Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 18.06.2014

era, auszahlung, abrechnung, vergütung

LArbG Baden-Württemberg Urteil vom 18.6.2014, 13 Sa 71/13
Berechnung der Strukturkomponente nach den Tarifverträgen über die ERA-Strukturkomponente
der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg
Leitsätze
1. Die Berechnung der ERA-Strukturkomponente erfolgt auf Grundlage des individuellen regelmäßigen
Monatsentgelts des jeweiligen Auszahlungsmonats und nicht nach dem Durchschnitt der letzten sechs
Monate vor der Auszahlung.
2. Zur Bemessungsgrundlage im Sinne von § 2 ERA-Strukturkomponente gehören nicht übertarifliche
Zulagen, vermögenswirksame Leistungen, einmalige Sonderzahlungen und nicht regelmäßig jeden
Monat gezahlte Leistungen.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 20. April 2011 (Az.: 4
Ca 368/10) unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung
wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 1.000,37 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von
fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. September 2008 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 1.006,54 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von
fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. März 2009 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 1.026,33 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von
fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. September 2009 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 1.004,34 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von
fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. März 2010 zu zahlen.
5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 1.048,50 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von
fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. September 2010 zu zahlen.
6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des gesamten Rechtsstreits aller Instanzen trägt der Kläger 1/11 und die Beklagte
10/11
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, an den Kläger Strukturkomponenten im
Sinne von § 2 des Tarifvertrages über die ERA-Strukturkomponente vom 1. Februar 2008 (TV ERA-SK
2008) sowie § 2 des Tarifvertrages über die ERA-Strukturkomponente vom 28. Mai 2009 (TV ERA-SK
2009), jeweils vereinbart zwischen der IG Metall Bezirk Baden-Württemberg und dem Verband der
Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e.V. - Südwestmetall -, für den Zeitraum März 2008
bis August 2010 zu zahlen.
2 Der Kläger ist bei der Beklagten beziehungsweise deren Rechtsvorgängerin, die nicht Mitglied des
tarifschließenden Arbeitgeberverbandes ist, seit dem 1. November 2003 auf Grundlage eines
schriftlichen Arbeitsvertrages vom 6. Oktober 2003 (vgl. Akten 1. Instanz Bl. 15 ff.; I/15 ff.) als
Entwicklungsingenieur beschäftigt. Der Vertrag enthält in § 1 folgende Regelung:
3
"Für das Vertragsverhältnis finden, soweit unten nichts anderes vereinbart, die Tarifverträge für die
3
"Für das Vertragsverhältnis finden, soweit unten nichts anderes vereinbart, die Tarifverträge für die
Metallindustrie Baden-Württemberg Anwendung."
4 Im Jahr 2003 schlossen der Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e.V. -
Südwestmetall - und die IG Metall Bezirk Baden-Württemberg mehrere Tarifverträge ab, auf deren
Grundlage ein neues Tarifsystem zur Entgeltfindung, nämlich die Entgeltrahmentarifverträge (ERA),
eingeführt wurde. Die Einführungsphase für dieses neue Tarifsystem wurde von den
Tarifvertragsparteien auf die Zeit vom 1. März 2005 bis 28. Februar 2008 festgelegt.
5 Zur Finanzierung des Übergangs vom bisherigen Tarifsystem auf das System der
Entgeltrahmentarifverträge vereinbarten die Tarifvertragsparteien in dem Tarifvertrag ERA-
Anpassungsfonds vom 18. Dezember 2003 (im Folgenden: TV ERA-AnpF) den Aufbau von
betrieblichen Anpassungsfonds, in die gemäß § 3 des TV ERA-AnpF ab 1. Juni 2002 ein Teil der
tariflich vereinbarten Entgelterhöhungen fließen sollte. Der TV ERA-AnpF enthält folgende Regelung:
6
"§ 4 ERA-Strukturkomponenten und ERA- Anpassungsfonds
7
c) Wird der ERA-TV im Betrieb nach Ablauf der Tarifperiode, in der die letzte ERA-Strukturkomponente
wirksam wurde (zur Auszahlung kam), nicht eingeführt, wird in den folgenden Tarifperioden eine
Einmalzahlung von 2,79 % bis zur betrieblichen Einführung des ERA-Tarifvertrages ausgezahlt. Die
Berechnung erfolgt entsprechend der Methode für die Auszahlung der ERA-Strukturkomponente aus
dem Entgeltabkommen vom 15. Mai 2002, jedoch auf der dann jeweils aktuellen Bezugsbasis. Der
Auszahlungszeitpunkt und gegebenenfalls weitere Einzelheiten werden zwischen den
Tarifvertragsparteien zu gegebener Zeit festgelegt."
8 Das vorstehend angesprochene Entgeltabkommen vom 15. Mai 2002 (abrufbar unter
http://www.gesamtmetall.de/gesamtmetall/meonline.nsf/id/43DDC01CA17B060FC1256BF800506D90)
hat unter anderem folgenden Wortlaut:
9
"3.2.1 Die Beschäftigten incl. der Auszubildenden erhalten
10 a) für die Zeit vom 01.06.2002 bis 31.12.2002 mit der Abrechnung vom Juli 2002 die erste ERA-
Strukturkomponente als Einmalzahlung. Diese berechnet sich wie folgt:
11 8,24 x 09% : 1,031 x
individuelles regelmäßiges Monatsentgelt des Auszahlungsmonats (feste sowie leistungs- und
zeitabhängige variable Bestandteile ohne Mehrarbeitsvergütung), soweit es Gegenstand der
Erhöhung gemäß Ziffer 3.1 dieser Vereinbarung war."
12 Am 1. Februar 2008 schlossen die Tarifvertragsparteien den TV ERA-SK 2008 ab, dessen § 2.1 lautet:
13 "2.1 In Betrieben, die den ERA-TV bis zum 29.2.2008 nicht eingeführt haben und in denen keine
freiwillige Betriebsvereinbarung gemäß § 4 c) 2. Absatz TV ERA-Anpassungsfonds besteht, erhalten
die Beschäftigten und Auszubildenden für die Periode vom 1. März 2008 bis 28. Februar 2009 ERA-
Strukturkomponenten als Einmalzahlung für den Zeitraum vom 1. März bis zum Stichtag der ERA-
Einführung
14 a) vom 1. März 2008 bis 31. August 2008 mit der Abrechnung vom August 2008. Diese berechnet
sich wie folgt:
15 6,66 x 2,79% = 18,58 %
16 b) vom 1. September 2008 bis 28. Februar 2009 mit der Abrechnung vom Februar 2009. Diese
berechnet sich wie folgt:
17 6,56 x 2,79% = 18,31%
18 jeweils multipliziert mit dem individuellen regelmäßigen Monatsentgelt (feste sowie leistungs- und
zeitabhängige variable Bestandteile ohne Mehrarbeitsvergütung) bzw. der Ausbildungsvergütung des
Auszahlungsmonats, soweit es Gegenstand der Erhöhung des jeweiligen TV Entgelte und
Ausbildungsvergütungen war bzw. ist. Dabei ist die ERA-Strukturkomponente auf die Einmalzahlung
nach § 2.6 TV Entgelte und Ausbildungsvergütungen vom 16.Mai 2007 in den Faktoren bereits
berücksichtigt. Die Einmalzahlung ist deshalb im individuellen regelmäßigen Monatsentgelt nicht zu
berücksichtigen."
19 Am 28. Mai 2009 schlossen die Tarifvertragsparteien sodann den TV ERA-SK 2009 ab, dessen § 2.1
lautet:
20 "2.1 In Betrieben, die den ERA-TV bis zum 28.2.2009 nicht eingeführt haben und in denen keine
freiwillige Betriebsvereinbarung gem. § 4 c) 2. Absatz TV ERA-Anpassungsfonds oder sonstige
abweichende Regelungen (siehe Punkt 2.2) besteht, erhalten die Beschäftigten und Auszubildenden
jeweils für den Zeitraum von März bis Februar des Folgejahres ERA-Strukturkomponenten als
Einmalzahlung für den Zeitraum bis zum Stichtag der ERA-Einführung für
21 a) den Zeitraum vom 1. März bis 31. August mit der Abrechnung vom August
6,69 x 2,79% = 18,67%
22 b) den Zeitraum vom 1. September bis 28. Februar mit der Abrechnung vom Februar
6,55 x 2,79% = 18,27%
23 jeweils multipliziert mit dem individuellen regelmäßigen Monatsentgelt (feste sowie leistungs- und
zeitabhängige variable Bestandteile ohne Mehrarbeitsvergütung) bzw. der Ausbildungsvergütung des
Auszahlungsmonats, soweit es Gegenstand der Erhöhung des jeweiligen TV Entgelte und
Ausbildungsvergütungen war bzw. ist.
24 Der Kläger ist nicht Mitglied der die ERA-TV schließenden Gewerkschaft IG Metall. Auch die Beklagte
ist nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e.V. -
Südwestmetall -. Die Beklagte wandte auf das Arbeitsverhältnis in der Vergangenheit jedoch die
Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden stets an und gab
insbesondere Tariflohnerhöhungen an die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer, also auch an den
Kläger, weiter. Die Beklagte bezeichnete die Klauseln in den Arbeitsverträgen der bei ihr beschäftigten
Arbeitnehmer in der Vergangenheit der IG Metall gegenüber selbst als dynamische
Verweisungsklausel, die so auszulegen sei, dass die Parteien die jeweils gültigen Tarifverträge der
Metall- und Elektroindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden vereinbaren wollten.
25 Weil sie sich zunächst hierzu verpflichtet hielt, plante die Beklagte die Einführung des ERA-TV in ihrem
Betrieb und bildete zu diesem Zweck einen Anpassungsfonds, dem sie den dafür vorgesehenen Teil
der Tariflohnerhöhungen zuführte. Im Jahr 2008 gab die Beklagte jedoch ihre Absicht auf, den ERA-
TV in ihrem Betrieb einzuführen.
26 Mit den Abrechnungen für den Zeitraum März 2008 bis August 2010 (vgl. I/22 ff.) erhielt der Kläger
insbesondere das jeweilige Tarifgehalt der Tarifgruppe T6 / 04 zuzüglich einer Leistungszulage und
einem Zeitzuschlag, beruhend auf der Regelung in § 7.1.2 des Manteltarifvertrages für Beschäftigte in
einem Zeitzuschlag, beruhend auf der Regelung in § 7.1.2 des Manteltarifvertrages für Beschäftigte in
der Metall- und Elektroindustrie Nordwürttemberg / Nordbaden (MTV), da er statt der grundsätzlich
tarifvertraglich vorgesehenen 35 Stunden pro Woche an 40 Stunden pro Woche arbeitet.
27 Der Kläger machte gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 17. Oktober 2008 (vgl. I/31), 28. April
2009 (vgl. I/32), 4. November 2009 (vgl. I/33), 15. Juli 2010 (vgl. I/34) sowie seiner Klage Ansprüche
auf Zahlung der Strukturkomponenten August 2008, Februar 2009, August 2009, Februar 2010 und
August 2010 erfolglos geltend. Mit seiner am 27. Oktober 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen
und der Beklagten am 2. November 2010 zugestellten Klage, verfolgt er seine Ansprüche weiter.
28 Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, die ERA-Tarifverträge fänden auf Grund der im
Arbeitsvertrag enthaltenen Bezugnahmeklausel auf das zwischen den Parteien bestehende
Arbeitsverhältnis Anwendung, weshalb er einen Anspruch auf Auszahlung der ERA-
Strukturkomponente im Sinne von § 2 des TV ERA-SK 2008 und 2009 habe.
29 Mit einem am 10. Februar 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz macht der Kläger
hilfsweise geltend, dass er zumindest Anspruch auf weitere Gehaltserhöhung von 2,79% gegenüber
dem Tabellenentgelt für den Zeitraum März 2008 bis August 2010 habe, da der Beklagten keinerlei
Kosten zur Einführung des ERA - etwa in Form von Ausgleichs-zahlungen - entstünden. Daraus
resultieren die mit Schriftsatz vom 8. April2011 angekündigten Hilfsanträge.
30 Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:
31 1. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei EUR 1.106,96 brutto nebst Zinsen in Höhe von
5%-Punkten über dem Basiszins seit dem 01.09.2008 zu bezahlen.
32 2. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei EUR 1.080,14 brutto nebst Zinsen in Höhe von
5%-Punkten über dem Basiszins seit dem 01.03.2009 zu bezahlen.
33 3. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei EUR 1.144,28 brutto nebst Zinsen in Höhe von
5%-Punkten über dem Basiszins seit dem 01.09.2009 zu bezahlen.
34 4. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei EUR 1.096,40 brutto nebst Zinsen in Höhe von
5%-Punkten über dem Basiszins seit dem 01.03.2010 zu bezahlen.
35 5. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei EUR 1.151,67 brutto nebst Zinsen in Höhe von
5%-Punkten über dem Basiszins seit dem 01.09.2010 zu bezahlen.
36 Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Hauptanträgen:
37 6. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei EUR 997,34 brutto nebst Zinsen in Höhe von
5%-Punkten über dem Basiszins seit dem 01.09.2008 zu bezahlen.
38 7. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei EUR 987,52 brutto nebst Zinsen in Höhe von
5%-Punkten über dem Basiszins seit dem 01.03.2009 zu bezahlen.
39 8. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei EUR 1.025,99 brutto nebst Zinsen in Höhe von
5%-Punkten über dem Basiszins seit dem 01.09.2009 zu bezahlen.
40 9. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei EUR 1.004,59 brutto nebst Zinsen in Höhe von
5%-Punkten über dem Basiszins seit dem 01.03.2010 zu bezahlen.
41 10. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei EUR 1.032,62 brutto nebst Zinsen in Höhe von
5%-Punkten über dem Basiszins seit dem 01.09.2010 zu bezahlen.
42 Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
42 Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
43 die Klage abzuweisen.
44 Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, sie habe die Vergütungen der bei ihr beschäftigten
Mitarbeiter stets ausschließlich nach Maßgabe der Vergütungen des bisherigen Lohn- und
Gehaltsrahmentarifvertrages (LGRTV) erhöht, zu keiner Zeit hingegen nach Maßgabe des ERA-TV.
Dem Kläger stünden die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung der ERA-Strukturkomponenten
nicht zu. Dies folge nach der Rechtsprechung des BAG bereits daraus, dass die beklagte Partei nicht
zur Einführung der ERA-TV verpflichtet sei.
45 Das Arbeitsgericht hat mit einem am 20. April 2011 verkündeten Urteil nach den Hauptanträgen des
Klägers erkannt und die Berufung zugelassen. Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am
4. Mai 2011 zugestellt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die am 6. Juni 2011
(Montag) beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist und innerhalb verlängerter Frist mit einem am 3.
August 2011 eingegangenen Schriftsatz begründet wurde. Das Landesarbeitsgericht hat mit einem am
2. November 2011 verkündeten Urteil (13 Sa 41/11) das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die
Klage abgewiesen, da mangels Tarifgebundenheit der Beklagten kein Anspruch auf Einführung der
ERA-Tarifverträge bestehe. Diese könnten nur für den gesamten Betrieb eingeführt werden, so dass
eine einzelvertragliche Inbezugnahme der Tarifverträge nicht ausreiche, um einen Anspruch auf
Zahlung der ERA-Strukturkomponenten zu begründen. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom
12. Juni 2013 (4 AZR 970/11) das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache zur
neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Der Kläger habe dem Grunde nach einen
Anspruch auf Zahlung der begehrten ERA-Strukturkomponenten nach § 2 TV ERA-SK 2008 und § 2
TV ERA-SK 2009, da diese tariflichen Regelungen auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung
fänden. Die Einführung und Anwendung des ERA-Entgeltsystems müsse nicht unbedingt
betriebseinheitlich geschehen. Da die Beklagte die Höhe der geltend gemachten Forderung bestritten
und die Einhaltung der anzuwendenden tariflichen Ausschlussfrist ausdrücklich gerügt habe, bedürfe
es einer weiteren instanzgerichtlichen Überprüfung, ob der geltend gemachte Anspruch dem Kläger in
voller Höhe zustehe.
46 Die Beklagte trägt nach Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht vor, der
Kläger habe seine Ansprüche für die Strukturkomponenten des Zeitraums August 2008 bis Februar
2010 nur unbeziffert geltend gemacht, weshalb sie verfallen seien. Die im August 2010 auszuzahlende
Strukturkomponente habe der Kläger falsch berechnet. Maßgeblich für die Bemessungsbasis der
Strukturkomponente seien nur das Grundentgelt, die Leistungszulage und der Zeitzuschlag für die 40
Stunden-Woche des Auszahlungsmonats August 2010. Weitere Elemente, wie vermögenswirksame
Leistungen, zusätzliches Urlaubsgeld und die tarifliche Jahressonderzahlung seien nach der
Regelung in § 2.1 TV ERA-SK 2008 bzw. 2009 nicht zu berücksichtigen. Es sei auch keine
Durchschnittsberechnung des Zeitraums März bis August 2010 anzustellen, sondern allein der
Auszahlungsmonat maßgeblich. Die Berechnung folge sowohl aus dem Wortlaut, der Systematik
sowie Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelungen, als auch aus den Hinweisen des Verbandes
Südwestmetall für die Anwendung der Tarifverträge (vgl. Akten 2. Instant Bl. 27 ff.; II/27 ff.). Daraus
ergebe sich ein dem Kläger zustehender Anspruch auf die Strukturkomponente August 2010 in Höhe
von EUR 1.048,50 brutto. In diesem Umfang werde die ursprünglich unbeschränkt eingelegte
Berufung nunmehr zurückgenommen.
47 Die Beklagte beantragt,
48
das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 20. April 2011, Az.: 4 Ca 368/10, teilweise
abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit die Berufung nicht mit Schriftsatz vom 13. Juni
2014 zurückgenommen wurde.
49 Der Kläger beantragt,
50
die Berufung zurückzuweisen.
51 Der Kläger trägt nach Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgerichts vor, er habe
51 Der Kläger trägt nach Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgerichts vor, er habe
seine Ansprüche ausweislich der vorgelegten Geltendmachungsschreiben rechtzeitig geltend
gemacht. Seine bereits erstinstanzlich vorgenommene Berechnung (vgl. I/13), die sich auf die
Angaben der von der Beklagten selbst erstellten Abrechnungen stütze, sei zutreffend.
Sonderzahlungen wie tarifliches Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld seien ebenfalls zu berücksichtigen,
nicht aber tarifliche Einmalzahlungen. Maßgeblich sei für die jeweilige Strukturkomponente das
durchschnittliche Entgelt der sechs vorhergehenden Monate, wobei Zeiten von Kurzarbeit und
Krankheit hier keinen Einfluss haben dürften.
52 Im Übrigen wird hinsichtlich des Vortrags der Parteien auf die Tatbestände der Urteile des
Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 20. April 2011 (4 Ca 368/10) und des Landesarbeitsgerichts Baden-
Württemberg vom 2. November 2011 (13 Sa 41/11) sowie die Schriftsätze und Anlagen, die zwischen
den Parteien im Rechtsstreit gewechselt wurden, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
53 Die Berufung der Beklagten ist zulässig, da sie im Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen wurde, § 64
Abs. 2 Buchstabe a ArbGG. Die Berufung ist auch frist- und formgerecht eingelegt und begründet
worden, §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO.
II.
54 Die Berufung der Beklagten ist aber nur zu einem Teil begründet, im Übrigen aber unbegründet und
war insoweit zurückzuweisen.
55 1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung der
Strukturkomponenten August 2008, Februar 2009, August 2009, Februar 2010 und August 2010 zu.
Dies steht aufgrund des zwischen den Parteien ergangenen Revisionsurteils des
Bundesarbeitsgerichts vom 12. Juni 2013 - 4 AZR 970/11 - gemäß §§ 72 Abs. 5 ArbGG, 563 Abs. 2
ZPO mit bindender Wirkung für das Berufungsgericht fest.
56 2. Soweit die Beklagte ihre ursprünglich unbeschränkt eingelegte Berufung nach Zurückverweisung
des Rechtsstreits durch das Bundesarbeitsgericht betreffend die Strukturkomponente August 2010 in
Höhe von EUR 1.048,50 brutto zurückgenommen hat, ist die erstinstanzliche Entscheidung
rechtskräftig und nicht mehr Gegenstand des neuen Berufungsurteils.
57 3. Soweit die Beklagte ihre Berufung nicht zurückgenommen hat, erweist sie sich teilweise als
begründet. Hinsichtlich der Höhe der dem Kläger zustehenden Strukturkomponenten ergibt sich ein
geringfügig niedrigerer Betrag, als ihm erstinstanzlich durch das Urteil des Arbeitsgerichts
zugesprochen wurde. Insoweit war auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil teilweise
abzuändern und die Klage diesbezüglich abzuweisen. Soweit die Beklagte einen Verfall der in diesem
Umfang dem Kläger zustehenden Ansprüche annimmt, ist die Berufung unbegründet.
58 a) Hinsichtlich des Rechenweges für die Bemessungsbasis der Strukturkomponente legen die
Parteien jeweils unterschiedliche Zeiträume zu Grunde. Entgegen der Ansicht des Klägers ist dabei
nach § 2 Abs. 1 TV ERA-SK 2008 und § 2 Abs. 1 TV ERA-SK 2009 das individuelle regelmäßige
Monatsentgelt (feste sowie leistungs- und zeitabhängige variable Bestandteile ohne
Mehrarbeitsvergütung) des jeweiligen Auszahlungsmonats zu Grunde zu legen und nicht ein
Durchschnitt der letzten sechs Monate. Insoweit ist der von der Beklagten gewählte Rechenweg nicht
zu beanstanden.
59 aa) Bereits aus dem klaren Wortlaut von § 2 Abs. 1 TV ERA-SK 2008 und § 2 Abs. 1 TV ERA-SK 2009
folgt, dass es bei der Berechnung der Strukturkomponente auf das Monatsentgelt des
Auszahlungsmonats ankommt. Die Ansicht des Klägers, der Begriff "Auszahlungsmonat" sei für die
Berechnung der Strukturkomponente allein auf die unmittelbar vorher erwähnte
"Ausbildungsvergütung" aber nicht auf das im selben Satz stehende Wort "Monatsentgelt" zu
beziehen, findet in der deutschen Sprache keine Stütze. Vielmehr sind in diesem Satz zwei
verschiedene Anknüpfungspunkte für die Strukturkomponente sprachlich zusammengefasst - nämlich
das Monatsentgelt für Arbeitnehmer und die Ausbildungsvergütung für Auszubildende - und diese
das Monatsentgelt für Arbeitnehmer und die Ausbildungsvergütung für Auszubildende - und diese
gemeinsam auf den "Auszahlungsmonat" bezogen. Dass es geradezu sophistisch wäre, den Begriff
"Auszahlungsmonat" nur auf die "Ausbildungsvergütung", nicht aber auf das "Monatsentgelt" zu
beziehen, sieht man schon daran, wenn man die aus der Sicht des Klägers resultierenden Folgen
bedenkt. Nach seiner Logik wäre das Monatsentgelt nur dann auf den "Auszahlungsmonat" bezogen,
wenn dieser Begriff unmittelbar hinter diesem Wort erscheint. Dies hätte in dem fraglichen Satz eine
Doppelung des Wortes "Auszahlungsmonat" zur Folge, die der Üblichkeit der deutschen Sprache
fremd ist, welche Begriffe zur Vereinfachung des Ausdrucks gerade vor oder hinter eine "Klammer"
zieht. Demgegenüber gibt der Wortlaut der tarifvertraglichen Regelungen nichts für die vom Kläger als
richtig angesehene Durchschnittsberechnung her. Danach erhalten die Beschäftigten und
Auszubildenden die Strukturkomponente zwar "für" einen bestimmten Zeitraum (von sechs Monaten),
wobei hinsichtlich der im nächsten Teilabsatz erwähnten konkreten Berechnung aber gerade nicht auf
diesen Zeitraum abgestellt oder eine Durchschnittsberechnung von sechs Monaten auch nur erwähnt
wird.
60 bb) Dieses Ergebnis wird durch die Systematik der tarifvertraglichen Regelung bestätigt. So sieht §
2.2.1 TV ERA-SK 2008 bzw. 2009 eine Kürzungsmöglichkeit der Strukturkomponente vor, wenn der
Arbeitnehmer in dem Zeitraum für den diese gezahlt wird, keinen vollen Anspruch auf Vergütung,
Entgeltfortzahlung oder Ähnliches hatte. Einer solchen Kürzungsmöglichkeit bedarf es erkennbar nur
dann, wenn man bei der Berechnung im Übrigen auf die regelmäßige Vergütung im
Auszahlungsmonat abstellt. Würde man ohnehin auf den Durchschnitt der Vergütung in den sechs
vorhergehenden Monaten abstellen, wären solche Zeiten ohne Vergütung- oder
Entgeltfortzahlungsanspruch bereits berücksichtigt. Würde man eine Durchschnittsberechnung der
letzten sechs Monate durchführen und gleichzeitig die Kürzungsmöglichkeit aus § 2.2.1 TV ERA-SK
2008 bzw. 2009 anwenden, käme es zu einer doppelten Berücksichtigung von Zeiten ohne
Vergütung. So kann der Tarifvertrag erkennbar nicht verstanden werden. Das Gleiche gilt mit Blick auf
die Regelungen in § 2.2.4 TV ERA-SK 2008 bzw. § 2.3.3 TV ERA-SK 2009 (Neuberechnung der
Strukturkomponente bei in Altersteilzeit überwechselnden Arbeitnehmern). Eine solche
Neuberechnung ist systematisch nur dann erforderlich, wenn im Übrigen für die Berechnung auf den
"Auszahlungsmonat" abgestellt wird und nicht auf eine Durchschnittsberechnung.
61 cc) Sinn und Zweck solcher tariflicher Regelungen bestehen auch darin, den Betrieben und
Arbeitnehmern eine praktikable, möglichst einfach zu handhabende Vorgabe für die Berechnung der
Strukturkomponente an die Hand zu geben. Dies wird in besonderem Maße dadurch erreicht, dass
eine einzelne, klare Abrechnung für die Berechnung herangezogen werden kann, ohne auf etwaige
Schwankungen der Vergütung in den Vormonaten eingehen zu müssen. Demgegenüber kann auch
nicht eingewandt werden, das Abstellen auf den Auszahlungsmonat führe zu rein zufälligen
Ergebnissen oder benachteilige grundsätzlich die Arbeitnehmer. Den Tarifvertragsparteien ist es
gestattet, gewisse Pauschalierungen vorzunehmen. Dabei mag es sein, dass in den
Abrechnungsmonaten Februar und August unterdurchschnittlich wenige Feiertage anfallen und
bestimmte andere Zuschläge auch geringer sein können, als in anderen Monaten. Dabei ist aber zu
berücksichtigen, dass die Berechnung der Strukturkomponente nach § 2.2.1 TV ERA-SK 2008 bzw.
2009 ohnehin nur das "regelmäßige" Monatsentgelt berücksichtigt und beispielsweise
Mehrarbeitsvergütung ganz ausklammert, so dass die Differenzen hier von vornherein gering sein
werden. Eine Verpflichtung der Tarifvertragsparteien, Einzelfallgerechtigkeit auf zwei
Nachkommastellen herzustellen, besteht nicht. Ferner ist das Abstellen auf den Auszahlungsmonat für
die Arbeitnehmer strukturell insoweit günstiger, als etwaige Tariferhöhungen, Beförderungen, höhere
Leistungszulagen und Ähnliches damit in vollem Umfang bei der Berechnung der Strukturkomponente
berücksichtigt werden und nicht nur anteilig, abhängig davon, wann sie im vorhergehenden Zeitraum
stattgefunden haben. Schließlich haben die Tarifvertragsparteien auch insoweit einen gewissen
Ausgleich geschaffen, indem sie die Strukturkomponente für ein halbes Jahr nicht lediglich auf den
sechsfachen Betrag der monatlich wegen der unterlassenen ERA-Einführung zu ersetzenden
Tariferhöhung von 2,79 % beschränkt haben, sondern Faktoren zwischen 6,55 und 6,69 gewählt
haben. Damit wird die Strukturkomponente pro Jahr nicht allein 12 Monate, sondern letztlich mehr als
13 Monate gezahlt.
62 dd) Auch die Tarifgeschichte bestätigt, dass es für die Berechnung der Strukturkomponente auf den
62 dd) Auch die Tarifgeschichte bestätigt, dass es für die Berechnung der Strukturkomponente auf den
Auszahlungsmonat und nicht eine Durchschnittsberechnung ankommt. Die Regelung in § 2.2.1 TV
ERA-SK 2008 bzw. 2009 findet ihre Grundlage in § 4 c) TV ERA-AnpF. Dieser nimmt zur Berechnung
der Strukturkomponente auf das Entgeltabkommen vom 15. Mai 2002 Bezug. In dieser Vereinbarung
haben die Tarifvertragsparteien in Nr. 3.2.1 die "Beschäftigten incl. der Auszubildenden" vor die
Klammer gezogen und im vorletzten Absatz auf das "individuelle regelmäßige Monatsentgelt des
Auszahlungsmonats" Bezug genommen. Damit ist klargestellt, dass die Tarifvertragsparteien stets auf
das Monatsentgelt des Auszahlungsmonats abgestellt haben und dies auch in § 2.2.1 TV ERA-SK
2008 bzw. 2009 die Grundlage für die Berechnung ist. Der spätere Einschub "bzw. der
Ausbildungsvergütung" ist allein dem Umstand geschuldet, dass streng genommen die
Auszubildenden, die ebenfalls eine Strukturkomponente erhalten, kein Monatsentgelt beziehen. Durch
diese Klarstellung wird aber nicht der Zusammenhang des "Monatsentgelts" mit dem
"Auszahlungsmonat" gelöst.
63 ee) Angesichts dieser eindeutigen Gesamtumstände bedurfte es nicht der vom Kläger angeregten
Einholung einer Tarifauskunft. Ein gemeinsames, übereinstimmendes Verständnis der
Tarifvertragsparteien im Sinne der Auslegung des Klägers ist ferner auch deshalb offenkundig nicht
gegeben, da jedenfalls der Verband Südwestmetall in den "Hinweisen für die Anwendung des neuen
Tarifvertrags über Entgelte und Ausbildungsvergütungen" vom 12. Februar 2004 (Anlage B 3; dort
Seite 8 und 10) und 16. Mai 2007 (Anlage B 4; dort Seite 25 f.) als Berechnungsbasis auf den
jeweiligen Auszahlungsmonat abstellt und im Schreiben an ihre Mitgliedsfirmen vom 26. März 2008
(vgl. Anlage B 5) betreffend den TV ERA-SK 2008 im Wesentlichen auf die vorhergehenden
Rundschreiben verweist.
64 b) Zur Bemessungsbasis im Sinne von § 2 Abs. 1 TV ERA-SK 2008 bzw. 2009 gehört
unproblematisch und von den Parteien übereinstimmend so auch zu Grunde gelegt, das an den
Kläger im jeweiligen Auszahlungsmonat geleistete Tarifgehalt, eine etwaige Leistungszulage und der
auf diese Komponenten entfallende Teil des Zeitzuschlags von 40/35 nach § 7.1.2 MTV, da der Kläger
statt der tarifvertraglich vorgesehenen 35 Stunden pro Woche an 40 Stunden pro Woche arbeitet.
65 c) Dagegen ist eine etwaige übertarifliche Zulage und der auf sie entfallende Teil des Zeitzuschlags
ebenso wenig in die Berechnung der Bemessungsbasis einzustellen, wie von der Beklagten gezahlte
vermögenswirksame Leistungen, da es sich hierbei nicht im Sinne von § 2 Abs. 1 TV ERA-SK 2008
und § 2 Abs. 1 TV ERA-SK 2009 um einen Teil des Monatsentgelts handelt, welches "Gegenstand der
Erhöhung des jeweiligen TV Entgelte und Ausbildungsvergütungen war bzw. ist".
66 aa) Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut von § 2 Abs. 1 TV ERA-SK 2008 und § 2 Abs. 1 TV
ERA-SK 2009 bildet das individuelle regelmäßige Monatsentgelt nur insoweit die Bemessungsbasis
für die Berechnung der Strukturkomponente, wie es Gegenstand der Erhöhung des jeweiligen "TV
Entgelte- und Ausbildungsvergütungen" war bzw. ist. Dies ergibt sich auch aus der Funktion der
Strukturkomponente. Diese soll die tatsächliche Auszahlung des erhöhten Tarifvolumens an die
Arbeitnehmer insoweit sicherstellen, als es aufgrund der unterbliebenen Einführung des neuen
Entgeltsystems nicht tabellenwirksam geworden ist (vgl. das zwischen den Parteien ergangene
Revisionsurteil des BAG vom 12. Juni 2013 - 4 AZR 970/11 - Rn. 38, juris). Die ERA-
Strukturkomponente dient nicht nur dem Druck, die ERA-Tarifverträge einzuführen, sondern auch dem
Zweck, die tatsächliche Auszahlung des erhöhten, aber wegen der angestrebten Kostenneutralität
nicht tabellenwirksam gewordenen Tarifvolumens an die Arbeitnehmer sicherzustellen (BAG 14.
November 2012 - 5 AZR 778/11 - Rn. 17, juris; BAG 23. Februar 2011 - 5 AZR 143/10 - Rn., 22, juris).
Daraus folgt, dass Vergütungsbestandteile, die nicht Gegenstand der Erhöhung des jeweiligen "TV
Entgelte- und Ausbildungsvergütungen" sind, nicht zur Berechnungsbasis der Strukturkomponente
gehören.
67 bb) Die von der Beklagten etwaig gezahlte übertarifliche Zulage und der auf sie entfallende Teil des
Zeitzuschlags sind nicht Teil des Monatsentgelts, welches Gegenstand der Erhöhung des jeweiligen
TV Entgelte und Ausbildungsvergütungen ist und hat daher bei der Berechnung der
Strukturkomponente außer Betracht zu bleiben. Gleiches gilt beispielsweise für von der Beklagten
gezahlte vermögenswirksamen Leistungen.
68 d) Etwaige andere einmalige Sonderzahlungen oder nicht jeden Monat gezahlte Leistungen, die im
jeweiligen Auszahlungsmonat anfielen, sind ebenfalls nicht Gegenstand der Bemessungsbasis der
Strukturkomponente, da sie nicht zum individuellen "regelmäßigen" Monatsentgelt des Klägers im
Sinne von § 2 Abs. 1 TV ERA-SK 2008 und § 2 Abs. 1 TV ERA-SK 2009 gehören. Das ist für
ausdrücklich als "Sonderzahlungen" geleistete Beträge evident. Soweit der Kläger die Frage der
Berücksichtigung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld thematisiert, sind diese Beträge durchweg nicht in
den jeweiligen Auszahlungsmonaten angefallen. Dies haben die Tarifvertragsparteien angemessen
dadurch berücksichtigt, dass die Strukturkomponente für sechs Monate nicht lediglich mit dem
sechsfachen Betrag des auszugleichenden Betrages nicht weitergegebener Tarifsteigerungen von
2,79% bewertet wird, sondern mit dem 6,55- bis 6,69-fachen Betrag. Unabhängig davon würde es sich
auch nicht um das regelmäßig gezahlte Monatsentgelt im Sinne der tariflichen Regelungen handeln.
69 4. Im Falle des Klägers ergibt sich folgende Berechnung, die sich jeweils aus den Komponenten
Tarifgehalt, Leistungszulage und Zeitzuschlag im jeweiligen Auszahlungsmonat zusammensetzt:
70 a) Strukturkomponente August 2008
EUR 4.282,67 + EUR 428,27 + 673,19 = EUR 5.384,13
davon 18,58% = EUR 1.000,37
71 b) Strukturkomponente Februar 2009
EUR 4.372,61 + EUR 437,26 + 687,33 = EUR 5.497,20
davon 18,31% = EUR 1.006,54
72 c) Strukturkomponente August 2009
EUR 4.372,61 + EUR 437,26 + 687,33 = EUR 5.497,20
davon 18,67% = EUR 1.026,33
73 d) Strukturkomponente Februar 2010
EUR 4.372,61 + EUR 437,26 + EUR 687,33 = EUR 5.497,20
davon 18,27% = EUR 1.004,34
74 e) Strukturkomponente August 2010
EUR 4.467,06 + EUR 446,71 + EUR 702,18 = EUR 5.615,95
davon 18,67% = EUR 1.048,50
75 Soweit der Kläger mit seiner Klage höhere Beträge geltend gemacht hat, erweist sich diese als
unbegründet und war diesbezüglich abzuweisen. Einer Entscheidung über die (überflüssigen)
erstinstanzlichen Hilfsanträge bedurfte es nicht, da die dem Kläger vorliegend als Strukturkomponente
zustehenden Beträge höher liegen, als die mit den Hilfsanträgen geltend gemachten Ansprüche. Im
Übrigen wäre auch keine Anspruchsgrundlage für die vom Kläger geltend gemachte weitere
Gehaltserhöhung gegenüber dem Tabellenentgelt gegeben.
76 5. Die Ansprüche des Klägers sind entgegen der Ansicht der Beklagten nicht wegen Versäumung
tarifvertraglicher Ausschlussfristen verfallen. Der Kläger hat mit Schreiben vom 17. Oktober 2008 (vgl.
I/31), 28. April 2009 (vgl. I/32), 4. November 2009 (vgl. I/33), 15. Juli 2010 (vgl. I/34) seine Ansprüche
I/31), 28. April 2009 (vgl. I/32), 4. November 2009 (vgl. I/33), 15. Juli 2010 (vgl. I/34) seine Ansprüche
auf Zahlung der Strukturkomponenten August 2008, Februar 2009, August 2009 und Februar 2010 im
Sinne der tarifvertraglichen Regelungen rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist von sechs Monaten
nach Fälligkeit geltend. Gleiches gilt im Übrigen auch für die Strukturkomponente August 2010, was
aufgrund der teilweisen Berufungsrücknahme der Beklagten keiner Vertiefung bedarf.
77 Allerdings hat der Kläger mit den vorgenannten Schreiben seine Zahlungsansprüche nicht im
Einzelnen beziffert, sondern einen Anspruch "auf die Auszahlung der ERA-Strukturkomponente"
bezogen auf den jeweiligen Auszahlungsmonat gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Dies ist
vorliegend aber ausreichend.
78 a) Ausschlussfristen bezwecken, dass sich der Anspruchsgegner auf die aus Sicht des
Anspruchsstellers noch offenen Forderungen rechtzeitig einstellt, Beweise sichert oder vorsorglich
Rücklagen bilden kann (vgl. BAG 22. April 2004 - 8 AZR 652/02 - AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 28; BAG 26.
Februar 2003 - 5 AZR 223/02 - AP BGB § 611 Nettolohn Nr. 13 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr.
163; BAG 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 168). Ausschlussfristen
dienen der Rechtssicherheit (BAG 19. Januar 1999 - 9 AZR 405/97 - AP BAT-O § 70 Nr. 1, zu VI 2 b
bb der Gründe). Die verspätete Geltendmachung oft zweifelhafter oder rückwirkend schwer
feststellbarer Ansprüche soll vermieden werden. Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher
Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Der
Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten
Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt voraus, dass der Anspruch
seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs, sowie der
Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich
gemacht wird. Deshalb müssen die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch
gestützt wird, erkennbar sein. Eine rechtliche Begründung ist nicht erforderlich (BAG 18. Juni 2001 - 8
AZR 145/00 - EzBAT §§ 22, 23 M Nr. 88 mwN).
79 b) Nach diesem Maßstab liegt hier eine ausreichende Geltendmachung der streitigen Ansprüche vor.
Nach Anspruchsgrund und maßgeblichem Zeitraum sind die Geltendmachungsschreiben erkennbar
ausreichend. Dies gilt auch bezüglich der Höhe des jeweiligen Anspruchs. Diese ergibt sich zum einen
aus dem bekannten Regelwerk der TV ERA-SK 2008 bzw. 2009 sowie den von der Beklagten selbst
erstellten Abrechnungen. Damit war für die Beklagte von vornherein bekannt, welchen Anspruch der
Kläger einfordert und in welcher Höhe finanzielle Belastungen auf sie zukommen. Es handelt sich um
eine einfache Rechenoperation auf Basis der Daten und Eckpunkten, die der Beklagten bekannt
waren. Dabei ist auch zu beachten, dass sich der Streit der Parteien zunächst nur um den Anspruch
auf Zahlung der Strukturkomponente dem Grunde nach bezog und innerhalb der tarifvertraglichen
Ausschlussfristen die Beklagte stets nur einwandte, dem Grunde nach nicht zu einer Zahlung
verpflichtet zu sein. Erst in einem sehr späten Stadium - nach der Zurückverweisung des Rechtsstreits
durch das Bundesarbeitsgericht - ist die Beklagte überhaupt konkret auf die Berechnung des Klägers
eingegangen und hat diesbezüglich geringfügig andere Beträge errechnet. In diesem Gesamtgefüge
erweist die die zunächst unbezifferte Geltendmachung durch den Kläger im konkreten Einzelfall damit
als ausreichend.
80 6. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB i.V.m. § 11 MTV.
III.
81 Die die Parteien teils obsiegt haben, teils unterlegen sind, waren die Kosten des gesamten
Rechtsstreits aller Instanzen verhältnismäßig zu teilen, §§ 92 Abs. 1, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Das
Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2
ArbGG nicht erfüllt sind.