Urteil des LAG Düsseldorf vom 25.03.1997

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Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 16 Sa 1724/96
Datum:
25.03.1997
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
16. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 Sa 1724/96
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Mönchengladbach, 4 Ca 743/96
Schlagworte:
Vertragliche Weihnachtsgratifikation mit Rückzahlungsklausel "31.
März"
Normen:
§ 611 BGBGratifikation
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Ein Bindungszeitraum bis 31. März für die Zahlung einer
Weihnachtsgratifikation wird nicht eingehalten, wenn der Arbeitnehmer
zum 31. März kündigt und mit Ablauf dieses Tages aus dem
Arbeitsverhältnis ausscheidet. Der Zeitpunkt des Ablaufs eines Tages
("24.00 Uhr") gehört noch zu diesem Tag und damit zu der Frist, in die
der Tag fällt (im Anschluß an BAG vom 09.06.1993 - 10 AZR 529/92 -
NZA 1993, 935).
Tenor:
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts
Mönchengladbach vom 10.10.1996 - 4 Ca 743/96 - teilweise abgeändert
und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefaßt:a) Die Beklagte wird
verurteilt, an den Kläger 79,48 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich
ergebenden Nettobetrag seit dem 01.04.1996 zu zahlen.b) Die
weitergehende Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits aus beiden Instanzen trägt insgesamt
der Kläger.
3. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 5.521,52 DM
festgesetzt.
T a t b e s t a n d :
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Die Parteien streiten über die Rückzahlung einer Weihnachtsgratifikation.
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Der zur Zeit 28-jährige Kläger - geboren am 06.07.1968 - war gemäß schriftlichem
Anstellungsvertrag der Parteien vom 17.07.1990 ab dem 01.08.1990 als Sachbearbeiter
bei der Beklagten beschäftigt. Sein Monatsgehalt betrug zuletzt rd. 4.000,-- DM brutto. In
Ziffer 6 des Anstellungsvertrags hatten die Parteien die Zahlung einer freiwilligen
Weihnachtsgratifikation in näher bezeichneter Höhe vereinbart. Weiter heißt es in Ziffer
3
Weihnachtsgratifikation in näher bezeichneter Höhe vereinbart. Weiter heißt es in Ziffer
6 sodann (Bl. 4 a d.A.):
"Sollte das Anstellungsverhältnis vor dem 31. März des Folgejahres seitens des
Arbeitnehmers gelöst werden, behält sich die Firma das Recht vor, die Gratifikation
zurückzufordern."
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Im November 1995 zahlte die Beklagte an den Kläger als Weihnachtsgratifikation
5.601,-- DM brutto. Im Februar 1996 kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis zum
31.03.1996. Mit der Abrechnung für den Monat März 1996 forderte die Beklagte
daraufhin die gezahlte Weihnachtsgratifikation zurück und verrechnete sie mit der
Gehaltszahlung März 1996. Zugunsten der Beklagten ergab sich eine Überzahlung in
Höhe von 620,52 DM brutto.
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Mit der dagegen erhobenen und am 31.05.1996 beim Arbeitsgericht Mönchengladbach
eingegangenen Klage macht der Kläger die - erneute - Auszahlung der Gratifikation
geltend. Zur Begründung hat er erstinstanzlich vorgetragen, er habe sein
Arbeitsverhältnis nicht "vor dem 31. März" gelöst, wie dies in Ziffer 6 des
Anstellungsvertrags vereinbart sei, sondern erst mit Ablauf des 31. März, so daß er nicht
zur Rückzahlung der Gratifikation verpflichtet sei.
6
Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.601,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich
ergebenden Nettobetrag seit dem 01.04.1996 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat vorgetragen: Aufgrund der Eigenkündigung des Klägers zum 31.03.1996 sei er
gemäß der im Anstellungsvertrag vereinbarten Regelung zur Rückzahlung verpflichtet.
Allerdings sei übersehen worden, daß dem Kläger nach den tariflichen Regelungen für
Arbeitnehmer im Groß- und Außenhandel Nordrhein-Westfalen ein Betrag in Höhe von
700,-- DM brutto zustehe. Unter Verrechnung dieses Betrags und unter Verrechnung der
Überzahlung in Höhe von 620,52 DM brutto verbleibe zugunsten des Klägers noch ein
Restbetrag in Höhe von 79,48 DM brutto. Insoweit sei die Forderung des Klägers
begründet. Weitergehende Ansprüche bestünden dagegen nicht.
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Im Verhandlungstermin vor dem Arbeitsgericht hat die Beklagte den geltend gemachten
Anspruch des Klägers in Höhe von 79,48 DM brutto anerkannt (Bl. 25 d.A.).
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Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 10.10.1996 - 4 Ca 743/96 - in vollem
Umfang stattgegeben und dies unter anderem damit begründet, daß der Kläger sein
Arbeitsverhältnis nicht vor dem 31.03.1996 gelöst habe. Auch sei der Kläger nicht vor
dem 31.03.1996 ausgeschieden, sondern erst mit Ablauf des 31.03.1996.
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Gegen das ihr am 06.11.1996 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 04.12.1996
Berufung eingelegt und diese mit einem am 06.01.1997 (Montag) beim
Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Sie wendet sich unter
Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens gegen die im angefochtenen Urteil
dargelegten Ausführungen.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 10.10.1996- 4 Ca 743/96 -
(teilweise) abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit das Arbeitsgericht die
Beklagte verurteilt hat, an den Kläger mehr als 79,48 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus
dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 01.04.1996 zu zahlen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil und macht sich die dortigen Entscheidungsgründe
zu eigen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien und der übrigen Einzelheiten
des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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I.
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Die Berufung ist zulässig: Sie ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes an sich
statthaft (§ 64 Abs. 1 u. 2 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet
worden (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 518, 519 ZPO).
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II.
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Sie hat auch in der Sache Erfolg. Dem Kläger steht im Gegensatz zu den Ausführungen
im angefochtenen Urteil eine Weihnachtsgratifikation für das Jahr 1995 über die tariflich
geregelten Ansprüche hinaus nicht zu.
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1.Bei der von den Parteien in Ziffer 6 ihres Anstellungsvertrags vereinbarten Regelung
über die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation handelt es sich um eine - wie vielfach
üblich - Gratifikationszahlung mit Rückzahlungsvorbehalt: Der Arbeitnehmer soll die ihm
als Weihnachtsgratifikation gezahlte Leistung nur behalten dürfen, wenn er nicht
innerhalb eines näher bezeichneten Zeitraums aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.
Andernfalls muß er die erhaltene Gratifikation zurückzahlen. Derartige
Rückzahlungsvorbehalte sind wirksam (std. Rspr., vgl. im einzelnen BAG v. 09.06.1993
- 10 AZR 529/92 - AP Nr. 150 zu § 611 BGB Gratifikation, zu II 2 der Gründe = NZA
1993, 935), was auch von den Parteien hier nicht in Zweifel gezogen wird.
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2.Hier haben die Parteien vereinbart, daß die Beklagte die dem Kläger jeweils im
November eines Jahres gezahlte Weihnachtsgratifikation zurückverlangen kann, wenn
der Kläger sein Anstellungsverhältnis vor dem 31. März des Folgejahres löst. Inhaltlich
bedeutet dies, daß der Bindungszeitraum des Klägers für die ihm im November gezahlte
Gratifikation bis zum 31. März des Folgejahres läuft. Scheidet er vor Ablauf des
Bindungszeitraums bis zum 31. März aus, hat er die ihm gezahlte Gratifikation
zurückzuzahlen. Dies ist hier der Fall.
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a) Zuzustimmen ist dem Kläger zunächst darin, daß es bei der hier vereinbarten
Rückzahlungsklausel in Ziffer 6 des Anstellungsvertrags nicht auf den Zeitpunkt des
Ausspruchs der Kündigungserklärung - hier im Februar 1996 - ankommt.
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Da der Ablauf des vereinbarten Bindungszeitraums maßgebend ist, im vorliegenden
Fall bis zum 31. März, kommt es allein darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Kündigung
vom Februar 1996 das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst hat und der Kläger aus
dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. Dies war der Ablauf des 31.03.1996.
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b)Nicht zuzustimmen ist dem Kläger jedoch, soweit er meint, er habe den
Bindungszeitraum bis 31. März eingehalten. Der Bindungszeitraum bis zum 31. März
wird auch dann nicht eingehalten, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Arbeitnehmer
mit dem Ablauf des 31. März aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Eine Frist, die bis
zum 31. März läuft, endet mit Ablauf dieses Tages (§ 188 BGB), nicht vorher. Wird also
eine Kündigung - wie hier vom Kläger - zum 31. März ausgesprochen, so führt dies zur
Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf dieses Tages und damit innerhalb des
Bindungszeitraums bis zum 31. März (ebenso BAG v. 09.06.1993 - 10 AZR 529/92 -
a.a.O.). Der Zeitpunkt des Ablaufs eines Tages ("24.00 Uhr") gehört noch zu diesem Tag
und damit zu der Frist, in die der Tag fällt (ebenso BAG, a.a.O.). Diese rechtliche
Beurteilung steht zudem im Einklang mit der Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts zu § 5 Abs. 1 lit. c BUrlG, wonach ein Arbeitnehmer auch dann in
der ersten Hälfte eines Kalenderjahres ausscheidet, wenn er sein Arbeitsverhältnis zum
30. Juni kündigt (BAG, a.a.O.).
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c)Der Kläger kann daher nicht mit Erfolg geltend machen, für ihn bestehe deshalb keine
Rückzahlungspflicht, weil er erst mit Ablauf des 31.03.1996 aus dem Arbeitsverhältnis
ausgeschieden sei und damit nicht "vor dem 31. März", wie dies in Ziffer 6 des
Anstellungsvertrags vereinbart sei. Der in Ziffer 6 des Anstellungsvertrags vereinbarte
Bindungszeitraum bis zum 31. März des Folgejahres bezieht sich ersichtlich auf das
gesamte erste Quartal eines Jahres und damit auf den Ablauf des 31. März eines Jahres
und nicht etwa nur bis zum Ablauf des 30. März eines Jahres, wovon offensichtlich auch
das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils
fälschlicherweise ausgegangen ist. Daß es nur auf den Ablauf des 31. März eines
Jahres ankommen kann, zeigt sich schon daran, daß eine Kündigungsmöglichkeit etwa
zum 30. März eines Jahres nach § 622 Abs. 1 BGB gar nicht möglich wäre. Die von den
Parteien vereinbarte Regelung, wonach der Kläger nicht "vor dem 31. März des
Folgejahres" aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sein darf, bedeutet nichts
anderes, als daß er nicht vor Ablauf des 31. März ausgeschieden sein darf, was hier -
wie oben unter Ziffer 2 b ausgeführt ist - indessen der Fall war.
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3.Hinsichtlich der rechnerischen Höhe der streitigen Rückzahlung besteht zwischen den
Parteien kein Streit, ebensowenig über die Aufrechnungs- und
Verrechnungsmodalitäten, gegen die der Kläger auch keine Einwendungen erhoben
hat. Die Rückforderung der dem Kläger im November 1995 ausgezahlten Gratifikation
war demgemäß gerechtfertigt. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf erneute
Auszahlung dieser Gratifikation war demgegenüber - mit Ausnahme des von der
Beklagten bereits erstinstanzlich anerkannten Teilbetrags in Höhe von 79,48 DM brutto
nebst anteiliger Zinsen - unbegründet und das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts
dementsprechend abzuändern.
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III.
32
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Der Streitwert beläuft
sich für die Berufungsinstanz auf (5.601,-- DM abzgl. 79,48 DM =) 5.521,52 DM. Die
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Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nach Auffassung der Kammer nicht
gegeben.
Rechtsmittelbelehrung:
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Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben. Auf die Möglichkeit der
Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72 a ArbGG) wird hingewiesen.
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