Urteil des LAG Düsseldorf vom 08.01.2004

LArbG Düsseldorf: betriebsrat, verfügung, arbeitsgericht, geschäftsführung, schriftführer, arbeitsorganisation, fax, wiese, akte, protokollführung

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 11 TaBV 33/03
Datum:
08.01.2004
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
11 TaBV 33/03
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Mönchengladbach, 2 BV 2/03
Normen:
BetrVG § 40
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Der Umstand, dass § 40 Abs. 2 BetrVG die Zurverfügungstellung von
Büropersonal für die laufende Geschäftsführung des Betriebsrats
vorschreibt, bedeutet, dass eine Bürokraft auch zur Hilfe bei der
Bewältigung der internen organisatorischen und verwaltungsmäßigen
Aufgaben, die keiner Beschlussfassung durch den Betriebsrat bedürfen
und in der Regel wiederkehrend anfallen, eingesetzt werden darf (so
schon LAG Baden-Württemberg vom 25.11.1987 - 2 TaBV 3/87 - AiB
1988, 185). Was im Einzelnen unter derartige Aufgaben fällt, hängt
sowohl von den konkreten Verhältnissen des einzelnen Betriebes, also
auch von der Größe des betreffenden Betriebsrats ab.
Tenor:
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss
des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 30.04.2003
- 2 BV 2/03 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird für die Arbeitgeberin
zugelassen.
G R Ü N D E :
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I.
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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, dem Betriebsrat
eine vollzeitbeschäftigte Bürokraft zu überlassen und die hierfür anfallenden Kosten zu
übernehmen.
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Die Arbeitgeberin, die ca. 1000 Arbeitnehmer beschäftigt, betreibt in N. ein
Tiefdruckunternehmen. Der Betriebsrat besteht aus 15 Vollmitgliedern und 37
Ersatzmitgliedern. Er ist im Gesamtbetriebsrat sowie in verschiedenen Ausschüssen
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vertreten. Hinsichtlich der Gremien, in denen der Betriebsrat vertreten ist sowie
hinsichtlich der regelmäßig stattfindenden Sitzungen wird auf die zur Akte mit der
Antragsschrift gereichte Übersicht der Gremien sowie Übersicht der regelmäßigen
Sitzungen verwiesen. Zusätzlich finden bei Bedarf weitere Sitzungen statt. Die
Arbeitgeberin beabsichtigt, umfangreiche Umstrukturierungen durchzuführen. In diesem
Zusammenhang kommt es zu zusätzlichem Arbeitsanfall beim Betriebsrat, jeweils
verbunden mit entsprechendem Schriftverkehr.
Dem Betriebsrat stehen im Betriebsratsbüro zwei miteinander vernetzte PC-
Arbeitsplätze zur Verfügung, die seitens der Arbeitgeberin im Jahre 2001 eingerichtet
wurden. Ausweislich der erstinstanzlichen Gründe ist das Betriebsratsbüro außerdem
mit einem separaten Fax- und Internetanschluss ausgestattet.
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Im Betrieb der Arbeitgeberin erledigen die Sachbearbeiter/innen im Verwaltungsbereich,
die mit PC-Arbeitsplätzen ausgestattet sind, ihre Schreib- und Ablagearbeiten selbst.
Auch den Schichtführern, Abteilungsleitern und Prokuristen ist keine Sekretärin fest
zugeordnet.
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Dem Betriebsrat steht keine Bürokraft zur Verfügung. Die anfallenden Büroarbeiten
wurden bislang auf die Betriebsratsmitglieder verteilt, wobei der nicht freigestellte
Schriftführer einen wesentlichen Teil der Schreibarbeiten übernahm. Dies führte dazu,
dass er seit seiner Wahl nur ca. 3 Wochen seiner eigentlichen Abteilung zur Verfügung
stand.
7
Mit Schreiben vom 06.06.2002 forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf, mit ihm
über den Einsatz von Büropersonal für die Betriebsratsarbeit zu verhandeln und bat
deshalb um einen Gesprächstermin. Mit Schreiben vom 22.07.2002 teilte der Betriebsrat
der Arbeitgeberin mit, dass er in seiner Sitzung vom 17.07.2002 beschlossen habe,
seine Anforderung auf Zurverfügungstellung einer Bürokraft auf dem gerichtlichen Wege
durchzusetzen und hierfür seinen jetzigen Verfahrensbevollmächtigten mit der
Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen.
8
Unter dem 04.09.2002 legte der Betriebsrat gegenüber der Arbeitgeberin die
Erforderlichkeit einer Bürokraft detaillierter dar. Seinem Schreiben fügte er die eingangs
erwähnten Übersichten sowie eine Auflistung der anfallenden Tätigkeiten einer
Bürokraft bei. Er wies zugleich darauf hin, dass diese Auflistung nicht abschließend zu
betrachten sei. Nochmals forderte er die Arbeitgeberin auf, ihm nach § 40 BetrVG eine
für seine Arbeit unbedingt erforderliche Bürokraft zur Verfügung zu stellen. Mit
Schreiben vom 16.09.2002 bat die Arbeitgeberin den Betriebsrat, unter
Berücksichtigung der von ihr in diesem Schreiben aufgezeigten Fakten und
insbesondere unter Berücksichtigung der ihm bekannten sehr schlechten
wirtschaftlichen Situation, in der sich das Unternehmen befinde, seine Forderung noch
einmal zu überdenken und um ein Gespräch in dieser Angelegenheit. Nachdem der
Betriebsrat nochmals mit Schreiben vom 21.11.2002 erwidert hatte, lehnte die
Arbeitgeberin mit ihrem Schreiben vom 25.11.2002 letztlich die Stellung einer Bürokraft
für den Betriebsrat zum damaligen Zeitpunkt ab.
9
Mit seinem beim Arbeitsgericht Mönchengladbach am 14.01.2003 eingereichten Antrag
verfolgt der Betriebsrat sein Begehren weiter.
10
Der Betriebsrat hat im Wesentlichen geltend gemacht:
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Ihm stehe ein Anspruch auf Überlassung einer Bürokraft zu. Er sei aufgrund des
Arbeitsanfalls nicht mehr in der Lage, seine sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz
ergebenden Aufgaben wahrzunehmen und nebenher noch umfangreiche
Schreibarbeiten zu verrichten. Die Büroarbeiten seien so umfangreich, dass eine
vollzeitbeschäftigte Bürokraft erforderlich sei. Der Umfang der Tätigkeit sei bereits
daraus ersichtlich, dass sein Schriftführer wegen der Schreibtätigkeiten kaum an seinem
eigentlichen Arbeitsplatz zur Verfügung
12
stehe.
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Der Betriebsrat hat beantragt,
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die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihm eine vollzeitbeschäftigte
15
Bürokraft zu überlassen und die hierfür anfallenden Kosten zu
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übernehmen.
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Die Arbeitgeberin hat beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
19
Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht:
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Im Rahmen der Ausstattung des Betriebsratsbüros im Jahre 2001 mit PC-Arbeitsplätzen,
Fax- und Internet-Anschluss sei mit dem Betriebsrat verhandelt worden, dass dadurch
zusätzliche Schreibkräfte überflüssig werden sollten. Der Betriebsrat habe keinen
Anspruch auf bevorzugte Behandlung gegenüber den bei ihr tätigen Sachbearbeitern.
Er habe ausreichend Kapazitäten, um Bürotätigkeiten selbst zu übernehmen. Dies
ergebe sich bereits daraus, dass nach der gesetzlichen Staffel des § 38 Abs. 1 BetrVG
drei Freistellungen für bis zu 1500 Arbeitnehmer vorgesehen seien, in ihrem Betrieb
aber diese Beschäftigtenzahl nicht erreicht werde. Die Notwendigkeit einer Bürokraft sei
auch deswegen nicht gegeben, weil der Betriebsrat in der Vergangenheit in der Lage
gewesen sei, seine Arbeiten selbst zu erledigen und die Beschäftigtenzahl unstreitig in
den letzten Jahren gesunken sei. Zumindest der Schriftführer sei auch künftig in der
Lage, die Schreibarbeiten zu erledigen. Zudem sei sie aufgrund der wirtschaftlichen
Lage gezwungen, Kosten einzusparen. Eine Bürokraft für den Betriebsrat sei nicht
finanzierbar.
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Mit seinem am 30.04.2003 verkündeten Beschluss hat das Arbeitsgericht dem Antrag
des Betriebsrats stattgegeben und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
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Zunächst sei die Arbeitgeberin nach § 40 Abs. 2 BetrVG verpflichtet, dem Betriebsrat für
seine Sitzungen, seine Sprechstunden und seine laufende Geschäftsführung in
erforderlichem Umfang Büropersonal zur Verfügung zu stellen. Dieser Anspruch
bestehe selbst dann, wenn einzelne Betriebsratsmitglieder selbst über
schreibtechnische Kenntnisse verfügen würden und die anfallenden Schreibarbeiten
selbst erledigen könnten. Soweit § 40 Abs. 2 BetrVG den Anspruch auf das
Erforderliche beschränke, beziehe sich diese Einschränkung ausdrücklich nur auf den
Umfang der Zurverfügungstellung. Für den Streitfall bedeute dies, dass es für den
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Anspruch des Betriebsrats auf Zurverfügungstellung einer Bürokraft unerheblich sei,
dass bislang die Schreibarbeiten von ihm selbst durchgeführt worden seien. Auch die
betriebliche Organisation der Arbeitgeberin, nach der die Sachbearbeiter/innen ihre
Schreib- und Ablagetätigkeiten selbst durchführen würden, führe nicht zu einem
anderen Ergebnis. Gegen den Anspruch spreche auch nicht die moderne Einrichtung
des Betriebsratsbüros im Jahre 2001. So bestehe nach der Regelung des § 40 Abs. 2
BetrVG unabhängig von der Frage der Überlassung von Büropersonal auch ein
Anspruch des Betriebsrats auf die Überlassung von sachlichen Mitteln, Informations-
und Kommunikationstechnik in erforderlichem Umfang . Die Überlassung von
Büropersonal im erforderlichen Umfang bedeute im Streitfall die Zurverfügungstellung
einer vollzeitbeschäftigten Bürokraft. Maßstab für die Erforderlichkeit sei allein der
tatsächliche Umfang der anfallenden Bürotätigkeiten. Allein aus der Tatsache, dass der
nicht freigestellte Schriftführer aufgrund der von ihm durchgeführten Schreibarbeiten der
Arbeitgeberin kaum sonst zur Verfügung stehe, ergebe sich bereits der Umfang der
anfallenden Arbeiten. Zudem sei aus anhängigen sowie aus abgeschlossenen
Verfahren vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach gerichtsbekannt, dass auch
zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung umfangreiche schriftliche Korrespondenz
geführt werde. Der
Überlassung einer vollzeitbeschäftigten Bürokraft könne die Arbeitgeberin nicht ihre
schlechte wirtschaftliche Situation entgegenhalten. Die Kosten des Betriebsrats würde
nach § 40 Abs. 2 BetrVG der Arbeitgeber tragen. Die Ansprüche des Betriebsrates aus
dieser Vorschrift seien ausschließlich durch das Merkmal der Erforderlichkeit begrenzt.
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Gegen den ihr am 13.05.2003 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin mit einem
beim Landesarbeitsgericht am 22.05.2003 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde
eingelegt und diese mit einem bei Gericht am 11.07.2003 eingereichten Schriftsatz
begründet.
25
Die Arbeitgeberin macht unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen
Vorbringens im Wesentlichen geltend:
26
Das Arbeitsgericht hätte den tatsächlichen Umfang der Büroarbeiten im Betriebsratsbüro
(regelmäßig anfallende Arbeitsstunden pro Woche) feststellen müssen. Dies sei
unterblieben. Aus sämtlichen Beschlussverfahren der letzten Jahre dürften dem
Arbeitsgericht höchstens zehn außergerichtliche Schreiben des Betriebsrats vorliegen.
Die zeitweise Freistellung des Schriftführers des Betriebsrats, Herrn T., sage nichts über
den Umfang der im Betrieb anfallenden Schreibarbeiten aus. Herr T. sei lediglich als
Ersatz für das freigestellte Betriebsratsmitglied E., das bereits seit mehreren Monaten
arbeitsunfähig erkrankt sei, freigestellt worden. Der Betriebsrat habe niemals verlangt,
Herrn T. zur Erledigung von Büroarbeiten freizustellen. Seine Freistellung sei erfolgt,
weil er an seinem Arbeitsplatz nicht dringend benötigt worden sei. Bei Beibehaltung
seiner bisherigen Arbeitsorganisation habe der Betriebsrat keinen Beschäftigungsbedarf
für eine Bürokraft. Die Erledigung der Schreibarbeiten durch den Betriebsrat sei
Voraussetzung dafür gewesen, dass das Betriebsratsbüro im Jahre 2001 mit mehreren
Computern ausgestattet worden sei. Natürlich könne der Betriebsrat
Beschäftigungsbedarf für eine Bürokraft schaffen, indem er seine Arbeitsorganisation
ändere. Eine derartige Organisationsentscheidung zur Ausgliederung von Büroarbeiten
habe der Betriebsrat jedoch nicht getroffen. Es stelle keine überobligatorische Leistung
der freigestellten Betriebsratsmitglieder dar, wenn sie ihre Texte unmittelbar am
Computer schreiben würden. Aus dem bisherigen Sachvortrag des Betriebsrats lasse
27
sich allenfalls die Notwendigkeit der stundenweise Zurverfügungstellung einer Bürokraft
herleiten. Auch die Betriebsgröße spiele eine Rolle. In dem von der Einigungsstelle
empfohlenen Interessenausgleich vom 19.05.2003 seien 169 zu beendigende
Arbeitsverhältnisse genannt. Wenn diese Maßnahmen abgeschlossen seien, würden im
Betrieb nur noch ca. 750 Arbeitnehmer beschäftigt sein.
Die Arbeitgeberin beantragt,
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unter Aufhebung des Beschlusses des Arbeitsgerichts
29
Mönchengladbach vom 30.04.2003, Aktenzeichen 2 BV 2/03,
30
den Antrag zurückzuweisen.
31
Der Betriebsrat beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Der Betriebsrat verteidigt den angefochtenen Beschluss und bezieht sich insbesondere
auf sein erstinstanzliches Vorbringen.
34
Wegen des sonstigen Vortrags der Beteiligten wird auf den mündlich vorgetragenen
Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.
35
II.
36
Die Beschwerde der Arbeitgeberin, gegen der Zulässigkeit keinerlei Bedenken
bestehen, ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass der
Betriebsrat nach § 40 Abs. 2 BetrVG einen Anspruch auf Zurverfügungstellung einer
vollzeitbeschäftigten Bürokraft auf Kosten der Arbeitgeberin ( § 40 Abs. 1 BetrVG) hat.
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Die Vorinstanz ist zunächst zutreffend von der richtigen Anspruchsgrundlage, nämlich
§ 40 Abs. 2 BetrVG, ausgegangen. Danach hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat im
erforderlichen Umfang Büropersonal zur Verfügung zu stellen. Aus dieser Vorschrift
ergibt sich ein Anspruch des Betriebsrats Büropersonal zu beschäftigen, und zwar für
die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung. Mit
Büropersonal sind zum einen Schreibkräfte gemeint, die anfallende Schreibarbeit des
Betriebsrats erledigen sollen (vgl. Fitting u.a., BetrVG, 21. Aufl. 2002, § 40 Rz. 135).
Der Betriebsrat kann aber dem Büropersonal auch andere Hilfstätigkeiten übertragen,
z. B. Telefonate, Vervielfältigungsarbeiten und Botengänge, sofern solche bei der
Erledigung von Betriebsratsaufgaben anfallen (LAG Baden-Württemberg vom
25.11.1987
38
2 TaBV 3/87 AiB 1988, 185; GK-BetrVG/Wiese/Weber, 7. Aufl. 2002, § 40 Rz. 71).
39
Der Umstand, dass § 40 Abs. 2 BetrVG die Zurverfügungstellung auch von
Büropersonal für die laufende Geschäftsführung des Betriebsrats vorschreibt,
bedeutet, dass diese als Hilfskraft eingesetzt werden darf bei der Bewältigung der
internen organisatorischen und verwaltungsmäßigen Aufgaben, die keiner
Beschlussfassung durch den Betriebsrat bedürfen und in der Regel wiederkehrend
anfallen (LAG Baden-Württemberg vom 25.11.1987 2 TaBV 3/87 AiB 1988, 185;
40
Fitting u.a., a. a. O., § 27 Rz. 43; GK-BetrVG, Wiese,
§ 27 Rz. 44). Was im Einzelnen darunter fällt, hängt sowohl von den konkreten
Verhältnissen des einzelnen Betriebes, also auch von der Größe des betreffenden
Betriebsrates, ab. Beispielsweise gehört zu den laufenden Geschäften des Betriebsrats
die Vorbereitung beabsichtigter Beschlüsse sowie von Betriebsratssitzungen, die
Einholung von Einkünften, die Beschaffung von Unterlagen, Besprechungen mit
Vertretern der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften über konkrete, der Beteiligung des
Betriebsrats unterliegende Angelegenheiten, Vorbesprechungen mit dem Arbeitgeber,
die Erstellung von Entwürfen von Betriebsvereinbarungen, gegebenenfalls die
Durchführung von Beschlüssen des Betriebsrates, die Entgegennahme von Anträgen
der Arbeitnehmer, Voruntersuchungen über die Berechtigung von Beschwerden oder
Anregungen, die Vorbereitung der Betriebs- und Abteilungsversammlungen sowie
anfallender Schriftwechsel (vgl. LAG Baden-Württemberg vom 25.11.1987 2 TaBV 3/87
AiB 1988, 185).
41
Außerdem ist der Tatsache, dass das Büropersonal auch für Sprechstunden des
Betriebsrats zur Verfügung stehen soll, zu entnehmen, dass dem Büropersonal
insbesondere Schreibtätigkeiten übertragen werden dürfen, die aufgrund des
Besuchs von Belegschaftsangehörigen in einer Sprechstunde des Betriebsrats
anfallen, jedenfalls soweit sie Angelegenheiten betreffen, die mit dem
Arbeitsverhältnis von Mitarbeitern und ihrer Stellung im Betrieb zusammen hängen
und in den Aufgabenbereich des Betriebsrats fallen, weil die Arbeitnehmer in der
Sprechstunde insoweit gehört und beraten werden dürfen (LAG Baden-Württemberg,
25.11.1987 2 TaBV 3/87 AiB 1988, 185; GK BetrVG/ Wiese, § 39 Rz. 7).
42
Schließlich soll der Arbeitgeber gem. § 40 Abs. 2 BetrVG Büropersonal auch für die
Sitzungen zur Verfügung stellen. Dies bedeutet, dass der Betriebsrat Büropersonal für
die unterstützende Protokollführung bei Sitzungen des Betriebsrates ebenso
einsetzen kann wie für die nachträgliche Anfertigung der gem. § 34 Abs. 1 BetrVG
vorgeschriebenen Sitzungsniederschrift (LAG Baden-Württemberg, 25.11.1987 2
TaBV 3/87 AiB 1988, 185, 185; Fitting u.a.,
43
a. a. O., § 34 Rz. 7).
44
Unter Berücksichtigung der vorstehend beschriebenen Aufgabenfelder einer
Bürokraft nach § 40 Abs. 2 BetrVG i. V. m. der Aufstellung des Betriebsrats über die
Tätigkeiten einer Bürokraft im Zusammenhang mit der bei ihm anfallenden
Betriebsratstätigkeit kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass es erforderlich ist,
seitens der Arbeitgeberin dem Betriebsrat eine vollzeitbeschäftigte Bürokraft zu
überlassen und hierfür die Kosten nach § 40 Abs. 1 BetrVG zu übernehmen.
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Der Begriff des erforderlichen Umfangs in § 40 Abs. 2 BetrVG unterliegt zunächst der
Beurteilung des Betriebsrats, der die Frage, ob eine Bürokraft in
Vollzeitbeschäftigung für ihn erforderlich und deshalb vom Arbeitgeber zur Verfügung
zu stellen ist, nicht allein nach seinem subjektiven Ermessen zu beantworten hat.
Vielmehr ist die Erforderlichkeit unter Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalls anhand der konkreten Verhältnisse des Betriebs und der sich stellenden
Betriebsratsaufgaben zu bestimmen. Dabei hat sich der Betriebsrat auf den
Standpunkt eines vernünftigen Dritten zu stellen, der die Interessen des Betriebs
einerseits und der Arbeitnehmerschaft und ihrer Vertretung andererseits
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gegeneinander abzuwägen hat (vgl. BAG 11.03.1998 - 7 ABR 59/96 - NZA 1998, 953,
954; BAG 09.06.1999 - 7 ABR 66/97 - AP Nr. 66 zu
§ 40 BetrVG 1972).
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Zunächst spricht die Größe des Betriebsrats (15 Vollmitglieder, davon 3 freigestellt,
sowie 37 Ersatzmitglieder) in Verbindung mit der vom Betriebsrat erstinstanzlich
vorgelegten Übersicht der Gremien , an denen er beteiligt ist, prima facie dafür, eine
vollzeitbeschäftigte Bürokraft für die anfallenden Arbeiten von der Arbeitgeberin zur
Verfügung gestellt zu bekommen. Dem ist die Arbeitgeberin nur unzureichend
entgegengetreten. So hat sie im Zusammenhang mit den beim Arbeitsgericht
Mönchengladbach in der Vergangenheit geführten Beschlussverfahren darauf
beschränkt, darauf hinzuweisen, dem Arbeitsgericht dürften höchstens zehn
außergerichtliche Schreiben des Betriebsrats vorliegen , wobei diese Schreiben
regelmäßig nur den Umfang von wenigen Zeilen bis zu einer Seite gehabt hätten.
Abgesehen davon, dass die Arbeitgeberin diese Schreiben in diesem
Beschlussverfahren hätte vorlegen müssen und sich nicht unsubstantiiert auf
Beiziehung der Akten des Arbeitsgerichts hätte beschränken dürfen, verkennt sie,
dass die Tätigkeit einer Bürokraft, wie bereits ausgeführt, sich nicht auf bloße
Schreibarbeiten beschränkt.
48
Des Weiteren hat die Arbeitgeberin selbst eingeräumt, dass im Zusammenhang mit
der Betriebsänderung vom 19.05.2003 der Betriebsrat zurzeit besonders belastet sei
und sie einen erhöhten Arbeitsanfall auf seiner Seite auch nicht bestreite. Es versteht
sich von selbst, dass derart zusätzliche Betriebsratsarbeit mit zusätzlichen Arbeiten
für eine Bürokraft verbunden sind und dem nicht mit dem Hinweis begegnet werden
kann, man habe ein zusätzliches Betriebsratsmitglied wegen dieses erhöhten
Arbeitsanfalls freigestellt.
49
Die Arbeitgeberin kann dem Betriebsrat nicht entgegenhalten, nach seiner bisher
bestehenden Arbeitsorganisation habe er selbst Schreibarbeiten erledigt. Abgesehen
davon, dass, worauf bereits hingewiesen wurde, die Tätigkeit einer
vollzeitbeschäftigten Bürokraft sich im Streitfall nicht allein auf Schreibarbeiten
beschränkt, steht es dem Betriebsrat frei, worauf die Arbeitgeberin selbst hingewiesen
hat, seine Arbeitsorganisation zu ändern und die bisher von ihm übernommenen
Schreibarbeiten auf eine Bürokraft zu übertragen. Dies hat er spätestens durch seine
in seinem an die Arbeitgeberin gerichteten Schreiben vom 04.09.2002 enthaltene
Forderung, ihm eine Bürokraft zur Verfügung zu stellen, getan. Soweit die
Arbeitgeberin in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dadurch würden die
vorhandenen Computerarbeitsplätze für die drei freigestellten Betriebsratsmitglieder
ungenutzt bleiben, ist sie noch einmal darauf hinzuweisen, dass es eben gerade
nicht, wie aus § 40 Abs. 2 BetrVG folgt, ureigenste Aufgabe des Betriebsrats ist,
Schreibarbeiten, die im Zusammenhang mit der Betriebsratstätigkeit anfallen, selbst
zu erledigen.
50
Schließlich kann die Arbeitgeberin dem Verlangen des Betriebsrats nach zur
Verfügungstellung einer vollzeitbeschäftigten Bürokraft nicht entgegenhalten, der
Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) und der
Grundsatz der sparsamen Mittelverwendung würden gebieten, dass der Betriebsrat
zusätzliche Kosten zu ihren Lasten durch die Beschäftigung einer Bürokraft in Vollzeit
zu vermeiden hat. Bereits die erste Instanz hat darauf hingewiesen, dass der
51
Betriebsrat letztlich lediglich von einem ihm gesetzlich garantierten Anspruch nach §
40 Abs. 2 BetrVG Gebrauch macht, nämlich für seine Sitzungen, Sprechstunden und
seine laufende Geschäftsführung bei entsprechend anfallender Arbeit, wovon hier,
wie dargestellt, auszugehen ist, eine Vollzeitbeschäftigte Bürokraft auf Kosten des
Arbeitgebers zur Verfügung gestellt zu bekommen.
III.
52
Die Kammer hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zugemessen und die
Rechtsbeschwerde deshalb für die Arbeitgeberin zugelassen (vgl. § 72 Abs. 2 Nr. 1
ArbGG i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG).
53
RECHTSMITTELBELEHRUNG
54
Gegen diesen Beschluss kann von der Arbeitgeberin
55
RECHTSBESCHWERDE
56
eingelegt werden.
57
Für die weiteren Beteiligten ist gegen die Entscheidung kein Rechtsmittel gegeben.
58
Die Rechtsbeschwerde muss
59
innerhalb einer Notfrist von einem Monat
60
nach der Zustellung dieses Beschlusses schriftlich beim
61
Bundesarbeitsgericht,
62
Hugo-Preuß-Platz 1
63
99084 Erfurt,
64
Fax: (0361) 2636 - 2000
65
eingelegt werden.
66
Die Rechtsbeschwerde ist gleichzeitig oder
67
innerhalb eines Monats nach ihrer Einlegung
68
schriftlich zu begründen.
69
Die Rechtsbeschwerdeschrift und die Rechtsbeschwerdebegründung müssen von
einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
70
gez.: Dr. Vossen gez.: Remmel gez.: Flack
71
11 TaBV 33/03
72
2 BV 2/03
73
Arbeitsgericht Mönchengladbach
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LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF
75
BESCHLUSS
76
In dem Beschlussverfahren
77
unter Beteiligung
78
Verkündet am 04. März 2004
79
gez.: Lindner
80
Urkundsbeamtin
81
der Geschäftsstelle
82
des Betriebsrats der U. Tiefdruck T.-C. GmbH & Co. KG, vertreten durch den
Betriebsratsvorsitzenden N. T., H.straße 59, N,
83
- Antragsteller und Beschwerdegegner -
84
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt T. X.,
85
I.straße 44, N.,
86
der U. Tiefdruck T.-C. GmbH & Co. KG, vertreten durch die A. C. Verwaltungs-GmbH,
diese vertreten durch die Geschäftsführer C. F. T. u. a., H.straße 59, N.,
87
- Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin -
88
Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. E. I. u. a.,
89
C.straße 5 a, 40545 E.,
90
hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf
91
auf die mündliche Anhörung vom 04.03.2004
92
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Vossen als Vorsitzenden
sowie den ehrenamtlichen Richter Remmel und den ehrenamtlichen Richter Flack
93
b e s c h l o s s e n :
94
Die Gründe des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom
08.01.2004 - 11 TaBV 33/03 - werden wie folgt ergänzt bzw. berichtigt.
95
Auf Seite 2 der Gründe wird im zweiten Absatz der erste
96
Satz Die Arbeitgeberin, die circa 1000 Arbeitnehmer beschäftigt, betreibt
in N. ein Tiefdruckunternehmen gestrichen.
97
Dafür wird auf Seite 2 der Gründe im zweiten Absatz vor Satz zwei
eingefügt:
98
Die Arbeitgeberin betreibt in N. ein Tiefdruckunternehmen. Beschäftigt
wurden im Januar 2003 circa 1000 Arbeitnehmer. Am 19.05.2003 wurde
eine Betriebsänderung beschlossen. In einem angeblich von einer
Einigungsstelle empfohlenen Interessenausgleich vom 19.05.2003 sind
169 zu beendende Arbeitsverhältnisse genannt. Bis zum 01.08.2003
wurden 130 Kündigungen ausgesprochen. Im Zeitpunkt der letzten
mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf am
11.09.2003 waren im Betrieb noch circa 750 Arbeitnehmer beschäftigt.
99
Auf Seite 3 der Gründe wird im ersten Absatz im zwei-
100
ten Satz hinter dem Wort wobei eingefügt:
101
ausweislich der Gründe des angefochtenen Beschlusses.
102
G R Ü N D E :
103
Dem Antrag der Arbeitgeberin, wie er in der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2004
gestellt worden ist und dem der Betriebsrat mit diesem Inhalt in dieser Verhandlung
zugestimmt hat, war gemäß §§ 320 Abs. 1, 329 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 525 ZPO, §
87 Abs. 2 Satz 1 ArbGG stattzugeben. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung der
Gründe des Beschlusses vom 08.01.2004 liegen nach § 320 Abs. 1 ZPO vor.
104
R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
105
Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben.
106