Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 30.01.2014

ablauf der frist, sicherheitsleistung, kopie, arbeitsgericht

LArbG Baden-Württemberg Urteil vom 30.1.2014, 21 Sa 54/13
Altersteilzeit - Wertguthaben - Insolvenzsicherung
Leitsätze
1. Inhalt der Nachweispflicht des Arbeitgebers gem. § 8 a Abs. 3 Satz 1 ATG
betreffend die Sicherung des Arbeitnehmerwertguthabens iSd. § 8 a Abs. 1 Satz 1
ATG
2. Rechtsfolge bei Versäumung der Monatsfrist des § 8 a Abs. 4 Satz 1 ATG
Tenor
I. Auf die übereinstimmenden Teilerledigterklärungen der Prozessparteien wird das
Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 25.07.2013 - Az: 23 Ca 661/13 - teilweise
abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, zu Gunsten des Klägers Sicherheit in Höhe
von 49.435,10 EUR durch Stellung eines tauglichen Bürgen oder
Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren, die nach § 234 Abs. 1
und Abs. 3 BGB zur Sicherheitsleistung geeignet sind, zu leisten.
2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom
25.07.2013 - Az: 23 Ca 661/13 - wird zurückgewiesen.
III. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom
25.07.2013 - Az: 23 Ca 661/13 - wird zurückgewiesen.
IV. Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug hat der Kläger 37 % und
die Beklagte 63 % zu tragen. Von den Kosten des Rechtsstreits im zweiten Rechtszug
hat der Kläger 39 % und die Beklagte 61 % zu tragen.
V. Die Revision wird sowohl für den Kläger als auch für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, für den Kläger
Sicherheitsleistung in einer in § 8 Abs. 4 Satz 2 ATZ bestimmten Art und Weise zu
leisten.
2 Der am 0.0.1953 geborene Kläger ist jedenfalls seit 08.01.1980 bei der Beklagten
beschäftigt. Mit Vertrag vom 18.12.2006, bezüglich dessen Einzelheiten
vollinhaltlich auf Bl. 8 bis 12 d. A.-ArbG verwiesen wird, vereinbarten die Parteien in
Abänderung ihres bisherigen Arbeitsvertrags ein Altersteilzeitverhältnis im
Blockmodell. Die Arbeitsphase des Klägers dauerte vom 01.12.2009 bis
31.08.2012. Ab 01.09.2012 begann die Freistellungsphase für den Kläger, die bis
31.05.2015 andauert. Über die Höhe seines in der Arbeitsphase aufgebauten
Wertguthabens informierte die Beklagte den Kläger jedenfalls seit Juli 2012 und
danach folgend in den monatlich für ihn erstellten schriftlichen Lohnabrechnungen.
3 Der Kläger fragte per E-Mail vom 19.04.2012 (Bl. 16, 17 d. A.-ArbG) bei der
Personalabteilung der Beklagten nach, wie es sich bei der Beklagten mit der
Insolvenzsicherung seines in der Arbeitsphase erarbeiteten Wertguthabens
verhalte. Mit E-Mail vom 30.05.2012 (Bl. 18 d. A.-ArbG) teilte die Beklagte dem
Kläger mit, dass aktuell keine Insolvenzsicherung für sein Wertguthaben bestehe,
die Geschäftsführung der Beklagten sich aber entschieden habe, eine derartige
abzuschließen und ihn nach Abschluss dieser Vereinbarung darüber zu
informieren.
4 Mit Schreiben vom 25.07.2012 (Bl. 14 d. A.-ArbG) teilte die Beklagte dem Kläger
den Stand seines Altersteilzeit-Wertguthabens mit EUR 137.380,48 zum
31.07.2012 mit. Hierauf forderte der Kläger mit Schreiben seines
Prozessbevollmächtigten vom 14.11.2012 die Beklagte auf, ihm bis zum
22.11.2012 die Insolvenzsicherung dieses Wertguthabens nachzuweisen.
Bezüglich der Einzelheiten dieses Schreibens, das bei der Beklagten am
16.11.2012 einging, wird vollinhaltlich auf Bl. 19 und 20 d. A.-ArbG verwiesen.
Hierauf teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 14.12.2012 (Bl. 15 d. A.-
ArbG) Folgendes mit:
5
„Sicherung des Wertguthabens der Altersteilzeit
6
Sehr geehrter Herr K.,
7
hiermit bestätigen wir Ihnen, dass seit 29.11.2012 eine Treuhandvereinbarung
zwischen der F. V. GmbH & Co. KG und der D. T. S. besteht. Diese mit Wirkung
vom 1.11.2012/23.11.2012 vereinbarte Regelung dient zur Vornahme der
Insolvenzsicherung von Mitarbeiteransprüchen aus Altersteilzeitwertguthaben
gemäß § 8a ATG.
8
Die Treuhandvereinbarung umfasst auch die K., N. & V. GmbH und die K., N. & O.
V. GmbH.
9
Als Treuhänder ist die T. S. gehalten, ihr treuhänderisch im Rahmen der
Zweckbindung überlassenes Vermögen als Sicherungswert zu verwahren und im
Insolvenzfall die Mitarbeiteransprüche aus dem vorhandenen Treuhandvermögen
zu befriedigen.
10 Für Sie bestehen Sicherungswerte in Höhe von 130.321,20 EUR.
11 Ihr aktuelles Wertguthaben (bisher aufgebautes bzw. abzüglich bereits
abgebautes Entgelt und Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung) können Sie der
monatlichen Entgeltabrechnung entnehmen.
12 Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Herrn S. (Tel.: ...).
13 Mit freundlichen Grüßen
K., N. & O.
V. GmbH
ppa. J. W. i. V. H. S.“
14 Mit Schreiben an die Prozessbevollmächtigte des Klägers vom 03.01.2013 (Bl. 21
d. A.- ArbG teilte die Beklagte dem Kläger darüber hinaus mit:
15 „R. K. ./. K., N. & O. V. GmbH Treuhandvereinbarung zur Sicherung betrieblicher
Altersteilzeitkonten
16 Sehr geehrter Herr Dr. S.,
17 anbei erhalten Sie eine Kopie der Treuhandvereinbarung zur Sicherung
betrieblicher Altersteilzeitkonten zwischen der F. V. GmbH & Co. KG und D. T. S..
Die Treuhandvereinbarung umfasst auch die K., N. & O. V. GmbH.
18 Mit freundlichen Grüßen
K., N. & O.
V. GmbH
ppa. U. E. i. V. H. S.“
19 Beigefügt war diesem Schreiben die Kopie einer „Treuhandvereinbarung zur
Sicherung betrieblicher Alterszeitkonten“. Insoweit wird auf die Anlage B 1 des
Schriftsatzes der Beklagten vom 19.04.2013 (Bl. 68 ff d. A.-ArbG) verwiesen. Von
den auf S. 17 des Treuhandvertrags genannten Anlagen waren die Anlagen C 1, C
2, D und E nicht beigefügt. Außerdem trug, im Unterschied zur Anlage B 1, die dem
Kläger zugeleitete Kopie der Treuhandvereinbarung keine Unterschrift der D. T. S..
Während des vorliegenden Rechtsstreits stellte die Beklagte dem Kläger eine
vollständig unterschriebene Kopie zur Verfügung. Die Beklagte übermittelte dem
Kläger weiter eine Kopie einer Bürgschaftsurkunde der Z. I. p. Niederlassung für
Deutschland, in welcher der maximale Bürgschaftsbetrag unkenntlich gemacht
worden war (vgl. Anlage K 9, Bl. 22 d. A.-ArbG). Die in der Bürgschaftsurkunde
sowie in § 11 Abs. 7 des Treuhandvertrags genannten Listen der Arbeitnehmer mit
Wertguthaben erhielt der Kläger nicht zur Einsicht.
20 Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 09.01.2013, bezüglich dessen
Einzelheiten auf Bl. 23, 24 d. A.-ArbG verwiesen wird, rügte der Kläger den nach
seiner Auffassung nicht erbrachten Nachweis einer Insolvenzsicherung seines
Altersteilzeitwertguthabens und forderte die Beklagte nochmals - diesmal unter
Androhung von Klageerhebung nach Ablauf der Frist - auf, ihrer Nachweispflicht
bis 16.01.2013 nachzukommen. Mit beim Arbeitsgericht am 24.01.2013
eingegangenem Schriftsatz (vgl. gerichtlicher Eingangsstempel Bl. 1 d. A.-ArbG)
machte der Kläger Sicherheitsleistungen in Höhe des Wertes des in der
Freistellungsphase noch ausstehenden Altersteilzeitentgelts einschließlich
Arbeitgeberanteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag sowie
Aufstockungsbeträgen durch Stellung eines tauglichen Bürgen oder durch
Hinterlegung von Geld oder geeignete Wertpapiere geltend.
21 Hinsichtlich des erstinstanzlich streitigen Sachvortrags der Parteien einschließlich
ihrer Rechtsansichten wird auf den nicht angegriffenen Tatbestand des Urteils des
Arbeitsgerichts Stuttgart vom 25.07.2013 (S. 3 bis 6 des Urteils, Bl. 156 bis 159 d.
A.-ArbG) gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG verwiesen.
22 Das Arbeitsgericht gab dem Antrag des Klägers,
23
die Beklagte zu verurteilen, zugunsten des Klägers Sicherheit in Höhe von
EUR 113.072,64 durch Stellung eines tauglichen Bürgen oder Hinterlegung
von Geld oder Hinterlegung von solchen Wertpapieren, die nach § 234 Abs.
1 und 3 BGB zur Sicherheitsleistung geeignet sind, zu leisten
24 in Höhe von EUR 68.887,19 Sicherheitsleistung entgegen dem
Klagabweisungsantrag der Beklagten statt und wies ihn im Übrigen ab.
25 Zur Begründung führt das Arbeitsgericht aus, die Beklagte habe keinen
ausreichenden Nachweis einer geeigneten Insolvenzsicherung im Sinne des
Altersteilzeitgesetzes erbracht und sei deswegen nach dem Altersteilzeitgesetz zur
Sicherheitsleistung nach Wahl des Arbeitgebers verpflichtet. Die
Nachweisverpflichtung des Arbeitgebers beschränke sich nicht auf eine
Beschreibung der Art der Insolvenzsicherung. Vielmehr müsse der Nachweis dem
Arbeitnehmer die Möglichkeit eröffnen, nachzuprüfen, ob eine ausreichende
Insolvenzsicherung für sein Wertguthaben bestehe. Hierfür sei auch ein Nachweis
über die konkrete Höhe der Sicherheit erforderlich. Dies ergäbe sich aus der
Auslegung des § 8a Abs. 3 Satz 1 ATG. Für sie spräche der Wortlaut der
gesetzlichen Norm als auch Sinn und Zweck der Nachweisverpflichtung des
Arbeitgebers. Die dem Kläger von der Beklagten vorgelegten Kopien stellten
demnach keinen ausreichenden Nachweis der Insolvenzsicherung dar. Es sei
dem Kläger nicht möglich nachzuprüfen, ob die Beklagte sein konkretes
Wertguthaben ausreichend gegen Insolvenz gesichert habe. Die
Bürgschaftssumme in der Bürgschaftsurkunde sei geschwärzt, weshalb es ihm
noch nicht einmal im Ansatz möglich sei, zu überprüfen, ob die Sicherheit der Höhe
nach ausreiche.
26 Hingegen habe der Kläger keinen Anspruch auf Absicherung der
Aufstockungsbeträge. Weder seien Aufstockungsbeträge im Wortlaut der
gesetzlichen Norm genannt, noch ergebe sich dies aus dem Sinn und Zweck der
Insolvenzabsicherungsverpflichtung des Arbeitgebers.
27 Gegen diese der Beklagten am 29.07.2013 (vgl. Empfangsbekenntnis Bl. 169 d.
A.-ArbG) zugestellte Entscheidung richtet sich ihre am 09.08.2013 per Telekopie
und am 13.08.2013 im Original mit anwaltlichem Schriftsatz beim
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg eingegangene Berufung (vgl.
gerichtliche Eingangsstempel Bl. 1 und 16 d. A.), die sie mit am 30.09.2013
(Montag) per Telekopie und am 01.10.2013 im Original beim Landesarbeitsgericht
eingegangenem anwaltlichen Schriftsatz begründet hat.
28 Auch der Kläger wendet sich gegen diese ihm am 29.07.2013 (vgl.
Empfangsbekenntnis Bl. 168 d. A.-ArbG) eingegangene Entscheidung des
Arbeitsgerichts mit seiner Berufung, die er mit am 26.08.2013 per Telekopie und
am 28.08.2013 im Original beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
eingegangenem anwaltlichen Schriftsatz (vgl. gerichtliche Eingangsstempel Bl. 33
und 34 d. A.) eingelegt hat. Mit am 18.09.2013 per Telekopie und am 19.09.2013
im Original beim Landesarbeitsgericht eingegangenem anwaltlichen Schriftsatz
(vgl. gerichtliche Eingangsstempel Bl. 38 und 45 d. A.) begründete er seine
Berufung.
29 Die Beklagte vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und trägt noch vor,
durch den ausdrücklichen Ausschluss bestimmter Sicherungsmittel in § 8a Abs. 1
Satz 2 ATG habe ein angemessenes Sicherungsniveau für den
Altersteilzeitmitarbeiter geschaffen werden sollen. Satz 2 dieser Norm definiere
lediglich, was nicht geeignet sei und überlasse die geeignete Weise im Übrigen
dem Arbeitgeber. Folglich sei es ausreichend, wenn gegenüber dem
Altersteilzeitmitarbeiter nachgewiesen werde, welche Form der Insolvenzsicherung
vom Arbeitgeber gewählt worden sei. Durch einfachen Blick in das Gesetz werde
dem Arbeitnehmer ermöglicht, zu überprüfen, ob die vom Arbeitgeber gewählte
Form der Insolvenzsicherung gesetzlich zulässig oder unzulässig sei. Auch bei der
Möglichkeit des alternativen Nachweises im Rahmen des § 8a Abs. 3 Satz 2 ATG
verlange der Gesetzgeber nicht, dass der Betriebsrat sich vor einer
entsprechenden Vereinbarung von der ausreichenden Absicherung durch das
gewählte Insolvenzsicherungsmittel überzeugen könne. Folglich sei die
gesetzliche Norm nur so zu verstehen, dass der Arbeitgeber die Form der
durchgeführten Insolvenzsicherung nachweisen müsse, ohne dass er durch
Unterlagen zu beweisen habe, dass die Insolvenzsicherung auch zu hundert
Prozent oder zumindest mit großer Wahrscheinlichkeit solide sei. Vor diesem
Hintergrund habe sie ihre Verpflichtungen nach § 8a Abs. 3 ATG mehr als erfüllt,
da sie sich gegenüber dem Kläger nicht darauf beschränkt habe, eine
Insolvenzsicherung über die doppelte Treuhand lediglich zu beschreiben. Sie habe
diesem darüber hinaus sogar Kopien der abgeschlossenen
Treuhandvereinbarung nebst den relevanten Anlagen sowie eine Kopie der
Bürgschaftsurkunde zur Verfügung gestellt. Damit habe sie dem Kläger detailliert
dargelegt, auf welchem Wege sein Wertguthaben insolvenzgesichert sei. Die
Schwärzung der Bürgschaftssumme sei insoweit unerheblich, da es gerade nicht
auf einem mathematischen Beweis ankomme. Es werde hierbei gesetzlich vom
Arbeitnehmer verlangt, dass er entsprechenden Angaben des Arbeitgebers
vertraue.
30 Die Ausdehnung der Insolvenzsicherungsverpflichtung auf die
Aufstockungsbeträge ergebe sich nicht aus dem Gesetz und auch nicht aus der
Gesetzesbegründung. Das Nichterwähnen der Aufstockungsbeträge bei der Pflicht
zur Insolvenzsicherung des Wertguthabens könne, im Hinblick darauf, dass dem
Gesetzgeber die Existenz der Aufstockungsbeträge und ihre Bedeutung bekannt
und vollauf bewusst gewesen sei, nur so gedeutet werden, dass dieses
Wertguthaben die Aufstockungsbeträge gerade nicht umfasse.
31
Die Beklagte beantragt,
32
das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart, Az. 23 Ca 661/13 vom 25. Juli 2013,
abzuändern und die Klage abzuweisen.
33
Der Kläger beantragt zuletzt:
34
1. Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stuttgart vom
25.07.2013, Az. 23 Ca 661/13, wird die Beklagte verurteilt, zu Gunsten des
Klägers weitere Sicherheit in Höhe von EUR 44.185,45 durch Stellung eines
tauglichen Bürgen oder Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren,
die nach § 234 Abs. (1) und (3) BGB zur Sicherheitsleistung geeignet sind, zu
leisten.
35
2. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
36
Die Beklagte beantragt,
37
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
38 Der Kläger vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag ebenfalls und trägt noch vor,
zwar seien die Aufstockungsbeträge in § 8a Abs. 1 ATG - im Gegensatz zu § 8a
Abs. 2 ATG - nicht ausdrücklich genannt. Allerdings verbiete § 8a Abs. 2 ATG nur
das Verbot einer Anrechnung von bereits geleisteten Aufstockungsbeträgen, nicht
jedoch, ob künftig zu leistende Aufstockungsbeträge auch unter den Begriff des zu
sichernden Wertguthabens zu fassen seien. Der Begriff des Wertguthabens sei
weit auszulegen und beinhalte deshalb auch die künftigen Aufstockungsleistungen
des Arbeitgebers. Dafür spräche Sinn und Zweck der Insolvenzsicherung des § 8a
ATG.
39 Schon das Wort „nachweisen“ in § 8 Abs. 3 ATG bedeute, dass die Verpflichtung
des Arbeitgebers über eine bloße Mitteilung oder Beschreibung der Art der
Insolvenzsicherung hinausgehe und den Beweis, dass etwas vorhanden oder
geschehen sei, beinhalte. Sinn und Zweck des § 8a ATG umfasse auch die
Vorlage von Unterlagen durch den Arbeitgeber.
40 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands, insbesondere auch
betreffend die Teilerledigterklärungen der Parteien in den mündlichen
Verhandlungen erster und zweiter Instanz, wird gemäß den §§ 64 Abs. 6 ArbGG,
525, 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle über die
mündlichen Verhandlungen verwiesen.
Entscheidungsgründe
41 Weder die zulässige Berufung der Beklagten noch die zulässige Berufung des
Klägers ist begründet.
42
A. Zulässigkeit der Berufung der Beklagten und der Berufung des Klägers
43 1. Sowohl die Berufung der Beklagten als auch die des Klägers ist gemäß den §§
8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b ArbGG statthaft. Sie sind auch gemäß den §§ 66
Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519 Abs. 1 und 2, 520 Abs. 1 und 3 jeweils in der
gesetzlichen Form und Frist eingelegt und innerhalb der gesetzlichen
Berufungsbegründungsfrist mit anwaltlichem Schriftsatz begründet worden. Die
Berufungen setzen sich jeweils mit allen Argumenten auseinander, mit denen das
Arbeitsgericht dem gestellten Klagantrag teilweise gefolgt und im Übrigen
abgewiesen hat.
44 2. Anderweitige Bedenken an der Zulässigkeit der Berufung des Klägers und der
der Beklagten bestehen nicht.
45
B. Begründetheit der Berufung der Beklagten
46 Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
47
I. Zulässigkeit der Klage
48 1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Antrag ausreichend bestimmt im
Sinne des § 253 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Die Beklagte kann konkret erkennen, was für
eine Handlung in welcher Höhe sie vornehmen soll. Der Kläger kann dabei den
Klagantrag auf eine Sicherheitsleistung durch verschiedene Möglichkeiten, die mit
dem Wort „oder“ verbunden sind, von der Beklagten zu fordern. Er muss sein
Wahlrecht nicht vor Erhebung der Klage oder im Laufe des Rechtsstreits ausüben.
Der Kläger ist Gläubiger einer Wahlschuld und genügt gemäß § 262 BGB dem
Bestimmtheitsgebot, wenn er seinen Klagantrag mit alternativem Inhalt erhebt und
klarstellt, dass er die Auswahl in die Hand seines Prozessgegners legt (BAG vom
12.12.2013 3 AZR 100/11 in NZA 2013, 733). Vorliegend handelt es sich bei der
Wahl des Sicherungsmittels gemäß § 8a Abs. 4 Satz 1 ATG um eine Wahlschuld,
bei der die Wahl des Sicherungsmittels dem Arbeitnehmer obliegt. Der
Arbeitnehmer kann hingegeben als Gläubiger einer Wahlschuld einen Klagantrag
mit alternativem Inhalt erheben (vgl. hierzu BAG 15.01.2013 9 AZR 448/11 in NZA-
RR 2013, 303).
49 2. Weitere Bedenken an der Zulässigkeit der Klage bestehen nicht.
50
II. Begründetheit der Klage
51 1. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die zutreffenden
Ausführungen des Arbeitsgerichts zum teilweisen Vorliegen der Voraussetzungen
der Verpflichtung des Arbeitgebers gemäß § 8a Abs. 3 Satz 1 ATG gemäß § 69
Abs. 3 Satz 2 ArbGG verwiesen. Das Landesarbeitsgericht schließt sich insoweit
den zutreffenden und vollständigen Ausführungen des Arbeitsgerichts in II. 1. der
Entscheidungsgründe des Urteils vom 25.07.2013 (S. 7 bis 10 des Urteils, Bl. 160
bis 163 d. A.-ArbG) vollinhaltlich an.
52 2. Im Hinblick auf die Ausführungen der Beklagten in der Berufung und des
unstreitigen Sachverhalts zwischen den Parteien ist hierzu Folgendes ergänzend
auszuführen:
53 a) Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung gemäß § 8a Abs. 3 Satz 1 ATG nicht
innerhalb der Frist des § 8a Abs. 4 Satz 1 ATG nachgekommen.
54 aa) Unstreitig hat die Beklagte weder zu Beginn der Arbeitsphase der Altersteilzeit
des Klägers (01.12.2009) die zur Sicherung dessen Wertguthabens im Sinne des
§ 8a Abs. 1 Satz 1 ATG ergriffenen Maßnahmen mitgeteilt - sie konnte es
zunächst auch gar nicht, nachdem sie in ihrer E-Mail an den Kläger vom
30.05.2012 diesem mitteilte, dass eine Insolvenzsicherung des Wertguthabens
des Klägers derzeit nicht bestehe - noch hat sie dem Kläger zunächst danach
folgend alle sechs Monate die Sicherung seines Wertguthabens in Textform
mitgeteilt. Erstmals mit Schreiben vom 25.07.2012 (Bl. 14 d. A.-ArbG) hat sie dem
Kläger den Stand seines ATZ-Wertguthabens mit Stand 31.07.2012 ausdrücklich
mitgeteilt.
55 bb) Mit Schreiben vom 14.11.2012, das bei der Beklagten am 16.11.2012 einging,
forderte der Kläger die Beklagte formgerecht gemäß § 8a Abs. 4 Satz 1 ATG auf,
eine geeignete Insolvenzsicherung seines Wertguthabens im Sinne des § 8a Abs.
1 Satz 1 ATG ihm gegenüber nachzuweisen. Diesem Ersuchen ist die Beklagte in
ihrem Schreiben vom 14.12.2012 (Bl. 15 d. A.-ArbG) an den Kläger, das innerhalb
der Monatsfrist des § 8a Abs. 4 Satz 1 ATG beim Kläger einging, nicht
nachgekommen. Sie hat dem Kläger in diesem Schreiben lediglich „bestätigt“,
dass seit 29.11.2012 eine Treuhandvereinbarung zur Vornahme der
Insolvenzsicherung von ATZ-Wertguthaben bestehe, die für ihn einen
Sicherungswert in Höhe von EUR 130.121,20 absichere. Dies genügt - wie bereits
vom Arbeitsgericht argumentativ deutlich und zutreffend ausgeführt und deshalb
vom Berufungsgericht vollinhaltlich in Bezug genommen (s. o.) - nicht zur
Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) der Verpflichtung der Beklagten gemäß § 8a Abs. 3
Satz 1 ATG. Gemäß § 8a Abs. 3 Satz 1 ATG soll der Arbeitnehmer von seinem
Arbeitgeber nicht nur darüber unterrichtet werden, dass der Arbeitgeber eine
zulässige Sicherungsmaßnahme und keine unzulässige nach § 8 Abs. 1 Satz 2
ATG zur Sicherung des Wertguthabens des Arbeitnehmers ergriffen hat. Nach
Sinn und Zweck der Vorschrift hat er dies dem Arbeitnehmer auch durch
aussagekräftige Unterlagen nachzuweisen. Der Arbeitnehmer ist es nämlich, der
mit dem Umfang seiner Arbeitsleistung teilweise in nicht nur unerheblichem Maße
(immerhin mit 50 % seiner Arbeitsleistung) in Vorleistung tritt. Dies macht er nicht
nur in einem monatlichen Umfang wie zur Erlangung seines monatlichen
Vergütungsanspruchs gemäß § 611 BGB, sondern für die mehrjährige Dauer der
gesamten Arbeitsphase seiner Altersteilzeit. Im Hinblick darauf hat der
Arbeitgeber ihm zu Beginn und danach folgend in sechsmonatigen Abständen
Nachweise für die Sicherung seiner noch nicht fälligen Gegenleistung zu
erbringen. Wenn der Arbeitnehmer allein auf die Angaben des Arbeitgebers
vertrauen müsste, wäre dies nur ein schwaches Sicherungsinstrument. Der
Arbeitnehmer könnte zunächst nicht einmal überprüfen, ob die Angaben seines
Arbeitgebers zutreffen. Er müsste selbst tätig werden und recherchieren, ob die
Angaben seines Arbeitgebers objektiv richtig sind. Dann aber hätte der
Gesetzgeber nicht den Nachweis, sondern die bloße Mitteilung der Art der
Sicherung im Gesetzeswortlaut genügen lassen.
56 cc) Unterstellt man zunächst zu Gunsten der Beklagten, sie habe mit ihrem
weiteren - außerhalb der Monatsfrist des § 8a Abs. 4 Satz 1 ATG - beim Kläger
eingegangenen Schreiben vom 03.01.2013 im Rahmen der dabei vorgelegten
Anlagen die Anforderungen des § 8a Abs. 3 Satz 1 ATG erfüllt, ergibt sich kein
anderes Ergebnis. Ein erledigendes Ereignis, das das Rechtsschutzbedürfnis des
Klägers an seinem Anspruch gemäß § 8a Abs. 4 Satz 1 ATG entfallen ließe, ist
dadurch nicht eingetreten. Die Rechtsfolge des § 8a Abs. 4 Satz 1 ATG ist als
endgültige Sanktion für die versäumte Frist anzunehmen. Dies gebietet wiederum
Sinn und Zweck dieser Regelung. Nur so kann vermieden werden, dass die
Sicherungsfunktion betreffend die Vorleistung des Arbeitnehmers ganz oder
teilweise leerläuft. Dies ist vorliegend besonders anschaulich, nachdem die
Vorleistung des Arbeitnehmers am 31.08.2012 geendet hatte und die - unterstellte
- vollständigen Nachweise erst im Januar 2013 vorlagen. Dass der Kläger
seinerseits einen Anspruch auf Nachweis erst nach dem 31.08.2012 mit
Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 14.11.2012, also erst nach
Ablauf der Arbeitsphase seiner Altersteilzeit gemacht hat, ist unerheblich. Es lag
nämlich an der Beklagten, seit Beginn der Arbeitsphase der mit dem Kläger
vereinbarten Altersteilzeit am 01.12.2009 ihren gesetzlichen Verpflichtungen
gemäß § 8a Abs. 3 Satz 1 ATG Folge nachzukommen. Dies hat sie hingegen zu
keinem Zeitpunkt bis zum Ende der Arbeitsphase des Klägers (31.08.2012)
getan.
57 2. Aber selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass ab dem Zeitpunkt des -
nach Ablauf der Monatsfrist - erbrachten Nachweises der Anspruch des
Arbeitnehmers gemäß § 8a Abs. 4 Satz 1 ATG nicht mehr bestünde, ergibt sich
vorliegend kein anderes Ergebnis. Ein Nachweis im Sinne des § 8a Abs. 3 Satz 1
ATG setzt mindestens voraus, dass der Arbeitnehmer aus den ihm zur Verfügung
gestellten Unterlagen/Auskünften die Art der Sicherung und die Vereinbarungen
hierzu ersehen kann, dass er den Einbezug seiner Person in die Sicherung
konkret sieht und dass er erkennen kann, dass sein individuelles Guthaben
tatsächlich von der Sicherungsabrede in vollem Umfang erfasst ist. Die letzten
beiden Erfordernisse hat die Beklagte dem Kläger bis zum Termin der letzten
mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht anhand der diesem zur
Verfügung gestellten Unterlagen nachgewiesen. Weder kann der Kläger in den
von der Beklagten zur Verfügung gestellten Unterlagen erkennen, dass er
namentlich in der Sicherungsvereinbarung als zu sichernde Person benannt ist,
noch kann er den Unterlagen nachvollziehbar entnehmen, dass sein ATZ-
Guthaben von der Sicherungsabrede in vollem Umfang erfasst wird. Ist die
Insolvenzsicherung der ATZ-Guthaben kompliziert aufgebaut und/oder handelt es
sich um eine Gruppenabsicherung, gilt nichts anderes. Für den betroffenen
Arbeitnehmer muss nachvollziehbar ersichtlich sein, dass seine Person und sein
Guthaben (auch) durch die Sicherungsabrede insolvenzgesichert ist. Dem kann
die Beklagte auch nicht entgegenhalten, es sei verwaltungstechnisch nicht möglich
oder sehr aufwändig, das Wertguthaben dem Arbeitnehmer alle sechs Monate mit
Unterlagen nachzuweisen. So sieht es das Gesetz aber vor. Es ist vorliegend auch
nicht darüber zu befinden, ob es - bei wiederholenden Sachverhalten/Unterlagen -
eventuell durch Bezugnahme in Textform Nachweiserleichterungen gibt oder nicht.
Vorliegend hat die Beklagte schon die Grundvoraussetzungen für den Nachweis
im Sinne des § 8a Abs. 3 Satz 1 ATG zu keinem Zeitpunkt bis zum Ende der
mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht gegenüber dem Kläger
erbracht.
58
C. Begründetheit der Berufung des Klägers
59 Die Berufung des Klägers ist ebenfalls nicht begründet.
60 1. Auch insoweit nimmt das Berufungsgericht vollinhaltlich Bezug auf die
zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in II. 2. der Entscheidungsgründe
des angefochtenen Urteils (S. 10 und 11, Bl. 163, 164 d. A.) und verweist zur
Vermeidung bloßer Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG vollinhaltlich
hierauf.
61 2. Im Hinblick auf die Ausführungen des Klägers im Berufungsverfahren ist dem
noch Folgendes hinzuzufügen:
62 § 8a Abs. 1 ATG idF bis 31.12.2008 und § 8a Abs. 1 ATG idF ab 01.01.2009
unterscheiden sich lediglich darin, dass in der Zeit seit Einfügung von § 8a ATG
am 01.07.2004 in das Altersteilzeitgesetz lediglich in der Fassung ab 01.01.2009
der Halbsatz „§ 7e des 4. Sozialgesetzbuches findet keine Anwendung“ eingefügt
worden ist. Diese Klarstellung verändert die Auslegung des Begriffs des
Wertguthabens im Sinne des § 8a Abs. 1 Satz 1 ATG hingegen nicht. Damit kommt
lediglich zum Ausdruck, dass betreffend dem Insolvenzschutz des Wertguthabens
§ 8a ATG eine abschließende Regelung für die darunter zu subsumierenden Fälle
ab dem 01.07.2004 darstellt (vgl. dazu auch die Übergangsvorschrift des § 15g
ATG). Im Hinblick darauf gibt es keinen ersichtlichen Grund, dass anhand der
Gesetzesmaterialien und der Gesetzesbegründung die Entscheidung des
Bundesarbeitsgerichts vom 23.02.2010 (9 AZR 71/09 in AP Nr. 6 zu § 8a ATG) in
einem anderen Licht gesehen werden müsste. Das Landesarbeitsgericht schließt
sich deshalb insoweit der Meinung des Bundesarbeitsgerichts im Hinblick darauf,
dass eine Sicherung der Vorleistung des Arbeitnehmers gesetzlich erfolgen sollte
und keine Wertsicherung der Entscheidung des Arbeitnehmers, Altersteilzeit in
Anspruch zu nehmen/durchzuführen, dass die Aufstockungsbeträge von der
Insolvenzsicherungsverpflichtung des Arbeitnehmers gemäß § 8a Abs. 1 Satz 1
ATG nicht erfasst sind, an (ebenso: ErfKomm. zum Arbeitsrecht - Rolfs 13. Aufl.
2013 zu § 8a ATG Rn. 4; Bauer/Gehring/Gottwein ATZ 1. Aufl. 2012 zu § 8a Rn. 4;
Podewin in RdA 2005, 297 - 298 und Rolfs in NZS 2004, 564).
63
D. Nebenentscheidungen
64 1. Nachdem die Berufung beider Parteien jeweils in vollem Umfang keinen Erfolg
hat, tragen sie gemäß § 97 Abs. 1 ZPO jeweils die Kosten ihres erfolglosen
Rechtsmittels. Im Hinblick auf den unterschiedlichen Umfang der beiden
Berufungen waren deren Kosten ins Verhältnis zu setzen. Soweit die Parteien die
Klage im Rahmen ihrer Rechtsmittel teilweise beidseitig für erledigt erklärt haben,
beruht die Kostenentscheidung auf § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO.
65 2. Die Revision war sowohl für die Beklagte als auch den Kläger jeweils gemäß §
72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.