Urteil des LAG Hamm vom 06.05.2004

LArbG Hamm: haftung des arbeitgebers, insolvenz, firma, tarifvertrag, arbeitsgericht, wiederholung, unterlassen, komplementär, zahlungsunfähigkeit, zweckentfremdung

Landesarbeitsgericht Hamm, 8 Sa 2220/03
Datum:
06.05.2004
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
8. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 Sa 2220/03
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Detmold, 3 Ca 2606/02
Nachinstanz:
Bundesarbeitsgericht, 8 AZR 454/04 Revision zurückgewiesen
18.01.2006
Schlagworte:
Altersteilzeit / Wertguthaben / Insolvenzsicherung / Haftung des
Arbeitgebers / keine persön-liche Haftung des GmbH-Geschäftsführers
Normen:
BGB § 823 Abs. 2 i.V.m. § 266 StGB, § 7 d SGB IV, § 7 TV zur
Beschäftigungsbrücke für Arbeitnehmer in Betrieben der Holzindustrie
Leitsätze:
Soweit tarifliche oder gesetzliche Regelungen die Verpflichtung des
Arbeitgebers
begründen, Wertguthaben aus der Leistung von Altersteilzeit für den
Insolvenzfall zu sichern, stellen diese kein Schutzgesetz i.S.d. § 823
Abs. 2 BGB dar. Eine persönliche Haftung des GmbH-Geschäftsführers
für den insolvenzbedingten Verlust von Wertguthaben scheidet danach
aus.
Rechtskraft:
Die Revision wird zugelassen
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold
vom 20.11.2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
T a t b e s t a n d
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Mit seiner Klage nimmt der Kläger, welcher in der Vergangenheit als Arbeitnehmer bei
der in Insolvenz geratenen Firma O1xxx M2xxxxxxxx E1xxx H4xxxx GmbH & Co. KG
beschäftigt war, den Beklagten als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH auf
Feststellung einer persönlichen Schadensersatzhaftung mit der Begründung in
Anspruch, der Beklagte habe vorsätzlich eine Insolvenzsicherung des Wertguthabens
aus der bestehenden Altersteilzeitvereinbarung versäumt. Die entsprechende
Schadensersatzverpflichtung ergebe sich aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB, § 7
d SGB IV und § 7 "TV-Beschäftigungsbrücke" für Arbeitnehmer/innen in Betrieben der
Holzindustrie. Hilfsweise begehrt der Kläger die Verurteilung des Beklagten zum
Schadensersatz dem Grunde nach.
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Durch Urteil vom 20.11.2003, auf welches wegen des weiteren erstinstanzlich
vorgetragenen Sachverhalts Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage
abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, eine persönliche
Haftung des Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB, § 266 StGB scheitere daran, dass es an
einer eigenständigen Vermögensbetreuungspflicht hinsichtlich der angesparten
Wertguthaben aus Altersteilzeit fehle. Bei der Vorschrift des § 7d Abs. 1 SGB IV handle
es sich nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur um eine
sanktionslose Muss-Vorschrift, nicht hingegen um ein Schutzgesetz im Sinn des § 823
Abs. 2 BGB. Nichts anderes gelte im Ergebnis auch für die Verpflichtung des
Arbeitgebers aus § 7 TV-Beschäftigungsbrücke. Wie die Vorschrift des § 7d SGB IV
schreibe auch der Tarifvertrag keine bestimmte Form der Insolvenzsicherung vor,
ebenso wenig finde sich im Tarifvertrag eine Vorschrift, welche auf Sanktionen und
insbesondere eine persönliche Schadensersatzpflicht der verantwortlichen Personen für
den Fall der Nichtabsicherung der Wertguthaben hinweise. Jedenfalls nach dem
derzeitigen Rechtszustand fehle es damit an der Grundlage für eine persönliche
Schadensersatzhaftung.
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Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger unter
Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens sein Begehren weiter und tritt
insbesondere dem Standpunkt des arbeitsgerichtlichen Urteils entgegen, es fehle an
einem Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.
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Zum einen ergebe sich bereits aus § 7 TV-Beschäftigungsbrücke die Verpflichtung des
Arbeitgebers zur Insolvenzsicherung. Sinn und Zweck der tariflichen Regelung sei der
Schutz des Altersteilzeit-Arbeitnehmers im Blockmodell davor, dass sein in der
Arbeitsphase aufgebautes Wertguthaben durch eine Insolvenz des Arbeitgebers
entwertet werde. Dementsprechend müsse die genannte tarifliche Vorschrift als
Schutzgesetz im Sinne des
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§ 823 BGB angesehen werden. Allein der Umstand, dass die Tarifparteien keine eigen-
ständigen Sanktionen für den Fall der unterbliebenen Insolvenzsicherung vorgesehen
hätten, sei letztlich ohne Belang. Einer Sanktionsregelung durch die Tarifparteien habe
es nicht bedurft, da diese sich bereits aus den allgemeinen Vorschriften ergebe.
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Soweit es für die Frage der persönlichen Haftung auf ein vorsätzliches Handeln
ankomme, seien auch diese Voraussetzungen erfüllt. Dem Beklagten sei nämlich die
Verpflichtung, für eine Insolvenzsicherung zu sorgen, konkret bekannt gewesen, wie
sich aus seiner Äußerung auf der Betriebsversammlung vom 26.02.2002 ergebe. Bei
dieser Gelegenheit habe er sinngemäß ausgeführt, er habe wohl gewusst, dass die
Altersteilzeitwertguthaben gegen Insolvenz zu sichern seien, aus Kostengründen sei er
zur Durchführung jedoch nicht in der Lage gewesen (Beweis: Seiler).
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Des weiteren ergebe sich die persönliche Haftung des Beklagten auch aus § 823 Abs. 2
BGB i.V.m. § 7d SGB IV. Zwar habe der Gesetzgeber zunächst bewusst auf eine
Sanktionierung eines Verstoßes gegen die genannte Vorschrift verzichtet. Dies ändere
aber nichts daran, dass insoweit die allgemeinen Regeln des Schadensersatzrechts
einschlägig seien. Dafür, dass der Gesetzgeber die allgemeinen rechtlichen Regeln
über die deliktische Haftung gemäß § 823 BGB im Zusammenhang mit der
Insolvenzsicherung von Wertguthaben aus Altersteilzeitvereinbarungen habe außer
Kraft setzen wollen, seien keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich.
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Schließlich ergebe sich eine Schadensersatzpflicht des Beklagten auch aus § 823 Abs.
2 BGB i.V.m. § 266 StGB. Entgegen dem Standpunkt des arbeitsgerichtlichen Urteils
stelle die Verpflichtung des Arbeitgebers, für eine Insolvenzsicherung von Wertguthaben
aus Altersteilzeit zu sorgen, eine eigenständige Vermögensbetreuungspflicht im Sinne
des Strafgesetzbuches dar.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 20.11.2003 zum
Aktenzeichen 3 Ca 2603/02 abzuändern und
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festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Schäden
zu ersetzen, die dieser dadurch erleidet, dass es der Beklagte
unterlassen hat, das vom Kläger während der Arbeitsphase im Rahmen
des Altersteilzeitvertrages mit der Firma O1xxx M2xxxxxxxx E1xxx
H4xxxx GmbH & Co KG erarbeitete Wertguthaben gegen Insolvenz
abzusichern, soweit diese Forderungen des Klägers nicht im Rahmen
des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Firma O1xxx
M2xxxxxxxx E1xxx H4xxxx GmbH & Co KG befriedigt werden;
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hilfsweise den Beklagten dem Grunde nach zu verurteilen, an den
Kläger Schadensersatz aufgrund der unterlassenen Insolvenzsicherung
des Wertguthabens zu zahlen, das sich der Kläger im Rahmen des
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Altersteilzeitvertrages mit der Firma O1xxx M2xxxxxxxx E1xxx H4xxxx
GmbH & Co KG erarbeitet hat.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung unter Wiederholung seines
erstinstanzlichen Vorbringens in rechtlicher Hinsicht als zutreffend und tritt insbesondere
der Behauptung des Klägers entgegen, er habe vorsätzlich gegen die Verpflichtung zur
Insolvenzsicherung von Wertguthaben verstoßen. Im Gegenteil sei ihm die Verpflichtung
zur Absicherung der Insolvenzguthaben nicht bewusst gewesen. Die vom Kläger
genannten Äußerungen seien tatsächlich nicht gefallen (Beweis: K2xx, von O2xxxx).
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Berufung des Klägers bleibt mit Haupt- und Hilfsantrag ohne Erfolg.
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I
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In Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil liegen die Voraussetzungen für
eine persönliche Haftung des Beklagten, des ehemaligen Geschäftsführers der
Komplementär-GmbH des Vertragsarbeitgebers, nicht vor, so dass der verfolgte
Feststellungsantrag nicht durchgreift.
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1. Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass eine persönliche Haftung des
Beklagten im vorliegenden Zusammenhang allein unter den Voraussetzungen einer
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unerlaubten Handlung in Sinne der §§ 823 ff. BGB in Betracht kommt. Die Kammer teilt
den Standpunkt des arbeitsgerichtlichen Urteils, dass keine der vom Kläger genannten
Vorschriften als Schutzgesetz im Sinn des § 823 BGB angesehen werden kann. Die
Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung im Sinn des § 826
BGB trägt der Kläger selbst nicht vor.
a) Eine deliktische Haftung des Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB
setzt das Vorliegen einer verselbstständigten Vermögensbetreuungspflicht voraus. Die
Verletzung von Nebenpflichten – wie etwa die Verpflichtung zur Abführung gesetzlicher
Abzüge, Abführung einbehaltener Vermögenswirksamer Leistungen oder Abführung
gepfändeter Arbeitsvergütung – gehört hierzu nicht (Schönke/Schröder, 26. Aufl., § 266
StGB Rz 23, 26). Eben aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber zusätzlich die Vorschrift
des § 266 a in das StGB eingefügt, ohne andererseits sämtliche Pflichten des
Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Auszahlung und Verwaltung verdienter
Arbeitsvergütung in den Schutzbereich des Gesetzes aufzunehmen. Dementsprechend
kann die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Insolvenzsicherung von Wertguthaben aus
Altersteilzeit nicht als von der Vorschrift des § 266 StGB erfasst angesehen werden.
Eine persönliche Haftung des Arbeitgebers bzw. der für diesen handelnden
Repräsentanten lässt sich aus diesem Grunde nicht mit Hilfe strafrechtlicher Normen
begründen (so auch Hanau/Rolfs, Insolvenzschutz von Wertguthaben, 2003, S. 38 f.).
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b) Ebenso wenig kann in der Vorschrift des § 7 TV-Beschäftigungsbrücke ein
Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB gesehen werden.
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Richtig ist zwar, dass die genannte Vorschrift eine tarifliche Verpflichtung des
Arbeitgebers zur Insolvenzsicherung begründet, also als Inhaltsnorm zwingend einen
entsprechenden Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber begründet. Allein
der zwingende Charakter einer Tarif- oder Gesetzesvorschrift genügt jedoch nicht, der
Regelung zugleich den Charakter eines Schutzgesetzes im Sinne des § 823 Abs. 2
BGB zu verschaffen. Das Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist gerade durch
die Besonderheit gekennzeichnet, das betreffende geschützte Rechtsgut gerade auch
außerhalb bestehender Sonderrechtsbeziehungen und damit im Allgemeininteresse vor
Eingriffen durch Dritte zu bewahren. Allein der Umstand, dass die genannte tarifliche
Vorschrift gezielt den Arbeitnehmer als Partei des Arbeitsvertrages, der im Rahmen
eines Altersteilzeitvertrages gleichsam Vorleistungen erbringt, vor wirtschaftlichen
Nachteilen im Fall der Insolvenz bewahren will, kann zur Annahme eines
Schutzgesetzes im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB nicht genügen. Andernfalls würde jede
Norm des Individualschutzes aufgrund vertraglicher oder tariflicher Rechtsansprüche
zugleich einen deliktischen Schutz gegenüber jedermann begründen. Mit der üblichen
Formulierung, als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB seien solche
Vorschriften anzusehen, welche auch dem Individualschutz dienten, ist allein ein
zusätzlicher Gesichtpunkt in dem Sinne angesprochen, dass eine den Interessen der
Allgemeinheit dienende Norm zusätzlich auch einen Individualrechtsgüterschutz auf
deliktischer Grundlage begründen will. Weitere Voraussetzung für die Anerkennung als
Schutzgesetz ist jedoch, dass sich aus dem Gesamtzusammenhang des Normgefüges
ergibt, dass tatsächlich vom Gesetz – über die normierte Pflicht, welche ein Handeln
oder Unterlassen fordert, hinaus – die Schaffung eines Schadensersatzanspruchs
erstrebt wird, das heißt, dass ein solcher besonderer Schadensersatzanspruch sich in
das haftungsrechtliche Gesamtsystem einfügt (vgl. BGHZ 125, 366, 374; BGHZ 66, 388,
390). Dies gilt etwa für die Strafrechtsnorm des § 266 StGB oder auch die vom Kläger
angesprochene strafbewehrte Regelung des Bauforderungssicherungsgesetzes. So
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dient die letztgenannte Vorschrift, mit welcher auf dem Gebiet des Bauwesens
unabhängig von der gewählten rechtlichen Gestaltung der Zweckentfremdung von
Baugeldern begegnet werden soll, den Interessen der Allgemeinheit und stellt sich aus
diesem Grunde als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar (BGH NJW 1982,
1037); dies rechtfertigt sodann auch die persönliche Schadensersatzhaftung der
handelnden Personen unabhängig von der Rolle als Vertragsschuldner. Auf die
vorliegende Fragestellung sind diese Grundsätze nicht übertragbar. Ob die Tarifparteien
kraft Tarifautonomie überhaupt in der Lage wären, im Rahmen tariflicher Regelungen
Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zu schaffen und so eine deliktsrechtliche
Verantwortung Dritter zu begründen, bedarf keiner Entscheidung. Ersichtlich haben die
Tarifparteien allein zugunsten der tarifunterworfenen Arbeitnehmer einen
Erfüllungsanspruch gegen den Arbeitgeber auf Insolvenzsicherung begründen wollen.
Die Folgen einer unterbliebenen Insolvenzsicherung sind demgegenüber tariflich nicht
geregelt. Soweit der Kläger meint, zur Begründung einer persönlichen Haftung bedürfe
es keiner eigenständigen tariflichen Regelung, die Folgen entsprechender
Pflichtverletzungen seien den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften zu entnehmen, ist
dies im Grundsatz zwar richtig. Die regulären Folgen einer Vertrags- oder
Tarifrechtsverletzung bestehen indessen auf der Grundlage des bestehenden
Rechtssystems zunächst in einer Haftung des Arbeitgebers als Vertrags- und Tarifpartei.
Allein die Tatsache, dass diese Haftung sich im Insolvenzfall als wertlos erweist,
rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme, die für den Arbeitgeber handelnden
Personen unterlägen schon aus diesem Grunde einer deliktrechtlichen Haftung.
c.) Nichts anderes gilt auch für die Frage der Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 d
SGB IV.
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Auch wenn man die dort verwendete Formulierung "Die Vertragsparteien treffen ...
Vorkehrungen, die der Erfüllung der Wertguthaben ... bei Zahlungsunfähigkeit des
Arbeitgebers dienen", im Sinne einer strikten Verpflichtung des Arbeitgebers auslegt
und nicht etwa nur als Sollvorschrift begreift (zum Streitstand vgl. die Nachweise bei
Hanau/Rolfs a.a.O. S. 34 f.), ist jedenfalls kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass ein
Verstoß gegen diese Verpflichtung deliktsrechtliche Folgen für den Arbeitgeber haben
soll. Welcher Art die Vorkehrungen zum Insolvenzschutz sein sollen, die der Arbeitgeber
zu treffen hat, ist im Gesetz nicht bestimmt, erst recht werden dem Arbeitgeber keine
Sanktionen angedroht, falls die erforderlichen Vorkehrungen unterbleiben. Mit der
gesetzlichen Verpflichtung des Arbeitgebers zur Schaffung der erforderlichen
Vorkehrungen des Insolvenzschutzes mag danach ein Individualanspruch des
Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Verschaffung von Insolvenzschutz
korrespondieren. Für eine Einordnung der Vorschrift des § 7 d SGB IV als Schutzgesetz
im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB fehlt es jedoch an einer ausreichenden Grundlage (so
auch Hanau/Rolfs a.a.O. S. 36). Weiter ist zu beachten, dass die Verpflichtung zur
Schaffung von Insolvenzschutz "die Vertragsparteien" trifft, so dass eine deliktische
Haftung der für den Arbeitgeber handelnden Repräsentanten auch aus diesem Grunde
ausscheiden dürfte (Hanau/Rolfs a.a.O. S.36 mit FN18).
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2. Gegen die vorstehende Begründung kann auch nicht eingewandt werden, ohne die
Anwendung deliktischer Haftungsregeln und der damit verbundenen persönlichen
Haftung des Arbeitgebers bzw. seiner Repräsentanten sei jeder Insolvenzschutz von
vornherein wertlos. Vielmehr ist zu beachten, dass dem Arbeitnehmer etwa auf der
Grundlage des tariflich begründeten Anspruchs auf Schaffung einer Insolvenzsicherung
ein Erfüllungsanspruch zusteht, welchen er im Klagewege oder mit Hilfe des
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vertraglichen Zurückbehaltungsrechts durchsetzen kann. Soweit ein Betriebsrat besteht,
kann auch dieser den Arbeitgeber zur Einhaltung der bestehenden Pflichten anhalten,
wie auch die tarifschließende Gewerkschaft vom Arbeitgeber die Einhaltung der im Tarif
übernommenen Verpflichtung zur Schaffung einer Insolvenzsicherung verlangen kann.
Dass die Nichterfüllung bestehender Verpflichtungen aus Vertrag, Tarifvertrag oder
Gesetz nicht zwangsläufig zu einer deliktischen Haftung führt, stellt keine Besonderheit
der vorliegenden Fallgestaltung dar. Jedenfalls auf der Grundlage der gegenwärtigen
Rechtslage muss danach eine persönliche Haftung des GmbH-Geschäftsführers wegen
unterlassener Insolvenzsicherung von Wertguthaben aus Altersteilzeit ausscheiden.
3. Soweit demgegenüber Langohr/Plato/Morisse (BB 2002, 2332) den Standpunkt
einnehmen, zwar fehle es in der einschlägigen gesetzlichen Regelung an speziellen
Sanktionen, aus der Verpflichtung des Arbeitgebers zur Einrichtung geeigneter
Maßnahmen zum Insolvenzschutz der Wertguthaben folge aber ohne weiteres, dass
hier der Tatbestand des § 823 Abs. 2 BGB eingreife, überzeugt dies aus den
vorstehenden Gründen nicht. Insbesondere wird verkannt, dass keineswegs jede
gesetzliche Verpflichtung, welche dem Anspruchsberechtigten einen
Erfüllungsanspruch verschafft, als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB
angesehen werden kann. Entsprechendes gilt für die Auffassung von Schlegel (in
Küttner, Personalbuch 2004, Wertguthaben/ Zeitguthaben, Rz. 16), der ohne nähere
Begründung die Vorschrift des § 7 d SGB als Schutzgesetz zugunsten der Arbeitnehmer
ansehen will. Dem kann aus den dargestellten Gründen nicht gefolgt werden.
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Aus demselben Grunde erweist sich auch der verfolgte Hilfsantrag als unbegründet.
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Die Kosten der erfolglosen Berufung hat der Kläger zu tragen.
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Die Kammer hat die Revision gegen das Urteil gemäß § 72 ArbGG zugelassen.
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Dr. Dudenbostel
Keller
Stangier
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/k
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