Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 02.04.2017

LArbG Berlin-Brandenburg: fristlose kündigung, wahrung der frist, verlängerung der frist, feststellungsklage, betriebsrat, arbeitsgericht, ärztliche behandlung, zugang, prozess, klagefrist

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Gericht:
LArbG Berlin-
Brandenburg 26.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
26 Sa 896/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 4 S 1 KSchG, § 6 KSchG, § 7
KSchG
Fristwahrende Verwirkung eines allgemeinen
Feststellungsantrags - Anforderung an Kündigungsschutzantrag
Leitsatz
1) Mit der Klageerhebung im Kündigungsschutzprozess muss nicht notwendig der Wortlaut
des § 4 Satz 1 KSchG wiederholt werden, wenngleich dies zweckmäßigerweise geschehen
sollte.
2) Der Arbeitnehmer ist nach §§ 4, 6 KSchG nur verpflichtet, durch eine rechtzeitige Anrufung
des Arbeitsgerichts seinen Willen, sich gegen die Wirksamkeit einer Kündigung wehren zu
wollen, genügend klar zum Ausdruck zu bringen (vgl. BAG 23. April 2008 - 2 AZR 699/06 - AP
Nr. 65 zu § 4 KSchG 1969 = NZA-RR 2008, 466 = EzA § 4 nF. KSchG Nr. 84, Rn. 22, 24). Dies
geschieht - hinsichtlich weiterer Kündigungen - regelmäßig durch Stellung des allgemeinen
Feststellungsantrags (vgl. BAG 13. September 1997 - 2 AZR 512/96 - AP Nr. 38 zu § 4 KSchG
1969 = NZA 1997, 844 = EzA § 4 nF KSchG Nr. 57, Rn. 21).
3) Ausreichend ist es auch, wenn der Arbeitnehmer eine Leistungsklage (Zahlungsklage,
Weiterbeschäftigungsantrag) erhoben hat, deren Anspruch die Unwirksamkeit der
ausgesprochenen Kündigung voraussetzt. Insoweit kann es ausreichen, dass die Klage bereits
vor Ausspruch einer weiteren Kündigung erhoben worden ist. Das Interesse des Arbeitgebers
an einer schnellen Klärung der Rechtslage und sein Vertrauen in den Bestand der
ausgesprochenen Kündigung wird hierdurch regelmäßig nicht bzw. nur geringfügig berührt
und muss unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 6 KSchG zurücktreten (vgl. BAG
23. April 2008 - 2 AZR 699/06 - AP Nr. 65 zu § 4 KSchG 1969 = NZA-RR 2008, 466 = EzA § 4
nF. KSchG Nr. 84, Rn. 23, 24).
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom
12.02.2010 - 7 Ca 389/09 – abgeändert und
a. festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch eine Kündigung
der Beklagten vom 22.10.2008 nicht aufgelöst worden ist;
b. festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31.05.2009 unverändert
fortbesteht.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung mit
sozialer Auslauffrist vom 22. Oktober 2008.
Die Klägerin ist seit 1991 bei der Beklagten als Briefzustellerin beschäftigt. Auf das
Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag D.P. AG in der Fassung vom 1. April 2008
(MTV-DP AG) Anwendung. Dieser sieht unter § 34 Abs. 1 einen besonderen
Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer vor.
Die Parteien halbierten einvernehmlich im Jahr 2006 mit dem Ziel der Stabilisierung des
Gesundheitszustandes der Klägerin deren Arbeitszeit. Im Jahr 2008 mahnte die Beklagte
die Klägerin wiederholt ab, wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Arbeitsplatz,
ungebührlichen Verhaltens, verspäteter Anzeige der Arbeitsunfähigkeit und verspäteter
Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Ab dem 16. September 2008 erschien
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Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Ab dem 16. September 2008 erschien
die Klägerin nicht mehr zur Arbeit. Noch am 16. September 2008 forderte die Beklagte
die Klägerin schriftlich zur Arbeitsaufnahme auf. Zugleich erteilte sie ihr eine weitere
Abmahnung wegen unentschuldigten Fehlens, welche der Klägerin am 18. September
2008 zugestellt wurde. Hierauf reagierte die Klägerin am 26. September 2008, wobei der
Inhalt des Gesprächs unter den Parteien streitig ist. Am 1. Oktober 2008 begab sich die
Klägerin in ärztliche Behandlung. Die Ärztin bescheinigte eine Arbeitsunfähigkeit ab dem
29. September 2008 bis zum 9. Oktober 2008. Der Beklagten ging die Bescheinigung
am 2. Oktober 2008 zu. Die Beklagte hörte den Betriebsrat mit Schreiben vom 1.
Oktober 2008 zunächst zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung an. Der
Betriebsrat äußerte Bedenken, da das Verhalten der Klägerin seine Ursache auch im
Gesundheitszustand der Klägerin haben könnte. Die Beklagte kündigte ungeachtet
dieses Hinweises mit Schreiben vom 7. Oktober 2008. Mit Schreiben vom 15. Oktober
2008 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer weiteren Kündigung an, und zwar
wiederum zu einer außerordentlichen Kündigung, diesmal aber mit sozialer Auslauffrist
bis zum 31. Mai 2009. Erstmals teilte sie dem Betriebsrat nun auch mit, dass am 2.
Oktober 2008 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Klägerin eingegangen sei. Am
17. Oktober nahm der Betriebsrat hierzu Stellung. Unter den Parteien ist streitig, ob die
Beklagte daraufhin am 22. Oktober 2008 eine solche Kündigung abgeschickt und ob
diese am 23. Oktober 2008 der Klägerin zugegangen ist. Vom 22. Oktober 2008 bis zum
24. November 2008 war die Klägerin im Krankenhaus H. untergebracht. Die Klägerin ließ
durch ihre Prozessbevollmächtigten mit einem beim Arbeitsgericht am 24. Oktober 2008
eingegangenen Schriftsatz Klage gegen die Kündigung vom 7. Oktober 2008 erheben.
Die angeblich ausgesprochene zweite Kündigung führte die Beklagte erstmals
ausdrücklich im Kammertermin am 11. März 2009 in den Prozess ein. Nachdem die
Klägerin in der Verhandlung insoweit auf ihren bereits in der Klageschrift angekündigten
allgemeinen Feststellungsantrag verwiesen hatte, trennte das Arbeitsgericht diesen ab
und gab der Klage hinsichtlich des verbliebenen Kündungsschutzantrags und des
Weiterbeschäftigungsantrags statt. Die dagegen eingelegte Berufung blieb beim
Landesarbeitsgericht erfolglos. In dem abgetrennten Verfahren, welches Gegenstand
des vorliegenden Rechtsstreits ist, erweiterte die Klägerin die Klage mit Schriftsatz vom
2. Juni 2009, welcher am selben Tag beim Arbeitsgericht einging, in Bezug auf „eine
Kündigung der Beklagten vom 22. Oktober 2008“.
Sie hat den Zugang und ergänzend auch die „soziale Rechtfertigung“ der angeblichen
weiteren Kündigung vom 22. Oktober 2008 bestritten und erklärt, sie habe sich mit dem
allgemeinen Feststellungsantrag in der Klageschrift gegen alle möglichen
Beendigungstatbestände zur Wehr setzen wollen. Darauf komme es allerdings nur an,
wenn die Beklagte den Zugang der Kündigung nachweisen könne. Jedenfalls sei der
Beklagten auch der psychische Zustand der Klägerin aus der Vorgeschichte bekannt
gewesen. Angesichts der sich aus der Gesamtsituation ergebenden Überforderung der
Klägerin sei diese nicht in der Lage gewesen, ihre täglichen Angelegenheiten zu regeln,
nicht einmal dazu, ihre behandelnden Ärzte aufzusuchen. Sie habe ihr Verhalten nicht
mehr steuern können.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch eine
Kündigung der Beklagten vom 22. Oktober 2008 nicht aufgelöst worden ist sowie
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere
Beendigungstatbestände endet, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht (Ziffer 2 aus
der Klageschrift vom 24.10.2008).
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, am 22. Oktober
2008 sei eine Kündigung geschrieben, unterschrieben und als Einwurfeinschreiben
versandt worden. Das Einschreiben sei am 23. Oktober 2008 laut Zustellnachweis auch
zugestellt worden. Die Klageerweiterung vom 2. Juni 2008 sei unzulässig und
unbegründet. Die Klägerin habe die Klagefrist des § 4 KSchG nicht gewahrt; ein Antrag
auf nachträgliche Zulassung sei nicht gestellt worden, was nicht streitig ist.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und das im Wesentlichen damit begründet,
der Zugang der Kündigung sei nach der Überzeugung der Kammer erwiesen. Angesichts
der detaillierten Darstellung der Beklagten zur Zustellung der Briefsendung bestünden
keine ernstlichen Anhaltspunkte, dass gerade diese Postbriefsendung der Klägerin nicht
zugestellt worden sei, obwohl ihr sowohl die vorangegangene Kündigung als auch diverse
Abmahnungsschreiben zugegangen seien. Die Klägerin habe keinen nahvollziehbaren
Sachverhalt vorgetragen, der entgegen der Dokumentation der Zustellung gegen diese
sprechen könnte. Die Klägerin habe danach unter normalen Umständen von der
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sprechen könnte. Die Klägerin habe danach unter normalen Umständen von der
Kündigung Kenntnis nehmen können und daher die Kündigungserklärung durch eine
Kündigungsschutzklage angreifen müssen. Mit ihrem Antrag vom 2. Juni 2008 sei die
Frist des § 4 Satz 1 KSchG nicht gewahrt. Mit dem allgemeinen Feststellungsantrag
hätte die Klägerin nur dann Erfolg haben können, wenn sie den Nichtzugang der
Kündigung vom 22. Oktober 2008 dargelegt und ggf. unter Beweis gestellt hätte.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 19. März 2010 zugestellte Urteil am 16. April 2010
Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis
zum 19. Juni 2010 mit einem am 9. Juni 2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen
Schriftsatz begründet.
Sie begründet ihre Berufung damit, dass das Arbeitsgericht die Darlegungs- und
Beweislast hinsichtlich des Zugangs der Kündigung verkannt habe. Insoweit reiche allein
die Übermittlung des Sendestatus durch die Beklagte nicht. Es sei nicht ersichtlich, wie
und wann die Zustellung konkret erfolgt sei. Deshalb könne der Klägerin auch nicht
vorgeworfen werden, die Frist des § 4 KSchG nicht gewahrt zu haben. Der im Termin vom
11. März 2009 gestellte Feststellungsantrag erfasse die Kündigungserklärung vom 22.
Oktober 2008. Sie - die Klägerin - bleibe dabei, dass eine Kündigung der Beklagten auch
sozial ungerechtfertigt sei. Gerade angesichts des vorliegenden Sachverhalts und der
Tatsache, dass sich die Beklagte zunächst lange nicht auf weitere
Beendigungstatbestände berufen habe, sei auch der allgemeine Feststellungsantrag
zulässig und begründet.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Cottbus vom 12. Februar 2010
– 7 Ca 389/09 -
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch eine
Kündigung der Beklagten vom 22. Oktober 2008 nicht aufgelöst worden ist sowie
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31. Mai 2009
hinaus unverändert fortbesteht.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Die allgemeine Feststellungsklage
wahre die Frist für eine nicht ausdrücklich darin bezeichnete Kündigung nur dann, wenn
der Feststellungsantrag dahin auszulegen sei, dass er sich – zumindest auch – auf den
bestimmten Beendigungstatbestand – hier die Kündigung vom 22. Oktober 2008 –
beziehe. Dabei komme es entscheidend darauf an, ob für den Arbeitgeber hinreichend
erkennbar werde, dass der Arbeitnehmer diesen Beendigungstatbestand angreifen
wolle. Da die Klägerin den Zugang der Kündigung vom 22. Oktober 2008 vehement
bestreite, obwohl sie ihr nachweislich zugegangen sei, könne ihr Feststellungsantrag
nicht dahin ausgelegt werden, dass sie für den Fall, dass ihr die Unrichtigkeit ihres
Bestreitens nachgewiesen werde, auch die Kündigung vom 22. Oktober 2008 habe
angreifen wollen. Damit scheide jede Möglichkeit einer späteren Einbeziehung aus. Die
Wortwahl in der Klageschrift, wonach die Klägerin vor „missbräuchlichen weiteren
Kündigungen – auch zwischen den Instanzen – geschützt werden müsse“, könne nur
dahin verstanden werden, dass damit solche Kündigungen gemeint gewesen seien, die
erst nach Klagezustellung ausgesprochen würden. Hier sei die Klage allein gegen die
fristlose Kündigung auch nicht unsinnig gewesen. Es könne durchaus sein, dass die
Klägerin sich nur gegen die fristlose, nicht aber gegen die Kündigung unter Einhaltung
der ordentlichen Kündigungsfrist habe wehren wollen, zumal die Klägerin im Telefonat
vom 26. September 2008 gegenüber der Personalsachbearbeiterin gefragt habe, warum
es denn so lange dauere, bis sie die Kündigung erhalte und auch erklärt habe, sie wolle
gar nicht klagen. Den Hinweis auf die notwendige Betriebsratsanhörung habe sie damit
abgetan, der Betriebsrat habe ihr „die ganzen acht Jahre nicht geholfen, da werde er ihr
auch jetzt nicht helfen“. Im Übrigen sei ihr erstinstanzlicher Vortrag so zu verstehen,
dass damit auch die Kündigung vom 22. Oktober 2008 habe begründet werden sollen.
Die Gründe, die der Kündigung vom 7. Oktober 2008 zugrunde gelegen hätten, sollten
auch die Kündigung vom 22. Oktober 2008 rechtfertigen. Der allgemeine
Feststellungsantrag sei wegen fehlenden Feststellungsinteresses unzulässig.
Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien vom 8.
Juni 2010 sowie vom 21. Juli 2010 und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung
vom 5. August 2010. Die Kammer hat die Akten aus dem Verfahren 7 Ca 1565/08 des
Arbeitsgerichts Cottbus beigezogen. Es handelt sich um das Verfahren, von dem das
vorliegende Verfahren durch das Arbeitsgericht abgetrennt worden ist. Der durch die
Parteien in ihren Berufungsschriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung in Bezug
genommene erstinstanzliche Vortrag ergibt sich teilweise nur aus diesen Akten, da er
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genommene erstinstanzliche Vortrag ergibt sich teilweise nur aus diesen Akten, da er
durch das Arbeitsgericht zT. nicht zur Akte des abgetrennten vorliegenden Verfahren
genommen worden ist.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und
begründet worden.
II.
Die Berufung ist auch begründet, da die Klage hinsichtlich beider Anträge zulässig und
begründet ist.
1) Das Arbeitsverhältnis ist durch eine Kündigung der Beklagten vom 22. Oktober 2008
nicht beendet worden. Insoweit konnte es dahinstehen, ob der Klägerin neben der
Kündigung vom 7. Oktober auch eine Kündigung vom 22. Oktober 2008 zugegangen ist.
Eine solche Kündigung gölte nicht nach § 7 KSchG als wirksam. Die Klägerin hat die Frist
des § 4 KSchG gewahrt. Die Kündigung wäre, sollte sie zugegangen sein, schon deshalb
unwirksam, weil die Beklagte ihrerseits die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt hat.
a) Die Klägerin hat mit dem allgemeinen Feststellungsantrag die Frist des § 4 Satz 1
KSchG gewahrt. Der allgemeine Feststellungsantrag ist dahingehend auszulegen, dass
er von Anfang an auch auf eine Kündigung vom 22. Oktober 2008 erfassen sollte.
aa) Nach § 4 Satz 1 KSchG wahrt der Arbeitnehmer die dreiwöchige Klagefrist durch die
Erhebung einer Klage “beim Arbeitsgericht auf Feststellung ..., dass das
Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist”. Einen Antrag mit diesem
Wortlaut hat die Klägerin erst mit ihrem Schriftsatz vom 2. Juni 2009 und folglich weit
nach Ablauf der dreiwöchigen Frist des § 4 Satz 1 KSchG gestellt. Daraus kann aber nicht
gefolgert werden, die Klage sei verspätet erhoben worden. Mit der Klageerhebung im
Kündigungsschutzprozess muss nicht notwendig der Wortlaut des § 4 Satz 1 KSchG
wiederholt werden, wenngleich dies zweckmäßigerweise geschehen sollte. Entscheidend
ist, dass sich aus dem gegebenenfalls auszulegenden Klageantrag ergibt, dass der
Arbeitnehmer der Sache nach die von der Fiktionswirkung des § 4 KSchG erfassten
Unwirksamkeitsgründe - also das Klageziel einer Klage nach §§ 4, 13 KSchG - geltend
machen will. Denn auch die allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO, die auf
Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist, wahrt die Frist des §
4 Satz 1 KSchG, wenn sie im vorstehenden Sinne auszulegen ist.
Ein Arbeitnehmer kann neben der nach § 4 KSchG gegen eine Kündigung gerichteten
Klage eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO auf Feststellung des
Fortbestands des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen über den
Kündigungsendtermin hinaus erheben und damit zwei selbständige prozessuale
Ansprüche geltend machen. Diese Anträge kann er gem. § 260 ZPO zulässig in einer
Klage verbinden. Dabei ist Gegenstand einer Kündigungsschutzklage mit einem Antrag
nach § 4 Satz 1 KSchG die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine konkrete,
mit dieser Klage angegriffene Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin (sog.
punktueller Streitgegenstandsbegriff). Demgegenüber ist Streitgegenstand einer
Feststellungsklage nach § 256 ZPO im Allgemeinen die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis
über diesen Termin hinaus im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der
Tatsacheninstanz fortbesteht. Dabei kommt es allerdings auch auf den gestellten Antrag
und/oder darauf an, was die klagende Partei erkennbar gewollt hat. Bei einer zulässigen
allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO wird der Fortbestand des
Arbeitsverhältnisses, und zwar unter Einbeziehung eventueller Kündigungen, geprüft; es
sind deshalb alle nach dem Vortrag der Parteien in Betracht kommenden
Beendigungsgründe zu erörtern. Die Rechtskraft eines positiven Feststellungsurteils
erfasst alle diese Beendigungsgründe (vgl. BAG 12. Mai 2005 - 2 AZR 426/04 - AP Nr. 53
zu § 4 KSchG 1969 = NZA 2005, 1259 = NJW 2006, 395 = EzA § 4 nF KSchG Nr. 70, Rn.
24).
Bei der Frage, ob sich ein allgemeiner Feststellungsantrag auf einen bestimmten
Beendigungstatbestand bezieht oder nicht, ist entscheidend zu berücksichtigen, ob für
den Arbeitgeber hinreichend erkennbar wird, dass der Arbeitnehmer jenen
Beendigungstatbestand angreifen will. Durch die Frist des § 4 KSchG soll sichergestellt
werden, dass der Arbeitgeber, wenn er nicht alsbald nach Ablauf von drei Wochen nach
Zugang der Kündigung eine gegen diese Kündigung gerichtete Klage erhält, auf die
Rechtfertigung der Kündigung im Umfang der Fiktionswirkung des § 7 KSchG vertrauen
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Rechtfertigung der Kündigung im Umfang der Fiktionswirkung des § 7 KSchG vertrauen
kann. Ist durch eine Klageerhebung sichergestellt, dass der Arbeitgeber unter Wahrung
der Frist des § 4 KSchG gewarnt ist, so ist die Funktion der Norm erfüllt. Es kommt dann
nicht darauf an, welche Formulierung der Arbeitnehmer seinem Klageantrag gegeben
hat (vgl. BAG 12. Mai 2005 - 2 AZR 426/04 - AP Nr. 53 zu § 4 KSchG 1969 = NZA 2005,
1259 = NJW 2006, 395 = EzA § 4 nF KSchG Nr. 70, Rn. 27).
Im Übrigen soll mit einer entsprechenden Anwendung von § 6 KSchG - auch nach
Novellierung des Kündigungsschutzgesetzes durch das Arbeitsmarktreformgesetz vom
24. Dezember 2003 - erreicht werden, dass die Unwirksamkeit einer Kündigung nicht nur
durch eine Feststellungsklage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der
Kündigungserklärung geltend gemacht werden, sondern die Klagefrist auch dadurch
gewahrt werden kann, dass der Arbeitnehmer innerhalb der dreiwöchigen Frist auf
anderem Wege geltend macht, eine unwirksame Kündigung liege nicht vor. Ungeachtet
der redaktionell missglückten Fassung des § 6 KSchG bezieht sich die Rechtsfolge nicht
nur auf einzelne Unwirksamkeitsgründe, sondern - wie schon vor der Gesetzesnovelle -
generell auf die Verlängerung der Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage. Die
Neufassung des § 6 KSchG sollte der bisherigen Regelung entsprechen und lediglich
angepasst werden (BT-Drucks.15/1509). Zweck der gesetzlichen Regelung des § 6
KSchG ist es, im Zusammenspiel mit § 4 KSchG frühzeitig Rechtsklarheit und -sicherheit
zu schaffen. § 6 KSchG will den - häufig rechtsunkundigen - Arbeitnehmer vor einem
unnötigen Verlust seines Kündigungsschutzes aus formalen Gründen schützen (vgl.
hierzu HaKo-Gallner § 6 KSchG Rn. 1, 9 u. 19 mwN). Der Arbeitnehmer ist nach §§ 4, 6
KSchG nur verpflichtet, durch eine rechtzeitige Anrufung des Arbeitsgerichts seinen
Willen, sich gegen die Wirksamkeit einer Kündigung wehren zu wollen, genügend klar zum
Ausdruck zu bringen. Dieser Wille des Arbeitnehmers, eine Beendigung seines
Arbeitsverhältnisses nicht zu akzeptieren und das Arbeitsverhältnis auch in Zukunft
fortsetzen zu wollen, kann während der dreiwöchigen Klagefrist auch ohne
ausdrücklichen Hinweis auf eine ganz konkrete Kündigungserklärung für den
Kündigenden hinreichend klar zum Ausdruck kommen (vgl. BAG 23. April 2008 - 2 AZR
699/06 - AP Nr. 65 zu § 4 KSchG 1969 = NZA-RR 2008, 466 = EzA § 4 nF. KSchG Nr. 84,
Rn. 22, 24). Dies geschieht regelmäßig durch Stellung des allgemeinen
Feststellungsantrags (vgl. BAG 13. September 1997 - 2 AZR 512/96 - AP Nr. 38 zu § 4
KSchG 1969 = NZA 1997, 844 = EzA § 4 nF KSchG Nr. 57, Rn. 21). Ausreichend ist es
auch, wenn der Arbeitnehmer eine Leistungsklage (Zahlungsklage,
Weiterbeschäftigungsantrag) erhoben hat, deren Anspruch zwingend die Unwirksamkeit
der ausgesprochenen Kündigung voraussetzt. Insoweit kann es ausreichen, dass die
Klage bereits vor Ausspruch einer weiteren Kündigung erhoben worden ist. Das Interesse
des Arbeitgebers an einer schnellen Klärung der Rechtslage und sein Vertrauen in den
Bestand der ausgesprochenen Kündigung wird hierdurch regelmäßig nicht bzw. nur
geringfügig berührt und muss unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks des § 6
KSchG zurücktreten (vgl. BAG 23. April 2008 - 2 AZR 699/06 - AP Nr. 65 zu § 4 KSchG
1969 = NZA-RR 2008, 466 = EzA § 4 nF. KSchG Nr. 84, Rn. 23, 24).
bb) Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze hat die Klägerin die Frist des § 4 KSchG
gewahrt. Die Beklagte musste bereits angesichts der eindeutig formulierten
Klageanträge und der Klagebegründung davon ausgehen, dass die Klägerin auch weitere
Kündigungen nicht hinnehmen wolle.
Seinem Wortlaut nach bezog sich der allgemeine Feststellungsantrag ohne weiteres auf
„andere Beendigungstatbestände” als die mit dem ursprünglichen Antrag zu 1)
angesprochene Kündigung vom 7. Oktober 2008. Auch eine Kündigung vom 22. Oktober
2008 wäre ein solcher “anderer Beendigungstatbestand” gewesen. Mit dem zweiten
Halbsatz des ursprünglichen Antrags zu 2) – sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht -
wurde ferner noch gesondert zum Ausdruck gebracht, dass die Klägerin auch
Beendigungstatbestände nicht gegen sich geltend lassen wollte, durch die die Beklagte
versuchen würde, das Arbeitsverhältnis zu einem späteren Zeitpunkt zu beenden.
Bestätigt wird diese Wortlautauslegung durch die Klagebegründung. Danach sollte die
Klägerin durch den allgemeinen Feststellungsantrag „vor rechtsmissbräuchlichen
weiteren Kündigungen – auch zwischen den Instanzen – geschützt werden“.
Die Klägerin hat mit ihrer Klage für die Beklagte erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass
sie den durch die Beklagte herangezogenen Lebenssachverhalt nicht als wichtigen
Grund für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung gelten lassen wollte. Eine
Einschränkung auf eine außerordentliche fristlose Kündigung hat sie insoweit nicht
vorgenommen. Die Beklagte stützt die angebliche Kündigung vom 22. Oktober 2008
aber genau auf die Gesichtspunkte, die schon der Kündigung vom 7. Oktober 2008
zugrunde lagen. Die Kündigungen unterscheiden sich nur durch die hinzugekommene
soziale Auslauffrist. Dem stehen auch die durch die Beklagte behaupteten und durch die
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soziale Auslauffrist. Dem stehen auch die durch die Beklagte behaupteten und durch die
Klägerin bestrittenen Äußerungen im Telefonat vom 26. September 2008 nicht
entgegen. Gerade die Äußerung, wonach ihr der Betriebsrat viele Jahre nicht geholfen
habe, spricht eher dafür, dass die Klägerin Hilfe suchte, diese aber selbst bei dem
Betriebsrat nicht zu finden hoffte. Sollte die Klägerin sich – wie durch die Beklagte
behauptet – geäußert haben, musste die Beklagte aber jedenfalls angesichts der dann
eindeutig im Widerspruch zu ihrer vorherigen Äußerung stehenden Klage vom 24.
Oktober 2008 nun davon ausgehen, dass die Klägerin eine außerordentliche Kündigung
nicht hinnehmen werde.
Dem steht nicht entgegen, dass die Kündigung vom 22. Oktober 2008 in der Klageschrift
nicht erwähnt worden ist, obwohl sie – den Vortrag der Beklagten als richtig unterstellt –
bereits einen Tag zuvor „zugegangen“ wäre. Auch wenn die Beklagte nicht gewusst habe
sollte, dass die Klägerin angesichts der Unterbringung im Krankenhaus zum Zeitpunkt
des angeblichen Kündigungszugangs bereits seit einem Tag nicht mehr in der Lage war,
ihre Wohnung aufzusuchen, um ihre Post in Empfang zu nehmen, war doch erkennbar,
dass die Kündigung in der Klage uU. nur deshalb nicht erwähnt worden ist, weil es zu
einer Überschneidung gekommen ist. Die Klage ist durch die Prozessbevollmächtigten
der Klägerin am 24. Oktober 2008 bei Gericht eingereicht worden. Es war also durchaus
lebensnah, dass diesen eine der Klägerin einen Tag zuvor zugegangene Kündigung noch
nicht bekannt war. Gerade solche Unsicherheiten sollten ersichtlich durch den
allgemeinen Feststellungsantrag ausgeschlossen werden.
Dem steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin sich später darauf berufen hat, ihr sei
die Kündigung gar nicht zugegangen. Das konnte für die Auslegung des Klagebegehrens
durch die Beklagte jedenfalls solange keine Rolle spielen, wie ihr dieser Vortrag der
Klägerin gar nicht bekannt war. Später hat die Klägerin keinen Zweifel daran gelassen,
sich auch gegen eine Kündigung vom 22. Oktober 2008 zur Wehr setzen zu wollen.
Durch die Konkretisierung ihres Antrags im Schriftsatz vom 2. Juni 2009 hat sie dies
formal umgesetzt. Zu keinem Zeitpunkt konnte die Beklagte also davon ausgehen, dass
die Klägerin sich aufgrund des Bestreitens des Zugangs der Kündigung nicht gegen
diese zur Wehr setzen wolle. Im Übrigen kann dies auch kaum intensiver zum Ausdruck
gebracht werden als durch das Bestreiten ihres Zugangs als zwingender
Wirksamkeitsvoraussetzung.
Auch der Umstand, dass die Beklagte die angebliche Kündigung vom 22. Oktober 2008
vor dem ersten erstinstanzlichen Kammertermin am 11. März 2009 nicht erwähnt hat,
spricht nicht dagegen, dass sie annahm, die Klägerin wolle sich mit der Klage gegen
jedwede Kündigung wenden. Die Beklagte wies auf eine solche Kündigung erstmals im
Kammertermin am 11. März 2009 hin, also zu einem Zeitpunkt, zu dem sie ihrerseits die
Kündigung aus ihrer Sicht zwingend in den Prozess einzuführen hatte, um insoweit eine
Rechtskraftwirkung herbeiführen zu können. Dabei kann es sich auch um rein
prozesstaktische Gesichtspunkte gehandelt haben. Zum Zeitpunkt der Güteverhandlung
am 21. November 2008 war die Klägerin jedenfalls noch im Krankenhaus H. (bis zum 24.
November 2008) untergebracht. Es wäre nicht ausgeschlossen gewesen, dass sie noch
erfolgreich einen Antrag auf nachträgliche Zulassung nach § 5 KSchG stellen würde. Ob
und wann die Kündigung der Klägerin im Rechtssinne zugegangen ist, konnte die
Beklagte angesichts ihrer Unterbringung und ihres Gesundheitszustands nicht wissen.
Die Kammer konnte dies offen lassen.
b) Eine Kündigung wäre – sollte sie dem Vortrag der Beklagten entsprechend am 23.
Oktober 2008 zugegangen sein - bereits wegen Versäumung der Zweiwochenfrist des §
626 Abs. 2 BGB unwirksam.
aa) Die auch im Fall einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist einzuhaltende
Ausschlussfrist beginnt regelmäßig, sobald der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige
und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden
Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglicht, ob ihm die Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses zumutbar ist. Uneingeschränkt gilt dies bei in der Vergangenheit
liegenden, vollständig abgeschlossenen Kündigungssachverhalten, mögen diese auch -
etwa als Vertrauensverlust - noch fortwirken Bei „Dauerstörtatbeständen“, die dadurch
gekennzeichnet sind, dass sich der Kündigungssachverhalt und seine betrieblichen
Auswirkungen fortwährend neu verwirklichen, lässt sich der Fristbeginn nach § 626 Abs. 2
BGB nicht eindeutig fixieren. Liegt ein solcher Tatbestand vor, reicht es zur Fristwahrung
aus, dass die Störung auch noch in den letzten zwei Wochen vor Ausspruch der
Kündigung angehalten hat (vgl. BAG 26. November 2008 – 2 AZR 2727/08 – NZA 2010,
628, Rn. 15).
bb) Die Beklagte hat danach die Frist nicht gewahrt. Sie beruft sich zur Begründung ihrer
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bb) Die Beklagte hat danach die Frist nicht gewahrt. Sie beruft sich zur Begründung ihrer
angeblichen Kündigung vom 22. Oktober 2008 auf dieselben Gründe, die sie bereits zur
Kündigung vom 7. Oktober 2008 herangezogen hat, was grundsätzlich nicht
ausgeschlossen ist, da es sich nicht mehr um eine fristlose, sondern um eine
außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist handeln sollte (vgl. BAG 26. November 2008
– 2 AZR 2727/08 – NZA 2010, 628, Rn. 20). Es fehlt hier aber an einem
„Dauerstörungstatbestand“. Jedenfalls seit dem 2. Oktober 2008 war der Beklagten
bekannt, dass die Klägerin zumindest bis zum 9. Oktober 2008 arbeitsunfähig sein
würde. Für die Klägerin bestand insoweit keine Arbeitsverpflichtung. Ab dem 9. Oktober
2008 war sie schon angesichts der ihr an diesem Tag zugegangenen außerordentlichen
Kündigung nicht mehr zur Arbeitsaufnahme verpflichtet.
c) Im Ergebnis konnte es danach offen bleiben, ob und wann die Kündigung zugegangen
ist. Allerdings bestand für die Klägerin angesichts der von Anfang an offensichtlichen
Unwirksamkeit einer solchen Kündigung an sich kein Anlass, ihren Zugang zu bestreiten.
2) Auch der allgemeine Feststellungsantrag ist zulässig und begründet.
a) Die allgemeine Feststellungsklage ist zulässig.
aa) Der allgemeine Feststellungsantrag geht dahin, bis zum Zeitpunkt der letzten
mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz bestehe das Arbeitsverhältnis fort. Die
Klägerin hat dies durch die Änderung der Formulierung ihres Antrags in der
Berufungsinstanz klargestellt. Für einen weiter in die Zukunft reichenden
Feststellungsantrag besteht im anhängigen Prozess regelmäßig auch kein
Rechtsschutzinteresse (vgl. BAG 13. September 1997 - 2 AZR 512/96 - AP Nr. 38 zu § 4
KSchG 1969 = NZA 1997, 844 = EzA § 4 nF. KSchG Nr. 57, Rn. 22).
bb) Die Feststellungsklage nach § 256 ZPO setzt auch im Kündigungsschutzprozess ein
besonderes Feststellungsinteresse voraus. Dies besteht nicht schon deshalb, weil eine
bestimmt bezeichnete Kündigung ausgesprochen worden und wegen dieser ein
Kündigungsschutzrechtsstreit anhängig ist. Es ist vielmehr erforderlich, dass der
klagende Arbeitnehmer durch Tatsachenvortrag weitere streitige
Beendigungstatbestände in den Prozess einführt oder wenigstens deren Möglichkeit
darstellt und damit belegt, warum dieser die Klage nach § 4 KSchG erweiternde Antrag
zulässig sein, d. h. warum an der - noch dazu alsbaldigen - Feststellung ein rechtliches
Interesse bestehen soll (vgl. BAG 13. September 1997 - 2 AZR 512/96 - AP Nr. 38 zu § 4
KSchG 1969 = NZA 1997, 844 = EzA § 4 nF KSchG Nr. 57, Rn. 16). Die Zulässigkeit der
allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO hat der Arbeitnehmer zu begründen.
bb) Diese Voraussetzung ist erfüllt. Bereits der angebliche Ausspruch der hier
streitgegenständlichen Kündigung als weiterer verhaltensbedingter Kündigung spricht
dafür, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf jeden Fall beendet werden soll. Darauf
deuten auch die vorangegangenen Abmahnungen hin, wobei eine Abmahnung zuletzt
auch ausdrücklich als letzte Abmahnungen bezeichnet worden sind. Schon daraus ergibt
sich eine nicht unerhebliche Besorgnis, es könne zu einer weiteren Kündigung kommen.
Der Beklagtenvertreter konnte zudem in der Berufungsverhandlung auf Nachfrage des
Gerichts nicht ausschließen, dass weitere Beendigungstatbestände in das Verfahren
eingeführt würden. Zudem hat die Beklagte gerade im vorliegenden Fall den angeblichen
Beendigungstatbestand auch erst sehr spät in den Prozess eingeführt. Damit war sogar
bereits von dem vorgetragenen Prozessstoff her gesehen - auch ohne dass die Klägerin
noch ausdrücklich darauf hinwies - die Möglichkeit eines weiteren Beendigungsgrundes
deutlich gemacht.
b) Die allgemeine Feststellungsklage ist auch begründet. Über die Kündigung vom 7. und
die behauptete Kündigung vom 22. Oktober 2008 hinaus sind Beendigungsgründe nicht
vorgetragen.
III.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
IV.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision lagen nicht vor.
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