Urteil des LAG Hamm vom 07.10.2005

LArbG Hamm: wiedereinsetzung in den vorigen stand, betriebsrat, eigenes verschulden, anweisung, form, beschwerdefrist, akte, beschwerdeschrift, rechtsmittelbelehrung, zustellung

Landesarbeitsgericht Hamm, 10 TaBV 93/05
Datum:
07.10.2005
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
10. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
10 TaBV 93/05
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Bielefeld, 6 BV 66/04
Schlagworte:
Beschlussverfahren Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Fristenkontrolle
Einzelanweisung Organisationsverschulden
Normen:
§§ 89, 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG§ 233 ZPO
Rechtskraft:
Gegen diesen Beschluss findet nach § 89 Abs. 3 Satz 2 ArbGG kein
Rechtsmittel statt
Tenor:
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss
des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 13.04.2005 - 6 BV 66/04 -
wird als unzulässig verworfen.
G r ü n d e:
1
I.
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Im Ausgangsverfahren streiten die Beteiligten über Auskunftsansprüche des
Betriebsrats gegenüber der Arbeitgeberin im Zusammenhang mit der Frage, ob die
Arbeitgeberin einen gemeinsamen Betrieb mit der Firma W1xxxxxxxx M3xxxx S6xxxxx
GmbH & Co. KG unterhält.
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Durch Beschluss vom 13.04.2005 hat das Arbeitsgericht den Antrag des Betriebsrats
zurück-gewiesen.
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Gegen den am 03.05.2005 dem Betriebsrat zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts
vom 13.04.2005 hat der Betriebsrat mit dem am 03.06.2005 beim Landesarbeitsgericht
eingegangenen Schriftsatz vom 02.06.2005 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht
eingelegt.
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Mit Schreiben vom 06.07.2005 wies das Landesarbeitsgericht den Betriebsrat darauf
hin, dass innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist keine Beschwerdebegründung
beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Der Hinweis des Landesarbeitsgerichts
vom 06.07.2005 ging den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats am 07.07.2005
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zu.
Mit Schriftsatz vom 20.07.2005, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am
20.07.2005, beantragte der Betriebsrat daraufhin wegen Versäumung der
Beschwerdebegründungsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Gleichzeitig
begründete er mit dem ebenfalls am 20.07.2005 beim Landesarbeitsgericht
eingegangenen Schriftsatz die Beschwerde gegen den arbeitsgerichtlichen Beschluss
vom 13.04.2005.
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Unter Vorlage mehrerer eidesstattlicher Versicherungen (Bl. 115 ff.d.A., Bl. 164 ff.d.A.)
ist der Betriebsrat der Auffassung, dass ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
gewährt werden müsse. Er sei ohne eigenes Verschulden gehindert gewesen, die
Beschwerdebegründungsfrist einzuhalten. Bei Eingang des vollständigen Beschlusses
des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 13.04.2005 sei aufgrund der im Beschluss
enthaltenen Rechtsmittelbelehrung lediglich eine Beschwerdefrist auf den 03.06.2005
mit einer Vorfrist von einer Woche, nicht jedoch die Beschwerdebegründungsfrist, notiert
worden (Bl. 112 d.A.). Da eine Beschwerdebegründungsfrist nicht notiert worden sei,
habe der zuständige Sachbearbeiter, Rechtsanwalt D2. Z2xxx, bei Erstellung der
Beschwerdeschrift seiner langjährig bei ihm tätigen und als zuverlässig bekannten
Sekretärin, Frau I1xxxxxxxx, auf dem Band, auf dem die Beschwerdeschrift diktiert
worden sei, die Anweisung erteilt, zum einen den rechtzeitigen Eingang der
Beschwerde beim Landesarbeitsgericht durch telefonische Nachfrage nachzuhalten und
weiterhin die bisher nicht notierte Beschwerdebegründungsfrist notieren zu lassen. Frau
I1xxxxxxxx habe sich zwar am 03.06.2005 durch Anruf beim Landesarbeitsgericht
Hamm vergewissert, dass die Beschwerde fristgerecht dort eingegangen sei. Sie habe
jedoch durch die zuständige Fristensachbearbeiterin Frau L1x lediglich eine
zweiwöchige Schriftsatzfrist auf den 17.06.2005 notieren lassen. Diese Frist sei auch
notiert worden (Bl. 113 f., 162 f. d.A.). Entgegen der ausdrücklichen Anweisung, Akten
spätestens am Tage des Fristablaufs dem Anwalt mit einem Hinweis auf den Fristablauf
vorzulegen, habe Frau I1xxxxxxxx jedoch die Akte am 17.06.2005 nicht mit einem
Fristhinweis vorgelegt. Vielmehr habe sie die Akte aufgrund einer Verwechslung an
diesem Tage selbständig auf Wiedervorlage für den 28.06.2005 gelegt, einen Tag, an
dem eine Akte ähnlichen Rubrums wiedervorgelegt werden sollte. Am 28.06.2005, an
dem Tag, an dem die Akte routinemäßig hätte wieder vorgelegt werden müssen, hätte
sich die Sekretärin des Rechtsanwalts D2. Z2xxx, Frau I1xxxx, in Urlaub befunden.
Vertretungsweise hätte die Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte Frau L2xxxxxxxxx,
die für Herrn Rechtsanwalt D2. K3xxx zuständig sei, die Wiedervorlagen für diesen Tag
kontrollieren müssen. Frau L2xxxxxxxxx habe jedoch an diesem Tag lediglich einen
Ausdruck der Wiedervorlagen für Herrn Rechtsanwalt D2. K3xxx gefertigt, nicht jedoch
für den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats, Herrn Rechtsanwalt D2. Z2xxx.
Die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist sei danach erst durch die Mitteilung
des Landesarbeitsgerichts vom 06.07.2005 dem Verfahrensbevollmächtigten des
Betriebsrats zur Kenntnis gebracht worden.
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Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, dass allein aufgrund der Häufung der
vorgetragenen Mängel Bedenken gegen die ordnungsgemäße Ausbildung und
Überwachung der Mitarbeiter des Anwaltsbüros des Betriebsrats oder gegen die
Unvollständigkeit der organisatorischen Anweisungen und ihrer Überwachung
bestünden. Die erteilten mündlichen Anweisungen seien offenbar unzureichend. Die
organisatorischen Vorkehrungen hätten nicht genügt, um korrekte Fristeneintragungen
bzw. die Durchführung von Anweisungen sicherzustellen.
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Auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst deren
Anlagen wird ergänzend Bezug genommen.
10
II.
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Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom
13.04.2005 musste bereits als unzulässig verworfen werden. Sie ist nicht in der
gesetzlich vorgesehenen Form fristgemäß begründet worden, § 89 Abs. 3 Satz 1
ArbGG.
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Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den am 03.05.2005 zugestellten Beschluss
des Ar-beitsgerichts vom 13.04.2005 ist zwar an und für sich statthaft, § 87 Abs. 1
ArbGG. Sie ist auch von einem Rechtsanwalt - § 89 Abs. 1 ArbGG - innerhalb der
Monatsfrist der §§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG eingelegt worden. Die
Beschwerde ist aber deshalb unzulässig, weil der Betriebsrat die Beschwerde nicht
nach den §§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG fristgemäß begründet hat.
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Aufgrund der Verweisung in § 87 Abs. 2 ArbGG auf die Vorschriften über das
Berufungsverfahren beträgt die Frist für die Beschwerdebegründung im
Beschlussverfahren nach § 66 Abs. 1 ArbGG zwei Monate, sie beginnt mit der
Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses. Innerhalb dieser oder
innerhalb der nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG verlängerten Frist zur Begründung der
Beschwerde muss die Beschwerdebegründung beim Landesarbeitsgericht
eingegangen sein.
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Diese Frist hat der Betriebsrat nicht eingehalten. Die Frist zur Begründung der
Beschwerde war am Montag, den 04.07.2005 abgelaufen, § 87 Abs. 2 ArbGG, § 222
Abs. 2 ZPO. Bis zu diesem Zeitpunkt ist keine Beschwerdebegründung durch den
Betriebsrat beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Die Beschwerdebegründung lag
vielmehr erst am 20.07.2005 beim Landesarbeitsgericht vor.
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Dem form- und fristgerecht eingelegten Wiedereinsetzungsgesuch des Betriebsrats vom
20.07.2005 wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist konnte nicht
stattgegeben werden. Er ist unbegründet.
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Nach § 233 ZPO, der nach § 87 Abs. 2 ArbGG ebenfalls im arbeitsgerichtlichen
Beschluss-verfahren Anwendung findet, ist einem Beteiligten auf Antrag
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn der Beteiligte ohne sein
Verschulden gehindert gewesen ist, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung einer
Beschwerde einzuhalten. Die Beschwerdekammer konnte angesichts der Begründung
des Wiedereinsetzungsantrags nicht feststellen, dass der Betriebsrat ohne Verschulden
im Sinne des § 233 ZPO verhindert gewesen ist, die Frist zur Begründung der
Beschwerde einzuhalten. Nach dem eigenen Vorbringen des Betriebsrats kann ein
Organisationsverschulden der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats nicht
ausgeschlossen werden. Ist aber die Möglichkeit einer verschuldeten Fristversäumung
gegeben, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden (BGH,
Beschluss vom 18.10.1995 - NJW 1996, 319; BGH, Beschluss vom 05.06.1997 - NJW
1997, 3245); dieses Verschulden der Verfahrensbevollmächtigten muss sich der
Betriebsrat nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.
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Zu den Aufgaben eines Rechtsanwalts gehört es, wegen der verfahrensrechtlichen
Bedeutung von Fristen dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz - wie
die Beschwerdebegründung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren - innerhalb der
Frist beim zuständigen Gericht eingereicht wird. Zur Wahrung der gesetzlich
vorgeschriebenen Frist ist der Anwalt verpflichtet, Vorkehrungen zur Vermeidung von
Büroversehen zu treffen. Die Anforderungen an die Büroorganisation eines Anwalts sind
streng. Der Anwalt muss durch ent-sprechende organisatorische Maßnahmen
Fehlerquellen bei der Behandlung von Fristsachen in größtmöglichem Umfang
ausschließen (zuletzt: BGH, Beschluss vom 13.06.1996 - NJW 1996, 2513; BGH,
Beschluss vom 19.12.2000 - NJW-RR 2001, 1502). Zwar kann ein Rechtsanwalt die
Führung des Fristenkalenders und auch die Berechnung der üblichen, in seiner Praxis
häufig vorkommenden Fristen seinem gut ausgebildeten und sorgfältig überwachten
Büropersonal überlassen. Er muss aber dennoch durch geeignete allgemeine
Anweisungen auf einen verlässlichen, Fristversäumnisse möglichst vermeidenden
Geschäftsgang hinwirken (BGH, Beschluss vom 13.06.1996 - NJW 1996, 2513 f.; BGH,
Beschluss vom 12.08.1997 - NJW 1997, 3243; BGH, Beschluss vom 27.03.2001 - MDR
2001, 779; BGH, Beschluss vom 05.11.2003 - NJW-RR 2004, 350 m.w.N.).
18
Insoweit kann eine auffällige Häufung von Mängeln bei der Wahrung einer
Rechtsmittelbegründungsfrist - wie sie im vorliegenden Fall gegeben sind - schon
Bedenken gegen eine ordnungsgemäße Ausbildung und Überwachung des
anwaltlichen Büropersonals rechtfertigen oder den Schluss auf unvollständige
organisatorische Anweisungen des Anwalts zulassen (BGH, Beschluss vom 19.06.1996
- FamRZ 1996, 1469). Ist jedoch die Fristenkontrolle im Anwaltsbüro ausreichend
organisiert, kann dem Anwalt auch ein organisationsunabhängiges mehrfaches
Versagen seiner Angestellten in derselben Sache nicht zugerechnet werden (BGH,
Beschluss vom 27.03.2001 - MDR 2001, 779 = NJW-RR 2001, 1072).
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Nach dem vom Betriebsrat vorgetragenen Verfahrensablauf ist ein
Organisationsverschulden der Verfahrensbevollmächtigten nicht zweifelsfrei
auszuschließen.
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Es erscheint schon zweifelhaft, ob die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats die
Berechnung der Beschwerdebegründungsfrist im vorliegenden Fall dem Büropersonal
überlassen durften. In der Rechtsprechung ist lediglich anerkannt, dass ein
Rechtsanwalt die Berechnung und Notierung einfacher und in seinem Büro geläufiger
Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten
Angestellten überlassen darf (zuletzt: BGH, Beschluss vom 27.03.2001 - NJW-RR 2001,
1072; BGH, Beschluss vom 05.11.2003 - NJW-RR 2004, 350 m.w.N.).
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Ob die Berechnung und Notierung einer Beschwerdebegründungsfrist im
arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu diesen einfachen und geläufigen Fristen
gehört, die ein Rechtsanwalt seinem Büropersonal überlassen kann, hat die
Beschwerdekammer letztlich offen gelassen. Vorliegend ist nämlich die Notierung einer
Beschwerdebegründungsfrist durch das Büropersonal der Verfahrensbevollmächtigten
des Betriebsrats zunächst vollständig unterblieben. Erst auf die mündliche, auf Band
diktierte Anweisung der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist es zur
Notierung einer - falschen - Beschwerdebegründungsfrist gekommen. Bereits hierin liegt
ein Organisationsverschulden der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats.
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Zwar kommt es auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen für die Fristwahrung in
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einer Anwaltskanzlei dann nicht an, wenn der Anwalt einer Kanzleiangestellten, die sich
bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei
Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte. Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich auf
die Befolgung einer Einzelanweisung vertrauen, ohne sich über die Ausführung im
Einzelnen vergewissern zu müssen (BGH, Urteil vom 06.10.1987 - NJW 1988, 1853;
BGH, Beschluss vom 06.07.2000 - NJW 2000, 2823; BGH, Beschluss vom 01.07.2002 -
NJW-RR 2002, 1289). Erforderlich ist aber insoweit, dass die Einzelanweisung klar und
präzise gefasst ist; auf fehlerträchtige Umstände muss besonders hingewiesen werden.
Nur wenn der Rechtsanwalt eindeutige Anweisungen erteilt, darf er darauf vertrauen,
dass das zuständige Büropersonal die ihm übertragenen Aufgaben des Fristenwesens
ordnungsgemäß erfüllt (BGH, Beschluss vom 31.05.2000 - NJW-RR 2001, 209; BGH,
Beschluss vom 05.11.2003 - NJW-RR 2004, 350; BGH, Beschluss vom 22.06.2004 -
MDR 2004, 1375; BAG, Urteil vom 10.01.2003 - AP ZPO 1977 § 233 Nr. 80).
An einer klaren und eindeutigen Anweisung der Verfahrensbevollmächtigten des
Betriebsrats bei der Notierung der Beschwerdebegründungsfrist im vorliegenden Fall
fehlt es. Angesichts des Umstandes, dass nach Zustellung des erstinstanzlichen
Beschlusses in der Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats lediglich
eine Beschwerdefrist notiert worden ist und nicht gleichzeitig auch die zweimonatige
Beschwerdebegründungsfrist - einschließlich entsprechender Vorfristen -, hätte für den
Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats Veranlassung bestanden, bei Abfassung
des Diktats für die Beschwerdeschrift nicht nur die mündliche Anweisung zu erteilen, die
nicht notierte Beschwerdebegründungsfrist zu notieren, sondern entweder die
Beschwerdebegründungsfrist selbst zu errechnen und den Ablauf dieser
Beschwerdebegründungsfrist mit dem 04.07.2005 zu notieren oder aber ausreichende
organisatorische Vorkehrungen dafür zu treffen, dass die Anweisung und damit die
zutreffende Fristeneintragung auch korrekt durchgeführt wird. In einer Anwaltskanzlei
müssen nämlich ausreichende organisatorische Vorkehrungen auch dagegen getroffen
sein, dass mündliche Einzelanweisungen über die Eintragung einer an eine
Fachangestellte nur mündlich mitgeteilte Frist in Vergessenheit gerät und die konkrete
zutreffende Fristeintragung unterbleibt (BGH, Beschluss vom 04.11.2003 - NJW 2004,
688; BAG, Urteil vom 10.01.2003 - AP ZPO 1977 § 233 Nr. 80 m.w.N.). Wenn ein so
wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Beschwerdebegründungsfrist im
arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nur mündlich vermittelt wird, bedeutet das
Fehlen einer entsprechenden Sicherung einen entscheidenden Organisationsmangel
(BGH, Beschluss vom 10.10.1991 - VersR 1992, 764; BGH, Beschluss vom 05.11.2003
- NJW-RR 2004, 350). Gerade weil im vorliegenden Fall lediglich eine Beschwerdefrist
und keine Beschwerdebegründungsfrist notiert worden ist, bestand für den
Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats Veranlassung, das Büropersonal auf die
Unterschiede zwischen einer einfachen Beschwerde nach den §§ 567 ff. ZPO und die
Beschwerde im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach den §§ 87 ff. ArbGG
hinzuweisen. Offenbar waren der Fachangestellten des Verfahrensbevollmächtigten des
Betriebsrats diese Unterschiede nicht bekannt. Aus dem Vorbringen des Betriebsrats
und aus den eidesstattlichen Versicherungen ergibt sich jedenfalls nichts anderes.
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Auch der Hinweis darauf, dass die Rechtsmittelbelehrung im arbeitsgerichtlichen
Beschluss vom 13.04.2005 lediglich auf die Beschwerdefrist und nicht auf die
Beschwerdebegründungsfrist hinweist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Eine
Rechtsmittelbelehrung muss sich nach gefestigter Rechtsprechung nämlich nur auf die
Einlegung, nicht auch auf die Begründung des Rechtsmittels erstrecken (BAG,
Beschluss vom 05.11.1954 - AP ArbGG 1953 § 9 Nr. 1; BAG, Urteil vom 07.09.1959 -
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AP ArbGG 1953 § 9 Nr. 12; BAG, Urteil vom 04.06.2003 - AP InsO § 209 Nr. 2; BAG,
Urteil vom 05.02.2004 - AP BGB § 611 a Nr. 23 = NZA 2004, 540 m.w.N.). Frist und
Form der Begründung eines Urteils oder einer Beschwerde im arbeits-gerichtlichen
Beschlussverfahren müssen vom Prozess- bzw. Verfahrensbevollmächtigten der Partei
beachtet werden (ebenso: Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl.,
§ 9 Rz. 43).
Unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles hätte der
Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats hiernach entweder die zutreffende
Beschwerdebegründungsfrist selbst errechnen und diktieren oder die von ihm nur
eingeleitete Fristennotierung selbst zu Ende führen oder organisatorische Vorkehrungen
dafür treffen müssen, dass seine mündliche Anweisung auch zutreffend ausgeführt
wurde. Er hätte sich danach vergewissern müssen, ob sein Personal auch die von ihm
lediglich diktierte Anweisung, eine Beschwerdebegründungsfrist zu notieren, auch
zutreffend ausführt und die Beschwerdebegründungsfrist im vorliegenden Fall richtig
berechnet. Daran fehlt es.
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Es kann auch davon ausgegangen werden, dass bei Beachtung der erforderlichen
Organisationsmaßnahmen die Fehlleistung der Büroangestellten vermieden und die
Frist der Beschwerdebegründung eingehalten worden wäre. Das
Organisationsverschulden der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats war
ursächlich für die Fristversäumung. Ursächlich ist dabei jedes Verschulden, bei dessen
Fehlen die Frist nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht versäumt worden wäre.
Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass sich das Organisationsverschulden nicht auf die
Fristversäumung ausgewirkt hat. Im vorliegenden Fall ist zur Begründung der
eingelegten Beschwerde lediglich eine normale Schriftsatzfrist auf den 17.06.2005
notiert worden. Dies ist für eine wirksame und zutreffende Kontrolle von
Beschwerdebegründungsfristen unzureichend. Eine wirksame Fristenkontrolle setzt
nämlich voraus, dass Fristen zur Einlegung und Begründung von Rechtsbehelfen
deutlich als solche gekennzeichnet werden. Sie müssen so notiert werden, dass sie sich
von gewöhnlichen Wiedervorlagefristen deutlich unterscheiden (BGH, Beschluss vom
21.06.2000 - NJW-RR 2001, 279; BGH, Beschluss vom 04.11.2003 - NJW 2004, 688).
Hätte der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats entweder die
Beschwerdebegründungsfrist selbst errechnet oder sich vergewissert, ob sein Personal
die Beschwerdebegründungsfrist auch richtig berechnet, wäre es nicht zur Notierung
einer bloßen Wiedervorlagefrist gekommen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass dann
- wie bei Berufungsbegründungsfristen - eine Beschwerdebegründungsfrist
einschließlich einer entsprechenden Vorschrift notiert worden wäre, die sich von
gewöhnlichen Wiedervorlagefristen unterscheidet.
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III.
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Gegen diesen Beschluss findet nach § 89 Abs. 3 Satz 2 ArbGG kein Rechtsmittel statt.
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Schierbaum Sprenger Böttger /N.
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