Urteil des LAG Hessen vom 14.09.2010
LAG Frankfurt: angemessene entschädigung, arbeitsüberlastung, schutz der gesundheit, arbeitsunfähigkeit, mobbing, abmahnung, datenbank, eintrag, erstellung, schmerzensgeld
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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
12. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 Sa 1115/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 280 Abs 1 BGB, § 278 BGB,
§ 253 Abs 2 BGB, § 823 Abs
1 BGB
Entschädigung und Schadenersatz wegen Mobbing und
vorsätzlicher Herbeiführung einer dauerhaften
Arbeitsunfähigkeit
Orientierungssatz
Einzelfall einer erfolglosen Klage auf Zahlung von Schadensersatz und einer
Entschädigung wegen Mobbings und der schuldhaften (vorsätzlichen) Herbeiführung
einer dauernden Arbeitsunfähigkeit
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main
vom 12. Mai 2009 – 3 Ca 9554/08 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche aufgrund
angeblicher Mobbinghandlungen von Mitarbeitern der Beklagten.
Die Beklagte ist eine internationale Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit mehreren
Standorten auch in Deutschland. Der am xx geborene, ledige Kläger war bei ihr
vom 17.07.1995 bis zum 28.02.2007 auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom
6.07.1995 zunächst im PC-Support als IT-Anwendungsbetreuer beschäftigt. Im
Dezember 2002 versetzte ihn die Beklagte auf seinen Wunsch vom Standort B in
die SAP-Abteilung in C. Sein Aufgabenbereich setzte sich dort wie folgt zusammen:
Vergabe von existierenden Berechtigungsrollen an Anwender des D -Systems,
Analyse und Lösung von Fehlern, die im Zusammenhang mit
Systemberechtigungen auftreten, Pflege bestehender Berechtigungen und
Entwicklung neuer Berechtigungsobjekte, Anlegen, (ab Juni 2005) Sperren und
Löschen von Userstammsätzen, Mitwirken an Projekten und Sonderaufgaben. Er
verdiente zuletzt € 3.636,00 brutto monatlich. Der Kläger ist mit einem
anerkannten GdB von 30 seit 2006 einem Schwerbehinderten gleichgestellt.
Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält in Ziffer 4.2 (Bl. 84 d.A.) eine zweistufige
Ausschlussfrist zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem
Anstellungsverhältnis. Danach sind diese spätestens innerhalb von drei Monaten
nach ihrer Fälligkeit geltend zu machen. Nach Ablehnung durch den
Vertragspartner sind sie innerhalb weiterer drei Monate gerichtlich geltend zu
machen.
Der Kläger arbeitete mit Frau E, die langjährige SAP-Erfahrung besaß und auch am
zu betreuenden D -System von Anfang an mitarbeitete, zusammen. Sein
unmittelbarer Vorgesetzter war Herr F . Leiter des Application Services Office war
seit dem 1.07.2003 Herr G, der ab dem 11.12.2002 bereits für die weitere
Überführung von SAP R/3 in den Regelbetrieb zuständig war. Für die Einzelheiten
der Organisation des Bereichs wird Bezug genommen auf die Lotus-Notes vom
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der Organisation des Bereichs wird Bezug genommen auf die Lotus-Notes vom
11.12. 2002, 3.07.2003 und das Organigramm TCC (Bl. 634, 636, 638). Das
Bewerbungsgespräch im Jahre 2002 führte der Kläger noch mit dem Vorgänger
des G . Der Kläger verfügte zunächst über keine SAP-Kenntnisse. Die Beklagte
schickte ihn im Dezember 2002 und Januar 2003 zu entsprechenden Schulungen.
Auch beschäftigte sie zu dieser Zeit in der Abteilung mehrere SAP-Berater, die das
Berechtigungskonzept für D entwickelten und aufbauten, nach der Zielsetzung der
Beklagten dann aber durch eigene Mitarbeiter ersetzt werden sollten. Während
seiner Tätigkeit in der SAP-Abteilung leistete er lediglich einmal, im August 2003,
Überstunden (19,4 Stunden).
Im Vorgang zur Versetzung übersandte die Personalreferentin Frau H dem Kläger
die schriftliche Versetzungsvereinbarung. Darin war eine Klausel enthalten, die im
Falle des vorzeitigen Ausscheidens des Klägers eine Rückzahlung der von der
Beklagten verauslagten Umzugskosten vorsah. Der Kläger strich ohne vorherige
Absprache die Klausel in der ihm übersandten schriftlichen Vereinbarung, weil sie
vorher in der Lotus-Note vom 27.11.2202 (Bl. 430 d.A.), mit der Frau H die
telefonisch vereinbarten Punkte zusammenfasste, nicht enthalten war. In einem
Meeting am 11.03.2003 warf ihm Herr G deshalb Täuschung vor.
Im Dezember 2002 übertrug Frau E ihm Aufgaben, die er wegen fehlender
Berechtigungen (für Abfragen über SQ 01) nicht ausführen konnte. Als er dies
monierte, wurden die Aufgaben einem der SAP-Berater übertragen.
Die Beklagte zog sukzessive bis Mitte März 2003 die drei SAP-Berater ab, so dass
der Kläger und Frau E die anstehenden Aufgaben allein bearbeiten mussten.
Mit Lotus-Note vom 22.01.2003 forderte Herr G die Mitarbeiter des Bereichs dazu
auf, ihre An- und Abwesenheitszeiten in der Datenbank Dispo ITS einzutragen. Da
der Vorgesetzte F in der Folge keinen Eintrag des Klägers feststellen konnte,
forderte er ihn mit Notes vom 7.02.2003 und 14.04.2003 zur Vornahme des
Eintrags in die Dispo Datenbank auf (BL. 12 – 14 d. A.).
Am 6.02.2003 betraute Herr G den Kläger mit der Bearbeitung des
Revisionsberichts. Mit Lotus-Notes vom 21.03.2003 und 9.04.2003 fragte Herr F
den Kläger nach dem Fortgang der Bearbeitung. Am 28.04.2003 (Lotus-Note, Bl.
28 d.A.) forderte er ihn angesichts des „schleppenden Fortgangs der Abarbeitung
offener Punkte des Revisionsberichts“ dazu auf, sich in der Woche vom 5. –
9.5.2003 ausschließlich mit der Erledigung der offenen Punkte zu beschäftigen.
Das Tagesgeschäft werde in dieser Zeit gänzlich von Frau E übernommen. Er
erwarte dann einen Abschluss der Arbeiten am 9.05.2003. Nachdem der Kläger
am 9.05.2003 keinen Abschlussbericht vorlegte, setzte Herr F dem Kläger am
14.05.2003 (Lotus-Note, Bl. 30 d.A.) unter Verlängerung seiner Freistellung vom
Tagesgeschäft eine letzte Frist bis zum 23.05.2003.
Nach Fertigstellung des Berichts war der Kläger vom 26.05. – 14.06.2003
arbeitsunfähig erkrankt.
Am 26.02.2004 (Bl. 38 d.A.) sprach die Beklagte dem Kläger eine schriftliche
Ermahnung aus, weil er für die Zeit seiner Abwesenheit wegen einer Schulung vom
9.02. -13.02.2004 seinen Aufgabenbereich nicht ordnungsgemäß seiner
Vertreterin, Frau E, übergeben habe. Die Beklagte erwartete hier eine persönliche
Übergabe statt einer per Mail. Nach Gesprächen mit dem Kläger nahm die
Beklagte seine Gegendarstellung zur Personalakte.
Mit Lotus-Note vom 18.02.2005 (Bl. 40 d.A.), einem Freitag, machte Herr F den
Kläger darauf aufmerksam, dass er die ihm zu Beginn der Woche übertragene
Aufgabe zur Erstellung eines Konzepts für die Ticketbearbeitung und Steuerung in
seinem Bereich nicht erfüllt habe und forderte ihn auf, das Konzept noch heute zur
Verfügung zu stellen.
Im Beurteilungsgespräch am 3.06.2005 bemängelten die Vorgesetzten, dass der
Kläger Defizite bei der Bearbeitung von Konzepten aufweise. Zudem übertrugen
sie ihm mit dem User-Management eine weitere Aufgabe. Da diese Aufgabe von
einem Mitarbeiter allein nicht zu bewältigen war, verknüpften sie die Übertragung
in der Mail vom 3.06.2005 (Bl. 641d.A.) mit dem Hinweis, dass er die Aufgabe
„vorerst“ zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben übernehmen solle und stellten
ihm mit Mail vom 16.06.2005 (Bl. 645 d.A.), verbunden mit der Aufforderung, die
Priorisierung der Arbeiten abzustimmen, Frau E zur Unterstützung zur Seite.
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Der Kläger war ab dem 4.07.2005 dauerhaft erkrankt, nachdem er schon vorher
vom 11.04. – 7.05.2005 arbeitsunfähig erkrankt war. In der Zeit vom 1.02.2007 -
30.11. 2009 bezog er eine Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von € 1360,06
monatlich. Die dauerhafte Arbeitsunfähigkeit sowie die Erwerbsunfähigkeit
beruhten laut fachärztlicher Bescheinigung vom 9.03.2009 (Bl. 179 d.A.) auf einer
rezidivierenden depressiven Symptomatik, in deren Hintergrund eine anhaltende
berufliche Konfliktsituation bestehe.
Mit Schreiben vom 29.07.2005 und nochmals vom 12.03.2006 forderte die
Beklagte den Kläger auf, die ihn behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu
entbinden, mit letzterem Schreiben zudem dazu, seinen Laptop herauszugeben.
Am 9.03.2006 rief Herr G den Kläger an und monierte das Ausbleiben der
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung seit dem 1.03.2009. Der Kläger war nach
falscher Beratung durch seinen Arzt davon ausgegangen, dass die Vorlage nicht
mehr nötig sei. Beide vereinbarten, dass der Kläger sie nachreichen werde, was
umgehend geschah. Im Nachgang dazu sprach die Beklagte eine Abmahnung aus.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis wegen der andauernden Erkrankung
mit Schreiben vom 11.10.2006 zum 28.02.2007. Auf die Kündigungsschutzklage
des Klägers stellte das Arbeitsgericht Frankfurt mit rechtskräftigem Urteil vom
17.04.2007 (3 Ca 7617/06) die Wirksamkeit der Kündigung fest. Aufgrund eines
Rentenbescheids vom 1.04.2008 (Bl. 59 d.A.) bezog der Kläger rückwirkend für die
Zeit vom 1.02.2007 bis zum 30.11.2009 eine Rente wegen voller
Erwerbsunfähigkeit in Höhe von € 1.226,78 monatlich.
Mit Schreiben vom 23.12.2008 wandte sich der Prozessbevollmächtigte des
Klägers an die Beklagte und machte Schadensersatz- bzw.
Entschädigungsansprüche geltend, weil das Verhalten der Mitarbeiter der
Beklagten seit der Versetzung nach Frankfurt, insbesondere die systematische
Arbeitsüberlastung des Klägers seine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit und
Erwerbsunfähigkeit verursacht hätten. Bezüglich der Einzelheiten dieses
Schriftsatzes wird auf Bl. 60 – 64 d.A. Bezug genommen. Mit seiner am 30.122008
beim Arbeitsgericht eingereichten Klage verfolgt der Kläger seine Ansprüche auf
Schadensersatz bzw. Entschädigung gerichtlich weiter.
Der Kläger hat behauptet, die durch seine Vorgesetzten G und F betriebene
systematische Arbeitsüberlastung seit seinem Wechsel nach Frankfurt habe zu
seiner dauerhaften Erkrankung geführt. Seine Arbeitsaufgabe habe vorrangig in
der Pflege bestehender und der Entwicklung neuer Berechtigungsobjekte
bestanden. Erst an dritter Stelle habe die Vergabe existierender
Berechtigungsrollen an Anwender des D -Systems gestanden. Die Anzahl der von
1,5 Mitarbeitern zu betreuenden SAP-Benutzerdatenstammsätze habe bei 5.530
gelegen. Die Zahl der Kommunikationsuser habe 2.760 betragen.
Die Auseinandersetzungen hätten schon bei der Abfassung der
Versetzungsvereinbarung begonnen. G und Frau H hätten ihm zu Unrecht
Täuschung vorgeworfen, weil er die Klausel über die Rückzahlung der
Umzugskosten einseitig gestrichen habe. Er habe darüber jedoch Frau J,
Mitarbeiterin in der Gehaltsabrechnung, informiert.
Es sei dann in der SAP-Abteilung damit weitergegangen, dass Frau E ihm Arbeiten
zugeteilt habe, die normalerweise durch die externen SAP-Berater ausgeführt
wurden, ohne ihm die notwendigen Berechtigungen zuzuteilen.
Kurze Zeit später habe die Beklagte aus Kostengründen die drei SAP-Berater
vorzeitig abgezogen, den ersten am 31.12.2002, den letzten am 12.03.2003. Die
weitere Einarbeitung durch Frau E sei nicht hinreichend gewesen.
Bei dem Streit um seine angeblich unterbliebene Eintragung in die Dispo-ITS-
Daten-bank habe sich nach der letzten Lotus-Note vom 14.04.2003
herausgestellt, dass Herr F mit einer lokalen Datenbank arbeitete und deshalb die
bereits erfolgte Eintragung des Klägers nicht wahrnehmen konnte. Nachdem der
Kläger auf dem Rechner von Herrn F die Umstellung auf „serverbasierend“
vorgenommen habe, seien seine Einträge sichtbar geworden.
Bei Übertragung der Bearbeitung des Revisionsberichts am 6.02.2003 sei er
mangels Erfahrung nicht in der Lage gewesen, den erforderlichen Zeitaufwand zu
schätzen. Er habe schon 38.000 Transaktionen beherrschen sollen, obwohl der
Kurs Berechtigungsentwicklung erst kurz vorher, vom 13. – 15.01.2003
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Kurs Berechtigungsentwicklung erst kurz vorher, vom 13. – 15.01.2003
stattgefunden habe. Neben dieser Aufgabe habe er per Lotus-Notes vom 14.02.,
24.02., 3.03., 17.03, 19.03. und 10.04.2003 von Herrn F und Frau E weitere
Arbeitsaufträge erhalten. Mit Lotus-Note vom 14.05.03 habe Herr F schließlich die
Vorlage des Berichts verlangt, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch 25 Tagestickets
offen gewesen seien. Die dadurch gegebene Arbeitsüberlastung bis zur Übergabe
des Abschlussberichts habe zur ersten Erkrankung ab dem 26.05.2003 geführt.
Die Zeitvorgaben in den Lotus-Notes vom 28.04.2003 und vom 14.05.2003 seien
unrealistische gewesen. Das zeige sich schon daran, dass der Vorgesetzte in
seiner letzten Lotus-Note auf die Zeitvorstellung des Klägers eingegangen sei.
Schon seit Anfang März 2003 sei der Druck der Vorgesetzten so groß gewesen,
dass schon morgens bei ihm Übelkeit auftrat und er abends infolge der
angespannten Bildschirmarbeit die Tageszeitung nicht mehr eindeutig zu lesen
vermochte. Am 22.09.2003 habe ein Augenarzt ihm eine Gleitsichtbrille
verschrieben.
Seine Arbeitsunfähigkeit habe Frau K aus der Personalabteilung zum Anlass
genommen, ihn auf seine Pflichten im Krankheitsfall hinzuweisen, obwohl er sich
ordnungsgemäß krank gemeldet habe.
Die Ermahnung wegen nicht ordnungsgemäßer Übergabe des Arbeitsbereichs vor
seiner Abwesenheit wegen einer Fortbildungstagung sei ungerechtfertigt; denn er
hätte Frau E am Donnerstag auch mündlich nicht bereits über das erst am Freitag
aufgetretene Problem informieren können.
Im Jahre 2005 habe der Konflikt sich zugespitzt, weil die Vorgesetzten ihn
systematisch mit Arbeit überlasteten. Trotz andauernder Arbeitsüberlastung habe
Herr F weiter von ihm die kurzfristige Erstellung eines Konzepts zur
Ticketbearbeitung verlangt und ihm dafür am 18.02.2005 eine letzte Frist gesetzt.
Im Beurteilungsgespräch am 3.06.2005 habe Herr F ihm Defizite in der
Konzeptbearbeitung vorgeworfen, obwohl er schon voll ausgelastet war. Zudem sei
ihm mit dem Usermanagement eine weitere Tätigkeit übertragen worden, für
deren Erledigung mindestens zwei Mitarbeiter erforderlich seien.
Während seiner Arbeitsunfähigkeit und des Urlaubs vom 11.04 – 27.05.2005 habe
Frau E unberechtigt auf seine Mailbox zugegriffen.
Der Kläger hat weiter behauptet, seine Vorgesetzten wiederholt auf seine
Arbeitsbelastung hingewiesen zu haben. Seine Beschwerden seien ignoriert und
eine Beeinträchtigung seiner Gesundheit bewusst in Kauf genommen worden.
Anträge auf Leistung von Mehrarbeit habe Herr F fast immer abgelehnt. Soweit er
Überstunden leistete, habe er sie immer zeitnah wieder abbauen müssen.
Er habe sich am 3.03.2004 beim Betriebsrat wegen Mobbings beschwert. Anlass
des Gesprächs sei die Ermahnung vom 26.02.2004 gewesen. Das
Betriebsratsmitglied Luft habe danach mit G gesprochen.
Auch nach dem Beginn seiner dauerhaften Erkrankung im Juli 2005 habe die
Beklagte ihn weiter unter Druck gesetzt, so mit der Aufforderung, seine Ärzte von
der Schweigepflicht zu entbinden, seinen Laptop - entgegen vorheriger
gegenteiliger Erklärung des G - herauszugeben, sowie mit dem Ausspruch einer
Abmahnung wegen Verletzung der Pflicht zur Vorlage einer
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
Da die Mitarbeiter der Beklagten durch das hier beschriebene Verhalten seine
Krankheit verursacht und dabei bewusst in Kauf genommen hätten, sei die
Beklagte zum Ersatz des Verdienstausfalls für die Zeit seit dem 1.12.2006 bis zum
30.11.2009 (€ 90.414,30) sowie zum Ersatz krankheitsbedingter Fahrtkosten (€
3.313,20) und sonstiger Kosten (€ 759,53) verpflichtet. Außerdem stehe ihm
aufgrund seiner Leidensgeschichte, der permanenten Herabwürdigung seiner
Arbeit und der Gesundheitsschädigung, ein Schmerzensgeld- und
Entschädigungsanspruch zu, den er in Höhe von € 40.000,00 für angemessen
ansehe. Für die Berechnung seiner Forderungen wird auf S. 10 - 26 des
klägerischen Schriftsatzes vom 4.03.2009 Bezug genommen (Bl. 138, 154 d.A.).
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 94.487,23 nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
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Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
die Beklagte zu verurteilen, ihm eine angemessene Entschädigung und ein
angemessenes Schmerzensgeld, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts
gestellt werden, zu zahlen;
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Schäden aus
seiner von ihr verursachten Erkrankung zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass dem Kläger die Verfolgung von
Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen schon aufgrund der
arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist verwehrt sei. Sie hat jede Absicht der
Vorgesetzten, den Kläger durch permanente Arbeitsüberlastung herabzusetzen,
wie auch, dass die behauptete Arbeitsüberlastung Ursache der Erkrankung des
Klägers gewesen sei, bestritten. Zu den einzelnen vom Kläger angeführten
Vorfällen und Verhaltensweisen der Vorgesetzten hat sie folgendes behauptet:
Die Umzugskostenklausel mit Rückzahlungsvorbehalt in der
Versetzungsvereinbarung sei in ihren Verträgen absolut üblich. Sie habe die
einseitige Streichung der Klausel im Ergebnis auch akzeptiert.
Das dem Kläger in der SAP-Abteilung übertragene Tagesgeschäft habe in erster
Linie das Berechtigungskonzept für D zum Gegenstand gehabt. Er habe
zusammen mit Frau E insgesamt 3700 Anwenderaccounts zu betreuen gehabt.
Davon seien 2.700 sog. Kommunikationsanwender, d.h. solche, die nur über ein
Vorsystem auf das SAP-System zugreifen konnten, gewesen. Diese Stammsätze
seien einmalig angelegt und beim Ausscheiden eines Anwenders wieder gelöscht
worden. Mehr Betreuungsaufwand sei bei diesen Accounts nicht angefallen. Nur
die weiteren 940 Accounts mit unmittelbarem Zugriff auf das SAP-System
bedurften einer dauernden Pflege.
Das Berechtigungskonzept für D sei im Projekt zur Einführung des D nur
vorbereitet worden. Die finale Ausprägung sei planmäßig ab dem GoLive des
Systems am 1.07.2002 erfolgt. Dazu sei ein Team, bestehend aus drei externen
Beratern und Frau E, gebildet worden, das im laufenden Betrieb die benötigten
Berechtigungsrollen entwickelte und administrierte. Eine zusätzliche Aufgabe des
Teams sei gewesen, am Ende seiner Tätigkeit einen weiteren Mitarbeiter in das
Thema einzuarbeiten und danach die Betriebsführung komplett an Mitarbeiter der
Beklagten zu übergeben. Zur Tätigkeit in diesem Bereich sei der Kläger nach
Frankfurt versetzt und planmäßig eingearbeitet worden. Der Kläger habe im
Dezember 2002 und Januar 2003 die erforderlichen Schulungen absolviert und sei
von den Beratern intensiv eingearbeitet worden. Die SAP-Berater seien nicht
vorzeitig abgezogen worden, sondern nachdem sie ihre Aufgabe erfüllt hatten. Der
Kläger sei für alle ihm übertragenen Arbeiten geschult worden. Zudem habe ihm
Frau E zur Seite gestanden.
Die Beklagte habe ihm – schon im eigenen Interesse – stets alle notwendigen
Berechtigungen eingeräumt.
Hinsichtlich der Einträge in die Datenbank hat die Beklagte darauf hingewiesen,
dass lediglich die Einträge des Klägers als einzigem Mitarbeiter fehlten. Daraus
folge, dass nicht Herr F, sondern der Kläger mit einer lokalen Kopie der Datenbank
gearbeitet haben muss.
Die Bearbeitung des Revisionsberichts sei dem Kläger am 6.02.2003 übertragen
und von ihm erst am 23.05.2003 beendet worden. Sie sei ihm nicht zusätzlich zur
Erledigung seines Tagesgeschäfts, sondern, wie bei der Mitarbeit an Projekten
üblich, nur begleitend, d.h., zur Erledigung, wenn Zeit dafür war, übertragen
worden. Sein Ausbildungsstand sei für die Erledigung der Aufgabe vollkommen
ausreichend gewesen. Die Kenntnis von 38.000 Transaktionen sei nicht erforderlich
gewesen. Er sei zu Beginn nicht gedrängt worden, die Aufgabe innerhalb einer
vorgegebene Zeit zu erledige, sondern nur aufgefordert worden, die seiner
Meinung nach erforderlichen Aufwände zu beziffern. Er habe jedoch bei der
Bearbeitung nur auf Aufforderung und später nach Verstreichen der gesetzten
Fristen mit einem Zwischenbericht reagiert. Ab dem 5.05.2003 sei er vom
Tagesgeschäft gänzlich freigestellt worden, um sich ganz auf den Revisionsbericht
konzentrieren zu können. Der Beklagten sei die Erledigung dieser Aufgabe wichtig
gewesen.
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Mit der Ermahnung vom 26.02.2004, hat die Beklagte gemeint, habe sie das
mildeste arbeitsrechtliche Instrument gewählt, um auf ein Fehlverhalten
hinzuweisen. Die Beklagte wünsche eine mündliche - und keine einseitige
schriftliche - Übergabe des Arbeitsbereichs, damit Rückfragen gestellt und geklärt
werden können.
Der Kläger sei nie mit Arbeitsaufgaben überlastet gewesen. Für die Mitarbeit an
Projekten gelte grundsätzlich, dass die Mitarbeiter gefragt würden, ob sie an
Projekten mitarbeiten wollten, damit sie nicht mit Projekten in Kombination mit
dem Tagesgeschäft überlastet werden. Auch der Kläger habe in der Vergangenheit
– von der Beklagten akzeptiert - die Mitarbeit am L abgelehnt. Auch der geringe
Umfang an geleisteter Mehrarbeit zeige, dass der Kläger nicht überlastet wurde. Er
habe nie aktiv Überstunden beantragt. In dem ihm am 3.06.2005 übertragenen
Usermanagement sei der Kläger bis zu seiner dauerhaften Erkrankung im Juli 2005
noch gar nicht tätig geworden.
Nach der Erkrankung des Klägers habe sie ihn wegen ihres Interesses an einer
Gesundheitsprognose um die Befreiung seiner Ärzte von der Schweigepflicht
gebeten.
Sie habe dem Kläger nie gestattet, den Laptop, ein ihm von ihr überlassenes
Arbeitsmittel, zu behalten.
Abschließend hat sie behauptet, der Kläger habe sich während seiner Tätigkeit nie
über eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts beklagt, weder bei ihr, noch
beim Betriebsrat oder der bestehenden Ethikstelle. Beim Betriebsrat habe er nur
vorgesprochen, um sich über seine Reaktionsmöglichkeiten gegen die Ermahnung
zu erkundigen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 12.05.2009 - Az. 3 Ca 9554/08 - die
Klage abgewiesen. Für die Begründung der Entscheidung wird auf die
Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (Bl. 247 -
255 d.A.)
Der Kläger hat gegen das ihm am 4.06.2009 zugestellte Urteil am 24.06. 2009
Berufung eingelegt und sie am 4.08.2009 begründet.
Der Kläger behauptet unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags weiterhin,
die systematischen, ineinandergreifenden und sich steigernden schikanösen und
diskriminierenden Handlungen seiner Vorgesetzten G und F hätten ihn in seinen
Persönlichkeitsrechten verletzt und einen solchen Leidensdruck aufgebaut, der
eine andauernde Gesundheitsschädigung in Gestalt einer rezidivierenden
depressiven Symptomatik verursacht habe.
Die Zermürbung seiner Person habe schon mit dem Procedere beim Abschluss
der Versetzungsvereinbarung begonnen, insbesondere weil G auch im Meeting am
11.03.2003 noch den Vorwurf einer Täuschung durch den Kläger erhoben habe.
Mit den ihm von Frau E übertragenen Aufgaben sei er fachlich überfordert
gewesen. Ohne das Eingreifen der Berater hätte er aufgrund der fehlenden
Berechtigungen falsche Ergebnisse geliefert.
Das Verhalten des Herrn F wegen des Datenbankeintrags beruhe nicht auf einem
Missverständnis, sondern zeige deutlich den Umgang mit dem Kläger und seiner
Arbeit.
Für die Bearbeitung des Revisionsberichts habe es ihm an Erfahrung gefehlt. Die
Beklagte hätte die Aufgabe der erfahrenen Kollegin Frau E übertragen müssen. Er
sei nicht in der Lage gewesen, den erforderlichen Zeitaufwand abzuschätzen.
Zudem sei er schon ab 14.02.2003 mit weiteren Aufgaben betraut worden, wie aus
den Lotus-Notes vom 14.02.2003, 24.02.2003, 3.03.2003 und vom 10.04.2003
ersichtlich.
Die Ermahnung vom 26.02.2004 hält er weiterhin für unberechtigt, weil er Frau E
vor ihrem Urlaub über keine weiteren Probleme hätte informieren können. Im
Gespräch habe die Beklagte den Vorwurf darauf reduziert, dass keine mündliche
Übergabe stattgefunden habe.
Die Schikanen, die die Missachtung seiner Person und seiner Leistung deutlich
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Die Schikanen, die die Missachtung seiner Person und seiner Leistung deutlich
machten, seien auch nach seiner andauernden Erkrankung fortgesetzt worden.
Sowohl die Rückforderung des Laptop, der Ausspruch der Abmahnung wegen der
fehlenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wie auch die Umstände der
Zeugniserteilung ständen dafür. Der Kläger behauptet, die beiden Seiten des
Arbeitszeugnisses seien zusammengetuckert worden. Das Zeugnis sei ihm in
einem Umschlag ohne Rückenverstärkung übersandt worden, so dass es
mehrfach geknickt gewesen sei. Inhaltlich sei zudem die Wertigkeit seiner Tätigkeit
durch Auflistung in der falschen Reihenfolge verfälscht worden.
Im Termin zur letzten mündlichen Verhandlung hat der Kläger erstmals konkret
behauptet, Herrn F aufgefordert zu haben, ihm für die Bearbeitung des
Revisionsberichts Überstunden zu genehmigen.
Letztendlich ist der Kläger der Ansicht, die Beklagte trage die Darlegungs- und
Beweislast dafür, dass für die Pflichtverletzungen ihrer Mitarbeiter kein
Verschulden gegeben sei.
Für das weitere Berufungsvorbringen des Klägers wird auf die
Berufungsbegründungsschrift vom 4.08.2009 nebst Anlagen und den Schriftsatz
vom 29.06.2010 (Bl. 406-429, 627-633 d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt a.M. vom 12.05.2009 (Az.: 3 Ca 9554/08)
abzuändern und
die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 94.154,73 nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
die Beklagte zu verurteilen, ihm eine angemessene Entschädigung und ein
angemessenes Schmerzensgeld, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts
gestellt wird, 40.000,00 € aber nicht unterschreiten sollte, zu zahlen;
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Schäden aus
seiner von ihr verursachten Erkrankung zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das
arbeitsgerichtliche Urteil. Sie hält ihren Standpunkt aufrecht, dass die vom Kläger
geschilderten Vorgänge Unstimmigkeiten zum Gegenstand hätten, die in jedem
Arbeitsverhältnis vorkämen. Aus ihnen könnten weder
Persönlichkeitsrechtsverletzungen abgeleitet werden noch seien sie geeignet, die
Gesundheitsschädigung des Klägers zu verursachen. Die Beklagte behauptet, ihr
sei von einer Arbeitsüberlastung des Klägers nichts bekannt gewesen. Der Kläger
habe die Leistung von Mehrarbeit im Rahmen von Projekten stets abgelehnt. Die
Beklagte habe dies ohne Weiteres akzeptiert. Wann immer er sonst länger
gearbeitet habe, sei das kurzfristig über das Arbeitszeitkonto durch Freizeit
ausgeglichen worden. Zu den einzelnen Vorfällen führt sie ergänzend Folgendes
aus:
Zur Rückzahlungsklausel führt sie an, auch wenn Frau H diese Klausel nicht
erwähnt habe, sei sie üblich und sie habe daran ein berechtigtes Interesse.
Bei der Vergabe von Berechtigungen könne es im Einzelfall zu Verzögerungen
kommen. Als der Kläger darauf hinwies, sei die Aufgabe einem SAP-Berater
übertragen und von diesem erledigt worden.
Der Vorgang um die Eintragung in die Datenbank habe auf einem Missverständnis
beruht. Hier sei weder eine Pflichtverletzung noch eine herabwürdigende Absicht
des Herrn F gegeben.
Für die Bearbeitung des Revisionsberichts sei der Kläger ausreichend geschult
gewesen. Dass hier aufgrund seiner fehlenden Erfahrung Rücksprache zu halten
und Informationen einzuholen waren, bedeutet nicht, dass der Kläger überfordert
wurde. Die Beklagte habe ihm für die Bearbeitung keine zwingenden zeitlichen
Vorgaben gemacht, sondern lediglich von ihm erwartet, den zeitlichen Aufwand für
die Bearbeitung zu beziffern.
Zum Gegenstand der Ermahnung seien die Parteien unterschiedlicher Auffassung.
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Zum Gegenstand der Ermahnung seien die Parteien unterschiedlicher Auffassung.
Deshalb sei die Gegendarstellung des Klägers zur Personalakte genommen
worden.
Einen Zugriff auf die Lotus-Notes des Klägers durch Frau E bestreitet die Beklagte
und behauptet, es existiere bis heute kein genehmigter Zugriff auf die Mailbox des
Klägers.
Auch für die Handlungen nach Eintritt der andauernden Erkrankung des Klägers
gelte, dass sie weder als arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen noch
Schikanemaßnahmen der Beklagten darstellten. An dem Inhalt der Abmahnung
halte sie weiter fest. Der Beklagten stehe das Recht zu, ein von ihr zur Verfügung
gestelltes Arbeitsmittel zurückzuverlangen. Es sei dem Kläger nicht gestattet
worden, ihn während seiner Krankheit zu behalten.
Für das weitere Berufungsvorbringen der Beklagten wird auf die
Berufungserwiderung vom 22.09.2009 und den Schriftsatz vom 27.08.2010 (Bl.
564-580, 659-666) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt vom
12.05.2009 ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 3 b ArbGG statthaft und auch im
Übrigen zulässig. Insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und
rechtzeitig begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 1 u. 3
ZPO).
In der Sache bleibt die Berufung jedoch ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht im
Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen, weil sie unbegründet ist.
Dem Kläger stehen keine Schadensersatz-, Schmerzensgeld- oder
Entschädigungsansprüche gegen die Beklagte aus §§ 280 Abs. 1, 278, 253 Abs. 2,
823 Abs. 1 BGB wegen einer vorsätzlichen Verletzung der Gesundheit oder des
Persönlichkeitsrechts durch Pflichtverletzungen von Vorgesetzten zu. Aus dem
Grund war auch sein Feststellungsantrag unbegründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte wegen der Verletzung der Gesundheit oder
des Persönlichkeitsrechts weder ein Anspruch auf Ersetzung eines materiellen
Schadens gemäß §§ 280, 278 BGB noch ein Anspruch auf Zahlung einer billigen
Entschädigung (Schmerzensgeld) gemäß §§ 280, 278, 253 Abs. 2, 241 Abs. 2, 823
Abs. 1 BGB zu. Sämtliche Ansprüche scheitern daran, dass schon nach den
Behauptungen des Klägers die von ihm geschilderten Handlungen von Mitarbeitern
der Beklagten weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit als vorsätzlich begangene
arbeitsvertragliche Pflichtverstöße anzunehmen sind, denen die Qualität eines
„Mobbing“ zukommt und die seine dauerhafte Erkrankung verursacht haben.
1. Die in Ziffer 4.2 Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlussfrist für die
Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Anstellungsverhältnis ist nach der
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zwar rechtswirksam und auch auf die
hier in Frage stehenden Ansprüche anwendbar (BAG 16.05.2007 – 8 AZR 709/06;
25.05.2005 – 5 AZR 572/04). Die Regelung in § 202 Abs. 1 BGB n.F., der zufolge
die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch
Rechtsgeschäft erleichtert werden darf, führt jedoch dazu, dass der Kläger auf
vorsätzliche arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen gestützte Ansprüche auch 22
Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, dem spätesten möglichen
Zeitpunkt der Fälligkeit der hier geltend gemachten Ansprüche, noch gegen die
Beklagte geltend machen kann.
2. Der Arbeitgeber hat gegenüber dem Arbeitnehmer bestimmte Fürsorge- und
Schutzpflichten wahrzunehmen. Dazu gehört, auf die Rechte und Rechtsgüter des
anderen Vertragsteils Rücksicht zu nehmen und sie zu schützen (§ 241 Abs. 2
BGB). Diese vertragliche Nebenpflicht verbietet auch die Herabwürdigung und
Missachtung eines Arbeitnehmers. Er hat Anspruch darauf, dass er vor
Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt wird und dass er keinem
Verhalten ausgesetzt wird, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt
und ein von Einschüchterungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder
Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Der Arbeitgeber ist in
diesem Zusammenhang insbesondere zum Schutz der Gesundheit und des
Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet. Der Arbeitgeber haftet dabei
auch für Handlungen von Vorgesetzten des Arbeitnehmers, die von ihm als
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auch für Handlungen von Vorgesetzten des Arbeitnehmers, die von ihm als
Erfüllungsgehilfen eingesetzt wurden (BAG 25.10.2007 – 8 AZR 593/06; BAG
16.05.2007 – 8 AZR 709/06), soweit sie in Ausübung der ihnen vom Arbeitgeber
übertragenen Rechte gehandelt haben. Das ist immer der Fall, solange im
Rahmen von Arbeitsanweisungen gehandelt wird.
Nach dieser neueren, an den Wortlaut des § 3 AGG angelehnten Umschreibung ist
Mobbing, auf das der Kläger sich beruft, als das systematische Anfeinden,
Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch
Vorgesetzte zu verstehen. Die rechtliche Besonderheit der als Mobbing
bezeichneten tatsächlichen Erscheinungen liegt darin, dass nicht eine einzelne
abgrenzbare Handlung, sondern die Zusammenfassung mehrerer Einzelakte in
einem Prozess zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechtes oder der
Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers führen kann, wobei die einzelnen
Teilakte jeweils für sich betrachtet rechtlich wiederum „neutral“ sein können. Zu
berücksichtigen ist hierbei, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die
sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, nicht
geeignet sind, derartige rechtliche Tatbestände zu erfüllen. Ferner kann es an der
für die Verletzungshandlung erforderlichen Systematik fehlen, wenn zwischen den
einzelnen Teilakten lange zeitliche Zwischenräume liegen. Der Anspruchsteller
muss insoweit auch die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und
mobbingbedingter Krankheit nachweisen. Eine Vermutungswirkung in dem Sinne,
dass bei einer mobbingtypischen Erkrankung auf das Bestehen von Mobbing
geschlossen werden kann, ist nicht anzunehmen ( BAG a.a.O.).
In Anwendung dieser Grundsätze ist es dem Kläger nicht gelungen,
Verhaltensweisen seiner Vorgesetzten darzulegen, die sich als systematisches
Mobbing und fortwährende Pflichtverletzungen seiner Vorgesetzten G und F
darstellen, die im Ergebnis seine dauerhafte Erkrankung seit Juli 2005
herbeigeführt hätten. Der Kläger hat nicht behauptet, dass eine einzelne
Pflichtverletzung seine Erkrankung zur Folge hatte, sondern das abgestimmte
Verhalten seiner Vorgesetzten in seiner Gesamtheit. Ein berechtigter
Mobbingvorwurf ergibt sich weder aus der Einzelbetrachtung noch aus der
Gesamtwürdigung der vom Kläger geschilderten Vorfälle. Insgesamt ist die
Kammer zu der Würdigung gelangt, dass es sich hier sowohl in der Summe aller
Vorgänge als auch in ihrer Einzelbetrachtung noch um im Arbeitsleben übliche
Konfliktsituationen gehandelt hat. Aus den Ausführungen des Klägers wird zwar
deutlich, dass er sich subjektiv überfordert gefühlt hat. Es wird jedoch weder klar,
dass seine Vorgesetzten ihn vorsätzlich überfordert und dabei – unter zusätzlicher
Einbeziehung der Kollegin Frau E - zusammengewirkt haben. Hier scheinen
vielmehr unterschiedliche Arbeitsauffassungen, insbesondere unterschiedliche
Vorstellungen darüber, mit welchem Vorbereitungsaufwand Arbeiten in einem
neuen Bereich übertragen werden können und welches Maß von Eigeninitiative
dabei erwartet werden kann, aufeinander geprallt und nicht ausgetragen worden
zu sein. Dabei ist der Umgang mit dem Kläger in manchen Momenten zwar etwas
ungeduldig, aber nicht kränkend und herabwürdigend gewesen. Ob der Kläger
objektiv überbelastet war, ist für die Kammer nicht erkennbar, weil der Kläger für
die Beantwortung dieser Frage keinen tauglichen Maßstab geliefert hat. Eine
verlässliche Grundlage dafür hätte nur ein Vergleich mit den Belastungen anderer
Arbeitnehmer und ihrem Umgang mit den Belastungen liefern können. Es kann
nach den beiderseitigen Darlegungen nicht angenommen werden, dass die
Vorgesetzten von seiner subjektiven Überlastungssituation wussten; denn er hat
zu ihnen nie – außer mittelbar bei der Übertragung des User-Managements im Juni
2005 – davon gesprochen. Der Kläger hat lediglich pauschal behauptet, den
Vorgesetzten seine Überlastung geschildert zu haben, ohne dies auf das
Bestreiten der Beklagten jedoch näher auszuführen. Eine Beschwerde beim
Betriebsrat ist dem Arbeitgeber nicht zuzurechnen. Ob, wann und mit welchem
Inhalt der Betriebsrat zu dem Thema Überlastung beim Arbeitgeber vorstellig
geworden sein soll, hat der Kläger ebenfalls nicht näher ausgeführt. Gegen eine
systematische Vorgehensweise spricht auch, dass zwischen einzelnen Vorgängen,
die eine Arbeitsüberlastung zum Gegenstand haben, lange Zeiträume liegen. Das
gilt insbesondere für die Zeit zwischen der Beendigung des Revisionsberichts am
23.05.2003 und der Lotus-Note des Herrn F vom 18.02. 2005 wegen des
ausbleibenden Konzepts zur Ticketbearbeitung. Dazwischen liegen fast zwei Jahre,
für die der Kläger keine Vorfälle gezielter Arbeitsüberlastung schildert, die den Kern
seiner Vorwürfe gegen die Vorgesetzten ausmachen.
Zum Beleg einer systematischen und zielgerichteten Arbeitsüberlastung durch
Dienstanweisungen seiner Vorgesetzten führt der Kläger konkret vier Vorgänge an,
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Dienstanweisungen seiner Vorgesetzten führt der Kläger konkret vier Vorgänge an,
zunächst im Dezember 2002 die Übertragung von Aufgaben, die üblicherweise von
SAP-Beratern erledigt wurden, ohne ihm die erforderlichen Berechtigungen
einzuräumen, dann ab dem 6.02.2003 die Bearbeitung des Revisionsberichts, im
Februar 2005 die Erstellung eines Konzepts zur Ticketbearbeitung unter
Fristsetzung und schließlich am 3.06.2005 die Übertragung des User-
Managements zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben. Dies sind vier Vorfälle in
2,5 Jahren, mit einer zeitlichen Unterbrechung von mehr als 1,5 Jahren zwischen
dem zweiten und dem dritten. Bei keinem der geschilderten Vorfälle ist erkennbar,
dass die Vorgesetzten vorsätzlich einen solchen Arbeitsdruck auf den Kläger
ausüben wollten, dass er dem nicht mehr gewachsen war.
Beim ersten Vorfall im Dezember 2002 hat die Beklagte, nachdem klar wurde,
dass für den Kläger zur Erledigung der übertragenen Aufgabe noch keine
Berechtigung freigeschaltet war, die Aufgabe gleich von ihm abgezogen und einem
Berater übertragen. Dafür, dass Frau E die fehlende Berechtigung bekannt war,
gibt es keine Anhaltspunkte, genauso wenig dafür, dass die Vorgesetzten einen
Mitarbeiter, der gerade frisch angefangen hatte, dem vom Kläger behaupteten
Fehlerrisiko zum Schaden der Beklagten aussetzen wollten. Woher sollte das Motiv
dafür kommen, wo doch der Kläger nach der ersten Schulung gerade erst ein paar
Tage da war.
Zum Auftrag, den Revisionsbericht zu bearbeiten, hat die Beklagte
unwidersprochen vorgetragen, dass der Kläger die zusätzliche Projektarbeit auch
hätte ablehnen können und dass Projektarbeit grundsätzlich nur dann zu erledigen
war, wenn Zeit im Tagesgeschäft blieb. Bei der Übertragung hat sie dem Kläger
auch keine Frist zur Übergabe des fertigen Berichts vorgegeben, sondern ihn
lediglich aufgefordert, den zeitlichen Bedarf für die Erstellung anzugeben. Erst als
der Kläger dem auch nach fast zwei Monaten noch nicht nachgekommen war, hat
Herr F sich der Sache näher angenommen und dabei auch begonnen, Fristen zu
setzen. Der Kläger war bei der Erledigung der Aufgabe zudem nicht auf sich allein
gestellt, sondern hatte Frau E zur Seite. Als die Vorgesetzten sahen, dass die
Erstellung dem Kläger Schwierigkeiten bereitete und mehr Zeit erforderte, sind sie
darauf eingegangen, indem sie den Kläger ab dem 28.04.2003 von jeglichem
Tagesgeschäft freigestellt und ihn aufgefordert haben, sich allein auf die
Bearbeitung des Revisionsberichts zu konzentrieren. Sie haben ihn hier also
entlastet und nicht systematisch überbelastet. Dass in den Lotus-Notes des Herrn
F vom 28.04.2003 und vom 14.05.2003 auch Ungeduld und Ärger gegenüber dem
Kläger anklingen, ist – wie deutlich zum Ausdruck gebracht – darauf
zurückzuführen, dass der Kläger über einen Zeitraum von fast zwei Monaten nach
Übertragung der Aufgabe nicht in der Lage war, eine zeitliche Indizierung und
Abschätzung zu geben, die eine Arbeitsplanung ermöglicht hätte. Dieser Ärger
erscheint verständlich. Der Kläger kann sich hier nicht nur auf die 38.000
Anwendungen zurückziehen, die er noch nicht beherrschte. Er hätte sich – nach
den erfahrenen Schulungen und als erfahrener Mitarbeiter im IT-Bereich - mit
Unterstützung von Frau E zumindest insoweit in die Aufgabe einarbeiten können,
um die Probleme für ihre Abarbeitung erfassen und den Vorgesetzten vortragen
zu können, statt fast zwei Monate überhaupt keinen Status abzugeben.
Schikanöses Verhalten der Vorgesetzten ist bei diesem Vorfall, der im Zentrum
der Vorwürfe des Klägers gegenüber seinen Vorgesetzten steht und nach seiner
Ansicht zur ersten Erkrankung geführt hat, nicht festzustellen. Vielmehr haben die
Vorgesetzten ihm, als die Hindernisse und der nötige Zeitaufwand für die
Bearbeitung ausgesprochen waren, alles getan, um den Kläger bei der Erledigung
der Aufgabe zu unterstützen, nicht ihn zu überfordern.
Zum Auftrag vom 14.02.2005, innerhalb einer Woche ein Konzept zur
Ticketbearbeitung und –Steuerung zu erstellen, hat er lediglich behauptet, die
Erledigung innerhalb einer Woche sei von ihm trotz andauernder
Arbeitsüberlastung verlangt worden. Der Kläger unterlässt es jedoch, die
„andauernde Arbeitsüberlastung“ näher auszuführen. So gibt es keinen
Anhaltspunkt zur Beurteilung, ob die Fristsetzung für die Erledigung der
Konzepterstellung überhaupt eine Überlastung des Klägers oder gar eine
Verschärfung der Situation darstellte. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt
immerhin schon seit mehr als 2,5 Jahren in seinem Aufgabenbereich tätig, so dass
es näherer Ausführungen bedurft hätte, warum ihn die übertragenen
Arbeitsaufgaben weiterhin überforderten und dies von seinen Vorgesetzten so
gewollt war.
Die Übertragung des Usermanagements am 3.06.2005 hätte sicher zu einer auch
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Die Übertragung des Usermanagements am 3.06.2005 hätte sicher zu einer auch
der Beklagten bewussten Überlastung geführt. Dass diese Aufgabe nicht durch
einen Mitarbeiter allein und zusätzlich zu seinem sonstigen Tagesgeschäft zu
bewältigen war, hat sie selbst eingeräumt. Der Kläger berücksichtigt jedoch nicht,
dass die Beklagte ihm die Aufgabe mit den Worten übertragen hat, sie „vorerst
zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben“ zu übernehmen. Daraus wird deutlich,
dass die Beklagte nicht erwartet, dass er beide Aufgabenbereiche komplett
erledigen werde – keine Nullmeldung abliefert - und dass dies nur als
vorübergehender Zustand gedacht ist. Ab dem 16.06.2005 hat sie ihm tatsächlich
Frau E zur Seite gestellt. Da der Kläger kurz danach dauerhaft erkrankte, ist nicht
mehr feststellbar, ob die Beklagte ihrer Ankündigung entsprechend in naher
Zukunft verfahren wäre und für weitere Entlastung gesorgt hätte. Hier hätte ein
Problem entstehen können, das jedoch allein aus der Übertragung der Aufgabe -
wie beschrieben - noch nicht als existent angesehen werden kann.
Die Übrigen vom Kläger angeführten Vorfälle haben keinen Bezug zu einer
gezielten Arbeitsüberlastung, sondern sind unter dem Aspekt einer Verletzung
seines Persönlichkeitsrechts zu untersuchen. Auch hier ist die Kammer zu dem
Ergebnis gelangt, dass es dem Kläger nicht gelungen ist, schlüssig der Beklagten
als Arbeitgeber zurechenbare Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts durch ein
abgestimmtes vorsätzliches Verhalten seiner Vorgesetzten als Erfüllungsgehilfen
darzulegen. Es handelt sich auch hier um im Arbeitsleben übliche
Konfliktsituationen, die zueinander in keinem Zusammenhang stehen.
Der von Herrn G geäußerte Vorwurf der „Täuschung“ in einem Meeting am
11.03.2003 ist der Beklagten schon nicht zuzurechnen. weil G hier nicht als
Erfüllungsgehilfe der Beklagten gemäß § 278 BGB gehandelt hat. Der Vorgang
bezog sich auf eine Vertragsangelegenheit (Rückzahlungsklausel), die in der
Zuständigkeit der Personalabteilung und nicht des Herrn G lag, der zudem zum
damaligen Zeitpunkt noch nicht Abteilungsleiter des Klägers war. Zudem ist die
Äußerung aus dem Kontext heraus weniger als strafrechtlich gewendeter Vorwurf,
sondern als Ausdruck der – zwar überzogenen, aber nachvollziehbaren -
Verärgerung über die nicht abgesprochene einseitige Abänderung der schriftlichen
Versetzungsvereinbarung zu sehen; denn auch der Kläger hat sich hier nicht ganz
korrekt verhalten, indem er die von ihm vorgenommene Änderung nicht der
zuständigen Stelle, sondern lediglich der Gehaltsbuchhalterin mitgeteilt hat.
Nachdem der Punkt einer möglichen Rückzahlung der Umzugskosten zwar im
Gespräch des Klägers mit der Personalreferentin kein Thema war, eine
entsprechende Klausel im Arbeitsleben jedoch absolut üblich und deshalb zu
erwarten war, bestand weiterer – auch vom Kläger erkannter – Gesprächs- und
Klärungsbedarf, aber kein Anlass für eine einseitige Änderung der übersandten
Vereinbarung seitens des Klägers. Dass die Beklagte sich den von G erhobenen
Vorwurf zudem nicht zu Eigen gemacht hat, folgt aus dem Umstand, dass sie die
geänderte Vereinbarung unterzeichnet hat.
Das Geschehen um die Datenbankeintragung erweist sich als reines
Missverständnis. Soweit für die Kammer nachvollziehbar hat der Kläger irgendwann
– der Zeitpunkt blieb im Dunkeln - den Eintrag vorgenommen, jedoch nicht
sichtbar für Herrn F . Dass der Vorgesetzte in einer solchen Situation den
fehlenden Eintrag mehrfach anmahnt, ist nachvollziehbar und seine Pflicht. Warum
es nach seiner ersten Nachfrage am 7.02.2003 noch bis zum 14.04.2003 gedauert
hat, bis das Problem zwischen beiden geklärt werden konnte, hat die Kammer
dagegen nicht mehr verstanden. Hätte der Kläger auf die Aufforderung von G vom
22.01.2003 bereits irgendwann vor dem 14.04.2003 den Eintrag vorgenommen,
hätte er nach der ersten Aufforderung vom 7.02.2003 Herrn F wesentlich früher
auf den bereits erfolgten Eintrag hinweisen können und es hätte der zweiten,
etwas weniger freundlichen Nachfrage vom 14.04.2003 nicht mehr bedurft. Es
erscheint daher denkbar, dass der Kläger hier tatsächlich verzögert der
Aufforderung nachgekommen ist und es tatsächlich Anlass zur Nachfrage gab, in
der keine persönliche Herabsetzung des Klägers gesehen werden kann.
Während seiner ersten Erkrankung hat Frau K nicht den Kläger persönlich auf die
Einhaltung der Pflichten bei Erkrankung hingewiesen, sondern alle Mitarbeiter in
einem allgemein gehaltenen Schreiben. Selbst wenn das aus Anlass seiner
Arbeitsunfähigkeit geschehen sein sollte, liegt darin keine persönliche
Herabsetzung des Klägers.
Der Streit um den Ausspruch der Ermahnung vom 26.02.2004 geht letztlich nur
darum, dass die Beklagte wünscht, dass die Übergabe eines Arbeitsbereichs
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darum, dass die Beklagte wünscht, dass die Übergabe eines Arbeitsbereichs
mündlich erfolgt, damit Rückfragen möglich sind, und nicht per Lotus-Note.
Unstreitig hat der Kläger die Übergabe an Frau E am 6.02.2004 per Lotus-Note
vollzogen. Darin liegt ein objektiver Verstoß gegen eine Anweisung der Beklagten,
der zum Ausspruch einer Ermahnung berechtigt. Darauf, ob und dass der Kläger
Frau E am 6.02.2004 über das erst am 7.02.2004 aufgetretene Problem auch
mündlich nicht hätte informieren können, kommt es nicht an. Dem Interesse des
Klägers ist mit der Aufnahme seiner Gegendarstellung in die Personalakte
hinreichend Rechnung getragen. Hier ist keine Herabwürdigung des Klägers
ersichtlich.
Das trifft in Gänze auch auf die Vorfälle nach Eintritt der dauerhaften
Arbeitsunfähigkeit des Klägers zu. Ab hier handeln nun nicht mehr seine
Vorgesetzten F und G, sondern die Personalabteilung. Dafür, dass die
Fachvorgesetzten den Auftrag zur weiteren Druckausübung auf den Kläger an die
Personalabteilung weiter gegeben hätten und dahingehende Abstimmungen in
irgend einer Form dem weiteren Verhalten zugrunde liegen, ist kein Anhaltspunkt
ersichtlich und wird vom Kläger auch gar nicht behauptet. Für jede der weiteren
Handlungen gibt es vielmehr erkennbare sachliche, von berechtigten Interessen
der Beklagten getragene Motive.
Die Aufforderung zur Entbindung der Schweigepflicht diente nicht der vorsätzlichen
Erniedrigung des Klägers, sondern dem Interesse der Beklagten an einer
Gesundheitsprognose.
Die am 12.06.2006 ausgesprochene Abmahnung erscheint aufgrund der vorher
vom Kläger der Beklagten mitgeteilten Umstände zwar überzogen, beruht aber auf
einem objektiven Pflichtverstoß des Klägers, der eine ausreichende Grundlage für
den Ausspruch einer Abmahnung bildet.
Das Verlangen nach Herausgabe des Laptops ist angesichts der im März 2006
schon seit mehr als acht Monaten andauernden Erkrankung ohne absehbares
Ende ebenfalls nachvollziehbar. Es handelt sich um ein im Eigentum der Beklagten
stehendes Arbeitsmittel, das zudem sensible Daten gespeichert hat. Aus der
angeführten Äußerung von Herrn G konnte der Kläger auch nicht entnehmen, dass
die Beklagte ihm den Laptop auf unbeschränkte Zeit überlassen wollte.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich ein Großteil der vom Kläger
behaupteten Vorgänge unter Berücksichtigung des Vorbringens der Gegenseite
relativiert und nicht notwendig den Schluss zulässt, dass der Kläger systematisch
gemobbt worden ist.
Der Kläger hat gemäß § 97 ZPO die Kosten seines erfolglos eingelegten
Rechtsmittels zu tragen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG waren nicht
ersichtlich.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.