Urteil des LAG Hessen vom 24.11.2010

LAG Frankfurt: arbeitsgericht, gemeinsame einrichtung, baugewerbe, subunternehmer, baustelle, nebenarbeit, hauptsache, anteil, rentner, anschrift

1
2
3
4
Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
18. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
18 Sa 1459/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 1 Abs 2 VTV-Bau
Sozialkassenverfahren im Baugewerbe - VTV-Bau -
Lagerhaltung von Baumaterialien als Nebenarbeit einer
baugewerblichen Haupttätigkeit
Leitsatz
Die Lagerhaltung von Baumaterialien, welche nicht durch eigene Arbeitnehmer verbaut
werden, kann nicht als "Nebenarbeit" einer baugewerblichen (Haupt-)tätigkeit
zugeordnet werden. Dies gilt zumindest dann, wenn nicht festgestellt werden kann,
dass Subunternehmer vor Ort eingewiesen, angewiesen und kontrolliert werden und die
Materialien zum Verbau durch verschiedene Nachunternehmer auf verschiedenen
Baustellen bestimmt sind
(Abgrenzung zu BAG Urteil vom 16. Juni 2010 - 4 AZR 934/08 - juris: Transport von
Menschen und Material zu und von der Baustelle, Einrichten, Reinigen und Aufräumen
von Baustellen der Nachunternehmer).
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom
02. Juli 2008 – 7 Ca 247/07 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug nach Erteilung von Auskünften durch
den Beklagten um die Berechtigung des dadurch erledigten Auskunftsbegehrens
für die Zeit von Januar 2005 bis Dezember 2007.
Die Klägerin ist organisiert in der Rechtsform einer AG. Sie ist als gemeinsame
Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher
Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
Der Beklagte unterhält in A einen Betrieb, welcher nach dem Prüfbericht der
Agentur für Arbeit A vom 04. Januar 2008 bis dahin folgende Leistungen erbrachte:
„Entrümpelungen, Ausräumungsarbeiten, Entsorgungs- und Transportarbeiten,
Insolvenzauflösungen (Objekträumungen), Möbel An- und Verkauf,
Generalunternehmertätigkeit (vgl. Anlage zur Sitzungsniederschrift des
Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 09. Januar 2008, Bl. 23 d.A.). In einem Schreiben
an die Klägerin vom 09. Mai 2007 erläuterte der Beklagte unter dem Briefkopf „B
Planung - Beratung - Durchführung von Baumaßnahmen“ (Anlage zum Schriftsatz
der Klägerin vom 16. April 2009, Bl. 125 d.A.):
„ … Die Beschreibung „Durchführung von Baumaßnahmen“ bezieht sich
ausschließlich auf die Tätigkeit als Generalunternehmer. Im Auftrag unserer
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
ausschließlich auf die Tätigkeit als Generalunternehmer. Im Auftrag unserer
Kunden erstellen bzw. sanieren wir Objekte „schlüsselfertig“ mit uns bekannten
oder per Einzelausschreibungen ermittelten Fachfirmen. ...“
Auf der Grundlage des während des gesamten von der Klage erfassten
Zeitraumes für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags über das
Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (folgend: VTV) nahm die Klägerin den
Beklagten - in ursprünglich fünf getrennten und von dem Arbeitsgericht Wiesbaden
zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfahren – auf
Auskunft in Anspruch, bezogen auf die Zeit von 01. Januar 2005 bis 31. Dezember
2007.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass der Betrieb des Beklagten im
Klagezeitraum dem Geltungsbereich des VTV unterfiel. Dazu hat sie behauptet, im
Betrieb des Beklagten seien in den Jahren 2005 bis 2007 durch die beschäftigten
Arbeitnehmer arbeitszeitlich überwiegend, d.h. zu mehr als 50 % der persönlichen
Arbeitszeit, welche zusammengerechnet auch mehr als 50 % der
Gesamtarbeitszeit ausmachte, folgende Arbeiten ausgeführt worden:
Hochbau- und Mauererarbeiten sowie Verputz- und Beiputzarbeiten des
Bauhandwerks bei Baumaßnahmen (im Rahmen der Altbausanierung sowie bei
Neubaumaßnahmen) sowie Arbeiten des Holz- und Bautenschutzes zur
Konservierung bzw. Sanierung bestehender Bauwerke.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen,
ihr auf dem von ihr zur Verfügung gestellten Formular Auskunft darüber zu
erteilen, wie viel gewerblichen Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI)
versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten,
in den Monaten Januar 2005 bis Dezember 2007
in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden, welche Bruttolohnsumme
und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils
genannten Monaten angefallen sind.
für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer
Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an sie folgende
Entschädigung zu zahlen:
Entschädigungsbeitrag: 135.300,00 EUR.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat behauptet, im Bereich Vergabe und Objektsteuerung tätig zu sein und nicht
mit eigenen gewerblichen Arbeitnehmern Bautätigkeiten auszuführen. Er
beschäftige dafür Angestellte, welche die Abläufe zeitlich und organisatorisch
steuerten und für das das Aufmass sowie Rechnungen und Reklamationen
zuständig seien. Nur gelegentlich lasse er auch Material vom Baustoffhandel zum
Subunternehmer transportieren. Im Übrigen folgten seine Tätigkeiten aus der
Gewerbeanmeldung, dort seien angeführt: Planung, Beratung, Entrümpelung,
Entschuttung, Abbruch, Kleintransporte.
Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat mit Urteil vom 02. Juli 2008 der Klage ohne
Durchführung einer Beweisaufnahme stattgegeben. Das Arbeitsgericht hat dies
damit begründet, dass der Beklagte das schlüssige Klagevorbringen nicht
erheblich bestritten habe.
Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen und des weiteren Vorbringens der
Parteien im ersten Rechtszug wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des
angefochtenen Urteils (Bl. 68 - 77 d.A.) Bezug genommen.
Gegen das ihm am 24. August 2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte durch am
17. September 2008 bei dem Hess. Landesarbeitsgericht eingegangenen
Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 20. Oktober 2008
eingegangenem Schriftsatz begründet.
Der Beklagte hat der Klägerin nach Verkündung des Urteils des Arbeitsgerichts
Wiesbaden vom 02. Juli 2008 die Auskünfte, zu denen er verurteilt wurde, zur
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
Wiesbaden vom 02. Juli 2008 die Auskünfte, zu denen er verurteilt wurde, zur
Vermeidung der Zwangsvollstreckung der in diesem Urteil festgesetzten
Entschädigungssumme ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erteilt.
Er vertritt die Auffassung, dass Arbeitsgericht habe bei der Bewertung des
Vortrags der Klägerin das Ergebnis des Prüfberichts der Agentur für Arbeit A vom
04. Januar 2008 (vgl. Anlage zur Sitzungsniederschrift des Arbeitsgerichts
Wiesbaden vom 09. Januar 2008, Bl. 23 d.A.) missachtet und habe zu Unrecht den
wechselnden Vortrag der Klägerin als schlüssig bewertet. Der Beklagte nimmt
Bezug auf seinen Vortrag in erster Instanz und behauptet darüber hinaus, er habe
gewerbliche Arbeitnehmer nur für Transportarbeiten für die eingeschalteten
Subunternehmer sowie Entrümpelungs-, nicht für Abbrucharbeiten eingesetzt.
Der Arbeitnehmer C sei Rentner und nie von ihm als Handwerker beschäftigt
worden. Herr D sei Invalide und arbeite ausschließlich im Lager. Herr E werde von
ihm bei der Ausschreibung, Koordination und Planung eingesetzt. Herr F sei Helfer
bei den Möbeln gewesen. Herr G sei technischer Mitarbeiter. Der Arbeitnehmer H
werde entsprechend der erteilten Auskunft eingesetzt. Die von der Klägerin als
Zeugen benannten Arbeitnehmer I, J, K, L, M und N seien kurzfristige Aushilfen
gewesen. Er habe sie bei den Möbeln und der Räumung von mehr als 150 Filialen
nach der Insolvenz des Textilunternehmens O eingesetzt. Die Namen der Zeugen
P, Q und R sagten ihm nichts.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitgerichts Wiesbaden vom 02. Juli 2008 - 7 Ca 247/07 –
abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat mit ihrer Berufungsbeantwortung vom 24. Dezember 2008 den
Rechtstreit in der Hauptsache vollständig für erledigt erklärt. Der Beklagte hat der
Erledigungserklärung widersprochen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Erledigung des
Rechtsstreits in der Hauptsache festgestellt wird.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und nimmt ebenfalls Bezug auf ihren
erstinstanzlichen Vortrag. Sie macht geltend, es sei unstreitig, das der Beklagte
im Klagezeitraum nur eine Angestellte beschäftigt habe. Sie behauptet, die
anderen Arbeitnehmer des Beklagten hätten neben den Hochbau-, Maurer-,
Verputz-, Beiputz-, Holzschutz – und Bautenschutzarbeiten die Subunternehmer
eingewiesen, kontrolliert und beaufsichtigt. Außerdem habe der Beklagte durch
seine eigenen Arbeitnehmer Baustellen einrichten und organisieren und die für die
Tätigkeit der Sub- und Nachunternehmer notwendigen Transporte durchführen
lassen.
Die Kammer hat in der Verhandlung vom 22. April 2009 einen Beweisbeschluss
gefasst, wegen dessen Inhalt auf die Sitzungsniederschrift verwiesen wird (Bl. 127
f. d.A.). Dieser ist durch Beweisbeschluss vom 24. Juni 2009 ergänzt worden (Bl.
261 d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle des
Arbeitsgerichts Köln vom 14. Juli 2009, 25. März 2010 und 15. Juni 2010 (Bl. 173 -
175, 215 – 217, 232 - 234 d.A.) Bezug genommen, welches die Zeugen als
Rechtshilfegericht vernommen hat.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf
den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die
Niederschriften über die Verhandlung vom 22. April 2009 und 24. November 2010
(Bl. 126 ff., 322 d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom
05. März 2008 ist zulässig gem. §§ 64 Abs. 2 b), 8 Abs. 2 ArbGG. Sie ist gem. §§ 64
Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt
sowie ordnungsgemäß und rechtzeitig begründet worden.
Die Berufung ist auch begründet. Der Beklagte unterhielt in der Zeit von Januar
2005 bis Dezember 2007 keinen Betrieb, der unter den betrieblichen
Geltungsbereich des VTV fiel. Das – unter Vorbehalt erfüllte – Auskunftsbegehren
29
30
31
32
33
34
35
38
39
36
37
Geltungsbereich des VTV fiel. Das – unter Vorbehalt erfüllte – Auskunftsbegehren
der Klägerin war daher nicht begründet.
I.
Der Rechtsstreit ist von der Klägerin für erledigt erklärt worden. Der Beklagte hat
dieser Erklärung fristgerecht widersprochen. Es war daher über den geänderten
Antrag auf Feststellung zu erkennen, dass die Hauptsache erledigt ist. Eine solche
Klageänderung in eine Feststellungsklage ist im Berufungsverfahren gem. § 264
Nr. 2 ZPO zulässig. Liegen erledigende Tatsachen vor und war die Klage bis zum
Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet, ist die
Feststellungsklage begründet, andernfalls ist sie mit der Berufung abzuweisen (vgl.
).
Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, obwohl der Beklagte die
Auskunft nur unter Vorbehalt erklärt hat. Eine einmal erteilte Auskunft kann nicht
mehr rückgängig gemacht oder zurückgeholt werden. Mit ihrer Erteilung, gleich ob
mit oder ohne Vorbehalt, wurde das Auskunftsbegehren tatsächlich erfüllt (vgl.
).
I.
Der Beklagte war nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme in der
Zeit von 01. Januar 2005 bis 31.Dezember 2007 mit dem Betrieb „B“ nicht nach §
21 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (folgend:
VTV) meldepflichtig und hatte daher die begehrten Auskünfte nicht zu erteilen.
1.
dem jeweils betroffenen Kalenderjahr arbeitszeitlich überwiegend entweder die in §
1 Abs. 2 Abschnitt IV oder V genannten Beispielstätigkeiten ausgeführt werden
oder aber Leistungen im Sinne der Bestimmungen der Abschnitte I – III
.
Ob die entsprechenden baulichen Leistungen überwiegend erbracht werden,
bemisst sich danach, ob die überwiegende betriebliche Arbeitszeit der
Arbeitnehmer auf derartige bauliche Tätigkeiten entfällt. Nicht maßgeblich sind
demgegenüber wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst oder
handels- oder gewerberechtliche Kriterien
. Ob die überwiegende
Arbeitszeit auf bauliche oder nicht bauliche Leistungen entfällt, ist nach der
Arbeitszeit innerhalb eines Kalenderjahres zu beurteilen, soweit sich die Tätigkeiten
des Betriebs über ein Kalenderjahr erstrecken
.
Die Klägerin hatte ihre Klage schlüssig begründet. Demgegenüber war auch der
Vortrag der Beklagten erheblich.
Die danach für die Richtigkeit ihrer, die Geltung der Bautarifverträge für den
Betrieb der Beklagten begründenden, Behauptungen beweispflichtige Klägerin hat
den erforderlichen Beweis nicht erbracht.
2.
Aussagen derjenigen Arbeitnehmer, die vernommen werden konnten, folgende
Beschäftigungszeiten und damit erhebliche Mann-Monate (folgend: MM) zugrunde.
Diese ergeben sich aus den nachfolgenden Tabellen.
a)
b)
Weitere Arbeitnehmer und damit MM waren nicht zu berücksichtigen. Auf die
ursprünglich benannten Zeugen P und L hat die Klägerin verzichtet, nachdem sie
nicht klären konnte, ob diese in dem Klagezeitraum von dem Beklagten
beschäftigt wurden.
Ein MM entspricht der Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Arbeitnehmers in einem
Monat. Soweit ein Arbeitnehmer in Teilzeit arbeitete, sind die Mannmonate (MM)
entsprechend dem Verhältnis des vereinbarten Teilzeitvolumens zu der tariflichen
Arbeitszeit von 169 Stunden monatlich mit einem „Teilzeitfaktor“ umgerechnet
bzw. geschätzt worden. So ist entsprechend den Bekundungen der Zeugen C, I
40
41
42
43
47
48
44
45
46
bzw. geschätzt worden. So ist entsprechend den Bekundungen der Zeugen C, I
und H verfahren worden. Den Teilzeitfaktor des Zeugen G, der nach seinen
Angaben als Aushilfe in wechselndem Umfang eingesetzt wurde, hat die Kammer
mit maximal 0,4 angenommen, also unterhalb des Umfangs einer „halben Stelle“,
dies betrifft nur das Jahr 2005
Der Zeuge M, der nach der Behauptung der Klägerin von 01. Januar 2005 bis 31.
Dezember 2005 für den Beklagten arbeitete, konnte nicht geladen werden. Eine
ladungsfähige Anschrift war nicht zu ermitteln. Die in Bezug auf diesen
Arbeitnehmer für das Jahr 2005 angenommene Arbeitszeit folgt der Behauptung
der Klägerin. Da von der Klägerin auch vorgetragen wurde, dass der Arbeitnehmer
Heinen nur geringfügig eingesetzt wurde, ist auch dieser mit einem Teilzeitfaktor
von 0,4 angesetzt worden, ebenso wie der Zeuge Klein.
Die Arbeitszeit des nach der Behauptung der Klägerin im ganzen Jahr 2005
beschäftigten Arbeitnehmers R, dessen Vernehmung durch das Arbeitsgericht
Hamburg durch die Kammer nicht veranlasst wurde, ist ungekürzt geblieben. Dies
beruht darauf, dass keine verlässlich erscheinenden Angaben zum Umfang der
Tätigkeit dieses Arbeitnehmers vorliegen.
Auf einer Durchsetzung der Vernehmung Zeugen Q durch das Arbeitsgericht Köln,
für den die Klägerin ebenfalls eine Beschäftigungszeit von 01. Januar 2005 bis 31.
Dezember 2005 angegeben hat, ist durch die Kammer verzichtet worden. Dem
liegt die Information des Gesundheitsamts der Stadt A, Psychiatrischer Dienst,
vom 21. Mai 2010 zu Grunde. Auf den Inhalt des auch den Parteien übermittelten
Schreibens wird Bezug genommen (Bl. 230 d.A.). Die Kammer geht davon aus,
dass Herr Q auf Grund der geschilderten Erkrankung nicht vernehmungsfähig ist.
Da davon auszugehen ist, dass er allenfalls kurz und in geringem Umfang für den
Beklagten gearbeitet haben dürfte, sind für ihn keine MM berücksichtigt worden.
2.
Zeugen kann nicht zur hinreichenden Überzeugung der Kammer festgestellt
werden, dass im Betrieb des Beklagten in den Jahren in den Jahren 2005 bis 2007
durch die Arbeitnehmer zu insgesamt mehr als 50 % Tätigkeiten ausgeübt wurden,
welche als bauliche Tätigkeiten im Sinne des VTV zu qualifizieren sind. Auf die
Vernehmung der von der Klägerin noch benannten Zeugen N, F und R durfte
verzichtet werden. Dies gibt sich aus der zunächst in Tabellenform dargestellten
Bewertung der Zeugenaussagen, welche diesen folgend erläutert werden.
a)
Klagezeitraum für den Beklagten arbeite, hat die Behauptungen der Klägerin nicht
bestätigt. Die Kammer bewertet seine Tätigkeit daher zu 100 % als baufremd. Der
Zeuge hat angegeben, er sei schon seit fünf Jahren Rentner. Der Beklagte
beschäftige ihn in Teilzeit, nachdem er gefragt habe, ob er als Rentner weiter für
ihn arbeiten könne. Er habe mit dem Bau nichts zu tun, sondern mache
Entrümpelungen, Wohnungsauflösungen, Insolvenzen, Möbelverkauf im Lager und
Abladungen. Soweit der Zeuge angegeben hat, auch Baumaterialien transportiert
zu haben, ist seine Aussage widersprüchlich. Einerseits hat er erklärt, er habe in
den letzten fünf Jahren nur mit Entrümpelungen und Wohnungsauflösungen zu tun
gehabt, andererseits hat er bekundet, Material bei Baufirmen geholt zu haben.
Dies wird durch die Aussage des Zeugen D bestätigt, der angegeben hat, er habe
den Zeugen C manchmal bei Transporten unterstützt. Geht man davon aus, dass
der Zeuge C auch in den letzten Jahren Transporte ausführte, kann gleichwohl kein
bestimmter Prozentsatz baulicher Tätigkeiten wegen des Transports von Material
für eigene Baustellen des Beklagten angenommen werden, wie die Klägerin dies
vertreten hat. Dafür sind die Angaben des Zeugen zu vage und lassen keine
Einschätzung ihres Anteils an seiner Gesamtarbeitszeit zu.
b)
Zeuge hat angegeben, er habe ausschließlich als Lagerist gearbeitet. Im Lager
seien Baumaterialien und gebrauchte Möbel gelagert worden. Außerdem habe er
ab und zu dem Zeugen C bei Transporten geholfen. Es ist auf der Grundlage der
Bekundungen des Zeugen nicht möglich, seine Tätigkeit zu einem bestimmten
Prozentsatz als baulich zu bewerten, obwohl er ein Lager führte, in welchem er
nach seiner Erläuterung mehr mit Baumaterialien als mit Gebrauchtmöbeln zu tun
hatte.
49
50
51
52
53
54
55
56
57
aa)
Arbeitnehmer verbaut werden, kann nicht als so bezeichnete Nebenarbeit
baugewerblichen (Haupt-)tätigkeiten zugeordnet werden.
Nebenarbeiten sind den baugewerblichen (Haupt-)tätigkeiten zuzurechnen, wenn
sie zu einer sachgerechten Ausführung der baulichen Leistung notwendig sind und
deshalb mit ihnen in Zusammenhang stehen. So sind der Transport von
Baumaterialien oder von Personal zu und von der Baustelle, die Entsorgung von
Schutt sowie das Einrichten, Aufräumen und Reinigen von Baustellen als
Nebenarbeiten anzusehen. Voraussetzung ist jedoch grundsätzlich ein
Zusammenhang mit eigenen baulichen Haupttätigkeiten. Erbringt ein Betrieb
ausschließlich Nebenarbeiten, ohne zugleich baugewerbliche Arbeiten
auszuführen, unterfällt er nicht dem VTV (
). Werden Nebenarbeiten für beauftragte Subunternehmen
ausgeführt, kann grundsätzlich ebenfalls vom Vorliegen eines unmittelbaren
Bauwerksbezugs ausgegangen werden. Übernimmt ein Unternehmer gegenüber
seinem Aufraggeber die Verantwortung für die Durchführung von Bautätigkeiten,
die er dann nicht selbst ausführt, sondern von Sub- oder Nachunternehmern
erledigen lässt, ist im Regelfall davon auszugehen, dass durch die Nebenarbeiten
den baulichen Haupttätigkeiten des Subunternehmers zugearbeitet wird (
).
Dieser Schluss kann jedoch für die Lagerhaltung von Baumaterialien, welche zum
Verbauen durch verschiedene Nachunternehmer auf verschiedenen Baustellen
bestimmt sind, nicht gezogen werden. Es kann zum Einen nicht angenommen
werden, dass die Tätigkeit eines Subunternehmers, der Materialien des Lagers
nutzt, auch vor Ort kontrolliert wird, zum Anderen kann die Vorhaltung von
Materialien in einem Lager typischerweise gerade nicht nur einer Baustelle
zugerechnet werden. Es kann also nicht unterstellt werden, dass das Unterhalten
eines Lagers für Baumaterial, welches an Subunternehmer weitergegeben wird,
dazu bestimmt ist, die sachgerechte Durchführung und Beendigung konkreter von
den Subunternehmern zu erbringender Arbeiten zu gewährleisten (vgl.
). Insofern fehlt es an
einem unmittelbaren Bauwerksbezug.
bb)
Prozentsatz als baulich bewertet werden. Der Umfang und der Charakter der von
diesem Zeugen bekundeten gelegentlichen Transportarbeiten sind offen
geblieben. Damit scheidet eine Annahme baulicher Tätigkeiten nach dem Ergebnis
der Beweisaufnahme mit einem Bruchteil der Arbeitszeit aus.
c)
Die Tätigkeit des Zeugen I, welcher 2005 für den Beklagten in Teilzeit arbeitete, ist
vollständig als baufremd anzusehen. Der Zeuge hat bekundet, er habe nur
Wohnungsauflösungen und Entrümpelungsarbeiten gemacht. Bauüberwachung-,
Verputz- oder Beiputzarbeiten hat der Zeuge verneint. Er habe auch keine
Nachunternehmer eingewiesen.
Die Tätigkeit des Zeugen E, welcher von Januar 2005 bis Ende November 2006 für
den Beklagten arbeitete, hat die Kammer zu 70 % als baulich bewertet. Der Zeuge
hat bekundet, er habe Aufmass gemacht, Entrümpelungsarbeiten, überwiegend
habe er jedoch Bauschäden beurteilt und als Maler Gelegenheitsarbeiten
gemacht. Die Arbeiten seien bei Altbausanierungen angefallen. Den Umfang der
Entrümpelungsarbeiten zu den sonstigen Arbeiten hat der in Vollzeit beschäftigte
Zeuge mit 30 % geschätzt. Die restlichen 70 % seiner Arbeitszeit sind daher
wahrscheinlich auf bauliche Tätigkeiten entfallen, sie dienten der Instandsetzung
eines Bauwerks gem. § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV. Das dies uneingeschränkt auch
für die Beurteilung von Bauschäden gilt, konnte die Kammer wegen des klaren
Ergebnisses im Übrigen unterstellen
Die Tätigkeit des Zeugen J, der im Jahr 2005 zwei Monate lang in Vollzeit für den
Beklagten arbeitete, ist vollständig als baulich zu bewerten. Der Zeuge hat
bekundet, er habe ausschließlich Abbrucharbeiten ausgeführt. Solche arbeiten
fallen nach § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 29 VTV unter die baulichen Tätigkeiten.
Die Tätigkeit des Zeugen L im Jahr 2005 ist ebenfalls vollständig als baulich zu
bewerten. Der Zeuge hat angegeben, er habe 2005 insgesamt nur drei bis vier
58
59
60
61
62
63
64
65
bewerten. Der Zeuge hat angegeben, er habe 2005 insgesamt nur drei bis vier
Wochen für den Beklagten ausschließlich auf Baustellen gearbeitet. Dort habe er
sauber gemacht, Wände abgebrochen und Schutt beseitigt. Der Zeuge hat
danach gemeinsam mit Subunternehmern auf einer Baustelle gearbeitet. Die
Reinigungstätigkeiten sind nach dem oben Ausgeführten, die Abbrucharbeiten
nach § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 29 VTV bauliche Tätigkeiten.
Die Tätigkeit des Zeugen H, der im Jahr 2005 nur einen Monat und nicht vollzeitig
für den Beklagten arbeitete, war dagegen baufremd. Der Zeuge hat bekundet, er
habe ausschließlich Entrümpelungsarbeiten gemacht.
Die Tätigkeit des Zeugen G, der 2005 in Teilzeit für den Beklagten arbeitete,
bewertet die Kammer ebenfalls vollständig als baufremd. Auch dieser Zeuge hat
bekundet, er habe ausschließlich Entrümpelungsarbeiten gemacht sowie
Haushaltsauflösung. Der Zeuge D zwar ausgesagt, Herr G sei im Baugewerbe tätig
gewesen. Dies genügt jedoch nicht, um annehmen zu können, dass der Zeuge G
wahrheitswidrig ausgesagt hat. Der Zeuge G hat sich selbst als „Koordinator"
geschildert, der bei Haushaltsauflösungen entschied, was mitgenommen werden
sollte und selber nicht mit Hand anlegte. Der Zeuge D hat dagegen die Tätigkeit
des Zeugen G nicht beschrieben. Der Zeuge C hat bei seiner Vernehmung
bestätigt, dass ihm der Arbeitnehmer G bei Entrümpelungsarbeiten geholfen
habe. Ob dieser auf Baustellen gearbeitet habe, könne er nicht sagen.
d)
hat keine ladungsfähige Anschrift beibringen können. Entsprechend dem II. Teil des
Beweisbeschlusses vom 22. April 2009 (Bl. 128 d.A.) sind jedoch die Zeugen C, D
und E zur Tätigkeit des Arbeitnehmers M befragt worden. Nach deren
Bekundungen ist es ausgeschlossen, die Tätigkeit des Arbeitnehmers Heinen ganz
oder teilweise als baulich zu bewerten.
Die Aussagen sind nicht ergiebig. Der Zeuge C hat in Bezug auf die Tätigkeiten der
Arbeitnehmer M, G sowie des nicht mehr geladenen Zeugen N, nach denen er
gefragt wurde, nicht differenziert. Er hat nur ausgesagt, dass diese Personen
gelegentlich bei Wohnungsauflösungen und bei Entrümpelungsarbeiten geholfen
hätten. Ob und in welchem Umfang sie auf Baustellen gearbeitet hätten, konnte er
nicht sagen. Der Zeuge E hat erklärt, weder die Vor- noch die Nachnamen der
Arbeitnehmer M, G und N sagten ihm etwas. Der Zeuge D hat bekundet, er
vermute, dass Herr M auf dem Bau tätig gewesen sei, wisse dies aber nicht mit
Bestimmtheit und könne auch nicht ausschließen, dass dieser auch mit
Entrümpelungsaufgaben beschäftigt wurde.
e)
Hamburg und des Zeugen F durch das Arbeitsgericht Stuttgart nicht mehr
veranlasst. Ebenso wurde unterlassen, das Arbeitsgericht Köln um eine erneute
Ladung des Arbeitnehmers N zu bitten, für den die Klägerin mit Schriftsatz vom
07. Juli 2010 eine neue ladungsfähige Anschrift beigebracht hat. Es kann
entsprechend dem Beweisantritt der Klägerin unterstellt werden, dass diese drei
Arbeitnehmer mit 100 % ihrer Arbeitszeit ausschließlich bauliche Tätigkeiten
ausführten. Dies führt jedoch nicht zu der Feststellung, dass insgesamt mehr als
50 % bauliche Tätigkeiten ausgeübt wurden, wie die angeführten Tabellen
verdeutlichen, welche die Beweisergebnisse in Bezug zu der jeweiligen Arbeitszeit
der Zeugen bzw. Arbeitnehmer darstellen.
II.
Da der Beklagte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Arbeitnehmer
seines Betriebs in den Jahren 2005, 2006 und 2007 zu weniger als 50 % der
angefallenen Arbeitszeit bauliche Tätigkeiten im Sinne des § 1 Abs. 2 VTV
ausführte, war er der Klägerin nicht gem. § 21 VTV zur Auskunft verpflichtet. Die
Auskunftsklage ist damit vor Eintritt des erledigenden Ereignisses unbegründet
gewesen. Auf die Berufung des Beklagten war daher dem Feststellungsantrag der
Klägerin nicht stattzugeben, sondern die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil sie unterlegen ist (§
91 Abs. 1 ZPO).
Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision war nicht
ersichtlich.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.