Urteil des LAG Düsseldorf vom 23.07.2003

LArbG Düsseldorf: bonus, treu und glauben, arbeitsgericht, zeitliche kongruenz, beendigung, tantieme, urkunde, datum, abrechnung, auflösung

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 12 Sa 260/03
Datum:
23.07.2003
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
12. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 Sa 260/03
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Düsseldorf, 10 Ca 5461/02
Schlagworte:
Einfache und ergänzende Vertragsauslegung - Anspruch auf
zeitanteilige Tantieme bei Ausscheiden während des Bezugsjahres
Normen:
§ 133, § 157 BGB, § 254 ZPO
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Scheidet der Arbeitnehmer während des Bezugszeitraums einer ihm
zugesagten Vergütungsleistung aus, steht ihm grundsätzlich die
Leistung zeitanteilig zu, nämlich im Verhältnis seiner Beschäftigungszeit
im Bezugszeitraum zu dem gesamten Bezugszeitraum (BAG, Urteil vom
03.06.1958, AP Nr. 9 zu § 59 HGB, Kammerurteil vom 27.06.1996, NZA-
RR 1996, 441).
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Düsseldorf vom 27.11.2002 wird kostenfällig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien streiten darum, ob dem Kläger der sog. EVA-Bonus für den Zeitraum
zwischen seinem vorzeitigen Ausscheiden (31.01.2001) und dem ursprünglich
vorgesehenen Ausscheidenstermin (30.06.2001) zusteht.
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Der Kläger, Volljurist, war seit dem 01.10.1996 als Manager Human Resources bei der
Beklagten beschäftigt. Seine monatliche Grundvergütung belief sich zuletzt auf DM
28.350,00 brutto. Außerdem hatten die Parteien zum 01.01.2000 die Teilnahme des
Klägers am Incentive System Economic Value Added (EVA) vereinbart. Danach stand
dem Kläger abhängig von der Erreichung des jährlichen Unternehmensziels nach
Feststellung des Jahresabschlusses ein variabler Bonus zu.
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Am 10.08.2000 schlossen die Parteien eine Auflösungsvereinbarung. Die Vereinbarung
bestimmt soweit hier von Interesse folgendes:
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1. Der zwischen den Parteien bestehende Anstellungsvertrag
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wird zum 30.06.2001 einvernehmlich auf Veranlassung des
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Arbeitgebers beendet.
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2. Bis zum Vertragsablauf erhält Herr G. seine vertrags-
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gemäßen Bezüge incl. der für diesen Zeitraum bestehen-
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den Regelung nach EVA. Der Betrag gemäß EVA wird
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komplett ausgezahlt, ohne Berücksichtigung der Bonus-
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Bank.
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3. Als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes erhält Herr
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G. im Sinne der §§ 9, 10 KSchG und § 3 Ziffer 9
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EStG, beziehungsweise unter Anwendung etwaiger steuer-
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licher Begünstigungsvorschriften, einen Betrag von
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DM 250,000,--, davon DM 16.000,-- steuerfrei.
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4. Für den Fall, dass Herr G. vor dem 30.06.2001 den
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Arbeitsvertrag vorzeitig auflöst, um eine Position in einem
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anderen Unternehmen anzutreten, ist er an keine Kündigungsfrist
gebunden. Für jeden Monat der vorzeitigen Auflösung erhält Herr G. eine
zusätzliche Abfindung von DM 28.350,-- brutto pro Monat.
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.........
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10. Mit Erfüllung der vorstehenden Regelung sind alle Ansprü-
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che von Herrn G. aus dem Anstellungsverhältnis und
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dessen Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund,
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abgegolten.
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Der Kläger löste gemäß Ziffer 4 der Vereinbarung das Arbeitsverhältnis zum 31.01.2001
auf. Während die Beklagte daraufhin erklärte, auch den EVA-Bonus zu diesem
Zeitpunkt abzurechnen, forderte der Kläger die Abrechnung und Zahlung des Bonus
zum 30.06.2001.
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Im Juli 2002 hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf die Beklagte verklagt,
Auskunft über den für Februar bis Juni 2001 angefallenen EVA-Bonus zu erteilen, den
Bonusbetrag abzurechnen und auszuzahlen.
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Durch Urteil vom 27.11.2002 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der form-
und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger sein
Klagebegehren weiter. Er meint, dass das Arbeitsgericht die Auflösungsvereinbarung
vom 10.08.2000 nicht richtig bzw. unzureichend ausgelegt habe und dass sich aus der
ergänzenden Vertragsauslegung die Verpflichtung der Beklagten zur Bonuszahlung
ergebe.
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Die Beklagte tritt der Auffassung des Klägers entgegen und beantragt die
Zurückweisung der Berufung.
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Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze mit
den hierzu überreichten Anlagen verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
31
I.
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Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Die
Berufung findet in nichts ihre Rechtfertigung. Denn die Auflösungsvereinbarung vom
10.08.2000 schließt einen Bonus-Anspruch des Klägers für die Zeit nach dem
31.01.2001 aus. Dies folgt aus dem Wortsinn der Vereinbarung ebenso wie aus den
Gesamtumständen. Jede andere Interpretation widerspricht Treu und Glauben mit
Rücksicht auf die Verkehrssitte (§ 157 BGB).
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1. Der Auskunftsanspruch des in einem Handelsgewerbe zur Leistung kaufmännischer
Dienste angestellten Handlungsgehilfen (§§ 59, 65, 87 c HGB) ist ein Hilfsanspruch.
Hauptanspruch ist jeweils der Anspruch auf Provision, Tantieme (Gewinnbeteiligung)
oder auf eine andere Erfolgsbeteiligung. Steht fest, dass der Hauptanspruch gar nicht
entstanden ist, so wird der Hilfsanspruch gegenstandslos, und es ist die Klage
insgesamt abzuweisen (BAG, Urteil vom 05.09.1995, 9 AZR 660/94, AP Nr. 16 zu § 196
BGB, Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl., § 254 Rz. 30). Dann kommt es nicht darauf
an, dass, wenn bei einer Stufenklage das erstinstanzliche Gericht die Klage insgesamt
abgewiesen hat und das Berufungsgericht entsprechend der ersten Stufe zur
Auskunftserteilung verurteilt, es dem Berufungsgericht nicht verwehrt wäre, die
Rechtssache in entsprechender Anwendung des § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO an das
Arbeitsgericht zurückzuverweisen (BAG, Urteil vom 21.11.2000, 9 AZR 665/99, AP Nr.
35 zu § 242 BGB Auskunftspflicht).
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2. Das Arbeitsgericht hat zutreffend einen Hauptanspruch, hier auf Zahlung des EVA-
Bonus für die Zeit vom 01.02.2001 bis 30.06.2001, verneint und daher die Stufenklage
insgesamt abgewiesen.
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Das Gericht hat Ziffer 2 Satz 2 der Vereinbarung als Abänderung der
Auszahlungsmodalität (komplette Auszahlung an den Kläger ohne Überweisung eines
Teilbetrags an die Bonusbank) verstanden. Das ist richtig. Die Berufung greift insoweit
das Urteil auch nicht weiter an.
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Der Kläger meint allerdings, aus diversen Vertragsformulierungen und -elementen
herleiten zu können, dass der Bonusanspruch sich nicht auf den Zeitraum bis zum
31.01.2001 beschränke, sondern auf den Zeitraum bis zum 30.06.2001 erstrecke. Die
Meinung ist irrig und zu Recht vom Arbeitsgericht zurückgewiesen worden.
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a) Die Vertragsauslegung hat zunächst, ohne am Buchstaben zu haften, vom Wortlaut
des Vertragstextes auszugehen (BGH, Urteil vom 18.05.1998, NJW 1998, 2966, BAG,
Urteil vom 12.02.2003, 10 AZR 392/02 AP Nr. 3 zu § 611 BGB Tantieme, Urteil vom
16.01.2003, 2 AZR 316/01, EzA-SD 2003, Nr. 14, 15, Urteil vom 03.03.1990, 1 AZR
22/89, n.v.). Dabei ist für die Auslegung des Wortlauts wie auch eines sonstigen
Erklärungsverhaltens auf den objektiv ermittelten Erklärungswert aus der Sicht des
Erklärungsempfängers abzustellen (BGH, Urteil vom 03.12.2001, LM Nr. 64 zu § 133 (B)
BGB, BAG, Urteil vom 25.09.2002, 10 AZR 7/02, AP Nr. 27 zu §§ 22, 23 BAT
Zuwendungs-TV, Urteil vom 06.09.1990, 6 AZR 612/88, AP Nr. 1 zu § 2 BAT SR 2l).
Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinn verstanden,
so geht ihr gemeinsames Verständnis, der wirkliche Wille, auch einem anderen Wortlaut
der Erklärung vor.
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Auch ein klarer und eindeutiger Wortlaut einer Erklärung bildet keine Grenze für die
Auslegung an Hand der Gesamtumstände, und zwar weder bei der einfachen
Auslegung noch bei der ergänzenden Auslegung eines lückenhaften Rechtsgeschäfts.
Denn die Feststellung, ob eine Erklärung eindeutig ist oder nicht, lässt sich erst durch
eine alle Umstände berücksichtigende Auslegung treffen (BGH, Urteil vom 19.12.2001,
NJW 2002, 1260). Zur Erforschung des wirklichen Willens der Parteien sind daher die
außerhalb der Erklärung liegenden Umstände zu berücksichtigen, insbesondere das
Erklärungsverhalten der Parteien vor bzw. bei Vertragsschluss, der von ihnen mit der
Vereinbarung verfolgte Zweck und ihre Interessenlage.
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Allerdings besteht für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommene Urkunde die
Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit. Die Partei, die sich auf außerhalb der
Urkunde liegende Umstände - sei es zum Nachweis eines vom Urkundstext
abweichenden übereinstimmenden Willens der Beteiligten, sei es zum Zwecke der
Deutung des Inhalts des Beurkundeten aus der Sicht des Erklärungsempfängers (§§
133, 157 BGB) - beruft, trifft die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen dieser
Umstände (BGH, Urteil vom 05.07.2002, NJW 2002, 3164).
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Schließlich gilt das Gebot der beiderseits interessengerechten Auslegung (BGH, Urteil
vom 13.03.2003, MDR 2003, 736, Urteil vom 26.01.1998, NJW 1998, 1481 = DB 1998,
571). Daher greift es zu kurz, dass eine Partei im Rahmen der nach § 133, § 157 BGB
gebotenen Berücksichtigung der Interessenlage nur die ihr günstigen Parameter in den
Vordergrund stellt (vgl. BGH, Urteil vom 12.01.2001, NJW 2001, 1928).
41
b) Das Arbeitsgericht hat ausgehend von diesen Auslegungsmaximen aus dem Wortlaut
der Ziffer 2 Satz 1 der Vereinbarung vom 10.08.2000 ( Bis zum Vertragsablauf erhält
Herr G. seine vertragsgemäßen Bezüge ... ) gefolgert, dass mit Vertragsablauf die
Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2001 gemäß Ziffer 1 ebenso gemeint
ist wie die Beendigung zu einem anderen, früheren Zeitpunkt, wobei Ziffer 4 explizit das
Recht des Klägers zur vorzeitigen Auflösung statuiert. Das Verständnis des
Arbeitsgerichts entspricht dem Wortlaut. Hätten die Parteien unabhängig von einem
vorzeitigen Ausscheiden die Zahlung der Bezüge bis zum 30.06.2001 beabsichtigt,
hätte nichts näher gelegen, als dies eindeutig zum Ausdruck zu bringen und etwa den
Begriff Vertragsablauf durch das Datum 30.06.2001 zu ersetzen. Die Wortwahl indiziert
gerade den gegenteiligen Willen der Parteien und macht die vorzeitige
Vertragsauflösung nach Ziffer 4 zu einem Fall des Vertragsablaufs .
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c) Indem Ziffer 2 Satz 1 den EVA-Bonus den vertragsgemäßen Bezügen zuordnet ( incl.
) und diese Leistungen in eine zeitliche Kongruenz stellt ( bis zum Vertragsablauf , für
diesen Zeitraum ), wird manifestiert, dass für die EVA-Bonusansprüche derselbe
Endzeitpunkt gilt wie für die übrigen Vertragsbezüge. Ist danach etwa die Zahlung des
Grundgehalts auf den Vertragsablauf (31.01.2001) befristet, hat für den EVA-Bonus
dasselbe zu gelten.
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d) Nach Ziffer 4 S. 2 steht dem Kläger bei vorzeitiger Vertragsauflösung eine zusätzliche
Abfindung zu. Die Abfindung ist gemeinhin ein Ausgleich für sämtliche Nachteile des
Arbeitnehmers aus der Aufgabe des Arbeitsplatzes, also auch für den Verlust von
Ansprüchen auf Tantieme, Umsatzbeteiligung u. ä. (vgl. Stahlhacke/Vossen, Kündigung
und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 8. Aufl., Rz. 1992, 2015). Diese
Feststellung hat unabhängig davon Bestand, wie hoch die Abfindung nach der
Vereinbarung der Parteien ist und welche Berechnungsfaktoren sie ihr zugrunde gelegt
haben. Daher ist im Streitfall ohne weitere Aussagekraft, dass die Parteien die
Abfindungserhöhung nach der Grundvergütung bemessen haben. Wenn der Kläger
daraus schlussfolgert, dass die EVA-Bonusansprüche weiterlaufen sollte, blendet er
nicht nur aus, dass die Abfindung für ihn steuerlich günstiger sein kann als die
Abrechnung aller Bezüge per 30.06.2001 auf Brutto-Basis. Er lässt auch
unberücksichtigt, dass die vorzeitige Vertragsaufhebung die Erzielung anderweitigen
Verdienstes eröffnet, und der Abfindungsbetrag ausgehandelt, im Wege des
gegenseitigen Nachgebens (§ 779 Abs. 1 BGB) gefunden wird und der Höhe nach nicht
an den Bruttoverdienst gebunden ist.
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e) Der Hinweis des Klägers auf den Zweck der Bonusvereinbarung (Seite 9 der
Berufungsbegründung) geht ins Leere. Wenn es ihm darum zu tun war, sämtliche
vertraglichen Bezüge einschl. EVA-Bonus bis zum 30.06.2001 zu erhalten, hätte er nur
auf die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verzichten brauchen. Der
Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens ist abwegig. Anders als der Kläger meint,
richtet er sich vorliegend jedenfalls nicht gegen die Beklagte.
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f) Nach der Verkehrssitte steht dem Arbeitnehmer, der während des Bezugszeitraums
einer ihm zugesagten Vergütungsleistung ausscheidet, die Leistung zeitanteilig,
nämlich im Verhältnis seiner Beschäftigungszeit im Bezugszeitraum zu dem ganzen
Bezugszeitraum zu (BAG, Urteil vom 03.06.1958, 2 AZR 406/55, AP Nr. 9 zu § 59 HGB;
vgl. Urteil vom 08.11.1978, 5 AZR 358/77, AP Nr. 100 zu § 611 BGB Gratifikation, OLG
Hamm, Urteil vom 08.10.1994, BB 1984, 2214, Palandt/Putzo, BGB, 62. Aufl., § 611 Rz.
78, ErfK/Preis, 3. Aufl., § 614 BGB Rz. 10, Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 10. Aufl., §
77 Rz. 7, MünchArbR/Kreßel, 2. Aufl., § 68 Rz. 100; für den Fall der Beendigung durch
eine aufhebungsvertragliche Regelung: Bauer, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, 6.
Aufl., Rz. 687, Weber/Ehrich/Burmester, Handbuch der arbeitsrechtlichen
Aufhebungsverträge, 3. Aufl., Teil 3, Rz. 149). Dies mag der Kläger, Volljurist und
Manager Human Resources, nicht gewusst haben. Es ist aber so. Damit geht der
Hinweis des Klägers auf § 157 BGB fehl.
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Im übrigen kommt eine ergänzende Vertragsauslegung nach § 157 BGB erst in Betracht,
wenn zu einer bestimmten regelungsbedürftigen Frage eine Vereinbarung der Parteien
nicht vorliegt oder wenn sich später durch Umstände, die bei Vertragsabschluß noch
nicht erkennbar waren, aufgrund der weiteren Entwicklung der Rechtsbeziehungen der
Vertragspartner eine Vertragslücke eröffnet. Es ist dann unter Berücksichtigung aller in
Betracht kommenden Umstände zu untersuchen, wie die Beteiligten diesen Punkt
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redlicherweise geregelt hätten, wenn sie ihn denn bedacht hätten (BAG, Urteil vom
22.01.1997, 5 AZR 658/95, AP Nr. 6 zu § 620 BGB Teilkündigung, Urteil vom
03.06.1998, 5 AZR 552/97, AP Nr. 57 zu § 612 BGB). Im Streitfall ist die Berechnung
des EVA-Bonusanspruchs in der Vereinbarung vom 10.08.200 geregelt. Es liegt keine
Unvollständigkeit der Regelung vor.
g) Hätte die Vereinbarung sich nicht zu dem EVA-Bonus verhalten und wäre eine
ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen, so wäre zu fragen, wie die Parteien vom
Stand ihrer entgegengesetzten Interessen aus den offen gebliebenen Punkt
billigerweise geregelt hätten, hätten sie an seine Regelungsbedürftigkeit gedacht. Die
Antwort muss innerhalb des durch den Vertrag selbst gezogenen Rahmens gesucht
werden. Das Ergebnis der ergänzenden Vertragsauslegung darf nicht im Widerspruch
zu dem im Vertrag ausgedrückten Parteiwillen stehen (BAG, Urteil vom 03.06.1998,
a.a.O.).
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Selbst dieser Ausgangspunkt führt zu keinem für den Kläger günstigen Ende. Denn
nach der Vereinbarung vom 10.08.2000 ist das vorzeitige Ausscheiden mit der
Berechnung der Vergütungsansprüche bis zum Vertragsende (Ziffer 2) verbunden und
löst - im Einklang mit der Verkehrsitte die zeitanteilige Berechnung der für einen
längeren Bezugszeitraum gewährten Vergütungsbestandteile aus. Die
Abfindungsregelung (Ziffer 4) und die Ausgleichsklausel (Ziffer10) lassen keinen Raum
für die Annahme, dass nach dem Willen der Parteien einzelne Vergütungsansprüche,
namentlich der EVA-Bonusanspruch, in die nachvertragliche Zeit hineinreichen sollten.
Mit seiner gegenteiligen Rechtsmeinung missachtet der Kläger das Gebot der
beiderseits interessengerechten Auslegung.
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II.
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Die Kosten der erfolglos gebliebenen Berufung hat nach § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger zu
tragen.
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Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Da die Rechtssache weder
grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Divergenz ersichtlich ist, besteht kein Grund
i.S.v. § 72 Abs. 2 ArbGG für die Revisionszulassung. Die vom Kläger beantragte
Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof ist dem Landesarbeitsgericht ohnehin
versagt (§ 72 Abs. 1 ArbGG).
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Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird der Kläger auf § 72 a
ArbGG hingewiesen.
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gez.: Dr. Plüm gez.: Pielen gez.: Hösen
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