Urteil des LAG Hamm vom 08.06.2009

LArbG Hamm: befristung, haushalt, verfügung, vertragsschluss, vergütung, sicherheit, meldeverfahren, arbeitsgericht, steigerung, finanzen

Landesarbeitsgericht Hamm, 17 Sa 903/08
Datum:
08.06.2009
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
17. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
17 Sa 903/08
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Bochum, 6 Ca 512/08
Schlagworte:
Voraussetzungen des Vorliegens eines sachlichen Grundes aus
Gründen des Haushalts bei einem auf das Jahr 2010 datierten kw-
Vermerks
Normen:
§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Bochum vom 15.05.2008 – 6 Ca 512/08 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1
I.
2
Die Parteien streiten über die wirksame Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.
3
Die am 17.12.1969 geborene, geschiedene, gegenüber zwei Kindern
unterhaltsverpflichtete Klägerin ist seit dem 01.04.2003 in der Minijobzentrale der
Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war zunächst durch Arbeitsvertrag vom
07.03.2003 (Bl. 9 d.A.) befristet bis zum 31.12.2006 aufgrund vorübergehend zur
Verfügung stehender Haushaltsmittel.
4
In der Zeit vom 11.05.2005 bis zum 28.02.2006 befand sich die Klägerin in Mutterschutz
und Elternzeit.
5
Gemäß Schreiben der Beklagten vom 13.12.2005 (Bl. 10 d.A.) wurde sie ab dem
01.03.2006 mit einer Wochenstundenzahl von 30 Stunden im Dezernat VII.5 beschäftigt.
6
Gemäß Schreiben der Beklagten vom 18.10.2006 (Bl. 11 d.A.) wurde ihre
Teilzeitbeschäftigung bis zum 31.05.2008 verlängert.
7
Am 15.09.2006 schlossen die Parteien einen für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum
31.12.2010 befristeten Arbeitsvertrag (Bl. 47 d.A.). Gemäß § 1 des Arbeitsvertrages ist
das Arbeitsverhältnis befristet "aufgrund vorübergehend zur Verfügung stehender
Haushaltsmittel".
8
Seit dem 01.01.2007 wird die Klägerin als Gruppenleiterin in dem Insolvenzdezernat der
Minijobzentrale VII.5 Büro 1 Gruppe 5 – E2 – als Gruppenleiterin beschäftigt. Sie wird
gem. § 3 des Arbeitsvertrages vom 15.09.2006 aus der Entgeltgruppe 9 des TVöD
vergütet, der gem. § 2 des Arbeitsvertrages auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.
Die Entgeltgruppe 9 entspricht der Beamtenbesoldungsgruppe A 10. Die Klägerin erzielt
ein Bruttomonatsgehalt von 2.436,77 €.
9
Mit Schreiben vom 17.08.2006 (Bl. 50 bis 58 d.A.) hörte die Beklagte den bei ihr
bestehenden Personalrat zu ihrer Absicht an, u.a. mit der Klägerin einen bis zum
31.12.2010 befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen. Der Gesamtpersonalrat erteilte mit
Schreiben vom 22.08.2006 (Bl. 59 d.A.) seine Zustimmung.
10
Zum Zeitpunkt des Abschlusses des letzten Arbeitsvertrages galt der Haushaltsplan
2006 (Bl. 179 d.A. bis 181 d.A.). Nach dem Einzelplan 5 Verwaltungs- und
Verfahrenskosten - Stellen der Angestellten (Verwaltungsbereich -) waren 67 Stellen der
Vergütungsgruppe V b des Knappschafts-Angestellten-Tarifvertrags (KnAT) der
Vergütungsgruppe der Klägerin gem. § 3 des Arbeitsvertrages vom 07.03.2003 (Bl. 9
d.A.) mit einem kw-Vermerk 31.12.2010 versehen.
11
Am 13.10.2006 genehmigte die Vertreterversammlung der Beklagten den Haushaltsplan
für das Jahr 2007. Das zuständige Bundesministerium für Finanzen erteilte seine
Zustimmung im Dezember 2008. Im Haushaltsplan 2007 (Bl. 182 bis 185 d.A.) waren im
Einzelplan 5 Verwaltungs- und Verfahrenskosten-Stellen der Arbeitnehmer
(Verwaltungsbereich) 86 Stellen der Entgeltgruppe 9 mit einem kw-Vermerk zum
31.12.2010 versehen.
12
Der Stellenplan 2007 Abt. VII – Zentrale Stelle für Melde- und Beitragswesen -
Strukturübergreifender Stellenbedarf der Abteilung VII (Bl. 185 d.A.) weist in der
Entgeltgruppe 9 keinen Vermerk 410 (kw 31.12.2010) aus. In der Besoldungsgruppe A
10 ist eine Stelle zum 31.12.2010 kw gestellt. Bezogen auf das Dezernat VII.5 ist keine
Gruppenleiterstelle der Besoldungsgruppe A 10 kw gestellt (vgl. 80 bis 85 d.A.). Einen
Vermerk "410" tragen dagegen 10 Zuarbeiterstellen der Entgeltgruppe 5.
13
Die Darstellung der Stellenbedarfsentwicklung sowie der Personalpotentiale der
Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See für die Jahre 2006 bis 2011
"Pfad 2011" (Bl. 131 bis 135 d.A.) verweist darauf, dass im Bereich der Minijob-Zentrale
im Jahre 2005 eine Personalbemessung in Zusammenarbeit mit der Firma B6
durchgeführt worden sei, deren Ergebnisse in die Haushaltsgespräche mit dem
Bundesministerium für Finanzen und dem Bundesministerium für Gesundheit und
Soziales eingeflossen seien. Es wurde ausgeführt:
14
Insgesamt stehen im Jahre 2011 nur noch 1392 Stellen zur Verfügung. Eine
Verifizierung des tatsächlichen Personalbedarfes ab 2010 erfolgt
vereinbarungsgemäß über eine Personalbemessung im Jahre 2008 mit Vorlage
zum Haushaltsjahr 2009.
15
Zu den aktuellen Kennzahlen (Bl. 134 d.A.) wurde ausgeführt:
16
Die Anzahl der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse beläuft sich auf 6.856
Mio., die Anzahl der geringfügigen Beschäftigten beläuft sich auf 6,56 Mio.,
(Stand Mai 2006). Diese Anzahl hat sich auf dem v. g. Niveau konsolidiert, so
dass insgesamt zumindest von keinem exorbitanten Zuwachs auszugehen ist.
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Die langfristige Perspektive der Minijob-Zentrale ist abhängig von der künftigen
wirtschaftlichen Entwicklung sowie den damit zusammenhängenden
Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt. Bei einer positiven wirtschaftlichen
Entwicklung dürften in einem ersten Schritt verstärkt geringfügige und ggf. dann
versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse entstehen.
18
Am 11.07.2006 erstellte die Abteilung VI.1.5 einen Vermerk "Setzung von 300 Stellen
mit einem kw-Vermerk 31.12.2010 im Stellenplan der Minijob-Zentrale" (Bl. 60, 61 d.A.).
Unter anderem wurde ausgeführt:
19
20
Im Rahmen dieser Haushaltsverhandlungen wurde von den Bundesressorts mit
Blick auf die kw-Stellen 31.12.2010 eine erneute Überprüfung des
Personaleinsatzes beginnend im Jahre 2008 eingefordert.
21
Die Begründetheit der Festlegung von kw-Vermerken zum Stichtag 31.12.2010
stützt sich auf folgende Argumente/Entwicklungen:
22
Erhöhung der Pauschalabgaben für geringfügig Beschäftigte von 25 auf
30 %:
23
Es wird davon ausgegangen, dass sich mit Erhöhung der Pauschalabgaben
von 25 auf 30 % zum 01.07.2006 die Anzahl der geringfügigen
Beschäftigungsverhältnisse um 750.000 sowie der damit einhergehenden
Anzahl an Arbeitgebern um 100.000 bis 300.000 reduzieren wird.
24
Unter Berücksichtigung der v.g. Arbeitsmengen lässt sich auf der Grundlage
der Personalbemessung mittelfristig ein Minderbedarf von bis zu 400
Mitarbeitern herleiten.
25
Umstellung auf das maschinelle Meldeverfahren zum 01.01.2006
26
Die gesetzliche Umstellung auf ausschließlich maschinelle Meldewege zum
01.01.2006 führte zu einem spürbaren Rückgang der Arbeitsmengen in der
Minijob-Zentrale. So wurden im 1. Quartal 2006 rd. 90 % (1. Quartal 2005: 63
%) maschinell übersandt; lediglich 10 % (1. Quartal 2005: 37 %) der
Meldungen und Beitragsnachweise wurden noch auf dem
arbeitsintensiveren manuellen Postweg übermittelt.
27
Dieser kontinuierlichen Tendenz wird mit dem Abbau von 140 Stellen zum
31.12.2007 Rechnung getragen. In 2007 werden voraussichtlich ca. 97 %
maschinell und 3 % manuell übermittelt. Es ist davon auszugehen, dass der
Anteil der manuell zu bearbeitenden Meldungen bis 2010 gegen Null streben
28
Anteil der manuell zu bearbeitenden Meldungen bis 2010 gegen Null streben
wird.
Optimierung der innerbetrieblichen und externen Verfahrensabläufe:
29
Im Rahmen der sog. "Schlechtleistung" gewinnt die Steigerung der internen
Arbeitsqualität (Pflege Beitragskonten, Abbau Rückstände, zeitnahe
Bearbeitung von Zahlungen usw.) immer mehr Bedeutung. Neben dem
vorrangigen Ziel der KBS, Nachteilsausgleichsforderungen gegenüber
anderen SV-Trägern zu vermeiden, führt die verbesserte Datenqualität auch
im Sinne einer "Positiv-Spirale" zu weniger selbstinduzierten Fehlern,
welche zeitintensiv zu bearbeiten sind. Hieraus resultiert ein geringerer Input
sowie in mittelfristiger Sicht die Reduktion der durchschnittlichen
Bearbeitungszeit je Vorgang.
30
Die externen Bestrebungen und Interessen der Arbeitgeber an einer weiteren
Entbürokratisierung werden ebenfalls zu zusätzlichen Verschlankungen von
bisherigen Informationsflüssen und Verfahrenswegen zwischen Arbeitgebern
und Einzugsstellen führen. Mit wachsendem Automatisierungsgrund wird es
neben einer Kostenreduzierung auf Seiten der Arbeitgeber auch zu einer
entsprechenden Minderung des Verwaltungsaufwandes auf Seiten der
Minijob-Zentrale kommen.
31
Einsatz eines neuen DV-Verfahrens:
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Bereits im Jahr 2005 wurde zur weiteren Detaillierung der IT-Anforderungen
eine Projektgruppe gebildet, die den notwendigen Anpassungsbedarf
analysieren und die erforderlichen Entscheidungsgrundlagen für den
weiteren Systembetrieb in der Minijob-Zentrale schaffen sollte.
33
Neben der erforderlichen Beseitigung von Schwachstellen und
Problembereichen werden durch den Einsatz des neuen DV-Verfahrens
weitere Prozessoptimierungen mit dem Ziel der Minimierung von
Verwaltungskosten erreicht.
34
Insgesamt werden u.a.
35
die taggenaue Verarbeitung aller Geschäftsvorfälle,
der Einsatz eines maschinellen Workflow-Systemes,
die Nutzung einer einheitlichen Benutzeroberfläche sowie
die Automatisierung von Buchungsvorgängen etc.
36
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zu einer Verschlankung der Arbeitsabläufe führen.
38
Der Echteinsatz des auf dem SAP-Modul FSCD basierenden Software wird
im Laufe des Jahres 2008 erfolgen. Ausgehend von den Erfahrungswerten
39
vergleichbarer DV-Maßnahmen ist von einem geschätzten
Rationalisierungspotenzial von 10 bis 20 % bezogen auf den bisherigen
Stellenansatz auszugehen.
Die Berücksichtigung des zu erwartenden Rückganges der Arbeitsmengen
sowie die dargelegten Prozessoptimierungen durch den Einsatz neuer DV-
Verfahren untermauern die betriebswirtschaftliche Grundlage, dass ab
31.12.2010 eine sachgerechte und ordnungsgemäße Erledigung der
anfallenden Aufgaben innerhalb der Minijob-Zentrale mit einem um
mindestens 300 Mitarbeitern reduzierten Personalkörper erfolgen kann. Die
Festlegung von zunächst 300 Stellen mit einem kw-Vermerk 31.12.2010 ist
insoweit aus organisatorischer Sicht sachgerecht und begründet.
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Die exakte Quantifizierung der künftigen Bedarfe wird – wie bereits mit dem
Haushaltsgesetzgeber abgestimmt – im Rahmen einer erneuten
Personalbedarfsberechnung, beginnend im Jahr 2008 vorgenommen.
41
Noch im Dezember 2006 suchte die Beklagte Interessenten für die Tätigkeit als
Gruppenleiter/Gruppenleiterin im Bereich Insolvenzen (Bl. 72 d.A.).
42
Mit ihrer am 20.12.2007 bei dem Arbeitsgericht Bochum eingegangenen Klage wendet
sich die Klägerin gegen die Befristung ihres Arbeitsvertrages.
43
Sie hat die Auffassung vertreten, die Befristung des Arbeitsvertrages vom 15.09.2006
sei nicht durch § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG gerechtfertigt, und hat dazu vorgetragen:
44
Ihre Stelle sei nicht mit einem kw-Vermerk versehen.
45
Ihr Wegfall zum Jahresende 2010 sei nicht zu erwarten. Sie verrichte Daueraufgaben.
46
Es sei auch nicht von einem zukünftigen Minderbedarf auszugehen. Die
Personalbemessung der Beklagten für das Jahr 2005 habe einen Mehrbedarf im
Bereich des Insolvenzdezernates ergeben. Das habe auch für das Jahr 2006 gegolten.
47
Aus der Grafik der Minijob-Zentrale für Herbst/Winter 2007 (Bl. 73 d.A.) ergebe sich,
dass die Anzahl der geringfügig entlohnten Beschäftigten von September 2006 aus
September 2007 um 3,5 % angestiegen sei.
48
Auch die Umstellung auf das maschinelle Meldewesen zum 01.01.2006 bzw. die
behauptete Optimierung der innerbetrieblichen und externen Verfahrensabläufe habe zu
keinem Minderbedarf in der Insolvenzabteilung geführt. Seit 2004 würden Überstunden
gemacht. Wie sich aus der Ermittlung des rechnerischen Personalbedarfs der Beklagten
(Bl. 74 d.A.) ergebe, habe diese selbst einen Personalbedarf von 141,41 Vollzeitkräften
errechnet. Tatsächlich seien im Dezember 2007 nur 135,3 Vollzeitkräfte tätig gewesen.
49
Sie rüge die Ordnungsgemäßheit der Personalratsbeteiligung und bestreite, dass
diesem prüffähige Unterlagen vorgelegt worden seien.
50
Die Klägerin hat im Übrigen die Auffassung vertreten, die Befristungsabrede verstoße
gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Sie sei allen übrigen Gruppenleitern des
Insolvenzdezernates hinsichtlich Laufbahn, Beurteilung und persönliche Entwicklung
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gleichzustellen. Gleichwohl habe es die Beklagte unterlassen, ihr die durch Ablehnung
der Mitarbeiterin D4 M1 unbefristete Stelle einer Gruppenleiterin anzubieten.
Die Klägerin hat beantragt
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der
Befristungsabrede im Arbeitsvertrag vom 15.09.2006 am 31.12.2010 enden
wird.
53
Die Beklagte hat beantragt,
54
die Klage abzuweisen.
55
Sie hat die Auffassung vertreten, der Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da der
Klägerin ein Rechtsnachteil nicht unmittelbar drohe.
56
Sie hat die Befristungsabrede als wirksam verteidigt und behauptet:
57
Sie habe mit hinreichender Sicherheit davon ausgehen können, dass die Stelle der
Klägerin entfallen werde. Es seien insgesamt 300 Stellen mit einem kw-Vermerk
31.12.2010 versehen worden. Die Prognose eines zukünftigen Minderbedarfes
rechtfertige sich aus der Erhöhung der Pauschalabgaben für geringfügig Beschäftigte
von 25 % auf 30 % zum 01.07.2006 mit der Folge des Rückganges um bis zu 75.000
Beschäftigungsverhältnisse und 10.000 bis zu 300.000 Arbeitgebern im Bereich der
Minijobs. 140 weitere abzubauende Stellen ergäben sich zum 31.12.2007 durch die
Umstellung auf das maschinelle Meldeverfahren. Ein weiterer Rationalisierungseffekt
von 10 bis 20 % ergebe sich aus der Optimierung von Verfahrensabläufen, Steigerung
der Datenqualität und durch die Einführung des SAP-Moduls FSG.
58
Mit Urteil vom 15.05.2008 hat das Arbeitsgericht Bochum festgestellt, dass das
Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristungsabrede in dem
Arbeitsvertrag vom 15.09.2006 zum 31.12.2010 enden wird.
59
Es hat ausgeführt:
60
Die Klage sei zulässig und begründet.
61
Halte der Arbeitgeber an der Befristung fest, sei ein Feststellungsinteresse bereits vor
Fristablauf zu bejahen.
62
Die Befristung des Vertrages vom 15.09.2006 sei nicht gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG
gerechtfertigt.
63
Die Voraussetzungen des Sachgrundes der Befristung aus Haushaltsmitteln, § 14 Abs.
1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG seien nicht erfüllt. Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass in dem
Stellenplan 2007 der Abteilung VII.5.3 Büro 1 "Insolvenzen" Gruppe 5 zu der Stelle der
Gruppenleiterin ein kw-Vermerk ausgebracht worden sei, der inhaltlichen
Anforderungen an den Zweck der im Rahmen des befristeten Arbeitsvertrages
auszuübenden Tätigkeiten oder die Bedingungen, unter denen sie auszuführen seien,
enthalte.
64
Die Beklagte könne die Befristungsabrede auch nicht auf sonstige, von der
Rechtsprechung vor Inkrafttreten des § 14 Abs. 1 TzBfG anerkannte Sachgründe
stützen. Insbesondere seien die Voraussetzungen der Haushaltsbefristung nicht erfüllt.
65
Einem datierten Wegfallvermerk bei Stellen in Haushaltsplänen der öffentlichen Hand
liege keineswegs stets und ohne weiteres die definitive Entscheidung des
Haushaltsgebers zugrunde, auf die Stelle nach dem festgesetzten Zeitpunkt zu
verzichten. Planstellen seien nach dem Haushaltsrecht des Bundes als künftig
wegfallend zu bezeichnen, soweit sie in den folgenden Haushaltsjahren voraussichtlich
nicht mehr benötigt würden. Die Gründe für den voraussichtlichen späteren Fortfall
könnten verschiedener Art sein. Sie könnten auf der Entscheidung des
Haushaltsgesetzgebers beruhen, die Aufgaben, zu deren Erledigung die Stelle bereit
gestellt worden sei, künftig nicht mehr oder nur noch in geringem Umfang
durchzuführen; sie könnten aber auch auf der bloßen ungesicherten Annahme beruhen,
der Umfang der weiter fortzuführenden Aufgaben werde sich durch die Entwicklung der
Verhältnisse von selbst verringern und damit auch die Zahl der für diese Aufgabe
benötigten Arbeitskräfte. Da die Festlegungen eines Haushaltsplanes nach den
Grundsätzen der zeitlichen Bindung nur für das Haushaltsjahr Geltung hätten, für das
der Haushalt festgestellt sei, müsse der Haushaltsgesetzgeber in den künftigen
Haushaltsjahren jeweils erneut über den Finanzbedarf beschließen, ohne dabei an kw-
Vermerke des früheren Haushaltsplanes gebunden zu seine. Sie hätten die Funktion
eines Erinnerungspostens.
66
Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages vom 15.09.2006 habe eine
Entscheidung der Vertreterversammlung zu dem Haushaltsplan 2007 noch nicht
vorgelegen.
67
Darüber hinaus habe die Beklagte nicht dargelegt, dass die Vertreterversammlung sich
bei ihrer Entscheidung zu dem Haushaltsplan 2007 damit befasst habe, dass die Stelle,
aus der die Klägerin vergütet worden sei, tatsächlich mit einiger Sicherheit zum
31.12.2010 entfallen werde. Der BearingPoint-Bericht sei bzgl. des Insolvenzbereiches
der Minijob-Zentrale noch davon ausgegangen, der Planungsbedarf sei bis zum
31.12.2007 unverändert und im Vergleich zu dem Stellenplan 2005 um 10,19
Vollzeitkräfte gestiegen.
68
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Urteils wird auf Bl. 138 bis 149
d.A. Bezug genommen.
69
Gegen das ihr am 27.05.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 05.06.2008 bei dem
Landesarbeitsgericht eingehend Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.08.2008 am 27.08.2008 bei dem
Landesarbeitsgericht eingehen begründet.
70
Sie führt aus:
71
Den kw-Vermerken liege eine definitive Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers
zugrunde, die ihre Geschäftsführung in die Praxis habe umsetzen müssen. Die bereits
im Sommer 2005 getroffenen Überlegungen und Entscheidungen seien in dem Papier
"Pfad 2011" dokumentiert. Der Gesetzgeber habe ihr Einsparziele bis 2011 i.H.v.
insgesamt 1.500 Stellen vorgegeben.
72
Zur Einsparung habe sie alle Rationalisierungsmöglichkeiten nutzen und notfalls auch
Qualitätsminderungen und Arbeitsverzögerungen in Kauf nehmen müssen.
73
Unerheblich sei, dass der Haushaltsplan 2007 bei Abschluss des befristeten Vertrages
noch nicht verabschiedet gewesen sei. Bereits der Haushaltsplan 2006 habe insgesamt
300 kw-Vermerke zum 31.12.2010 in der Abteilung VII vorgesehen. Sowohl im
Haushaltsjahr 2006
74
als auch im Haushaltsjahr 2007 seien insgesamt für den gesamten Verwaltungsbereich
520 Stellen zum 31.12.2010 kw gestellt gewesen. Des Weiteren seien 120
Beamtenplanstellen in den Jahren 2006 und 2007 mit kw-Vermerken zum 31.12.2010
versehen worden, davon 60 Stellen aus der Besoldungsgruppe A 10. Eine dieser "A 10-
Stellen" sei für die Klägerin in Anspruch genommen worden. Das sei haushaltsrechtlich
zulässig gewesen, obwohl die Klägerin aus der Entgeltgruppe 9 vergütet worden sei.
75
Das erstinstanzliche Gericht hatte gerügt, dass die Stelle der Klägerin überhaupt mit
einem kw-Vermerk versehen worden sei. Dabei habe es die Tatsache übergangen,
dass weder in den Haushaltsplänen noch in den Stellenplänen Mitarbeiter namentlich
aufgeführt worden seien.
76
Die Willensbildung der Vertreterversammlung als zuständiges Organ für die Festlegung
des Haushaltsplanes sei kaum im Einzelnen darzulegen. Es müsse die Darlegung
ausreichen, wie sich die Meinungsbildung in der Geschäftsführung, auf Vorstandsebene
und bei Ressort-Gesprächen mit der Bundesverwaltung vollzogen habe. Zur
Entscheidungsbildung in der Vertreterversammlung müsse der Vortrag genügen, dass
der Haushalt mit dem bekannten Inhalt beschlossen worden sei, und zwar nicht in dem
Vertrauen auf die Verringerung der Arbeit "von selbst".
77
Zu berücksichtigen sei im Übrigen auch, dass sich die Minijob-Zentrale, die zum
01.04.2003 eingerichtet worden sei, noch in der Gründungsphase befunden habe, was
eine Sachbefristung rechtfertige.
78
Die im Jahre 2005 durchgeführte Personalbemessung sei auf der Grundlage
arbeitsplatzbezogener Erhebungen erfolgt, die im Prozess nur mit Hilfe eines
Sachverständigengutachtens zu überprüfen seien.
79
Die Beklagte beantragt,
80
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
81
Die Klägerin beantragt,
82
die Berufung zurückzuweisen.
83
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und hält an ihrer Auffassung fest, die Befristung
des Arbeitsverhältnisses sei weder nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG noch einem
sonstigen Sachgrund gerechtfertigt.
84
Wegen der Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Klägerin
vom 24.09.2008 (Bl. 215 bis 220 d.A.) verwiesen.
85
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
86
Entscheidungsgründe
87
I.
88
Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 64 Abs. 2 c, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520
ZPO an sich statthafte und form- sowie fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten
gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 15.05.2008 ist unbegründet. Zu
Recht hat das
89
erstinstanzliche Gericht der Klage stattgegeben.
90
Die angesichts der Berufung der Beklagten auf die Beendigung des
Arbeitsverhältnisses aufgrund seiner Befristung gemäß § 17 Satz 1 TzBfG zulässige
Klage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis wird nicht gemäß § 15 Abs. 1 TzBfG mit dem
31.12.2010 sein Ende finden. Es besteht gemäß § 16 Satz 1 TzBfG auf unbestimmte
Zeit fort.
91
1. Die Klägerin hat die Klagefrist von drei Wochen nach § 17 Satz 1 TzBfG durch
Klageeingang beim erstinstanzlichen Gericht am 20.12.2007 gewahrt. Die Klage
kann bereits vor Ablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses erhoben werden (vgl.
BAG, 10.03.2004 – 7 AZR 402/03, NZA 2004, 925).
92
93
2. Zur Überprüfung steht allein der Arbeitsvertrag vom 15.09.2006. Folgen mehrere
befristete Arbeitsverträge aufeinander (Kettenarbeitsverträge), unterliegt jeder
befristete Vertrag für sich der Kontrolle, soweit er innerhalb der Frist des § 17
TzBfG angegriffen wurde. Gemäß §§ 17 Satz 2 TzBfG, 7 KSchG wird eine
unwirksame Befristung wirksam, wenn nicht fristgerecht Klage erhoben wird (vgl.
Annuß/Thüsing/Maschmann, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 2. Aufl., § 17 TzBfG,
Rn. 5; KR/Bader, 8. Aufl., § 17 TzBfG, Rn. 51).
94
95
Mit dem Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages haben die Parteien im
Übrigen ihr Arbeitsverhältnis auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt, die künftig für ihre
Rechtsbeziehung allein maßgebend ist. Damit wird zugleich ein etwaiges unbefristetes
Arbeitsverhältnis aufgehoben.
96
3. Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT sind befristete Arbeitsverhältnisse nach
97
Maßgabe des TzBfG zulässig.
98
Die Tarifvorschrift ist gemäß § 2 des Arbeitsvertrages vom 15.09.2006 auf das
Arbeitsverhältnis anwendbar.
99
4. Die Rechtfertigung der letzten Befristung folgt nicht aus § 30 Abs. 1 Satz 1 TVöD-
AT i. v. m. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG.
100
101
Nachdem die Klägerin das Vorliegen eines Sachgrundes bestritten hat, ist es Sache der
Beklagten, die tatsächlichen Grundlagen eines Sachgrundes darzulegen und zu
beweisen (vgl. LAG Hamm, 25.10.2007 – 15 Sa 1894/06; LAG Köln, 14.12.2007 – 4 Sa
992/07).
102
a. Im Arbeitsvertrag vom 15.09.2006 haben die Parteien zur Begründung der
Befristung auf vorübergehend zur Verfügung stehende Haushaltsmittel und damit
auf den Befristungsgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG verwiesen. Danach
liegt ein sachlicher Grund für eine Befristung dann vor, wenn der Arbeitnehmer aus
Haushaltmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete
Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird.
Voraussetzung ist wie im Rahmen der wortgleichen Vorschrift des § 57 b Abs. 2
Nr. 2 HRG in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung, dass die Vergütung des
Arbeitnehmers aus Haushaltsmitteln erfolgt, die mit einer konkreten Sachregelung
auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Zwecksetzung versehen sind. Die für
die Vergütung des befristet angestellten Arbeitnehmers verfügbaren
Haushaltsmittel müssen für eine Aufgabe von nur vorübergehender Dauer
vorgesehen sein (vgl. BAG, 16.10.2008 – 7 AZR 360/07; 18.10.2006 – 7 AZR
419/05, BAGE 120, 42). Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG
liegen nicht vor, wenn Haushaltsmittel lediglich allgemein für die Beschäftigung
von Arbeitnehmern im Rahmen von befristeten Arbeitsverhältnissen bereitgestellt
werden und keine tätigkeitsbezogene Zwecksetzung erfolgt ist.
103
104
aa. Die Beklagte hat sich zur Rechtfertigung der Befristung in dem Arbeitsvertrag vom
15.09.2006 auf die Haushaltspläne für die Jahre 2006 und 2007 bezogen, in denen
Stellen der Vergütungsgruppe V b, nach der die Klägerin gem. § 3 des Arbeitsvertrages
vom 07.03. 2003 vergütet wurde, und der Entgeltgruppe 9 mit auf den 31.12.2010
befristeten kw-Vermerken versehen sind.
105
1. Die Haushaltspläne wurden von der Vertreterversammlung der Beklagten
beschlossen und von dem zuständigen Bundesministerium genehmigt. Sie
wurden nicht durch ein Gesetz ausgebracht.
106
107
Höchstrichterlich nicht geklärt ist die Frage, ob das Merkmal der Haushaltsmittel i. S. d. §
14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG nur dann erfüllt ist, wenn die Haushaltsmittel durch ein
Gesetz ausgebracht worden sind mit der Folge, dass sich auf diesen Befristungsgrund
nur der Bund, die Länder und die Gemeinden mit einem von einem demokratisch
legitimierten Parlament beschlossenen Haushaltsplan berufen können, aber nicht
unterstaatliche Körperschaften des öffentlichen Rechts mit eigener
Haushaltskompetenz, selbst wenn der Haushalt der Genehmigung z. B. durch die
Bundesregierung bedarf (BAG, 16.10.2008 a. a. O., LAG Berlin-Brandenburg,
04.12.2007 – 3 Sa 1406/07; Gräfl, TzBfG, 2. Aufl., § 14 TzBfG Rn. 217 a; für die
Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG nur dann, wenn die Haushaltsmittel
durch ein Gesetz ausgebracht sind LAG Berlin-Brandenburg, 16.03.2007 – 6 Sa
2102/06, LAGE § 14 TzBfG Nr. 35; Dörner, Der befristete Arbeitsvertrag, Rn. 219; a. A.
KR/Lipke, a.a.O., § 14 TzBfG Rn. 229; Erfk/Müller-Glöge, 9. Aufl., § 14 TzBfG Rn. 72;
LAG Düsseldorf, 19.08.1999 – 11 Sa 469/99, ZTR 2000, 37).
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Für eine einschränkende Auslegung des Gesetzeswortlauts spricht die
Entstehungsgeschichte der Norm. Der Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG
stimmt mit dem Wortlaut des § 57 b Abs. 2 Nr. 2 HRG in der bis zum 31.12.2004
geltenden Fassung überein, wie bereits ausgeführt. Nach der zu dieser Vorschrift
ergangenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, von der der Gesetzgeber des
TzBfG bei dem Sachgrund der Haushaltsbefristung ausgegangen ist, musste der
Haushaltsgesetzgeber mit der Anordnung der Mittelverwendung für befristete
Beschäftigungen eine konkrete Sachregelung auf der Grundlage einer
nachvollziehbaren Zwecksetzung getroffen haben (vgl. BAG, 24.01.1996 – 7 AZR
342/05, AP HRG § 57 b Nr. 7).
109
2. Die Frage war auch hier nicht abschließend zu entscheiden. Selbst wenn die
Beklagte sich auf den Sachgrund der Haushaltsbefristung berufen könnte, wäre
die Befristung dennoch unwirksam, weil die in dem bei Vertragsschluss
maßgeblichen Haushalt für die Stellen der Vergütungsgruppen V b und in dem
Haushalt 2007 für die Entgeltgruppe 9 ausgewiesenen Haushaltsmittel nicht mit
einer Zwecksetzung für eine Aufgabe von nur vorübergehender Dauer
ausgebracht waren.
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Bei Vertragsschluss am 15.09.2006 galt der Haushaltsplan für das Jahr 2006. Dieser
weist eine Bereitstellung von Haushaltsmitteln für 67 Stellen der Vergütungsgruppe V b
mit der alleinigen Maßgabe aus, dass diese mit einem auf dem 31.12.2010 datierten kw-
112
Vermerk versehen sind. Der Haushaltsplan für 2007 war zu diesem Zeitpunkt durch die
Vertreterversammlung noch nicht beschlossen. Ob die Festlegung des bei Abschluss
des Arbeitsvertrags allein schon beschlossenen Haushaltsplans 2006 ausreicht, um
eine Befristung ab dem 01.01.2007 zu rechtfertigen, ist zweifelhaft, kann aber
dahinstehen (vgl. dazu LAG Düsseldorf, 23.09.2008 – 8 Sa 784/08).
Denn es fehlt sowohl in dem Haushaltsplan 2006 als auch in dem nach Vertragsschluss
geschlossenen Haushaltsplan 2007 an einer nachvollziehbaren Zweckbestimmung der
Mittelverwendung für Aufgaben von vorübergehender Dauer.
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Unabhängig davon, dass beide Haushaltspläne nur auf den Bereich der Angestellten in
der Verwaltung mit einer bestimmten Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe bzw. auf
bestimmte Beamtenbesoldungsgruppen bezogene kw-Vermerke enthalten, ohne einen
Tätigkeitsbezug zu den Aufgaben in der Minijob-Zentrale herzustellen (vgl. LAG
Düsseldorf 23.09.2008 a. a. O.) weist der befristete kw-Vermerk keinen hinreichenden
Bezug zu einer Aufgabe von vorübergehender Dauer auf. Ob und wo die
Vertreterversammlung als "Haushaltsgesetzgeber" im Einzelnen eine bestimmte,
zeitlich begrenzte Aufgabe – einen Aushilfsbedarf oder einen zukünftigen Minderbedarf
– gesehen hat, die die Bereitstellung von Mitteln für befristete Arbeitsverhältnisse
erforderte, verdeutlichen die Haushaltspläne nicht.
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Einem kw-Vermerk an sich lässt sich aber nicht die Entscheidung des
Haushaltsgesetzgebers entnehmen, die Mittel für die Stelle zukünftig entfallen zu
lassen. Die Festlegung gilt für das laufende Haushaltsjahr. Danach ist der
Haushaltgesetzgeber frei, im nächsten Haushaltsplan eine neue Entscheidung zu
treffen. Der kw-Vermerk stellt dann einen Erinnerungsposten für den zukünftigen
Haushalt dar. Die Befristung ist nur gerechtfertigt, wenn aufgrund konkreter
Anhaltspunkte mit einiger Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass die Stelle
zu dem in dem kw-Vermerk genannten Zeitpunkt tatsächlich wegfallen wird (vgl. BAG,
16.01.1987 – 7 AZR 487/85, BAGE 55,1; Gräfl a. a. O. § 14 TzBfG Rn. 216).
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Hier kann zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass sich die
Vertreterversammlung mit allen Erwägungen auseinandergesetzt hat, die die
Verwaltung in dem Vermerk zu den Haushaltsverhandlungen vom 11.07.2006
niederlegt hat und die sich aus der Darstellung der Stellenbedarfsentwicklung für die
Jahre 2006 bis 2011 (Pfad 2011) ergeben. Aus dem Vermerk vom 11.07.2008 folgt, dass
die Bundesressorts im Rahmen der Haushaltsverhandlungen mit Blick auf die kw-
Stellen vom 31.12.2010 eine erneute Prüfung des Personaleinsatzes im Jahre 2008
eingefordert haben und dass die exakte Quantifizierung des zukünftigen Bedarfs im
Rahmen einer erneuten Personalbedarfsberechnung beginnend mit dem Jahre 2008
vorgenommen werden sollte. Dem "Pfad 2011" lässt sich bezogen auf die Minijob-
Zentrale entnehmen, dass für die Jahre 2006 und 2007 ein Minderbedarf prognostiziert
wurde, der bis 2010 vorausgesagte Minderbedarf jedoch über eine Personalbemessung
im Jahre 2008 zur Vorlage zum Haushalt 2009 verifiziert werden soll.
116
Daraus folgt, dass die vorgelegten Haushaltspläne nicht nur nicht hinreichende
inhaltliche Anforderungen für die im Rahmen der befristeten Arbeitsverhältnisse
auszuübenden Tätigkeiten enthalten, sondern die Vertreterversammlung auch keine
ausreichend sichere Prognose gestellt hat, dass zukünftig ein Minderbedarf bestehen
wird und die von den befristeten kw-Vermerken erfassten Stellen tatsächlich fortfallen
werden. Jedenfalls bis zum Haushaltsjahr 2009 stellen die kw-Vermerke nur einen
117
Erinnerungsposten dar.
Ergänzend sei darauf verwiesen, dass selbst die Stellenpläne der Abteilung VII.5.3
keine kw-Vermerke für die Stellen der Gruppenleiter/Gruppenleiterinnen der
Besoldungsgruppe A 10 ausweisen. Dass überhaupt Beamtenstellen dieser
Besoldungsgruppe mit kw-Vermerken versehen sind, stellt nicht den notwendigen
Tätigkeitsbezug her.
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5. Die Befristung des Arbeitsvertrages ist auch nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
TzBfG gerechtfertigt.
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a. Unabhängig davon, ob sich die Beklagte auf diesen Befristungsgrund beruft, hat
das Gericht die Wirksamkeit der Abrede unter Berücksichtigung aller von den
Parteien vorgetragenen Umstände zu prüfen. Denn maßgeblich ist das objektive
Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes bei Vertragsschluss (vgl. BAG,
16.03.2005 – 7 AZR 289/04, BAGE 114, 146). Bei einer Sachgrundbefristung kann
der Arbeitsgeber grundsätzlich auch einen anderen als den im Arbeitsvertrag
genannten Sachgrund anführen (vgl. BAG, 26.06.2002 – 7 AZR 64/01; 05.06.2002
– 7 AZR 241/01, DB 2002, 2166), es sei denn, durch – konkludente - Vereinbarung
sind andere als die genannten Sachgründe ausgeschlossen. Maßgeblich sind die
Umstände des Einzelfalls. Erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer die Erklärung
des Arbeitgebers dahin verstehen darf, dass die Befristung ausschließlich auf
einen bestimmten Sachverhalt gestützt wird und von dessen Bestehen abhängig
sein soll. Die Benennung des Sachgrundes kann ein wesentliches Indiz
darstellen, reicht allerdings nicht für die Annahme aus, andere Befristungsgründe
sollten damit ausgeschlossen sein (vgl. zum konkludenten Ausschluss einer
sachgrundlosen Befristung BAG, 04.12.2002 – 7 AZR 545/01, DB 2003, 1174;
05.06.2002 a. a. O.).
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Hier sind weitere auf einen Ausschluss anderer Sachgründe hinweisende (Hilfs-)
Tatsachen nicht erkennbar.
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b. Ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages liegt nach § 14 Abs.
1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur
vorübergehend besteht. Voraussetzung ist, dass im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem
vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten
Arbeitnehmers in dem Betrieb kein (dauerhafter) Bedarf mehr besteht (BAG,
16.10.2008 a. a. O.; 20.02.2008 – 7 AZR 950/06, ZTR 2008, 308). Der
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vorübergehende Bedarf i. S. d. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG ist zu unterscheiden
von der regelmäßig gegebenen Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung des
Arbeitskräftebedarfs bei dem Arbeitgeber, die zu seinem unternehmerischen
Risiko gehört.
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Über den vorübergehenden Bedarf ist eine Prognose zu erstellen, der konkrete
Anhaltspunkte zugrunde liegen müssen. Sie ist Teil des Sachgrundes (vgl. BAG,
16.10.2008 a. a. O.).
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Im Bereich des öffentlichen Dienstes reicht es aus, wenn der öffentliche Arbeitgeber
zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgrund konkreter Tatsachen die Prognose
erstellen kann, dass für die Beschäftigung des Arbeitnehmers Haushaltsmittel nur
vorübergehend zur Verfügung stehen (vgl. BAG, 24.01.2001 – 7 AZR 208/99, EzA BGB
§ 620 Nr. 173). Die Ungewissheit über die zukünftige haushaltsrechtliche Entwicklung
genügt hierfür nicht (vgl. BAG, 27.01.1988 – 7 AZR 292/87, EzA BGB § 620 Rn. 97).
Ausreichend für die Prognose des öffentlichen Arbeitgebers ist aber grundsätzlich, wenn
die Vergütung des befristet eingestellten Arbeitnehmers aus einer konkreten
Haushaltsstelle erfolgt, die von vornherein nur für eine bestimmten Dauer bewilligt
worden ist und anschließend fortfallen soll. Zum einen kann in diesen Fällen
regelmäßig davon ausgegangen werden, dass sich der Haushaltsgesetzgeber mit den
Verhältnissen gerade dieser Stelle befasst und festgestellt hat, dass für die
Beschäftigung eines Arbeitnehmers auf dieser Stelle nur ein vorübergehender Bedarf
besteht. Zum anderen ist der öffentliche Arbeitgeber gehalten, keine Verpflichtungen
einzugehen, die haushaltsrechtlich nicht gedeckt sind. Die ausdrückliche Zuordnung
des befristet eingestellten Arbeitnehmers zu einer konkreten, vorübergehend freien
Planstelle wird nicht verlangt, sofern nur sichergestellt ist, dass die Vergütung des
Arbeitnehmers aus den Mitteln dieser Stelle erfolgt (vgl. BAG, 16.10.2008 a. a. O.).
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Die Beklagte hat nicht ausreichend vorgetragen, dass sie bei Vertragsschluss die auf
konkrete Tatsachen gestützte Prognose stellen konnte, dass für die Beschäftigung des
Klägers Haushaltsmittel nur bis zum 31.12.2010 zur Verfügung stehen werden. Die
ausgebrachten kw-Vermerke rechtfertigen die Annahme nicht. Nach dem Vermerk vom
11.07.2006 und der Darstellung im "Pfad 2011" soll – wie bereits ausgeführt – eine
Verifizierung des tatsächlichen Personalbedarfs ab Ende 2010 erst im Jahre 2008 für
den Haushaltsplan des Jahres 2009 erfolgen. Daraus folgt, dass die Erhöhung der
Pauschalabgaben für geringfügig Beschäftigte zum 01.07.2006, die Umstellung auf das
maschinelle Meldeverfahren zum 01.01.2006, der Einsatz eines neuen DV-Verfahrens
im Jahre 2008 und die nicht näher konkretisierte Optimierung der innerbetrieblichen und
externen Verfahrensabläufe zwar zu der Annahme eines zukünftigen Minderbedarfs
geführt haben, den auseichend sicher zu quantifizieren die Beklagte jedenfalls bei
Vertragsschluss nicht in der Lage war. Sie vermochte nur eine Tendenz in Richtung
einer Verringerung des Arbeitsvolumens festzustellen (vgl. auch LAG Düsseldorf,
23.09.2008 a. a. O.).
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II.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die Zulassung der
Revision aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
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