Urteil des LAG Düsseldorf vom 28.04.2010

LArbG Düsseldorf (kläger, aufhebungsvertrag, abfindung, arbeitsverhältnis, arbeitsgericht, arbeitnehmer, rücktritt, arbeitgeber, vertrag, zustimmung)

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 12 Sa 206/10
Datum:
28.04.2010
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
12. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 Sa 206/10
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Solingen, 2 Ca 297/09 lev
Schlagworte:
Rücktritt vom Aufhebungsvertrag
Normen:
§ 323 BGB, §§ 21, 55, 103 ff. InsO
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. Das wegen Nichtzahlung der in einem Aufhebungsvertrag
vereinbarten Abfindung nach § 323 BGB ausgeübte Rücktrittsrecht des
Arbeitnehmers wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass zum
Zahlungstermin (Ende des Arbeitsverhältnisses) das
Insolvenzantragsverfahren eingeleitet ist. Der vorläufige
Insolvenzverwalter kann nicht wirksam seine Zustimmung zur
Auszahlung der Abfindung verweigern, nachdem der Arbeitnehmer den
Aufhebungsvertrag bereits erfüllt hat.
2. Parallelverfahren zu 12 Sa 962/10 (Kammerurteil vom 20.01.2010)
Tenor:
I.
1.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Solingen vom 10.11.2009 wird zurückgewiesen.
2.
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers zum
01.01.2010 von der Beklagten zu 2) auf die Beklagte zu 3)
übergegangen ist.
II.
Die Kosten der Berufung tragen die Beklagten zu je 1/3.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G R Ü N D E :
1
A. Der Kläger streitet mit dem Beklagten zu 1) darüber, ob das Arbeitsverhältnis, das
zwischen ihm und der Schuldnerin bestanden hat, aufgrund einer am 28.09.2007
geschlossenen Aufhebungsvereinbarung zum 31.12.2008 geendet oder ob er, der
Kläger, unter dem 26.01.2009 den wirksamen Rücktritt von der
Aufhebungsvereinbarung erklärt hat, weil die Schuldnerin wegen des zwischenzeitlich
eingeleiteten Insolvenzeröffnungsverfahrens nicht die nach der
Aufhebungsvereinbarung geschuldete Abfindung gezahlt hatte. Der Kläger nimmt
weiterhin die Beklagte zu 2) als Betriebserwerberin auf Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses in Anspruch und hat von ihr die tatsächliche Weiterbeschäftigung
verlangt; diese hält - wie der Beklagte zu 1) - entgegen, dass der Kläger von der
Aufhebungsvereinbarung nicht habe zurücktreten können und daher das
Arbeitsverhältnis zum 31.12.2008 beendet worden sei. Der Kläger hat schließlich im
Berufungsverfahren auch die Beklagte zu 3), die zum 01.01.2010 den Betrieb
übernommen hat, auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in Anspruch genommen.
2
Der am 05.07.1951 geborene Kläger war seit dem 24.07.1973 bei der Schuldnerin bzw.
deren Rechtsvorgängerin beschäftigt.
3
Im Jahre 2007 führte die Schuldnerin eine - von einem Interessenausgleich und
Sozialplan vom 31.08.2007 begleitete - Restrukturierungsmaßnahme durch. Der
Sozialplan ermöglichte gewerblichen Arbeitnehmern in einem Lebensalter ab 50 Jahren
das freiwillige Ausscheiden gegen Abfindungszahlung. Daraufhin verständigten sich der
Kläger und die Schuldnerin über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum
31.12.2008 gegen Abfindungszahlung. Nach § 5 des Aufhebungsvertrages vom
28.09.2007 (Bl. 15 ff. GA) sollte der Kläger zum Zeitpunkt der vereinbarten Beendigung
eine Abfindung in Höhe von € 100.400,00 erhalten.
4
Am 08.12.2008 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das vorläufige
Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zu 1) zum vorläufigen Insolvenzverwalter
bestellt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.12.2008 erinnerte der Kläger die
Schuldnerin an die pünktliche Abrechnung der vereinbarten Abfindung. Die Schuldnerin
zahlte nicht den Abfindungsbetrag aus, weil der Beklagte zu 1) als vorläufiger
Insolvenzverwalter unter Hinweis auf die insolvenzrechtliche Massesicherungspflicht
die Zustimmung zur Auszahlung verweigerte.
5
Am 08.01.2009 führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit dem Beklagten zu 1)
ein Telefonat, in dem dieser erklärte, keine Zustimmung zu Zahlungen auf den
Abfindungsanspruch des Klägers zu erteilen.
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Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.01.2009 forderte der Kläger die Schuldnerin unter
Fristsetzung zur Abrechnung und Auszahlung der Abfindung auf und kündigte
gleichzeitig für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs den Rücktritt von der
Aufhebungsvereinbarung an. Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.01.2009 erklärte er
den Rücktritt.
7
Am 01.03.2009 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren
eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.
8
Der Kläger hat mit der am 16.02.2009 beim Arbeitsgericht Solingen gegen die
9
Schuldnerin eingereichten Klage die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis
nicht durch die Aufhebungsvereinbarung vom 28.09.2007 zum 31.12.2008 beendet
worden sei, sondern fortbestehe.
Mit Schreiben vom 18.03.2009 meldete der Kläger unter Hinweis auf die
Rücktrittserklärung und das beim Arbeitsgericht rechtshängige Verfahren "höchst
vorsorglich und zur Wahrung der insoweit geltenden Frist" den Abfindungsanspruch zur
Insolvenztabelle an. Der Beklagte zu 1) erkannte später die Forderung zur
Insolvenztabelle an.
10
Die Beklagte zu 2) übernahm als Betriebserwerberin nach § 613 a Abs. 1 BGB am
22.04.2009 den Betrieb der Schuldnerin und informierte mit Schreiben vom 23.04.2009
hierüber alle Mitarbeiter. Der Kläger, der dem Übergang des Arbeitsverhältnisses nicht
widersprochen hatte, hat mit Klageerweiterung vom 08.05.2009 von der Beklagten zu 2)
die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und seine tatsächliche Weiterbeschäftigung
verlangt.
11
Er hat zuletzt beantragt,
12
1.
13
festzustellen, dass das zwischen ihm und der U. G. GmbH bestehende Arbeitsverhältnis
durch die Aufhebungsvereinbarung vom 28.09.2007 nicht zum 31.12.2008 beendet
worden ist;
14
2.
15
festzustellen, dass das zwischen ihm und der U. G. GmbH begründete Arbeitsverhältnis
mit Wirkung zum 22.04.2009 auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist und mit dieser
ungekündigt fortbesteht;
16
3.
17
die Beklagte zu 2) zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des hiesigen
Feststellungsverfahrens zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 24.07.1993
weiterzubeschäftigen.
18
Die Beklagten zu 1. und 2. haben beantragt,
19
die Klage abzuweisen.
20
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 10.11.2009 der Klage stattgegeben. Mit der
form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung greifen die Beklagten zu
1) und 2) im Umfang ihres jeweiligen Unterliegens das Urteil, auf das hiermit zur
näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, in tatsächlicher und
rechtlicher Hinsicht und unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen
Vorbringens an. Sie beantragen die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und
Abweisung der Klageanträge. Der Kläger verteidigt das Urteil und beantragt die
Zurückweisung der Berufung, wobei er zu dem Antrag zu 1) den Hilfsantrag stellt,
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den Beklagten zu 1. zu verurteilen, den Kläger mit Wirkung zum 01.01.2009 unter
22
Anerkennung der bisherigen Betriebszugehörigkeit wieder einzustellen.
Der Kläger erhebt im Berufungsverfahren Klage auch gegen die Beklagte zu 3), die das
Werk M. am 01.01.2010 gemäß § 613 a Abs. 1 BGB übernommen hat, mit dem Antrag,
23
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zum 01.01.2010 von der Beklagten zu 2) auf
die Beklagte zu 3) übergegangen ist.
24
Die Beklagte zu 3) beantragt,
25
die Klage abzuweisen.
26
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten
Schriftsätze mit den hierzu überreichten Anlagen und auf das Sitzungsprotokoll vom
28.04.2010 nebst Teilvergleich Bezug genommen.
27
B. Die Berufung beider Beklagten hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht der
Klage stattgegeben. Die Kammer macht sich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG die zutreffenden
Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils zu eigen. Die sorgfältige
Begründung des Arbeitsgerichts hält den Angriffen der Berufung, mit der dem Urteil im
Wesentlichen die bereits erstinstanzlich vertretenen Rechtsmeinungen entgegensetzt
werden, in jeder Hinsicht stand. Die Kammer hat lediglich das Folgende anzufügen.
28
I. Das Rücktrittsrecht nach § 323 BGB gilt auch für arbeitsrechtliche
Aufhebungsverträge. Es wird durch keine gesetzlichen Sonderregelungen verdrängt.
Der Aufhebungsvertrag vom 28.09.2007 ist ein "gegenseitiger Vertrag" i.S.v. § 323 Abs.
1 Satz 1 BGB. Über das Vorliegen der Gegenseitigkeit entscheidet der Parteiwille
(Palandt/Grüneberg, 68. Aufl., BGB, Einf v § 320 Rn. 10). Wird - wie hier - ein
langjähriges ungekündigtes Arbeitsverhältnis im Zusammenhang mit einer
Betriebsänderung auf der Grundlage eines Sozialplans gegen Zahlung eines hohen
Abfindungsbetrages aufgelöst, liegt auf der Hand, dass die Abfindungszahlung die
"Gegenleistung" des Arbeitgebers für den Verzicht des Arbeitnehmers auf den
gesetzlich, kollektiv- und/oder individualvertraglich geschützten Fortbestand des
Arbeitsverhältnisses ist (vgl. LAG E. 16.11.2001 - 14 Sa 1192/01 - NZA-RR 2002, 374 ff.
= LAGE § 326 BGB Nr. 1 = Juris Rn. 27). Anders mögen die Dinge liegen, wenn die
Abfindung eine allenfalls marginale Bedeutung hat und die "Gegenleistung" des
Arbeitgebers in Anderem besteht, z.B. einer langen bezahlten Freistellung oder dem
Verzicht auf ein Wettbewerbsverbot. All dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Kläger
blieb nach dem Aufhebungsvertrag bis zuletzt verpflichtet, seine Arbeitsleistung der
Schuldnerin zur Verfügung zu stellen. Er handelte sich - abgesehen von der Abfindung -
keine entgeltlichen Vorteile ein, hatte vielmehr nach dem 31.12.2008 Arbeitslosigkeit bis
zur Verrentung und damit verbundene Einkommenseinbußen sowie rentenrechtliche
Nachteile zu erwarten.
29
II. Die Aufhebungsvereinbarung vom 28.09.2007 schließt das gesetzliche Rücktrittsrecht
weder ausdrücklich noch konkludent aus. Daher kann dahinstehen, ob der erkennbar
von der Schuldnerin vorformulierte Vertrag hinsichtlich des etwaigen Ausschlusses des
Rücktrittsrechts der Kontrolle nach § 307 BGB stand hielte.
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Die nach § 133, § 157 gebotene Auslegung des Vertrages mit dem allgemein
anerkannten Erfordernis einer beiderseits interessengerechten Auslegung (BGH
31
16.10.2009 - V ZR 203/08 - Juris Rn. 10, Kammer 07.11.2007 - 12 Sa 1294/07 - NZA-
RR 2008, 311 ff. = LAGE § 4 TVG Nr. 7 = Juris Rn. 31) führt zu dem Befund, dass das
gesetzliche Rücktrittsrecht nicht ausgeschlossen sein sollte. Der Arbeitnehmer, der mit
der Zustimmung zu der vom Arbeitgeber gewünschten Auflösung des
Arbeitsverhältnisses seine durch den im Aufhebungsvertrag bezweckte "Hauptleistung"
bereits erbracht hat, ist dem Risiko ausgesetzt, dass der Arbeitgeber die zum
Beendigungszeitpunkt zugesagte Abfindungszahlung erbringt. Im Besonderen trägt der
Arbeitnehmer nach dem Vertragsschluss die Gefahr, dass der Arbeitgeber insolvent wird
und die Abfindungsklausel ihren wirtschaftlichen Wert verliert. Da die Parteien im
Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages das Risiko der nachfolgenden
Insolvenz des Arbeitgebers einzubeziehen haben, spricht schon wenig dafür, dass der
Arbeitnehmer auf das gesetzliche Rücktrittsrecht gegenüber einem später
zahlungsunfähigen oder -unwilligen Arbeitgeber verzichten will. Ein solches
Verständnis liefe auf eine von Parteien ersichtlich nicht gewollte und sachlich nicht zu
rechtfertigende einseitige Begünstigung des Arbeitgebers hinaus. Der Arbeitnehmer, auf
eine Insolvenzforderung angewiesen, hätte praktisch keine Möglichkeit, den
versprochenen Abfindungsbetrag zu erhalten. Andererseits müsste er, wenn er nicht
gemäß § 323 BGB von dem Aufhebungsvertrag zurücktreten könnte, den Verlust des
Arbeitsverhältnisses, das regelmäßig Existenzgrundlage für sich und seine Familie
bildet, hinnehmen.
Im Einzelfall mögen die Dinge anders liegen, wenn der Arbeitnehmer im
Kontrahierungszeitpunkt den Aufhebungsvertrag mit der Abfindungsvereinbarung in
Ansehung eines erkennbaren Insolvenzrisikos des Arbeitgebers eingeht und aus der
Vertragsurkunde bzw. den Begleitumständen sich der Wille der Parteien ergibt, dass der
Vertrag auch im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers Bestand haben und das
Rücktrittsrecht nach § 323 BGB ausgeschlossen sein solle. Im Streitfall verhält es sich
nicht so. Es bestehen nicht einmal Anhaltspunkte für eine derartige Risikoübernahme.
Die von der Schuldnerin im Jahre 2007 durchgeführte Restrukturierungsmaßnahme
indiziert zwar eine betriebswirtschaftliche Bedrängnis. Diese wuchs sich, wie das im
Dezember 2008 eröffnete vorläufige Insolvenzverfahren belegt, jedoch erst im
Nachhinein zur finanziellen Notlage aus. Vor diesem Hintergrund ist nicht feststellbar,
dass der Kläger am 28.09.2007 "sehenden Auges" in den Aufhebungsvertrag mit einer
später womöglich insolvent werdenden bzw. hoch insolvenzgefährdeten Schulderin
einwilligen und hinsichtlich seines Abfindungsanspruchs das Insolvenzrisiko unter
Verzicht auf gesetzliche Notbehelfe wie das Rücktrittsrecht nach § 323 BGB
übernehmen wollte. Vielmehr ging, indem die Abfindungssumme der Ausgleich für den
Verlust des Arbeitsplatzes sein sollte (§ 5 Satz 1 des Vertrages vom 28.09.2007), der
beiderseitige Vertragswille dahin, den Kläger für die Aufgabe des Arbeitsverhältnisses
am 31.12.2008 mit der Erbringung der Abfindungszahlung zu entschädigen.
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Wenn die Parteien am 28.09.2007 einerseits im Licht des um 15 Monate
hinausgeschobenen Beendigungstermins eine mögliche Insolvenz der Schuldnerin
nicht ausschließen konnten und andererseits die Abfindungszahlung die Hauptpflicht
der Schuldnerin aus dem Aufhebungsvertrag war, stellte der Umstand, dass die
geschuldete Abfindung nicht erbracht wurde, keine "unerhebliche Pflichtverletzung" dar
(vgl. § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB). Nach allem spricht nichts dafür, dass der Vertrag vom
28.09.2007 die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei gleichzeitigem Ausschluss des
gesetzlichen Rücktrittsrechts im Falle der Nichtzahlung der Abfindung vorsah. Dieses
ungerechte Ergebnis haben die Parteien mit dem Aufhebungsvertrag ersichtlich nicht
angestrebt.
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III. Das Arbeitsgericht hat des Weiteren zu Recht erkannt, dass die Eröffnung des
vorläufigen Insolvenzverfahrens keinen Ausschluss des gesetzlichen Rücktrittsrechts
der Gläubiger bewirkt. Die im Berufungsverfahren erhobenen Einwände der Beklagten
mit dem Hinweis, dass im vorläufigen Insolvenzverfahren alles zu sichern sei, was
möglicherweise zur späteren Insolvenzmasse gehöre, sind nicht zielführend. Wie aus
den §§ 21 ff., 55, 103, 104 Abs. 1, 112 InsO hervorgeht, schränkt das vorläufige
Insolvenzverfahren das gesetzliche Rücktrittsrecht des Arbeitnehmers (Gläubigers)
jedenfalls dann nicht ein, wenn der Arbeitgeber (Schuldner) vor Insolvenzeröffnung die
aus einem begründeten Fixschuldverhältnis herrührende Verbindlichkeit nicht erfüllt hat.
Nach der klaren Gesetzesregelung ist die Massesicherungspflicht des Schuldners bzw.
des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht mit jenen Rechten verbunden, die dem
Insolvenzverwalter mit der Insolvenzeröffnung zustehen. Überlegungen, dem Gläubiger
nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Rücktrittssperre
aufzuerlegen, mögen insolvenzrechtlichen Charme haben. Sie sind aber contra legem.
Unerheblich ist auch, wenn insbesondere in der Klientel- und Lagerliteratur eine
"Sperre" des Rücktrittsrechts zwischen Eröffnungsantrag und Eröffnung des
Insolvenzverfahrens befürwortet wird (Braun/Kroth, InsO, 4. Aufl., § 103 Rn. 72). Dafür
gibt es de lege lata keine Grundlage (vgl. Uhlenbruck/Wegener, InsO, 13. Aufl., § 103
Rn. 107). Ob eine andere Beurteilung ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens angebracht
ist (z.B. Staudinger/Otto/Schwarze, BGB [2009], § 323, R. B 164), braucht an dieser
Stelle nicht vertieft zu werden.
34
IV. Dem Kläger ist nicht dadurch, dass er unter dem 18.03.2009 die Abfindung "höchst
vorsorglich" zur Insolvenztabelle anmeldete, verwehrt, die Beklagten an den
Rechtsfolgen des bereits ausgeübten Rücktrittsrechts festzuhalten. Die Rechtslage ist
geklärt (BGH 20.01.2006 - V ZR 124/05 - Juris Rn. 16).
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V. Der Kläger war nach allem gemäß § 323 Abs. 1 BGB zum Rücktritt berechtigt, denn
die Schuldnerin hatte die fällige Abfindungszahlung nicht geleistet, wollte dies wegen
des eingeleiteten Insolvenzeröffnungsverfahrens definitiv auch nicht tun, und der Kläger
hatte ihr erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt.
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VI.Da der Aufhebungsvertrag vom 28.09.2007 das Arbeitsverhältnis nicht zum
31.12.2008 aufgelöst hat und das Arbeitsverhältnis im Wege des Betriebsübergangs
zunächst auf die Beklagte zu 2) und am 01.01.2010 auf die Beklagte zu 3)
übergegangen ist, ist der im Berufungsverfahren zusätzlich gegen die Beklagte zu 3)
erhobenen Feststellungsklage ebenfalls stattzugeben.
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C. Die Kosten der Berufung haben nach § 97 Abs. 1, § 91 Abs. 1 ZPO die Beklagten zu
je 1/3 zu tragen.
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Für die Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht besteht keine
Veranlassung, da Zulassungsgründe i.S.v. § 72 Abs. 2 ArbGG nicht ersichtlich sind.
39
Hinsichtlich der Einzelheiten der Nichtzulassungsbeschwerde werden die Beklagten auf
§ 72 a ArbGG hingewiesen.
40
gez.: Dr. Plüm gez.: Priebe gez.: Gleichmann
41
12 Sa 206/10
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2 Ca 297/09 lev
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Arbeitsgericht Solingen
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LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF
45
BERICHTIGUNGS-BESCHLUSS
46
In dem Rechtsstreit
47
des Herrn C. B., T. 11, 51377 M.,
48
- Kläger und Berufungsbeklagter -
49
Prozessbevollmächtigte:Rechtsanwälte I., O. & I.,
50
G.-L.-Str. 2, 51375 M.,
51
g e g e n
52
1.Rechtsanwalt Dr. G. L., in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das
Vermögen der Sundowner 2 GmbH,
53
D.-U.-Straße 1, 40213 E.,
54
- Beklagter zu 1. und Berufungskläger -
55
Prozessbevollmächtigte:Rechtsanwälte L. & A.,
56
D.-U.-Straße 1, 40213 E.,
57
2.die U. G. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer G. N., T. Straße 99, 51381 M.,
58
- Beklagte zu 2. und Berufungsklägerin -
59
3.die U. G. F. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer
60
S. E., T. Straße 99, 51381 M.,
61
- Beklagte zu 3. und Berufungsklägerin -
62
Prozessbevollmächtigte zu 2. u. 3.:D. S. E.,
63
W. Straße 4, 40219 E.,
64
wird das Rubrum des Beklagten zu 1. dahingehend berichtigt, dass es heißen muss:
65
Rechtsanwalt Dr. G. L., in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen
der Sundowner 2 GmbH,
66
D.-U.-Straße 1, 40213 E.
67
E., den 09.07.2010
68
Der Vorsitzende der 12. Kammer
69
gez.: Dr. Plüm
70
Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht
71