Urteil des LAG Düsseldorf vom 10.02.2006
LArbG Düsseldorf: befristung, universität, arbeitsrecht, promotion, hochschule, zahl, arbeitsgericht, rückwirkung, hilfskraft, rechtsgrundlage
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 9 (8) Sa 98/05
Datum:
10.02.2006
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 (8) Sa 98/05
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Düsseldorf, 14 Ca 7976/04
Schlagworte:
Befristeter Arbeitsvertrag im Hochschulbereich
Normen:
Gesetz zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschriften im
Hochschulbereich vom 27.12.2004 (HRG 2004)
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. Die Befristung des Arbeitsvertrages vom 24.11.2003 ist nach § 57 f
Abs. 1 S. 1 HRG 2004 rückwirkend wirksam geworden.
Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht (im Anschluss an LAG
Düsseldorf, Urteile vom 06.06.2005 - 10 Sa 100/05 - und vom
14.06.2005 - 6 Sa 362/05 -). 2. § 57 f Abs. 2 S. 1 HRG 2004 bestimmt
weder die maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender
Arbeitsverträge oder -verhältnisse noch die zulässige Zahl der
Verlängerungen solcher Verträge oder Verhältnisse noch sachliche
Gründe, die die Verlängerung solcher Verträge oder Verhältnisse
rechtfertigen (Richtlinie des Rates 1999/70/EG i. V. m. § 5 Ziffer 1
Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge zwischen EGB-
UNICE und CEEP). Es bedarf im vorliegenden Streitfall jedoch keiner
Anrufung des EuGH, weil die streitige Befristung nach § 57 b Abs. 2 S. 3
HRG 2004 i. V. m. § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG durch einen sachlichen Grund
gerechtfertigt ist.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Düsseldorf vom 20.12.2004 14 Ca 7976/04 wird auf Kosten des Klägers
zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
1
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.
2
Der Kläger (geboren 19.09.1952) ist promovierter Psychologe. Den akademischen
Doktorgrad erwarb er am 20.12.1994.
3
Der Kläger war zunächst befristet vom 01.01.1987 bis zum 30.06.1987 als
wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Goethe-Universität Frankfurt und vom 01.09.1989
bis 30.09.1990 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Ruhr-Universität Bochum mit
der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit teilzeitbeschäftigt. Ab dem 01.10.1990 wurde er
an der Ruhr-Universität Bochum als wissenschaftlicher Mitarbeiter vollbeschäftigt. Die
Parteien schlossen drei weitere befristete Arbeitsverträge für die Zeit vom 01.10.1990
bis 31.08.1994, vom 01.09.1994 bis 31.08.1998 und vom 01.09.1998 bis 31.08.1999.
4
Seit dem 01.06.2001 war der Kläger als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Heinrich-
Heine-Universität in Düsseldorf zunächst befristet bis zum 31.12.2002 beschäftigt. Mit
Arbeitsvertrag vom 22.02.2002 vereinbarten die Parteien seine Weiterbeschäftigung bis
zum 11.01.2004. Der Kläger war als vollbeschäftigter Angestellter im Rahmen von
Drittmittelprojekten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) tätig.
5
Mit Schreiben vom 28.02.2003 bat der für die Projekte Verantwortliche Prof. Dr. L. die
DFG um Verlängerung der DFG-Projekte Ka 417/18-3 und Ka 417/24-1 unter
Beibehaltung der Bewilligungen. In dem Schreiben heißt es u. a.:
6
1. Unter Zusammenfassung der verbliebenen BAT II a-Mittel aus beiden Projekten
hat Herr Dr. T. mit Einverständnis der DFG einen Vertrag nach BAT 2 a (voll) bis
Februar 2004 erhalten.
7
2. Im Projekt 417/18-3 sind auch Mittel für eine wissenschaftliche Hilfskraft bewilligt
worden. Mit Schreiben der DFG vom 25.05.2001 wurde die Umdisposition in Mittel
nach BAT II a genehmigt. Sie reichen mit dem von der DFG genannten
Umrechnungsschlüssel für rund 12,7 Monate BAT II a (voll). Versehentlich wurde
aber der Vertrag von Herrn Dr. T. nicht entsprechend ausgestaltet, sondern endet
Februar 2004.
8
3. Ich möchte nun den Vertrag von Herrn Dr. T. um die genannte Zeitdauer von 12,7
Monaten, wie ursprünglich mit ihm ausgemacht war, verlängern, also bis März
2005.
9
4. Bis dahin sollte sich also die Laufzeit der beiden Projekte erstrecken.
10
Mit Schreiben vom 24.03.2003 antwortete die DFG, sie sei mit der Laufzeitverlängerung
grundsätzlich einverstanden, für 24 Monate wissenschaftliche Hilfskraft (20 Std./Woche)
könne der Kläger aber nur 8,5 Monate mit BAT II a vergütet werden, die
Laufzeitverlängerung verkürze sich dementsprechend.
11
Am 24.11.2003 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag, in dem
sie u. a. vereinbarten, dass der Kläger ab dem 12.01.2004 auf bestimmte Zeit als
wissenschaftlicher Mitarbeiter nach § 57 f Abs. 2 Satz 1 HRG nach Abschluss der
Promotion für die Zeit bis zum 14.10.2004 weiterbeschäftigt wird. Auf die weiteren
Einzelheiten des Arbeitsvertrages vom 24.11.2003 (Bl. 8 und 9 d. A.) wird Bezug
genommen.
12
Mit einem am 26.10.2004 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Schriftsatz
hat der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages vom 24.11.2003
geltend gemacht.
13
Er hat beantragt,
14
1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis
nicht aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 24.11.2003 am 14.10.2004
beendet wurde;
15
2. das beklagte Land zu verurteilen, den Kläger über den 14.10.2004 hinaus zu
unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 24.11.2003 in der
Vergütungsgruppe BAT II a (h. D.) weiterzubeschäftigen.
16
Das beklagte Land hat beantragt,
17
die Klage abzuweisen.
18
Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat durch Urteil vom 20.12.2004, auf dessen Inhalt Bezug
genommen wird, die Klage abgewiesen.
19
Gegen das ihm am 17.01.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am
20.01.2005 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung
eingelegt und diese mit einem am 25.02.2005 bei dem Landesarbeitsgericht
eingegangenen Schriftsatz begründet.
20
Der Kläger beantragt,
21
das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 20.12.2004 14 Ca 7976/04
abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende
Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 24.11.2003 am
14.10.2004 beendet wurde.
22
Das beklagte Land beantragt,
23
die Berufung zurückzuweisen.
24
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze und den
sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
25
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
26
Die Berufung ist zulässig (§§ 64 Abs. 1, Abs. 2 b und c, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG,
519, 520 Abs. 3 ZPO), jedoch unbegründet.
27
Die Befristung des Arbeitsvertrages der Parteien vom 24.11.2003 ist nicht
rechtsunwirksam. Dies ergibt sich jedenfalls aus § 57 f Abs. 1 Satz 1 HRG i. V. m. § 57 b
Abs. 2 Satz 3 HRG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung dienst- und
arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich vom 27.12.2004 (BGBl. I 2004,
3835) i. V. m. § 14 Abs. 1 TzBfG.
28
1. Der zuletzt allein noch gestellte Feststellungsantrag ist zulässig. Er entspricht der
Vorschrift des § 17 TzBfG. Auch die darin vorgesehene Klagefrist von drei Wochen nach
dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages hat der Kläger eingehalten.
29
2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Befristung des Arbeitsvertrages vom
24.11.2003 ist nicht rechtsunwirksam.
30
a) Die Wirksamkeit der Befristung vom 24.11.2003 beurteilt sich nach den
Bestimmungen des Hochschulrahmengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur
Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich vom
27.12.2004 (HRG 2004). Mit Urteil vom 27.07.2004 hat das Bundesverfassungsgericht
das 5. Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes vom 16.02.2002 für
unvereinbar mit Art. 70, 75 i. V. m. Art. 72 GG und daher für nichtig erklärt. U. a. hat es
entschieden, dass die fehlende Rahmenkompetenz des Bundes für die Regelung der
Juniorprofessur zur Nichtigkeit des Gesetzes als Ganzes einschließlich der Regelungen
über befristete Beschäftigungsverhältnisse in den §§ 57 a ff. HRG führt (BVerfG vom
27.07.2004, NJW 2004, S. 2803, 2811). Daraufhin hat der Bundesgesetzgeber das
Gesetz zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich
vom 27.12.2004 verabschiedet, das zum 31.12.2004 in Kraft getreten ist.
31
Nach Art. 1 Ziff. 14 dieses Gesetzes wurden die §§ 57 a bis 57 f des HRG 2002 wieder
in Kraft gesetzt, jedoch ohne die Regelungen zur Juniorprofessur. Nach § 57 f Abs. 1
Satz 1 HRG 2004 sind die §§ 57 a bis 57 e in der ab 31.12.2004 geltenden Fassung auf
Arbeitsverträge anzuwenden, die seit dem 23.02.2002 abgeschlossen wurden. Da der
befristete Arbeitsvertrag der Parteien vom 24.11.2003 nach diesem Zeitpunkt
abgeschlossen wurde, gelten somit die §§ 57 a ff. HRG 2004 auch für das
Arbeitsverhältnis des Klägers.
32
b) Das Hochschulrahmengesetz in der Fassung vom 24.12.2004 verstößt nicht gegen
das Grundgesetz. Das Hochschulbefristungsrecht ist Teil des Arbeitsrechts und fällt
nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG unter die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz. Es
handelt sich nicht um Grundsätze des Hochschulwesens, für die dem Bund nach Art. 75
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a GG nur eine Rahmengesetzgebungskompetenz zusteht. Art. 74
Abs. 1 Nr. 12 GG fasst die privatrechtlichen und öffentlichrechtlichen Bestimmungen
über das abhängige Arbeitsverhältnis in dem Begriff des Arbeitsrechts zusammen. Dazu
gehört das private, kollektive sowie öffentliche Arbeitsrecht. Abgegrenzt werden muss
das Arbeitsrecht lediglich vom öffentlichen Dienstrecht: Gemäß Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 GG
steht dem Bund für Letzteres außerhalb der Art. 73 Nr. 8 GG und Art. 74 a GG nur eine
Rahmenkompetenz zu. Die Abgrenzung richtet sich nach den besonderen Belangen
des öffentlichen Dienstes. Ansonsten gilt für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
im öffentlichen Dienst das allgemeine Arbeitsrecht.
33
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 27.07.2004 festgestellt,
dass das Dienstrecht des Hochschulpersonals dann unter Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 a GG zu
subsumieren ist, wenn durch die Regelungen des Dienstrechts die personelle und
sachliche Organisation der Hochschule, deren Selbstverwaltung und innere Gliederung,
die Ausgestaltung der Bedingungen für freie Lehre und Forschung sowie die Ordnung
des Studiums grundlegend verändert werden. Erst bei grundlegenden
Strukturveränderungen an Hochschulen sind also die besonderen Belange der
Hochschule betroffen. Berücksichtigt man diese verfassungsrechtlichen Vorgaben,
handelt es sich bei den befristeten Arbeitsverträgen im Hochschulbereich um
Arbeitsrecht im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG. Davon ist auch das
Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 24.04.1996 ausgegangen (NZA
1996, S. 1157).
34
In seiner Entscheidung vom 27.07.2004 hat das Bundesverfassungsgericht
herausgestellt, dass der Kernbestandteil des angefochtenen Gesetzes (Neufassung der
§§ 44 bis 48 HRG 2002) deshalb die bundesgesetzlich zulässige Rahmenkompetenz
für das Hochschulwesen im Sinne von Art. 75 Abs. 1 GG überschreitet, weil eine neue
Personalkategorie im Bereich der wissenschaftlichen Lehre und Forschung der
Hochschulen mit der Juniorprofessur eingeführt worden ist. Die Bestimmungen über die
Juniorprofessur bildeten nach Art und Umfang den Schwerpunkt des Gesetzes, und das
Bundesverfassungsgericht hat die Neuordnung befristeter Beschäftigungsverhältnisse
in den §§ 57 a ff. HRG 2002 nur deshalb ebenfalls für verfassungswidrig erklärt, weil
diese in einem engen Zusammenhang mit der Einführung der Juniorprofessur standen.
Eine eigene materiellrechtliche Prüfung der Bestimmungen des Befristungsrechts hat
das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich nicht vorgenommen, so dass auch die
Annahme der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die nunmehr wieder in Kraft
gesetzten Regelungen über die Befristung von wissenschaftlichen Mitarbeitern ohne die
Regelungen der Juniorprofessur mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
vom 27.07.2004 vereinbar ist (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 14.06.2005 6 Sa 362/05
und die dort angeführten weiteren Nachweise).
35
Die in § 57 f Abs. 1 Satz 2 HRG 2004 angeordnete Rückwirkung verstößt auch nicht
gegen das Rechtsstaatsprinzip. Im Streitfall ist von einer echten Rückwirkung
auszugehen. Eine Rechtsnorm entfaltet dann Rückwirkung, wenn der Beginn ihres
zeitlichen Anwendungsbereichs normativ auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem
Zeitpunkt liegt, in dem die Norm rechtlich existent, d. h. gültig geworden ist. Rechtlich
existent wird eine Norm nach deutschem Staatsrecht mit ihrer ordnungsgemäßen
Verkündung. § 57 f Abs. 1 Satz 1 HRG 2004 bezieht sich rückwirkend auf einen
Zeitraum ab dem 23.02.2002. Maßgeblich ist insoweit der Abschluss des jeweiligen
befristeten Arbeitsvertrages, weil auf diesen Zeitpunkt auch für die Befristungskontrolle
abzustellen ist.
36
Rückwirkende, privat- oder öffentlichrechtliche Regelungsgegenstände betreffende
Gesetze sind auch in Ansehung des Rechtsstaatsprinzips dort erlaubt, wo wegen einer
verworrenen oder unklaren Rechtslage mit einer Klärung gerechnet werden musste, wo
das Rechtssicherheitsinteresse und überwiegende Belange des Gemeinwohls eine
Beseitigung von Normen erfordern oder wo sich schutzwürdiges Vertrauen in den
Fortbestand eines Rechts nicht bilden konnte. Ein Vertrauensschutz kommt
insbesondere dann nicht in Frage, wo das Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage
sachlich nicht gerechtfertigt wäre. Das Vertrauen ist nicht schutzwürdig, wenn der
Bürger nach der rechtlichen Situation mit einer neuen Regelung rechnen musste. Ein
Staatsbürger kann sich nicht immer auf den durch eine ungültige Norm erzeugten
Rechtsschein verlassen. Der Gesetzgeber kann dann u. U. eine nichtige Bestimmung
rückwirkend durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm ersetzen.
37
Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung dienst- und
arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich Gebrauch gemacht. Ein
schützenswertes Interesse, dass die Befristungsregelungen des
Hochschulrahmengesetzes für wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht
wieder hergestellt werden, konnte bei dem Kläger schon deshalb nicht entstehen, weil
das Bundesverfassungsgericht sie in seiner Entscheidung vom 27.07.2004 nur wegen
ihres engen Zusammenhangs mit der Einführung der Juniorprofessur für
verfassungswidrig erklärt hat. Zu dem für die Befristungskontrolle maßgeblichen
Zeitpunkt, dem Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages, war das Vertrauen beider
38
Parteien ohnehin auf die Gültigkeit der Rechtsgrundlage für die Befristung gerichtet (vgl.
LAG Düsseldorf, Urteil vom 14.06.2005 6 Sa 362/05 und die dortigen weiteren
Nachweise; ebenso LAG Düsseldorf, Urteil vom 06.06.2005 10 Sa 100/05 ).
c) Allerdings sind die Voraussetzungen des § 57 b HRG 2004 nicht erfüllt. Nach § 57 a
Abs. 1 Satz 1 HRG 2004 gelten die §§ 57 b und 57 c für befristete Arbeitsverträge mit u.
a. wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Nach § 57 b Abs. 1 Satz 1 HRG
2004 ist die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 57 a Abs. 1 Satz 1 genannten
Personals, das nicht promoviert ist, bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig. Für
den Fall der abgeschlossenen Promotion bestimmt § 57 b Abs. 1 Satz 2 HRG 2004,
dass eine Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren, im Bereich der Medizin bis
zu einer Dauer von neun Jahren zulässig ist. Dabei verlängert sich die zulässige
Befristungsdauer in dem Umfang, in dem Zeiten einer befristeten Beschäftigung nach §
57 b Abs. 1 Satz 1 HRG 2004 und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach Satz 1
zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben. Sowohl für die Zeit vor der
Promotion als auch nach abgeschlossener Promotion gilt nach § 57 b Abs. 1 Satz 4
HRG 2004, dass innerhalb der jeweils zulässigen Befristungsdauer auch
Verlängerungen eines befristeten Arbeitsvertrages möglich sind.
39
Nach § 57 b Abs. 2 Satz 1 HRG 2004 sind auf die in § 57 b Abs. 1 HRG 2004 geregelte
zulässige Befristungsdauer alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem
Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit, die mit einer deutschen Hochschule
abgeschlossen wurden, anzurechnen.
40
Danach war die nach diesen Regelungen zulässige Befristungsdauer zur Zeit der
Verlängerung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des am 24.11.2003 abgeschlossenen
befristeten Arbeitsvertrages bereits ausgeschöpft. Die höchstzulässige Befristungsdauer
beträgt für das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 57 b Abs. 1 HRG 2004 zwölf Jahre.
Da alle seine befristeten Arbeitsverhältnisse ein Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit
überschritten haben, sind sie insgesamt nach § 57 b Abs. 2 HRG 2004 anzurechnen.
Schon die Beschäftigung an der Ruhr-Universität Bochum dauerte zehn Jahre; die an
der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf dauerte bis zum Beginn der letzten
Befristung mehr als 2,5 Jahre. Auf § 57 b Abs. 1 HRG 2004 kann das beklagte Land die
Befristung des Arbeitsvertrages vom 24.11.2003 mithin nicht stützen.
41
d) Zwar bestimmt § 57 f Abs. 2 Satz 1 HRG 2004, dass der Abschluss befristeter
Arbeitsverträge nach § 57 b Abs. 1 Satz 1 und 2 mit Personen, die bereits vor dem
23.02.2002 in einem befristeten Arbeitsverhältnis u. a. zu einer Hochschule standen,
auch nach Ablauf der in § 57 b Abs. 1 Satz 1 und 2 geregelten jeweils zulässigen
Befristungsdauer mit einer Laufzeit bis zum 29.02.2008 zulässig ist. Danach ist die
Befristung des Arbeitsvertrages vom 24.11.2003 aufgrund dieser Regelung zulässig,
weil der Kläger schon vor dem 23.02.2002 in einem befristeten Arbeitsverhältnis bei der
Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf beschäftigt war und die Laufzeit des befristeten
Arbeitsvertrages vom 24.11.2003 bis zum 14.10.2004 vereinbart war.
42
Es ist jedoch fraglich, ob § 57 f Abs. 2 Satz 1 HRG mit der Richtlinie des Rates zu der
EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (1999/70/EG)
vom 28.06.1999 vereinbar ist. Nach Art. 1 dieser Richtlinie soll mit der Richtlinie die
zwischen den allgemeinen branchenübergreifenden Organisationen (EGB, UNICE und
CEEP) geschlossene Rahmenvereinbarung vom 18.03.1999 über befristete
Arbeitsverträge durchgeführt werden. Die Mitgliedsstaaten sind nach Art. 2 verpflichtet,
43
die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen, die erforderlich sind, um der
Richtlinie spätestens am 10.07.2001 nachzukommen, oder sie müssen sich spätestens
zu diesem Zeitpunkt vergewissern, dass die Sozialpartner im Wege einer Vereinbarung
die erforderlichen Vorkehrungen getroffen haben; dabei haben die Mitgliedsstaaten alle
notwendigen Maßnahmen zu treffen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die
durch die Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisse erzielt werden.
Nach § 5 Ziff. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge zwischen EGB-
UNICE und CEEP ergreifen die Mitgliedsstaaten oder die Sozialpartner, wenn keine
gleichwertigen gesetzlichen Maßnahmen zur Missbrauchsverhinderung bestehen, um
Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder verhältnisse zu
vermeiden, unter Berücksichtigung der Anforderungen bestimmter Branchen und/oder
Arbeitnehmerkategorien eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen:
44
a) Sachliche Gründe, die die Verlängerung solcher Verträge oder Verhältnisse
rechtfertigen;
45
b) die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge
oder verhältnisse;
46
c) die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge oder Verhältnisse.
47
§ 57 f Abs. 2 Satz 1 HRG 2004 ermöglicht die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge,
ohne dass dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Eine zulässige Zahl von
Verlängerungen solcher Verträge enthält die Regelung nicht. Sie bestimmt aber auch
nicht die maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge oder
Arbeitsverhältnisse, weil hinsichtlich des von der Norm erfassten Personenkreises
lediglich bestimmt ist, dass die Befristung spätestens am 29.02.2008 enden muss.
Daraus lässt sich eine Höchstdauer nicht entnehmen.
48
Einer Anrufung des Europäischen Gerichtshofs nach Art. 234 EG bedarf es indessen
nicht, da die Frage, ob § 57 f Abs. 2 Satz 1 HRG 2004 mit der Richtlinie 1999/70/EG
vereinbar ist, für den vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich ist (vgl.
BVerfG, Beschluss vom 01.10.2004, NZA 2005, S. 102). Auch ohne diese
Rechtsgrundlage ist die Befristung des Arbeitsvertrages der Parteien vom 24.11.2003
nicht rechtsunwirksam.
49
e) Die Befristung ist jedenfalls nach § 57 b Abs. 2 Satz 3 HRG 2004 i. V. m. § 14 Abs. 1
Satz 1 TzBfG rechtswirksam. Nach § 57 b Abs. 2 Satz 3 HRG 2004 kann nach
Ausschöpfung der nach dem HRG zulässigen Befristungsdauer die weitere Befristung
eines Arbeitsverhältnisses nur nach Maßgabe des Teilzeit- und Befristungsgesetzes
gerechtfertigt sein. Damit war die Befristung des Arbeitsvertrages vom 24.11.2003
zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt war (§ 14 Abs. 1 Satz 1
TzBfG). Die Finanzierung der Beschäftigung des Klägers in den Projekten Ka 417/18-3
und Ka 417/24-1 durch Drittmittel hat die Befristung gerechtfertigt.
50
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stellen haushaltsrechtliche
Erwägungen zwar grundsätzlich keinen sachlichen Grund für die Befristung eines
Arbeitsvertrages dar. Die Befristung eines Arbeitsvertrages im öffentlichen Dienst ist
allerdings dann sachlich gerechtfertigt, wenn eine Haushaltsstelle von vornherein nur für
eine bestimmte Zeitdauer bewilligt wird und sie anschließend fortfällt. Entsprechendes
51
gilt für drittmittelfinanzierte Arbeitsverhältnisse. Auch bei der Drittmittelfinanzierung ist
die Ungewissheit über die in Zukunft zur Verfügung stehenden Mittel als Sachgrund für
die Befristung nicht ausreichend. Nur wenn die Stelle von vornherein lediglich für eine
genau bestimmte Zeitdauer bewilligt ist und sie anschließend wegfallen soll, ist die
Befristung sachlich gerechtfertigt. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass sowohl der
Drittmittelgeber als auch der Arbeitgeber sich gerade mit den Verhältnissen dieser Stelle
befasst und ihre Entscheidung über den Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes aus
sachlichen Erwägungen getroffen haben (BAG, Urteil vom 07.04.2004, AP Nr. 4 zu § 17
TzBfG).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt, denn die DFG hat auf den Antrag des
Projektverantwortlichen vom 28.02.2003, die Laufzeit der Projekte, in denen der Kläger
eingesetzt war, bis März 2005 zu verlängern, entschieden, Mittel für eine
Weiterbeschäftigung des Klägers nur für weitere 8,5 Monate zur Verfügung zu stellen.
Die Stelle wurde also vom Drittmittelgeber nur noch für diesen Zeitraum bewilligt.
Entsprechend hat das beklagte Land dem Kläger nur noch eine Befristung bis zum
14.10.2004 angeboten. Sowohl die DFG als auch das beklagte Land haben sich mithin
mit den Verhältnissen der Stelle des Klägers befasst und entschieden, die
Projektförderung bzw. Projektdurchführung nach Ablauf des Verlängerungszeitraums
einzustellen. Damit liegt ein sachlicher Grund für die Befristung vor.
52
f) Gegen das Zitiergebot des § 57 b Abs. 3 Satz 1 HRG 2004 verstößt der Arbeitsvertrag
vom 24.11.2003 nicht. Nach dieser Bestimmung ist im Arbeitsvertrag anzugeben, ob die
Befristung auf den Vorschriften dieses Gesetzes beruht. § 57 b Abs. 3 Satz 1 HRG 2004
bezieht sich somit lediglich auf die Vorschriften des Hochschulrahmengesetzes.
Dagegen gilt für die Befristung eines Arbeitsvertrages nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG
kein Zitiergebot. Lediglich die Schriftform ist vorgeschrieben (§ 14 Abs. 4 TzBfG).
53
g) Schließlich ist die Befristung des Arbeitsvertrages vom 24.11.2003 auch mit den
Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT), dessen Geltung vereinbart
wurde, vereinbar. Nach Nr. 2 Abs. 1 SR 2 y BAT ist im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, ob
der Angestellte als Zeitangestellter, als Angestellter von begrenzter Dauer oder als
Aushilfsangestellter eingestellt wird. Die Parteien haben im Arbeitsvertrag vom
24.11.2003 vereinbart, dass der Kläger auf bestimmte Zeit als wissenschaftlicher
Mitarbeiter ab dem 12.01.2004 bis zum 14.10.2004 weiterbeschäftigt wird. Damit enthält
der Arbeitsvertrag die Vereinbarung, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf einer
kalendermäßig bestimmten Frist enden soll und der Kläger daher als Zeitangestellter
anzusehen ist (Nr. 1 a SR 2 y BAT).
54
Auch die nach der Protokollnotiz Nr. 2 zu Nr. 1 SR 2 y BAT zulässige Höchstdauer von
fünf Jahren für den Abschluss eines Zeitvertrages ist nicht überschritten. Diese
Regelung verbietet nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts lediglich,
einen Zeitvertrag von vornherein für die Dauer von mehr als fünf Jahren abzuschließen.
Aus ihr lässt sich hingegen nicht die Unwirksamkeit der Befristung mehrerer
aneinandergereihter Arbeitsverträge entnehmen (BAG, Urteil vom 22.03.1985, AP Nr. 90
zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).
55
Nach Nr. 6 a der Protokollnotizen zu Nr. 1 SR 2 y BAT ist im Arbeitsvertrag lediglich
anzugeben, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 2 und 3 TzBfG
handelt. Ein Zitiergebot für die Befristung mit Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG sehen
daher auch die Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages nicht vor.
56
3. Als unterliegende Partei hat der Kläger die Kosten der Berufung zu tragen (§§ 64 Abs.
6 ArbGG, 525, 97 Abs. 1 ZPO).
57
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
58
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
59
Gegen dieses Urteil kann von dem Kläger
60
REVISION
61
eingelegt werden.
62
Für das beklagte Land ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
63
Die Revision muss
64
innerhalb einer Notfrist von einem Monat
65
nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim
66
Bundesarbeitsgericht,
67
Hugo-Preuß-Platz 1,
68
99084 Erfurt,
69
Fax: (0361) 2636 - 2000
70
eingelegt werden.
71
Die Revision ist gleichzeitig oder
72
innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils
73
schriftlich zu begründen.
74
Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem bei einem
deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
75
Heinlein Bollweg van Beeck
76