Urteil des LAG Hessen vom 10.01.2011

LAG Frankfurt: unbezahlter urlaub, kabinenpersonal, abrechnung, qualifikation, zulage, datum, tarifvertrag, arbeitsgericht, vergütung, besuch

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
17. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
17 Sa 938/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 3 VTV Nr. 36 Kabine (DLH)
Elternzeit - Beschäftigungszeit - Stufensteigerung
Orientierungssatz
Auch nach VTV Nr. 36 Kabine (DLH) sind Zeiten, in denen das Arbeitsverhältnis wegen
Elternzeit ruht, bei der Ermittlung der Stufensteigerungen zu berücksichtigen.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und unter der Zurückweisung der Berufung im
Übrigen wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. April 2010
teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 126,31 EUR (in Worten:
Hundertsechsundzwanzig und 31/100 Euro) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01. September 2008 abzüglich am
26. Februar 2010 gezahlter 83,21 EUR (in Worten: Dreiundachtzig und 21/100
Euro) netto zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 248,69 EUR (in Worten:
Zweihundertachtundvierzig und 69/100 Euro) brutto sowie 289,57 EUR (in Worten:
Zweihundertneunundachtzig und 57/100 Euro) netto nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 348,29 EUR (in Worten:
Dreihundertachtundvierzig und 29/100 Euro) seit 01. Oktober 2008 abzüglich am
26. Februar 2010 gezahlter 198,15 EUR (in Worten: Hundertachtundneunzig und
15/100 Euro) netto zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 350,51 EUR (in Worten:
Dreihundertfünfzig und 51/100 Euro) netto nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01. November 2008 abzüglich am 26.
Februar 2010 gezahlter 4,64 EUR (in Worten: Vier und 64/100 Euro) netto zu
zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 22% und die Beklagte zu 78%.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen. Für die Klägerin wird die Revision
nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten auch im Berufungsrechtszug um Vergütungsansprüche und
hierbei darum, ob die Klägerin während der Dauer ihrer Elternzeit
(Erziehungsurlaub) an den tarifvertraglichen Stufensteigerungen teilnahm.
Die Klägerin ist bei der Beklagten aufgrund Arbeitsvertrages vom 08. Februar 1996
(Bl. 45 f d.A.) seit dem 20. Februar 1996 beschäftigt, zunächst als Flugbegleiterin
und zuletzt als Purserette I. Nr. 2 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 08.
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und zuletzt als Purserette I. Nr. 2 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 08.
Februar 1996 (Bl. 45 f d.A.) lautet:
Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus den für den Bereich
Kabinenbesatzungen Kontinent geltenden Tarifverträgen, den
Betriebsvereinbarungen in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie aus den für den
Bereich Kabinenbesatzungen Kontinent gültigen Dienstvorschriften und
Anweisungen und aus den Bestimmungen dieses Vertrages.
Bei Einstellung wurde die Klägerin in Vergütungsstufe 00 des seinerzeit gültigen
Vergütungstarifvertrages eingruppiert. Im September 1996 erfolgte eine
Einstufung in Vergütungsstufe 01, in der Folgezeit erfolgten jährlich
Stufensteigerungen, so dass die Klägerin ab September 2005 Vergütungsstufe 10
erreichte.Von 29. August 2005 (so die Klägerin) bzw. 26. Oktober 2005 (so die
Beklagte) bis 28. August 2008 nahm die Klägerin Elternzeit in Anspruch. Nach
Ende der Elternzeit und während der am 08. September 2008 eingetretenen
Schutzfrist wegen einer erneuten Schwangerschaft der Klägerin berechnete die
Beklagte die Vergütungsansprüche der Klägerin bzw. den Zuschuss zum
Mutterschaftsgeld auf der Grundlage einer Vergütung nach Vergütungsstufe 10.
Die Klägerin vertritt im Gegensatz zur Beklagten die Auffassung, ihr Anspruch sei
tarifvertraglich für August 2008 nach Vergütungsstufe 12 und ab September 2008
nach Vergütungsstufe 13 zu berechnen.
Der für die Beklagte geltende Vergütungstarifvertrag Nr. 35 für das
Kabinenpersonal, gültig ab 01. November 2002 (in der Folge VTV Nr. 35), lautete
auszugsweise:
§ 3 Grundvergütung, Schichtzulage
(1) Die Höhe der Grundvergütung für Stewardessen/Stewards und die
Mindestgrundvergütung für Purseretten/Purser richtet sich nach Abs. (8).
(2) Stewardessen/Stewards erhalten für 18 Monate* eine Grundvergütung, der
Stufe 0, danach der Stufe 1 der Tabelle in Abs. (8). Der Monat der Erreichung der
Stufe 1 gilt als individuelles Steigerungsdatum.
(3) Purseretten/Purser erhalten eine Grundvergütung, die sich ab Purser-Werdung
individuell aus ihrer Flugbegleiter-Grundvergütung nach Maßgabe der Abs. (5) bis
(9) entwickelt. Neben ihrer Grundvergütung erhalten Purseretten/Purser eine
Zulage gemäß § 4 Abs. (2).
(4) Die Höhe der Schichtzulage beträgt 16,3 vom Hundert der Grundvergütung.
Für Purseretten/Purser beträgt sie 16,3 vom Hundert der individuellen
Grundvergütung und der Zulage gemäß § 4 Abs. (2).
(5) Die Grundvergütung steigt ab der Stufe 1 grundsätzlich mit der Vollendung
jeden Beschäftigungsjahres in einer Stufe zum nächsten individuellen
Steigerungsdatum auf die nächsthöhere Stufe bis zum Betrag der letzten Stufe
der jeweiligen Beschäftigungsgruppe. Die Vergütungsstufen 5, 9 und 13 werden
erreicht, sofern die Qualifikationsnachweise entsprechend Protokollnotiz I erbracht
sind.
Bei unbezahltem Sonderurlaub ab 365 Tagen gilt die gesamte Zeit des
Sonderurlaubs nicht als Beschäftigungszeit.
* Für Mitarbeiter mit Einstellungsdatum vor 01.07.2003 gilt § 3 II in der Fassung
des VTV Nr. 34.
Protokollnotiz I „Qualifikation“ zum VTV Nr. 35 lautet auszugsweise:
2. Das Erreichen der Vergütungsstufen 5, 9 und 13 setzt voraus – sofern
gesetzliche Bestimmungen nicht entgegenstehen –, dass sich Mitarbeiter im
Rahmen des A Qualifikationsmodells Kabine weiterqualifiziert haben:
b) Vergütungsstufen 9 und 13
Für das Erreichen der Vergütungsstufen 9 und 13 weist der Mitarbeiter die
erfolgreiche Teilnahme an insgesamt 5 Schulungstagen im Rahmen des hierfür
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erfolgreiche Teilnahme an insgesamt 5 Schulungstagen im Rahmen des hierfür
von A angebotenen Qualifikationsprogramms nach. Dabei sollten sowohl
prozessorientierte als auch psychologische Inhalte berücksichtigt sein. Der Besuch
dieser Schulungsveranstaltungen erfolgt jeweils in der Freizeit / an freien Tagen
des Mitarbeiters.
3. Zeitpunkt von Vergütungssteigerungen
Hat der Mitarbeiter bis zu seinem individuellen Steigerungsdatum den Nachweis
über die Absolvierung der unter Ziff. 2 beschriebenen Schulungen erbracht,
erreicht er zu seinem individuellen Steigerungsdatum die nächste Vergütungsstufe
(§ 3 Abs. (5)).
Erbringt der Mitarbeiter die Nachweise zu einem späteren Zeitpunkt, so wird sein
individuelles Steigerungsdatum auf den Zeitpunkt der erfolgreichen Absolvierung
der letzten erforderlichen Schulung verlegt. Für die Ermittlung des neuen Datums
und für die Zahlung des Vergütungsbetrages der neuen Stufe findet § 3 Abs. (7)
Anwendung.
War dem Mitarbeiter krankheitsbedingt die Teilnahme an den erforderlichen
Schulungen bis zum Zeitpunkt seines individuellen Steigerungsdatums nicht
möglich, so erfolgt eine rückwirkende Steigerung, wenn der Mitarbeiter die
Nachweise bis spätestens 3 Monate nach dem Steigerungsdatum vorlegt. Eine
Verlegung des Steigerungsdatums findet dann nicht statt. Wird in diesen drei
Monaten keine Schulung angeboten, so verlängert sich die Karenzzeit
entsprechend.
Mitarbeiter, die während der dreimonatigen Nachlauffrist nach vorigem Absatz
aufgrund von Langzeitkrankheit (über 6 Wochen) oder unbezahlter Freistellung von
insgesamt über einem Jahr weiterhin bzw. erneut an der Teilnahme der
erforderlichen Qualifikationsmaßnahme gehindert sind, erhalten die Steigerung in
die nächste Vergütungsstufe unter Abänderung ihres Steigerungsdatums, sobald
sie den fehlenden Nachweis erbracht haben (§ 3 Abs. (7)). Hierfür sind sie nach
Ablauf ihrer Verhinderung bevorzugt für Schulungsmaßnahmen einzuplanen.
Am 03. Mai 2005 trafen die Tarifvertragsparteien eine von der Beklagten als
Anlage 2 zum Tarifvertrag „Konzertierte Aktion Kabine“ bezeichnete Vereinbarung
„Vergütungsstruktur Kabine“ (Bl. 60 d.A.), die wie folgt lautet:
1. Die Vergütungstabelle gemäß § 3 Abs. (8) VTV Nr. 35 Kabine wird für ab dem
01.07.2005 neu eingestellte Mitarbeiter um folgende drei Vorschaltstufen ergänzt.
Die Steigerungen erfolgen innerhalb der Vorschaltstufen nach Ablauf von jeweils 2
Beschäftigungsjahren.
Nach Ablauf von 6 Beschäftigungsjahren erfolgt nach erfolgreich abgelegter
Qualifikationsprüfung [Ausgestaltung offen] eine Eingruppierung in Stufe 2 gemäß
§ 3 Abs. (8) VTV Nr. 35 Kabine. Bei Purserwerdung in den ersten sechs
Beschäftigungsjahren erfolgt unmittelbar ein Stufensprung in Stufe 3 gemäß § 3
Abs. (8) VTV Nr. 35 Kabine. Vorbehaltlich der vereinbarten grundlegenden
Renovation der Vergütungsstruktur Kabine erfolgen die nachfolgende
Vergütungsentwicklung und Stufensteigerungen nach Maßgabe der
Mindestvergütungstabelle gemäß § 3 Abs. (8) VTV Nr. 35 Kabine.
2. Beschäftigungszeiten, in denen das Arbeitsverhältnis länger als drei Monate
hintereinander ruht (Familienzeit, Urlaub, Elternzeit) [UFO: Diskussionsbedarf
hinsichtlich Krisenreaktionsinstrumenten], bleiben bei den Stufensteigerungen
unberücksichtigt.
Unter dem Datum 08. Mai 2005 schlossen die Tarifvertragsparteien den
Vergütungstarifvertrag Nr. 36 für das Kabinenpersonal, gültig ab 01.01.2005 (VTV
Nr. 36, Bl. 11 f d.A.), der auszugsweise wie folgt lautet:
§ 3 Grundvergütung*, Schichtzulage
(1) Die Höhe der Grundvergütung für Stewardessen/Stewards und die
Mindestgrundvergütung für Purseretten/Purser richtet sich nach Abs. (8).
(2) Stewardessen/Stewards erhalten eine Grundvergütung nach der Stufe 1A der
Tabelle in Abs. (8). Der Monat des Eintritts in Stufe 1A gilt als individuelles
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Tabelle in Abs. (8). Der Monat des Eintritts in Stufe 1A gilt als individuelles
Steigerungsdatum.
(3) Purseretten/Purser erhalten eine Grundvergütung, die sich ab Purser-Werdung
individuell aus ihrer Flugbegleiter-Grundvergütung nach Maßgabe der Abs. (5) bis
(9) entwickelt. Neben ihrer Grundvergütung erhalten Purseretten/Purser eine
Zulage gemäß § 4 Abs. (2).
(3a) Bei Purserwerdung während der ersten sechs Beschäftigungsjahre erfolgt
unmittelbar ein Stufensprung in Stufe 3 der Tabelle gemäß Abs. (8).
(4) Die Höhe der Schichtzulage beträgt 16,3 vom Hundert der Grundvergütung.
Für Purseretten/Purser beträgt sie 16,3 vom Hundert der individuellen
Grundvergütung und der Zulage gemäß § 4 Abs. (2).
(5) Die Grundvergütung steigt innerhalb der Vergütungsstufen 1A bis 1C mit der
Vollendung von 2 Beschäftigungsjahren in einer Stufe zum nächsten individuellen
Seigerungsdatum auf die nächsthöhere Stufe bis maximal in Stufe 1C. Ab Stufe 2
steigt die Grundvergütung mit der Vollendung jeden Beschäftigungsjahres in einer
Stufe zum nächsten individuellen Steigerungsdatum auf die nächsthöhere Stufe
bis zum Betrag der letzten Stufe der jeweiligen Beschäftigungsgruppe. Für eine
Vergütungsentwicklung über Stufe 1C hinaus sowie eine Eingruppierung in Stufe 2
der Tabellen in Abs. (8) muss eine Qualifikation gemäß Protokollnotiz I erfolgreich
abgelegt werden. Die Vergütungsstufen 5, 9 und 13 (für Mitarbeiter, die vor dem
01.07.2005 eingestellt wurden) bzw. Vergütungsstufen 6 und 10 (für Mitarbeiter,
die nach dem 01.07.2005 eingestellt wurden) können nur erreicht werden, sofern
die Qualifikationsnachweise entsprechend Protokollnotiz I erbracht sind.
Beschäftigungszeiten, in denen das Arbeitsverhältnis länger als drei Monate
ununterbrochen ruht (Elternzeit, Familienzeit gemäß BVB, unbezahlter Urlaub),
bleiben bei den Stufensteigerungen unberücksichtigt.
Bei unbezahltem Sonderurlaub ab 365 Tagen gilt die gesamte Zeit des
Sonderurlaubs nicht als Beschäftigungszeit.
* Für Mitarbeiter mit Einstellungsdatum vor dem 01.07.2005 gilt § 3
Vergütungstarifvertrag Nr. 35 für das Kabinenpersonal in der Fassung vom
01.05.2004 fort.
Protokollnotiz I „Qualifikation“ zum VTV Nr. 36 lautet auszugsweise:
2. Qualifikation für die Vergütungsstufen 5, 9 und 13 (für vor dem 01.07.2005
eingestellte Mitarbeiter) bzw. für die Vergütungsstufen 2, 6 und 10 (für nach dem
01.07.2005 eingestellte Mitarbeiter)
Das Erreichen der Vergütungsstufen 5, 9 und 13 (für vor dem 01.07.2005
eingestellte Mitarbeiter) bzw. für die Vergütungsstufen 2, 6 und 10 (für nach dem
01.07.2005 eingestellte Mitarbeiter) setzt voraus – sofern gesetzliche
Bestimmungen nicht entgegenstehen –, dass sich die Mitarbeiter im Rahmen des
A Qualifikationsmodells Kabine weiterqualifiziert haben:
b) Vergütungsstufen 9 und 13 (für vor dem 01.07.2005 eingestellte Mitarbeiter)
bzw. für die Vergütungsstufen 6 und 10 (für nach dem 01.07.2005 eingestellte
Mitarbeiter
Für das Erreichen der Vergütungsstufen 9 und 13 (für vor dem 01.07.2005
eingestellte Mitarbeiter) bzw. für die Vergütungsstufen 6 und 10 (für nach dem
01.07.2005 eingestellte Mitarbeiter) weist der Mitarbeiter jeweils die erfolgreiche
Teilnahme an insgesamt 5 Schulungstagen im Rahmen des hierfür von A
angebotenen Qualifikationsprogramms nach. Dabei sollten sowohl
prozessorientierte als auch psychologische Inhalte berücksichtigt sein. Der Besuch
dieser Schulungsveranstaltungen erfolgt jeweils in der Freizeit / an freien Tagen
des Mitarbeiters.
Protokollnotiz I Nr. 3 zum VTV Nr. 36 ist wortgleich mit Protokollnotiz I Nr. 3 zum
VTV Nr. 35.
Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der
Parteien im ersten Rechtszug und der dort zuletzt gestellten Anträge wird auf den
Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 79 bis 83 d.A.),
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Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 79 bis 83 d.A.),
wegen der Berechnung der erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche auf
Seiten 4 und 5 der Klageschrift vom 04. November 2009 (Bl. 4 f d.A.), Seite 2 des
Schriftsatzes vom 12. April 2010 (Bl. 76 d.A.) und Seite 1 des Schriftsatzes vom
13. April 2010 (Bl. 73 d.A.).
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat der Klage durch am 13. April 2010
verkündetes Urteil, 4 Ca 9457/09, stattgegeben. Zur Begründung hat es im
Wesentlichen ausgeführt, für die Klägerin als vor dem 01. Juli 2005 eingestellter
Mitarbeiterin gelte § 3 VTV Nr. 35 fort. Dies folge aus der Auslegung der Fußnote
hinter der Wort „Grundvergütung“ in der Überschrift des § 3 VTV Nr. 36. Wegen der
Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils
verwiesen (Bl. 83 bis 85 d.A.).
Gegen dieses ihr am 17. Juni 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22. Juni
2010 Berufung eingelegt und diese am 16. August 2010 begründet.
Sie verweist erneut auf den unstreitigen Umstand, dass ein VTV Nr. 35 „in der
Fassung vom 01.05.2004“, wie in der Fußnote zu § 3 VTV Nr. 36 erwähnt, nicht
existiert und hält daran fest, die Tarifvertragsparteien hätten eine Differenzierung
hinsichtlich des Einstellungsdatums nur im Hinblick auf die mit dem VTV Nr. 36 neu
eingeführten drei Vorschaltstufen in der Vergütungstabelle vornehmen wollen,
nicht jedoch im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung von Beschäftigungszeiten, in
denen das Arbeitsverhältnis länger als drei Monate ruht, bei den
Stufensteigerungen. Die von der Beklagten als Anlage 2 („Vergütungsstruktur
Kabine“) zum Tarifvertrag Konzertierte Aktion Kabine bezeichnete Vereinbarung
der Tarifvertragsparteien zeige ebenfalls, dass eine Differenzierung nach dem
Einstellungsdatum nur für den dort unter Ziff. 1 enthaltenen Regelungsbereich
beabsichtigt gewesen sei. Mit der „Konzertierten Aktion Kabine“ sei eine neue
Fassung des Vergütungstarifvertrages vereinbart worden, nämlich der VTV Nr. 36.
Das Redaktionsversehen bei Abschluss des VTV Nr. 36 bestehe darin, dass in der
Fußnote nicht auf den VTV Nr. 35 in der Fassung Bezug genommen wird, die dieser
durch die „Konzertierte Aktion Kabine“ erhalten habe, sondern irrtümlich das
Datum der Tarifvereinbarung „Konzertierte Aktion Cockpit“ vom 01. Mai 2004
aufgegriffen werde. Der Verweis müsse als Verweis auf den VTV Nr. 35 in der
Fassung der „Konzertierten Aktion Kabine“ unter dem 03. Mai 2005 gewertet
werden; nur dann mache er Sinn. Sinn und Zweck der Einführung des § 3 Abs. 5
Satz 5 VTV Nr. 36 liege gerade darin, die jährlichen Stufensteigerungen für das
Kabinenpersonal nicht allein vom Bestand des Arbeitsverhältnisses, sondern von
der durch die ununterbrochene Berufsausübung gestiegenen Erfahrung,
Berufspraxis und Routine des Arbeitnehmers abhängig zu machen.
Besitzstandsgesichtspunkte hätten hierbei keine Berücksichtigung finden sollen.
Die Rückkehrer aus der Elternzeit nach dem 01. Juli 2005 hätten die ersten sein
sollen, für die die neue Regelung Anwendung habe finden sollen und hätten in der
Vergütungsstufe wieder einsteigen sollen, in der sie sich vor Beginn der Elternzeit
befunden hätten. Die Beklagte verweist auf ein Ergänzungsprotokoll der
Tarifvertragsparteien vom 14. Oktober 2005 (Bl. 152 d.A.), das auszugsweise wie
folgt lautet:
1. Zwischen den Tarifpartnern besteht Einvernehmen, dass § 3 Abs. 5 S. 5 VTV
Kabine Nr. 36 dergestalt Anwendung findet, dass Beschäftigungszeiten während
eines ruhenden Arbeitsverhältnisses bei Stufensteigerungen, die ab dem
01.07.2005 durchgeführt werden, unberücksichtigt bleiben.
Sie vertritt die Auffassung, dies zeige den Willen der Tarifvertragsparteien und ihr
Einvernehmen darüber, dass § 3 Abs. 5 Satz 5 VTV Nr. 36 dergestalt Anwendung
finde, dass Beschäftigungszeiten während eines ruhenden Arbeitsverhältnisses bei
Stufensteigerungen, die ab dem 01. Juli 2005 durchgeführt werden,
unberücksichtigt bleiben. Im Hinblick auf den im Ergänzungsprotokoll vom 14.
September 2005 aufgeführten Erklärungsvorbehalt führt sie aus, es seien keine
weiteren Erklärungen abgegeben worden. Obwohl die Einigung einem
Erklärungsvorbehalt bis 14. Oktober 2005 unterlegen habe, habe Einigkeit
geherrscht, dies ab sofort umzusetzen. Dies zeige, dass insoweit gerade keine
Besitzstandswahrung beabsichtigt gewesen sei.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. April
2010, 4 Ca 9457/09, die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und meint, ein etwa abweichender
Wille der Tarifvertragsparteien habe jedenfalls in den Normen des Tarifvertrags
keinen Niederschlag gefunden. Im Hinblick auf die Hinweise der Kammer, wonach
aufgrund fehlender Qualifikationsvoraussetzungen nach Protokollnotiz I Nr. 2b
möglicherweise die Voraussetzungen der Vergütungsstufe 13 nicht vorliegen und
ein Zuschuss zum Mutterschaftsgeld auf der Grundlage der Vergütungsstufe 12
noch nicht berechnet werden könne, berechnet die Klägerin die geltend
gemachten Ansprüche ab September 2008 auch alternativ auf der Grundlage der
Vergütungsstufe 12. Insoweit wird Bezug genommen auf die Ausführungen auf
Seiten 2 und 3 des Schriftsatzes vom 29. Dezember 2010 (Bl. 155 f d.A.).
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen sowie die im Verhandlungstermin
vom 10. Januar 2011 überreichten Fotokopien von Gehaltsabrechnungen der
Klägerin verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am
Main vom 13. April 2010, 4 Cs 9457/09, ist teilweise begründet.
Die Kammer folgt der angefochtenen Entscheidung darin, dass für die Klägerin als
vor dem 01. Juli 2005 eingestellter Mitarbeiterin bei den jährlichen
Stufensteigerungen auch die Zeiten zu berücksichtigen sind, während derer das
Arbeitsverhältnis wegen Inanspruchnahme von Elternzeit länger als drei Monate
ruhte. Die Berufung ist jedoch insoweit erfolgreich, als der Klägerin ab September
2008 nicht Vergütung nach Vergütungsstufe 13 zusteht, sondern weiter nach
Vergütungsstufe 12. Mangels Vorliegen der Qualifikationsvoraussetzungen nach
Protokollnotiz I Nr. 2b hat für die Klägerin zu diesem Zeitpunkt keine
Stufensteigerung von der Vergütungsstufe 12 in die Vergütungsstufe 13
stattgefunden. Im Einzelnen:
Die Klage ist im zuerkannten Umfang begründet, §§ 611 Abs. 1 BGB, 14 Abs. 1
MuSchG. Die dem Grunde nach unstreitigen Ansprüche der Klägerin sind auf
Grundlage der Vergütungsstufe 12 abzurechnen, denn die Klägerin erfuhr währen
ihrer Elternzeit im September 2007 (individuelles Steigerungsdatum) eine
Stufensteigerung in diese Vergütungsstufe.
Das Arbeitsgericht ist unter zutreffender Berücksichtigung der für die Auslegung
von Tarifverträgen geltenden Grundsätze zum zutreffenden Auslegungsergebnis
gelangt.
Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung
von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut
auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am
Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille der
Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, sofern er in den tariflichen Normen
seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen
Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der
Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm
zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse
nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge
weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls
auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität
denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt
derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten,
zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt
.
Der Wortlaut der Fußnote zu § 3 VTV Nr. 36 ist eindeutig. Er lautet „Für Mitarbeiter
mit Einstellungsdatum vor dem 01.07.2005 gilt § 3 Vergütungstarifvertrag Nr. 35
für das Kabinenpersonal in der Fassung vom 01.05.2004 fort“. Er verweist damit
nach seinem Wortlaut auf den gesamten § 3 VTV Nr. 35, nicht nur auf § 3 Abs. 8
VTV Nr. 35 und die dortige Vergütungstabelle. Er verweist damit nach seinem
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VTV Nr. 35 und die dortige Vergütungstabelle. Er verweist damit nach seinem
Wortlaut auch auf § 3 Abs. 5 VTV Nr. 35. § 3 Abs. 5 VTV Nr. 35 enthält aber gerade
nicht eine Regelung wie § 3 Abs. 5 Satz 5 VTV Nr. 36, wonach
Beschäftigungszeiten, in denen das Arbeitsverhältnis länger als drei Monate
ununterbrochen ruht, bei den Stufensteigerungen unberücksichtigt bleiben.
Die Stellung des Zeichens „*“ hinter dem Wort „Grundvergütung“ in der
Überschrift des § 3 VTV Nr. 36 ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.
Hieraus ließe sich allenfalls ableiten, dass der Verweis auf § 3 VTV Nr. 35 nur
insoweit gelten soll, als es um die Grundvergütung geht, nicht also, sofern Fragen
der Schichtzulage betroffen sind. Dies kann offen bleiben. Denn die
Stufensteigerungen betreffen die Grundvergütung. Die Grundvergütung steigt im
Rahmen der Stufensteigerungen um die Steigerungsbeträge. § 3 Abs. 5 VTV Nr.
35 regelt damit die Grundvergütung.
Der Umstand, dass auf § 3 VTV Nr. 35 „in der Fassung vom 01.05.2004“ verwiesen
wird, führt zu keiner anderen Beurteilung. Richtig ist, dass ein VTV Nr. 35 in der
Fassung vom 01. Mai 2004 nicht existiert, jedenfalls dann nicht, wenn man das von
der Beklagten vorgetragene Verständnis der Tarifvertragsparteien zugrunde legt,
wonach mit dem Begriff „in der Fassung“ in der Tarifpraxis ausschließlich dass
Abschluss-, Änderungs- oder Gültigkeitsdatum des Tarifvertrages gemeint ist. Dies
ändert aber zunächst nichts daran, dass mit der Fußnote auf einen § 3 VTV Nr. 35
insgesamt und nicht nur auf bestimmte Regelungsabschnitte eines § 3 VTV Nr. 35
verwiesen wird. Insbesondere ist die Argumentation der Beklagten aber auch nicht
nachvollziehbar, die Fußnote sei auf einen Verweis auf einen § 3 VTV Nr. 35 „in der
Fassung der Konzertierten Aktion“, dh. „in der Fassung vom 03. Mai 2005“ zu
verstehen.
So überzeugt bereits die Argumentation nicht, es sei irrtümlich das Datum der
„Konzertierten Aktion Cockpit“ anstelle des Datums der „Konzertierten Aktion
Kabine“ verwendet werden, zumal nicht erkennbar ist, inwieweit die
abschließenden Gewerkschaften auch an der „Konzertierten Aktion Cockpit“
beteiligt waren.
Nach dem Vortrag der Beklagten sollen die Vereinbarungen im Rahmen der
„Konzertierten Aktion Cockpit“ am 04. Dezember 2004 erfolgt sein, wobei die
Vereinbarungen zum Teil zum 01. Mai 2004 und im Übrigen zum 01. Januar 2005
in Kraft getreten sein sollen. Der 01. Mai 2004 ist damit auch im Rahmen der
„Konzertierten Aktion Cockpit“ kein Zeitpunkt, zu dem die Vereinbarung getroffen
worden sein soll, sondern ein Zeitpunkt, zu dem sie partiell in Kraft getreten sein
soll. Der 03. Mai 2005 dagegen, auf den die Beklagte abstellen will, soll der
Zeitpunkt sein, zu dem im Rahmen der „Konzertierten Aktion Kabine“
Vereinbarungen getroffen worden sein sollen.
Die Beklagte trägt selbst vor, der VTV Nr. 35 existiere einzig und allein in der
Fassung gültig ab dem 01. November 2002, abgeschlossen am 20. Mai 2003; eine
spätere bzw. geänderte Fassung gebe es nicht. Dann gibt es, legt man das
vorgetragene Verständnis der Tarifvertragsparteien von der Formulierung „in der
Fassung vom…“ zugrunde, in der Tat keine Fassung des VTV Nr. 35 vom 01. Mai
2004. Es gibt dann aber auch keine Fassung des VTV Nr. 35 vom 03. Mai 2005 und
auch keine Fassung „der Konzertierten Aktion Kabine“. Nach der weiteren
Darstellung der Beklagten soll mit der „Konzertierten Aktion Kabine“ eine neue
Fassung des VTV, nämlich der VTV Nr. 36 vereinbart worden sein. Mit dem VTV Nr.
36 seien die Vereinbarungen aus der „Konzertierten Aktion Kabine“ redaktionell
umgesetzt worden. Nach diesem Verständnis wiederum ist aber ein VTV Nr. 35 „in
der Fassung vom 03. Mai 2005“ oder auch „in der Fassung der Konzertierten
Aktion Kabine“ nichts anderes als der VTV Nr. 36, so dass dann die Fußnote des
VTV Nr. 36 den Inhalt hätte, für Mitarbeiter mit Einstellungsdatum vor dem 01. Juli
2005 gelte § 3 VTV Nr. 36 fort. Einer solchen Regelung hätte es nicht bedurft. Im
Übrigen zeigt die Formulierung, der VTV Nr. 35 gelte „fort“, dass eine frühere, jetzt
nicht mehr vorhandene Regelung, für einen bestimmten Personenkreis weiter
gelten soll.
Dies alles zeigt, dass die Formulierung „in der Fassung vom“ nicht das Abschluss-,
Änderungs- oder Gültigkeitsdatum des VTV Nr. 35 meint. Denn es existiert nur
eine Fassung und eine „Fassung vom 03. Mai 2005“ wäre nach Darstellung der
Beklagten bereits der VTV Nr. 36. Von daher ist es der Kammer vom Wortlaut her
zunächst nicht möglich, das Datum 01. Mai 2004 in 03. Mai 2005 auszulegen. Von
daher ist auch nicht von einem bloßen Redaktionsversehen auszugehen, vielmehr
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daher ist auch nicht von einem bloßen Redaktionsversehen auszugehen, vielmehr
davon, dass die Tarifvertragsparteien auf den VTV Nr. 35 abstellen, wie er zu
einem bestimmten Zeitpunkt gegolten hat und wie er für einen bestimmten
Personenkreis, nämlich die Mitarbeiter mit Einstellungsdatum vor dem 01. Juli 2005
„fort“ gelten soll. Die letzte Änderung des VTV Nr. 35, wenn auch nicht inhaltlich,
sondern lediglich bezüglich der Tabellenwerte, fand aber tatsächlich am 01. Mai
2004 statt.
Für diese Auslegung spricht im Übrigen auch, dass Protokollnotiz I Nr. 3 im VTV Nr.
36 unverändert beibehalten wurde und hiernach nach wie vor Stufensteigerungen
in die Stufen 9 und 13 jedenfalls auch in Fällen langfristiger „unbezahlter
Freistellung“ möglich sind, nämlich unter Abänderung des individuellen
Steigerungsdatums nach Nachweis der Qualifikationsmaßnahme.
Das von der Beklagten im Berufungsrechtszug vorgelegte Ergänzungsprotokoll
vom 14. September 2005 spricht in der Tat für einen jedenfalls am 14. September
2005 vorhandenen Willen der Tarifvertragsparteien, Beschäftigungszeiten, in
denen das Arbeitsverhältnis länger als drei Monate ununterbrochen ruhte, auch
bei Mitarbeitern, die vor dem 01. Juli 2005 eingestellt wurden, unberücksichtigt zu
lassen. Die Kammer sieht sich an einer Auslegung der Fußnote zu § 3 VTV Nr. 36
in dem im Ergänzungsprotokoll zum Ausdruck kommenden Sinn allerdings
gehindert, weil dieser Wille dem Wortlaut der Fußnote widerspricht und im
Tarifvertrag an keiner Stelle seinen Niederschlag gefunden hat. Schon gar nicht
lässt sich aus den Normen des VTV Nr. 36 entnehmen, es sei auch noch danach
zu differenzieren, ob die Stufensteigerung, nicht die Einstellung, vor oder nach
dem 01. Juli 2005 stattgefunden hätte. Hierauf soll aber nun nach dem
Ergänzungsprotokoll abzustellen sein.
Dass Sinn und Zweck der Regelung und Systematik der als Anlage 2 zur
Tarifvereinbarung „Konzertierte Aktion Kabine“ bezeichneten Vereinbarung
„Vergütungsstruktur Kabine“ nicht zwingend für eine Auslegung im Sinne der
Beklagten sprechen, hat das Arbeitsgericht ebenfalls bereits zutreffend
festgestellt. Auch wenn mit den Stufensteigerungen die durch fortdauernde
Berufsausübung gestiegene Erfahrung, Berufspraxis und Routine berücksichtigt
werden soll, wurde im VTV Nr. 35 eben nicht allein hierauf abgestellt und kann der
in der Fußnote enthaltenen Regelung damit Bestandssicherungscharakter
zukommen. Wenn in Anlage 2 zur Tarifvereinbarung „Konzertierte Aktion Kabine“
nur in Ziff. 1 auf das Einstellungsdatum abgestellt wird, kann dies sowohl
bedeuten, dass nur hier nach dem Einstellungsdatum differenziert werden soll, als
auch, dass Ziff. 2 ohnehin nur für den in Ziff. 1 genannten Personenkreis gelten
soll. Keines der Argumente ist zwingend.
Die Klägerin hat damit auch während der in Anspruch genommenen Elternzeit
Stufensteigerungen erfahren, aufgrund ihres individuellen Steigerungsdatums
daher im September 2007 in Vergütungsstufe 12.
Dagegen ist im September 2008 keine Stufensteigerung in Vergütungsstufe 13
erfolgt. Denn die Klägerin verfügt unstreitig nicht über die
Qualifizierungsvoraussetzungen nach Protokollnotiz I Nr. 2b.
Für die Zeit vom 29. August 2008 bis 31. August 2008 standen der Klägerin damit
insgesamt 392,87 € brutto zu (3/30 Grundvergütung = 297,17 €; 3/30
Purserettenzulage = 40,64 €; 16,3 % Schichtzulage = 55,06 €), § 611 Abs. 1 BGB.
Hierauf hatte die Beklagte ihr zunächst 266,56 € brutto gezahlt, so dass bei
Klageerhebung 126,31 € brutto offenstanden. Hierauf zahlte die Beklagte nach
Klageerhebung am 26. Februar 2010 weitere 83,21 € netto (vgl. auch Abrechnung
Bl. 161 d.A.).
Für die Zeit vom 01. September 2008 bis 07. September 2008 standen der
Klägerin auf Basis der Vergütungsstufe 12 insgesamt 921,96 € brutto zu (7/30
Grundvergütung = 693,40 €; 7/30 Purserettenzulage = 99,34 €; 16,3 %
Schichtzulage = 129,22 €), § 611 Abs. 1 BGB. Hierauf hatte die Beklagte ihr
zunächst 673,27 € brutto gezahlt, so dass bei Klageerhebung 248,69 € brutto
offenstanden.
Für die Zeit vom 08. September 2008 bis 30. September 2008 standen der
Klägerin auf der Basis einer Nettovergütung bei Vergütungsstufe 12 in Höhe von
1.611,51 € monatlich bzw. 53,72 € täglich insgesamt 936,56 € netto zu ((53,72 € -
13,00 €) x 23), § 14 Abs. 1 MuSchG. Hierauf hatte die Beklagte ihr zunächst
646,99 € netto gezahlt, so dass bei Klageerhebung 289,57 € netto offenstanden.
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Auf die Beträge von 248,69 € brutto und 289,57 € netto für September 2008
zahlte die Beklagte nach Klageerhebung am 26. Februar 2010 weitere 198,15 €
netto (vgl. auch Abrechnung Bl. 162 d.A.).
Für Oktober 2008 standen der Klägerin bei Vergütungsstufe 12 insgesamt
1.208,51 € netto zu (1.611,51 € - 403,00 €), § 14 Abs. 1 MuSchG. Hierauf hatte die
Beklagte ihr zunächst 858,00 € netto gezahlt. Die bisherige Angabe der Klägerin
(872,03 € netto) wurde im Verhandlungstermin auf 862,64 € berichtigt. In diesem
Betrag ist aber der nachgezahlte Betrag von 4,64 € netto bereits enthalten (vgl.
Abrechnung Bl. 163 d.A.). Damit standen bei Klageerhebung 350,51 € netto offen.
Hierauf zahlte die Beklagte am 26. Februar 2010 weitere 4,64 € netto (vgl.
Abrechnung Bl. 163 d.A.).
Der Zinsanspruch ist im zuerkannten Umfang begründet gemäß §§ 288, 286 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG ist für die Beklagte die Revision zuzulassen. Für
die Klägerin besteht kein Zulassungsgrund.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.