Urteil des LAG Hessen vom 04.11.2008

LAG Frankfurt: gemeinsame einrichtung, einbau, fassade, ausnahme, entschädigung, erstellung, verfügung, auskunftserteilung, baugewerbe, arbeitsgericht

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
12. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 Sa 552/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 1 TVG
(Betrieblicher Geltungsbereich des VTV-Bau - Einbau
vorgefertigter Glaselemente - sog. sowohl-als-auch-
Tätigkeit)
Leitsatz
Der Einbau vorgefertigter Glaselemente ist, mit oder ohne die gleichzeitige Erstellung
der Fassadenkonstruktion, eine bauliche Leistung und als solche dem Fassaden- und
Trocken- und Montagebau (§ 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 12 und 37 VTV) zuzuordnen.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom
19.02.2008 – 8 Ca 3285/04 – abgeändert:
Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 11. März 2005 wird
aufrecht erhalten.
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin auf den von ihr zur Verfügung gestellten
Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viele gewerbliche Arbeitnehmer, die
eine nach den Vorschriften des sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGBVI)
versicherungspflichtige Tätigkeit ausüben, in den Monaten Oktober 2004 –
Dezember 2004 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden, welche
Bruttolohnsummen und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese
Arbeitnehmer in den jeweiligen Monaten angefallen sind.
Für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb von 6
Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an die Klägerin 4.140,-- EUR
Entschädigung zu zahlen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung von
Auskünften im Rahmen des Sozialkassenverfahrens des Baugewerbes für die Zeit
von Juli bis Dezember 2004.
Die Klägerin ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Bauge-
werbes und nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag über das
Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) zum Einzug der Beiträge zu den
Sozialkassen im Baugewerbe verpflichtet. Der Beklagte unterhält einen Betrieb,
der seit dem 31.01. 1995 in der Handwerksrolle mit dem „Einbau von genormten
Bauteilen“ eingetragen ist. Mit Fax vom 15.4.2003 (Bl. 23 d. A.) teilte der Beklagte
der A mit, dass die betriebliche Gesamtarbeitszeit zu 95 % in der Montage von
vorgefertigten Fenstern, Türen, Toren und Zargen bestehe. Dieselbe Angabe
machte er ebenfalls in dem am 22.04.2003 unterzeichneten Stammblatt der A (Bl.
20 - 22 d. A.).
Die Klägerin nimmt den Beklagten, der nicht Mitglied eines der
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Die Klägerin nimmt den Beklagten, der nicht Mitglied eines der
tarifvertragschließenden Verbände des Baugewerbes ist, auf Erteilung von
Auskünften über die Anzahl der bei ihm beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer
und die Höhe der Bruttolohnsumme für den Zeitraum Juli bis Dezember 2004 in
Anspruch.
Die Klägerin hat die Auskunftsansprüche für die Zeit von Juli bis September 2004
mit ihrer am 24.11.2004 eingereichten Klage (8 Ca 3285/04) sowie für den
Zeitraum von Oktober bis Dezember 2004 mit der Klage vom 25.02.2005 (ohne
Eingangsstempel, zugestellt am 16.03.2005, 8 Ca 499/05), beide mit Beschluss
vom 5.09.2006 zu einer Klage verbunden, gerichtlich geltend gemacht. Hinsichtlich
des Zeitraums Juli bis September 2004 ist am 11.03.2005 ein dem Begehren der
Klägerin stattgebendes Versäumnisurteil ergangen, gegen das der Beklagte
rechtzeitig Einspruch eingelegt hat.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Betrieb des Beklagten sei während des
gesamten Klagezeitraums dem Geltungsbereich des allgemeinverbindlichen
Verfahrenstarifvertrags unterfallen. Die Klägerin hat behauptet, die im Betrieb des
Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer hätten im Klagezeitraum und im gesamten
Kalenderjahr 2004 arbeitszeitlich gesehen überwiegend, d.h. zu mehr als 50 %
ihrer persönlichen Arbeitszeit, die zusammengerechnet auch mehr als 50 % der
betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausmache, den Einbau vorgefertigter Bauteile,
insbesondere Fenster, Türen und Tore in und an Gebäuden sowie den Einbau
vorgefertigter Bauteile aus Glas und Leichtmetall (Aluminium) zur Verkleidung von
Gebäudefassaden durchgeführt.
Die Klägerin hat beantragt,
das Versäumnisurteil vom 11.03.2005 aufrecht zu erhalten und den Beklagten
zu verurteilen, ihr auf dem von ihr zur Verfügung gestellten Formular Auskunft
darüber zu erteilen, wie viele gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den
Vorschriften des sechsten Buches Sozialgesetzbuch – gesetzliche
Rentenversicherung – versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten
Oktober bis Dezember 2004 in dem Betrieb des Beklagten beschäftigt wurden,
welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese
Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind,
für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer
Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an die Klägerin folgende
Entschädigung zu zahlen: € 4.140,00.
Der Beklagte hat beantragt,
das Versäumnisurteil vom 11.03.2005 aufzuheben und die Klage insgesamt
abzuweisen.
Der Beklagte hat zunächst behauptet, die bei ihm beschäftigten gewerblichen
Arbeitnehmer hätten im Klagezeitraum arbeitszeitlich überwiegend, und zwar zu
etwa 70 %, Fenster im Betrieb zusammengebaut und diese dann an Kunden
verkauft, ohne die Fenster auf den Baustellen zu montieren. Zu weiteren fast 30 %
hätten sie Verglasungsarbeiten durchgeführt, indem sie Fenster und
Türenelemente in Fassadenkonstruktionen einsetzten und abdichteten. Nach
durchgeführter Beweisaufnahme hat er seinen Vortrag dahingehend korrigiert,
dass die gewerblichen Arbeitnehmer seit dem Jahre 2000 zu 95 %
Glasverkleidungen von Gebäudefassaden durchführten. Dabei errichteten sie vor
der Verglasung zu 30 % zunächst selbst die Fassadenkonstruktion, zu 65 % jedoch
fügten sie nur die Glaselemente in bereits vorhandene Fassadenkonstruktionen
ein.
Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat auf der Grundlage des Beweisbeschlusses vom
8.03.2005 (Bl. 62 f d.A.) zwei im Kalenderjahr 2004 beim Beklagten beschäftigte
gewerbliche Arbeitnehmer im Wege der Rechtshilfe uneidlich vernehmen lassen
und danach mit Urteil vom 19.02. 2008 das Versäumnisurteil vom 11.03.2005
aufgehoben und die Klage abgewiesen. Für die Einzelheiten der Begründung wird
auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl.
136 – 141 d.A.).
Die Klägerin hat gegen das ihr am 12.03.2008 zugestellte arbeitsgerichtliche Urteil
am Montag, den 14.104.2008 Berufung beim Landearbeitsgericht eingelegt und
diese am 13.05.2008 begründet.
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Die Klägerin wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag zur überwiegenden Tätigkeit
im Betrieb des Beklagten. Sie ist der Ansicht, die betrieblichen Tätigkeiten seien
als „sowohl-als-auch-Tätigkeiten“ im Sinne der Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts anzusehen. Das treffe auch auf Glasversiegelungsarbeiten
wie das Einsetzen von Glaselementen in Trägerkonstruktionen im Fassadenbau zu.
Letzteres sei entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts keine für das
Glaserhandwerk typische Tätigkeit, weil sie auch dem Berufsbild des
Ausbaufacharbeiters mit Schwerpunkt Trockenbau zuzuordnen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 19.02.2008, Az. 8 Ca 3285/04
wird abgeändert;
das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 11.03.2005 wird aufrecht
erhalten;
der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin auf dem von ihr zur Verfügung gestellten
Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viele gewerbliche Arbeitnehmer, die
eine nach den Vorschriften des sechsten Buches Sozialgesetzbuch – gesetzliche
Rentenversicherung – versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten
Oktober bis Dezember 2004 in dem Betrieb des Beklagten beschäftigt wurden,
welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese
Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind;
für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer
Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an die Klägerin folgende
Entschädigung zu zahlen: € 4.140,00.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Nach seiner Ansicht sei der
Betrieb nach der Rechtsprechung zu den „sowohl-als-auch-Tätigkeiten“ als Betrieb
des Glaserhandwerks anzusehen, weil zu mehr als 20 % Tätigkeiten, nämlich das
Einsetzen und Ausrichten von Glasscheiben in Fassadenkonstruktionen,
durchgeführt wurden, die typischerweise dem Glaserhandwerk zuzuordnen seien.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf
den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden ist
gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß
begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 1 u. 3 ZPO).
Die Berufung ist auch in der Sache erfolgreich. Das erstinstanzlich am 11.03.2005
ergangene Versäumnisurteil ist aufrecht zu erhalten. Darüber hinaus ist der
Beklagte gemäß § 21 Abs. 1 VTV verpflichtet, der Klägerin die begehrten Auskünfte
für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2004 zu erteilen und im Falle der
Nichterteilung an die Klägerin eine Entschädigung in Höhe von € 4140,00 zu
zahlen. Der VTV fand kraft seiner Allgemeinverbindlichkeit während des gesamten
Klagezeitraums auf den Betrieb des Beklagten Anwendung.
Der Beklagte unterhielt im Klagezeitraum einen Betrieb, der unter den
betrieblichen Geltungsbereich des VTV fiel. Darunter fallen gemäß § 1 Abs. 2 VTV
diejenigen Betriebe, in denen überwiegend entweder die in § 1 Abs. 2 Abschnitt V
genannten Beispielstätigkeiten oder aber Leistungen im Sinne der Bestimmungen
der Abschnitte I – IV ausgeführt werden. Ob überwiegend bauliche Leistungen
erbracht werden, bemisst sich danach, ob die überwiegende betriebliche
Arbeitszeit der gewerblichen Arbeitnehmer auf derartige bauliche Leistungen
entfällt (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 28.04.2004 AP
Nr. 264 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Der Betrieb des Beklagten war im
gesamten Klagezeitraum und darüber hinaus im gesamten Kalenderjahr ein
baugewerblicher Betrieb gemäß § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 12 (Fassadenbau) und
Nr. 37 (Trocken- und Montagebau).
Der Beklagte hat im Jahre 2004 einen baugewerblichen Betrieb geführt, in dem zu
mehr als 50 % der Arbeitszeit aller gewerblichen Arbeitnehmer der Einbau von
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mehr als 50 % der Arbeitszeit aller gewerblichen Arbeitnehmer der Einbau von
vorgefertigten Glaselementen in Gebäudefassaden durchgeführt wurde. Nachdem
der Beklagte selbst behauptet hat, zu 95 % der betrieblichen Tätigkeit die
Verglasung von Gebäudefassaden, teils mit, teils ohne Erstellung der
Fassadenkonstruktion durch ein Pfosten- und Riegelsystem, durchzuführen, folgt
dies bereits aus dem unstreitigen Vortrag der Parteien. Bei dieser Tätigkeit handelt
es sich, unabhängig davon, ob bei bereits vorhandener Fassadenkonstruktion
lediglich die Verglasung ausgeführt wird, oder ob die Erstellung der
Fassadenkonstruktion Bestandteil der Tätigkeit ist, um eine bauliche Leistung.
Das Hessische Landesarbeitsgericht (Urteil vom 10.03.2008 – 16 Sa 1610/07;
rechtskräftig) hat in einem gleichgelagerten Fall folgende Ausführungen gemacht,
denen sich die erkennende Kammer anschließt: das Einfügen von Glas in
vorhandene Konstruktionen zur Erstellung einer Fassade gehört zu den in § 1
Abschnitt V VTV ausdrücklich genannten Fassadenbauarbeiten.
Fassadenbauarbeiten sind alle Arbeiten, die dazu bestimmt sind, eine Fassade zu
schaffen. Das Erstellen von Fassadenkonstruktionen ist eine solche Arbeit, die
Einfügung von Glas in dafür vorgesehene Öffnungen ist ein integraler Teil der
Schaffung der Fassade und gehört damit ebenfalls zu den Fassadenbauarbeiten.
Vorbereitende Zuschnitt- und Anpassungsarbeiten sind notwendige Hilfsarbeiten
zur Schaffung einer Fassade, die kraft Zusammenhangs den eigentlichen
Fassadenbauarbeiten zuzurechnen sind. Darüber hinaus handelt es sich bei der
Einfügung von Glaselementen in Alukonstruktionen an Bauwerken, auch wenn die
Glaselemente nicht Teil einer Fassade waren, um Montagebauarbeiten i. S. von § 1
Abschnitt V Nr. 37 VTV, weil die Arbeiten der Errichtung bzw. Veränderung eines
Bauwerks dienen. Dass insoweit Glas verwendet wurde, ist unschädlich, weil die
Tarifvertragsparteien in § 1 Abs. 2 VTV nicht auf den verwendeten Werkstoff
abstellen.
Der Betrieb ist entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht gemäß § 1 Abs. 2
Abschnitt VII Nr. 4 VTV (VTV 2000) vom betrieblichen Geltungsbereich des
Tarifvertrages ausgenommen.
Nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 4 VTV werden vom betrieblichen Geltungsbereich
„Betriebe des Glaserhandwerks“ nicht erfasst. Führt ein Betrieb arbeitszeitlich
überwiegend Tätigkeiten aus, die einem in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII genannten
Gewerk zuzurechnen sind, so wird der Betrieb als Ganzes vom betrieblichen
Geltungsbereich des VTV nicht erfasst. Werden Arbeiten ausgeführt, die sowohl als
bauliche Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt I bis V VTV als auch als
solche eines der in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV genannten Gewerke anzusehen
sind (sog. sowohl-als-auch-Tätigkeiten), so kommt es nach der Rechtsprechung
des Bundesarbeitsgerichts (BAG 24.11.2004 – 10 AZR 169/04) für eine Ausnahme
aus dem betrieblichen Geltungsbereich darauf an, ob neben diesen Arbeiten in
nicht unerheblichem Umfang (mindestens 20 % der betrieblichen
Gesamtarbeitszeit) Arbeiten ausgeführt werden, die ausschließlich den vom
betrieblichen Geltungsbereich ausgenommenen Gewerken - hier dem
Glaserhandwerk - zuzurechnen sind, die also für dieses Gewerk typisch sind, oder
ob diese Arbeiten in nicht unerheblichem Umfang von gelernten Arbeitnehmern
dieses Gewerks ausgeführt werden oder eine entsprechende Aufsicht durch einen
Fachmann dieses Gewerks besteht.
Das Verglasen von Gebäudefassaden gehört zwar berufsrechtlich zu den
Tätigkeiten des Glaserhandwerks. Die Verordnung vom 8.07.2001 (BGBl. I 2001,
S.1551 ff) nennt als Gegenstand der Berufsausbildung in § 3 Abs. 2 Nr. 2 a) und b)
in der Fachrichtung Fenster- und Glasfassadenbau ausdrücklich das Herstellen von
Fenster- und Türen- und Fassadenkonstruktionen sowie das Einbauen derartiger
Konstruktionen. Nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien kann auch davon
ausgegangen werden, dass diese Arbeiten überwiegend im Betrieb des Beklagten
verrichtet wurden. Wie oben festgestellt, gehört es gleichzeitig auch zu den vom
Geltungsbereich des VTV erfassten baulichen Leistungen und damit ebenso zu
den „sowohl-als-auch-Tätigkeiten“ im Sinne der Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts. .
Der für das Vorliegen der Voraussetzungen einer Ausnahme vom tariflichen
Geltungsbereich darlegungs- und beweispflichtige Beklagte (BAG a.a.O.) hat zu
keiner der drei vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Voraussetzungen, die die
Ausnahme vom Geltungsbereich des VTV begründen können, schlüssig
vorgetragen. Er hat die „sowohl-als-auch-Tätigkeiten“ gleichzeitig als typische
Glaserarbeiten bezeichnet und weitere typische Arbeiten nicht angeführt; denn
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Glaserarbeiten bezeichnet und weitere typische Arbeiten nicht angeführt; denn
auch das reine Verglasen ohne die vorherige Anbringung der
Leichtmetallkonstruktion ist gleichzeitig bauliche Tätigkeit und nicht ausschließlich
dem Glaserhandwerk zugeordnet. Er hat auch weder behauptet, dass die Arbeiten
von gelernten Arbeitnehmern ausgeführt werden, noch, dass eine Aufsicht durch
einen Fachmann besteht. Die Kammer sah keine Veranlassung, dem Beklagten im
Anschluss an die mündliche Verhandlung weitere Gelegenheit zur schriftlichen
Stellungnahme zum Vorliegen einer Ausnahme vom betrieblichen Geltungsbereich
einzuräumen. Dem Beklagten war die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
zu den sog. „sowohl-als-auch-Tätigkeiten“ nach den Hinweisen im Urteil des
Arbeitsgerichts Wiesbaden und aus einem früheren Berufungsverfahren vor der
erkennenden Kammer (12 Sa 1913/06) bekannt.
Die Zubilligung eines Entschädigungsbetrages beruht auf § 61 Abs. 2 ArbGG. Der
Höhe nach entspricht der Entschädigungsbetrag nach dem unwidersprochen
gebliebenen Vortrag der Klägerin 80 % der mutmaßlichen Beiträge. Das ist
angemessen und ausreichend.
Der Beklagte hat gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits
zu tragen.
Für die Zulassung der Revision war kein gesetzlich gebotener Anlass gegeben (§
72 Abs. 2 ArbGG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.