen Ausübung, der Hinweis auf den
Eintritt des Betriebsübernehmers in die Rechte und Pflichten aus dem
bestehenden Arbeitsverhältnis, der Hinweis auf die Gesamtschuldnerschaft des
Übernehmers und Veräußerers, der Hinweis auf die anteilige Haftung nach § 613a
Abs. 2 BGB, der Hinweis auf die kündigungsrechtliche Situation – so denn
Kündigungen im Raum stehen -, der Hinweis auf die Anwendbarkeit tariflicher
Normen, der Hinweis darauf, inwieweit beim Veräußerer geltende Tarifverträge und
Betriebsvereinbarungen durch beim Erwerber geltende Tarifverträge abgelöst
werden, ohne dass diese im Einzelnen bezeichnet werden müssen, sowie der
Hinweis darauf, ob die Normen kollektivrechtlich oder individualrechtlich fortwirken,
zu verstehen (vgl. BAG v. 24. Mai 2005 – 8 AZR 398/04 - AP BGB § 613a Nr. 284 =
EzA BGB 2002 § 613a Nr. 35; v. 14. Dezember 2006 –8 AZR 763/05 – zitiert nach
juris).
Über Fragen des Kündigungsschutzes und zum Eintritt des Betriebsübernehmers
in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis hat die
Beklagte im vorletzten und letzten Absatz auf Seite 2 und im ersten Absatz auf
Seite 3 des Schreibens vom 31. Oktober 2008 informiert. Sie hat das
Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers nach § 613a Abs. 6 BGB auf Seite 3 des
Schreibens unter der Überschrift „Was muss oder kann ich tun?“ dargestellt und
dort auch den Hinweis auf die mögliche Folge des Ausspruchs einer
betriebsbedingten Kündigung im Falle von dessen Ausübung erteilt. Die Hinweise
auf die Gesamtschuldnerschaft des Übernehmers und Veräußerers und die
anteilige Haftung nach § 613a Abs. 2 BGB hat sie im vorletzten Absatz des
Schreibens auf Seite 3 aufgenommen und auf eben dieser Seite des Schreibens
ausführlich die Situation im Hinblick auf die Anwendbarkeit tariflicher und
betrieblicher Normen, die Situation wegen bei ihr geltender Tarifverträge und
Betriebsvereinbarungen durch beim Erwerber nicht geltende Tarifverträge
verbunden mit dem Hinweis auf die individualrechtliche Fortwirkung dargestellt.
Zudem hat sie die Rechtsstellung des in J bestehenden Betriebsrats erläutert und
ausdrücklich mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers wegen des
Betriebsübergangs weder gekündigt werden kann noch soll.
Die Unterrichtung über die wirtschaftlichen Folgen des Übergangs für die
42
43
44
45
46
47
Die Unterrichtung über die wirtschaftlichen Folgen des Übergangs für die
Arbeitnehmer als so genannte Sekundärfolge erfordert ein Eingehen auf bisherige
und künftige Geschäftsaktivitäten des Betriebserwerbers (BAG 23. Juli 2009 – 8
AZR 538/08 - AP Nr. 10 zu § 613a BGB Unterrichtung = EzA § 613a BGB 2002 Nr.
114), Ausführungen zur Übernahme von Grundstücken (BAG 31. Januar 2008 – 8
AZR 1116/06 - AP Nr. 2 zu § 613a BGB Unterrichtung = EzA § 613a BGB 2002 Nr.
85) und – soweit Ansprüche in Betracht kommen – ein Eingehen auf
Sozialplanansprüche, die dem Arbeitnehmer bei Ausübung des
Widerspruchsrechts zustehen können (BAG 13. Juli 2006 – 8 AZR 303/05 - AP Nr.
311 zu § 613a BGB = EzA § 613a BGB 2002 Nr. 55).
Sozialplanansprüche stünden dem Kläger bei einem Widerspruch nicht zu; über
den Nichtübergang von Grundstücken hat die Beklagte informiert (Seite 3 letzter
Absatz, Satz 1). Zu den bisherigen und künftigen Geschäftsaktivitäten verhält sich
das Unterrichtungsschreiben beginnend auf Seite 2 im letzten Absatz („Sowohl bei
der C als auch bei der …… F GmbH eingebracht werden.“) und im dritten Absatz
auf Seite 4 unter der Überschrift „Welche Maßnahmen sind hinsichtlich der
Arbeitnehmer in Aussicht genommen?“.
Weiterer Informationen zu den wirtschaftlichen Folgen des Übergangs für die
Arbeitnehmer bedurfte es entgegen der Auffassung des Klägers nicht.
Einer Unterrichtung über eine Auflösung der „Gewinnabführung bzw.
Verlustübernahme“ bedurfte es nicht. Ebenso wenig war eine Unterrichtung über
den so genannten Closing date erforderlich. Dabei kann dahinstehen, ob es sich
bei der Aufhebung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zwischen
der Beklagten und der B oHG um eine Sekundärfolge im Sinne des § 613a Abs. 5
Nr. 3 BGB handelt. Es ist auch nicht von Bedeutung, ob der Anteilsverkauf und
dessen Rechtswirksamkeit überhaupt zu den mitzuteilenden Informationen iSv. §
613a Abs. 5 BGB gehört. Eine Information darüber im Unterrichtungsschreiben war
nämlich bereits aufgrund der zeitlichen Komponente nicht erforderlich, denn der
Inhalt der Unterrichtung richtet sich nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und
Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung (BAG 23. Juli 2009 – 8 AZR 538/08 - AP
Nr. 10 zu § 613a BGB Unterrichtung = EzA § 613a BGB 2002 Nr. 114 Rn. 21 mwN).
Am 31. Oktober 2008 stand nicht fest, dass der Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrag zwischen der Beklagten und der B oHG enden werde,
denn der entsprechende Aufhebungsvertrag ist erst am 30. Dezember 2009
geschlossen worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Beendigung trotz der erst
Ende 2009 vertraglich vereinbarten Aufhebung des Ergebnisabführungsvertrages
bereits Ende Oktober 2008 dem Kenntnisstand der Beklagten entsprach, bestehen
nicht. Davon ist unter Berücksichtigung der abgestuften Darlegungs- und
Beweislast der Parteien auszugehen. Der Veräußerer und der Erwerber sind für die
Erfüllung der Unterrichtungspflicht darlegungs- und beweispflichtig. Entspricht eine
Unterrichtung zunächst formal den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB und ist
sie nicht offensichtlich fehlerhaft, ist es Sache des Arbeitnehmers, einen Mangel
näher darzulegen. Hierzu ist er im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast nach
§ 138 Abs. 3 ZPO verpflichtet. Die Unterrichtungsverpflichteten müssen sodann
Einwände des Arbeitnehmers mit entsprechenden Darlegungen und
Beweisantritten entkräften (BAG 14. Dezember 2006 – 8 AZR 763/05 - AP Nr. 318
zu § 613a BGB = EzA § 613a BGB 2002 Nr. 63). Dementsprechend hat die
Beklagte die Kopie eines Handelsregisterauszuges vorgelegt, wonach der am 20.
Dezember 2001 abgeschlossene Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag
durch Vertrag vom 30. Dezember 2009 aufgehoben wurde. Diese Eintragungen
zieht der Kläger nicht in Zweifel, sondern hat sich erstinstanzlich selbst darauf
berufen. Soweit er den Aufhebungszeitpunkt mit Nichtwissen bestreitet, übersieht
er, dass die Registereintragungen nach ganz herrschender Meinung, der die
erkennende Kammer folgt, jedenfalls einen Beweis des ersten Anscheins für die
Richtigkeit der Eintragung begründen (vgl. BGH 31. Juli 1997 – V ZR 23/96 – zitiert
nach juris mwN.). Die Eintragungen in das Handelsregister können unter anderem
nur unter Vorlage einer Abschrift des Aufhebungsvertrages erfolgen. Ist die
Eintragung erfolgt, so begründet sie mithin den Anscheinsbeweis dafür, es sei ein
entsprechender Vertrag unter diesem Datum geschlossen worden. Diesen ersten
Anschein hat der Kläger nicht erschüttern können. Er hat weder konkrete
Tatsachen vorgetragen, noch Umstände dargelegt, die eines Hinweises nach § 139
ZPO bedurft hätten.
Am 31. Oktober 2008 stand auch nicht fest, wann der so genannte Closing Day
sein würde, denn am 31. Oktober 2008 war nicht absehbar, wann die im
48
49
50
51
52
53
sein würde, denn am 31. Oktober 2008 war nicht absehbar, wann die im
Kaufvertrag vereinbarten Bedingungen erfüllt sein würden; über deren
Maßgeblichkeit für den Eintritt des Closing Day hat die Beklagte im zweiten Absatz
auf Seite 1 des Schreibens unterrichtet.
Durch den Zugang des Schreibens vom 31. Oktober 2008 ist auch nicht wegen
Auslassungen oder Fehlinformationen zum Nichtübergang von Patenten und
Markenrechten aus Anlass des Betriebsteilübergangs von der Beklagten auf die C
GmbH (nunmehr firmierend unter E GmbH) in dem Schreiben die Widerspruchsfrist
nicht in Gang gesetzt worden.
Zum einen kommt es nicht darauf an, ob sich bei dem Kläger wegen seiner im
Vorfeld zum Betriebsteilübergang mangelnden Informationen zur Inhaberschaft an
den Patenten und Markenrechten seitens der H mit Sitz in I wegen der im
Unterrichtungsschreiben enthaltenen Information über die Veräußerung
„einschließlich aller wesentlichen zum Betriebsteil der PPS gehörenden materiellen
und immateriellen Betriebsmittel“ Fehlvorstellungen gebildet haben.
Anknüpfungspunkt für die Unterrichtungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB sind nicht
die subjektiven Vorstellungen einzelner Arbeitnehmer, sondern die objektiven mit
dem Betriebs(teil)übergang verbundenen rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen
Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer. Zum anderen übertrug die H mit
Vertrag vom 8. September 2008 unstreitig ihre Rechte an den Patenten und
Lizenzen auf die G GmbH und – darauf hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend
hingewiesen – der Kläger hat nicht behauptet, dass die Erwerberin die Rechte im
Verhältnis zur G GmbH nicht nutzen dürfe. Ebenso zutreffend hat das
Arbeitsgericht angenommen, dass die Beklagte in dem Unterrichtungsschreiben
an keiner Stelle die Behauptung aufgestellt oder den Eindruck erweckt hat, dass
die Beklagte Inhaberin der genannten Rechte sei. Dann aber ist – so zu Recht das
Arbeitsgericht – nicht von einer falschen oder unvollständigen Unterrichtung
auszugehen.
Einer Unterrichtung über einen „negativen Kaufpreis“ bedurfte es nicht, um die
Widerspruchsfrist mit dem 3. November 2008 in Gang zu setzen.
Zunächst kann offen bleiben, ob der Gesamtkaufpreis für die Gesellschaftsanteile
zu dessen Entrichtung sich die G GmbH in dem Share Purchase and Transfer
Agreement vom 8. September 2008 verpflichtete € 19.400.000,00 oder €
19.670.000,00 beträgt, denn der eine wie der andere Betrag liegt sowohl unterhalb
des vom Kläger angenommenen Betrages von € 25.700.000,00 wie auch oberhalb
von € 18.100.000,00 und von € 7.170.000,00. Er übersteigt auch die behauptete
Ausschüttung von € 2.875.000,00 in der einen oder anderen Höhe und bleibt
unterhalb von € 21.115.000,00.
Des Weiteren gebietet zwar § 613a Abs. 5 BGB eine Information des
Arbeitnehmers auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsüberganges, wenn
durch diesen die Rechtspositionen des Arbeitnehmers zwar nicht unmittelbar
betroffen sind, die ökonomischen Rahmenbedingungen des Betriebsüberganges
jedoch zu einer so gravierenden Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der
Arbeitnehmer beim neuen Betriebsinhaber führen, dass diese Gefährdung als ein
wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen
den Übergang der Arbeitsverhältnisse anzusehen ist. Dies ist vor allem dann,
wenn die Arbeitsplatzsicherheit beim Betriebserwerber maßgeblich betroffen ist
(vgl. BAG 31. Januar 2008 – 8 AZR 1116/06 AP Nr. 2 zu § 613a BGB Unterrichtung
= EzA § 613a BGB 2002 Nr. 85 mwN.).
Im vorliegenden Streitfall handelt es sich aber bei den von der Beklagten im
Rahmen des Share Purchase and Transfer Agreement eingegangenen
Zahlungsverpflichtungen – zum einen zunächst unabhängig davon wem
gegenüber diese eingegangen wurden – nicht um mittelbare Folgen des
Betriebsteilübergangs des Geschäftsbereichs PPS von der Beklagten auf die
damals als C GmbH firmierende Übernehmerin, sondern um Verpflichtungen aus
einem so genannten share deal. Der so genannte share deal führt nur zu einem
Gesellschafterwechsel, er stellt keinen Betriebsübergang dar (BAG 20. April 2010 -
3 AZR 225/08 – NZA 2010, 883-889, Rz. 33). Zum anderen ist auch deswegen
nicht von einem „negativen Kaufpreis“ als mittelbare Folge des
Betriebsteilübergangs des Geschäftsbereichs PPS von der Beklagten auf die
damals als C GmbH firmierende Übernehmerin auszugehen, weil die Beklagte sich
in dem Agreement im Verhältnis zur Betriebsteilübernehmerin nur zur Zahlung
von € 7,17 Millionen verpflichtet hat. Die vom Kläger für die Berücksichtigung
54
55
56
57
58
59
60
61
von € 7,17 Millionen verpflichtet hat. Die vom Kläger für die Berücksichtigung
sämtlicher Zahlungsverpflichtungen bemühten „allein maßgeblichen
wirtschaftlichen Betrachtungsweisen“ vermögen nicht zu überzeugen. Es ist nicht
erkennbar, warum solche wirtschaftlichen Betrachtungsweisen eine so gravierende
Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer beim neuen
Betriebsinhaber bedeuten, dass diese Gefährdung als ein wesentliches Kriterium
für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen den Übergang der
Arbeitsverhältnisse anzusehen ist. Auch das klägerische Argument, ein
nachhaltiges Interesse an der Ausrichtung des Unternehmens sei nicht erkennbar,
führt zu keinem anderen Ergebnis. Ein Verlust an Sicherungsmitteln oder
finanziellen Mitteln seitens der Betriebsübernehmerin, der sich im Falle
wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Übernehmerin zu Lasten des Klägers
schwächend auswirken könnte, ist jedenfalls aufgrund der Zahlungsverpflichtungen
der Beklagten nicht ersichtlich.
Bei den vom Kläger weiter angeführten Ausschüttungen von der E GmbH aufgrund
Gesellschafterbeschlusses vom 28. November 2008 handelt es sich nun deutlich
nicht um mittelbare Folgen des Betriebsteilübergangs, die zum Zeitpunkt der
Unterrichtung schon dem Kenntnisstand des Veräußerers und Erwerbers
entsprochen hätten. Die Ausschüttungen von der F GmbH an die G GmbH
betreffen keine an dem Betriebsteilübergang beteiligte juristische Person.
Einer Unterrichtung über die fehlende Kreditlinie und auf erhebliche Verluste wegen
der Etablierung einer selbständigen nationalen sowie internationalen
Vertriebsstruktur bedurfte es auch nicht.
Grundsätzlich ist der bisherige Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer
über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Betriebsübernehmers im
Einzelnen zu unterrichten, da deren Beurteilung grundsätzlich nicht eindeutig
anhand objektiver Tatsachen erfolgen kann, sondern jeweils im Einzelfalle einer
regelmäßig nicht justiziablen Einschätzung der wirtschaftlichen und rechtlichen
Gegebenheiten sowie der künftigen wirtschaftlichen Entwicklung unterliegt. Dies
bedeutet, dass das wirtschaftliche Potential des Betriebserwerbers im Allgemeinen
nicht Gegenstand der Informationspflicht ist. Eine Unterrichtung über die
wirtschaftliche Lage des Betriebserwerbers kann aber für die Entscheidung des
Arbeitnehmers, ob er Widerspruch gegen den Übergang seines
Arbeitsverhältnisses einlegen soll, von Bedeutung sein, wenn die wirtschaftliche
Notlage des Betriebserwerbers offensichtlich ist, wie z.B. bei einem bereits
eingeleiteten Insolvenzverfahren (BAG 31. Januar 2008 – 8 AZR 1116/06 - AP BGB
Unterrichtung § 613a Nr. 2 = EzA § 613a BGB 2002 Nr. 85 mwN.).
Sowohl die fehlende Kreditlinie, als auch die entstandenen Verluste gehören zum
einen zum wirtschaftlichen Potential des Betriebserwerbers. Darüber ist nicht zu
unterrichten. Eine wirtschaftliche Notlage ist bei einer Eigenkapitalquote von 51%,
die ebenfalls im Bericht attestiert ist, nicht anzunehmen. Zum anderen datiert der
vom Kläger in Bezug genommene Jahresabschluss, dem diese Informationen
entstammen vom 24. Juli 2009, so dass auch aus diesem Grund nicht davon
auszugehen ist, dass die Beklagte bereits von einem dieser Umstände Kenntnis
hatte. Hinzu kommt, dass die Schaffung einer selbständigen nationalen sowie
internationalen Vertriebsstruktur zum Zeitpunkt des Betriebs(teil)übergangs und
der Unterrichtung noch nicht bekannt war. Der Kläger ist dem Vortrag der
Beklagten im Rahmen der ihn treffenden abgestuften Prozessobliegenheiten nicht
entgegengetreten.
Auf den Einwand der Verwirkung kommt es daher nicht entscheidungserheblich an.
Die Berufung des Klägers ist auch bezogen auf den Kündigungsschutzantrag und
den Weiterbeschäftigungsantrag erfolglos, denn das Arbeitsverhältnis der Parteien
hat aufgrund des Betriebsübergangs bereits zu einem Zeitpunkt vor Ausspruch
der Kündigung geendet und ein Kündigungsschutzantrag beinhaltet immer auch
die Feststellung, dass zum Zeitpunkt des streitigen Ereignisses ein
Arbeitsverhältnis mit der in Anspruch genommenen Vertragspartei bestand. Dies
ist nicht der Fall. Dementsprechend besteht für die Beklagte auch aus keinem
rechtlichen Grund eine Weiterbeschäftigungsverpflichtung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs.
2 ArbGG liegen nicht vor, insbesondere kommt der Rechtsfrage keine
grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zu. Eine
grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zu. Eine
Rechtsfrage ist von grundsätzlicher Bedeutung, wenn sie klärungsfähig,
klärungsbedürftig und von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder
tatsächliche Auswirkungen für die Allgemeinheit oder eines großen Teils derselben
hat. Es fehlt schon an der klärungsbedürftigen Rechtsfrage. Die
Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die Rechtsfrage höchstrichterlich entschieden
worden ist und dagegen keine neuen beachtlichen Gesichtspunkte vorgebracht
werden oder wenn eine eindeutige Rechtslage vorliegt und deshalb divergierende
Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte nicht zu erwarten sind (BAG 28. Juli
2009 – 3 AZN 224/09 – Rn 15, NZA 2009, 859). Die Klärungsbedürftigkeit liegt
nicht vor, da die Beantwortung der Rechtsfrage durch das Bundesarbeitsgericht in
den angezogenen Entscheidungen bereits entschieden ist. Zudem ist nicht
ersichtlich, dass die Rechtsfrage allgemeine Bedeutung hat.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.