Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 05.08.2013

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LArbG Baden-Württemberg Urteil vom 5.8.2013, 1 Sa 33/12
Fiktive Nachzeichnung der beruflichen Entwicklung eines freigestellten
Personalratsmitglieds - leistungsbezogene Verkürzung des Stufenaufstiegs
Leitsätze
Die fiktive Nachzeichnung der üblichen beruflichen Entwicklung eines frei gestellten
Personalratsmitglieds erstreckt sich nicht auf die Teilhabe am beschleunigten
Stufenaufstieg nach § 17 Abs. 2 Satz 1 TVöD, wenn der Arbeitgeber die Verkürzung
der Stufenlaufzeit entsprechend der Intention der Tarifvertragsparteien auf sachlich
begründete Einzelfälle beschränkt.
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom
07.11.2012 - 29 Ca 3286/12 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger als freigestelltes Personalratsmitglied
einen Anspruch darauf hat, im Wege der fiktiven Nachzeichnung eine Verkürzung
der Stufenlaufzeit nach § 17 Abs. 2 Satz 1 TVöD zu erhalten.
2 Der am … 1952 geborene Kläger ist seit dem 01.04.1983 bei der Beklagten
beschäftigt. Der Kläger ist von der Ausbildung Landmaschinenmechanikermeister.
Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 05.04.1983 zugrunde (Abl. 7).
Der Kläger war zuletzt dem Bundeswehr-Dienstleistungszentrum (BwDLZ) E. als
personalführende Dienststelle zugeordnet. Bis zu seiner Freistellung war er in der
Beschäftigungsdienststelle E. mit Schlosserarbeiten und vergleichbaren
Tätigkeiten betraut. Seit dem Jahr 2002 ist der Kläger als Personalratsmitglied
teilfreigestellt. Seit dem Jahr 2004 ist er als Personalratsvorsitzender vollständig
von seiner dienstlichen Tätigkeit freigestellt.
3 Das BwDLZ E. ist für Dienststellen der Bundeswehr in
Nordwürttemberg/Nordbaden zuständig. Im Personalführungsbereich des BwDLZ
E. sind derzeit 803 Tarifbeschäftigte tätig. Hiervon sind 46 Arbeitnehmer als
Schlosser eingesetzt oder mit artverwandten Tätigkeiten betraut. Darunter befinden
sich die Arbeitnehmer W. (Schlosser), Sch. (Feinblechner/Installateur), Wi.
((Heizungsmonteur) und M. (Schlosser). 12 (14?) Arbeitnehmer sind als Schlosser
eingesetzt, darunter die erwähnten Arbeitnehmer W. und M..
4 Mit Wirkung vom 01.10.2008 wurde der Kläger von der Lohngruppe 6 Fallgruppe 1
Allgemeiner Teil MTArb in die Entgeltgruppe 7 TVöD höhergruppiert. Die Beklagte
teilte im Schreiben vom 24.04.2009 (Abl. 63 der Berufungsakte) mit, dass dem
Kläger fiktiv die Tätigkeiten übertragen wurden, die ihm auf dem Dienstposten
Schlosser, Entgeltgruppe 7 TVöD in der Technischen Betriebsgruppe II in E.
wahrzunehmen hätte, wenn er nicht freigestellt wäre. Nach Darstellung der
Beklagten erfolgte hierbei die Höhergruppierung in Anlehnung an die
Tätigkeitsdarstellung und Höhergruppierung der Arbeitnehmer S. und W.. Nach der
Darstellung des Klägers wurden die Arbeitnehmer W., Sch. und Wi. als
Vergleichsgruppe herangezogen. Infolge der Höhergruppierung war der Kläger in
die Stufe 5 der Entgeltgruppe 7 zugeordnet. Sein monatliches Arbeitsentgelt belief
sich auf EUR 2.643,19.
5 Mit Schreiben vom 19.05.2011 stellte der Personalrat für den Kläger den Antrag
auf Nachzeichnung der Stufenlaufzeit. Mit Antwortschreiben vom 20.09.2011 teilte
das BwDLZ E. mit, dass dem Antrag nach zuvor erfolgter Vorlage an das
Bundesverteidigungsministerium nicht stattgegeben werden könne. Zur
Begründung berief sich das BwDLZ darauf, dass es bei der Verkürzung der
Stufenlaufzeit einzig und allein auf die jeweilige individuelle Arbeitsleistung
ankomme. Mit Schreiben seines späteren Prozessbevollmächtigten vom
28.11.2011 trat der Kläger dieser Rechtsauffassung entgegen. Er teilte hierbei mit,
dass bei den Arbeitnehmern W., Sch. und Wi. die Stufenlaufzeit verkürzt worden
sei.
6 Bei den genannten Arbeitnehmern wurden die Stufenlaufzeiten wie folgt verkürzt:
7
- Herr W., E 7 Stufe 5, 01.12.2007, Stufe 6 ab dem 01.05.2011
- Herr Sch., E 7 Stufe 5, 01.12.2007, Stufe 6 ab dem 01.06.2011
- Herr Wi., E 7 Stufe 4, 01.05.2008, Stufe 5 ab dem 01.06.2011
8 Mit einem weiteren Schreiben vom 28.12.2011 an die Wehrbereichsverwaltung
Süd bat der Kläger nochmals darum, ihm eine Verkürzung der Stufenlaufzeit zu
bewilligen. Mit Schreiben vom 04.01.2012 teilte die Wehrbereichsverwaltung Süd
dem Kläger mit, dass im Rahmen des § 17 Abs. 2 TVöD eine Nachzeichnung nicht
in Betracht komme. Die Feststellung der erforderlichen überdurchschnittlichen
Leistungen sei bei einem freigestellten Personalratsmitglied nicht möglich.
Außerdem diene der leistungsbezogene Stufenaufstieg insbesondere dem
Anliegen der Personalentwicklung. Da der Kläger - was unstreitig ist - mit Ablauf
des 31.12.2012 in die Freistellungsphase der Altersteilzeit eintreten werde,
erübrige sich in seinem Fall eine Entwicklungsprognose.
9 Mit seiner am 26.04.2012 eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung
begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 19.11.2010 Vergütung nach
der Vergütungsgruppe E 7 Stufe 6 TVöD zu zahlen. Der Kläger hat vorgetragen, er
sei in die Stufe 6 der Entgeltgruppe 7 einzustufen, weil im Wege einer fiktiven
Nachzeichnung eine Verkürzung der Stufenlaufzeit vorzunehmen sei. Er sei der
Auffassung, dass eine derartige fiktive Nachzeichnung auch bei der Verkürzung
der Stufenlaufzeit grundsätzlich möglich sei. Freigestellte Personalratsmitglieder
dürften nach § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG nicht in ihrem beruflichen Werdegang
beeinträchtigt werden. Hinsichtlich der fiktiven Nachzeichnung sei auf die
betriebsübliche berufliche Entwicklung nicht freigestellter Kollegen abzustellen.
Eine solche Vergleichsgruppe sei vorhanden; bei den Arbeitnehmern W., Sch. und
Wi. sei die Stufenlaufzeit verkürzt worden. Diese Arbeitnehmer seien auch als
Vergleichsgruppe herangezogen worden, als es um seine Höhergruppierung
gegangen sei. Wenn bereits damals diese Kollegen als Vergleichspersonen
herangezogen worden seien, sei es nicht nachvollziehbar, weshalb diese nicht bei
der Verkürzung der Stufenlaufzeit als Vergleichsgruppe herangezogen würden.
Das Argument, die individuelle Leistung stehe einer fiktiven Nachzeichnung
entgegen, sei nicht zutreffend, weil sonst auch die dienstliche Beurteilung eines
Beamten nicht fiktiv nachgezeichnet werden könne. Nicht relevant sei auch das
Argument der Beklagten hinsichtlich der fehlenden Perspektive bei der
Personalentwicklung. Denn bei ihm gehe es noch um einen Zeitraum von mehr als
zwei Jahren.
10
Der Kläger hat beantragt,
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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Vergütung nach
der Vergütungsgruppe E 7 Stufe 6 TVöD ab dem 19.11.2010 zu zahlen und
den nachzuzahlenden Bruttodifferenzbetrag mit 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verzinsen.
12
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
14 Sie hat vorgetragen, sie bleibe bei der außergerichtlich dargelegten
Rechtsauffassung, dass im Rahmen des § 17 Abs. 2 TVöD eine Nachzeichnung
nicht in Betracht komme. Für die Feststellung, ob überdurchschnittliche Leistungen
vorlägen, komme es auf eine Gesamtbetrachtung des Einzelfalls an. Eine solche
Einzelfallbetrachtung sei bei einem freigestellten Personalratsmitglied nicht
möglich. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die leistungsbezogenen
Stufenaufstiege insbesondere die Anliegen der Personalentwicklung unterstützen
sollten. Dieses Ziel könne nur erreicht werden, wenn eine positive
Entwicklungsprognose für die Zukunft gegeben sei. Dies treffe im Fall des Klägers
nicht mehr zu.
15 Mit Urteil vom 07.11.2012 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur
Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Kammer folge nicht der Ansicht
der Beklagten, dass eine Verkürzung der Stufenlaufzeit bei freigestellten
Personalratsmitgliedern per se ausgeschlossen sei. Dies widerspräche dem
Benachteiligungsverbot des § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG. Der Anspruch scheitere
an der Möglichkeit, den Kläger ausreichend zu beurteilen. Für eine fiktive
Nachzeichnung genüge es nicht, dass der Kläger sich darauf berufe, er sei im Jahr
2009 bei der Nachzeichnung zur Höhergruppierung mit drei Kollegen verglichen
worden, die alle die Verkürzung der Stufenlaufzeit mittlerweile erhalten hätten. Die
Beklagte habe vorgetragen, dass im Bundeswehrdienstleistungszentrum
insgesamt 14 Schlosser beschäftigt seien. Von dieser habe nur einer eine
Verkürzung erfahren. Unter Einbeziehung der artverwandten Berufe blieben nach
Auffassung des Klägers nur drei Arbeitnehmer in der Vergleichsgruppe. Dies
könne die Kammer nicht nachvollziehen. Der Kläger habe darlegen müssen,
weshalb er bei der Verkürzung der Stufenlaufzeit auf die drei benannten Kollegen
abstelle. Die Kammer könne keine Situation feststellen, nach der der Kläger als
freigestelltes Personalratsmitglied ohne die Verkürzung der Stufenlaufzeit
benachteiligt werde. Schließlich scheide eine Verkürzung der Stufenlaufzeit auch
deswegen aus, weil sich der Kläger in der Altersteilzeit befinde und zum
31.12.2012 in die Freistellungsphase eintreten werde. Es sei dem Kläger
zuzugeben, dass aufgrund der beantragten Rückwirkung der Höherstufung noch
ein Zeitraum von 2 Jahren gegeben sei. Da der Kläger den Antrag aber erst am
19.05.2011 gestellt habe, blieben nur noch 1 1/2 Jahre bis zum Ausscheiden aus
dem aktiven Berufsleben. Eine Personalentwicklung finde hier nicht mehr sinnvoll
statt.
16 Gegen das ihm am 26.11.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.12.2012
Berufung eingelegt und diese am 22.01.2013 begründet. Er trägt vor, das
Arbeitsgericht habe zu Unrecht die Bedeutung der Protokollnotiz zu § 17 Abs. 2
TVöD auf den Aspekt verengt, dass leistungsbezogene Stufenausstiege vor allem
der Personalentwicklung dienten. „Insbesondere“ bedeute sicherlich, dass die
Personalentwicklung zu berücksichtigen sei. Allerdings sei die
Personalentwicklung nicht das wichtigste Gebot der Tarifvertragsparteien
gewesen, als diese die Möglichkeit der Stufenlaufzeitverkürzung geschaffen
hätten. Bei der Verkürzung der Stufenlaufzeit gehe es um die Honorierung von
gezeigten Leistungen. Zwangsläufig werde damit ein positiver Impuls für die
Zukunft gesetzt. Es stelle sich zudem die Frage, was unter „jüngeren“ Mitarbeitern
zu verstehen sei. Eine Altersdiskriminierung müsse vermieden werden. Im Übrigen
sei er der Auffassung, dass eine Personalentwicklung auch bei einer noch
verbleibenden aktiven Zeit von 1 1/2 Jahren möglich sei.
17 Bezüglich der fiktiven Nachzeichnung habe er auf die Vergleichsgruppe
verwiesen, die bereits im Jahr 2009 bei der Höhergruppierung herangezogen
worden sei. Im Jahr 2009 seien die Arbeitnehmer W., Sch. und Wi. in den Blick
genommen worden, weil diese neben ihm die einzigen Arbeitnehmer mit dem
gleichen oder einem artverwandten Beruf am Standort E. gewesen seien.
Vergleichbar seien Arbeitnehmer des Betriebs, die zum Zeitpunkt der Übernahme
des Personalratsamts eine im wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeit ausgeübt
hätten. In der Regel werde die Vergleichsgruppe zu Beginn der Freistellung
gebildet. Vorliegend sei dies offensichtlich unterlassen worden. Nachdem im Jahr
2009 eine Vergleichsgruppe gebildet worden sei, gebe es für ihn keinen Grund,
eine andere Vergleichsgruppe zu bilden. Ein anderer Sachverhalt liege nicht vor.
18
Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 07.11.2012, Az.: 29 Ca 3286/12,
aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger
Vergütung nach der Vergütungsgruppe E 7 Stufe 6 TVöD ab dem 19.11.2010
zu zahlen und den nachzuzahlenden Bruttodifferenzbetrag mit 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verzinsen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
22 Sie trägt vor, es sprächen die überwiegenden Argumente dafür, dass eine
Verkürzung der Stufenlaufzeit bei freigestellten Personalratsmitgliedern
grundsätzlich ausgeschlossen sei. Bei dem leistungsbezogenen Stufenaufstieg
handele es sich um ein Personalentwicklungsinstrument zur Förderung einzelner
Mitarbeiter, die sich durch überdurchschnittliche Leistungen auszeichneten. Eine
solche Leistung erfordere die Gesamtbetrachtung des individuellen Einzelfalls.
Eine Vergleichsgruppenbildung sei im Rahmen des § 17 Abs. 2 TVöD nicht
möglich. Die Honorierung individueller Bestleistungen scheide bei einem
freigestellten Personalratsmitglied aus. Das freigestellte Personalratsmitglied
nehme an den durchschnittlichen Vergütungsentwicklungen durch das Aufrücken
nach der regelmäßigen Stufenlaufzeit teil. Es profitiere weder von einer
Stufenlaufzeitverkürzung anderer Arbeitnehmer noch müsse es eine
Stufenlaufzeitverzögerung anderer Kollegen hinnehmen.
23 Zutreffend habe das Arbeitsgericht entschieden, dass der Kläger zur Frage der
Vergleichsgruppenbildung nicht hinreichend vorgetragen habe. Eine
Stufenlaufzeitverkürzung sei bei ihr nicht üblich. Von 803 Tarifbeschäftigten seien
lediglich 6 in den Genuss einer verkürzten Stufenlaufzeit gekommen. Von den 46
als Schlosser eingesetzten oder mit artverwandten Tätigkeiten betrauten
Arbeitnehmern hätten lediglich 4 Arbeitnehmer (Herr W., Herr Sch., Herr Wi. und
Herr M.) eine Stufenlaufzeitverkürzung erhalten. Der Kläger habe nicht dargelegt,
weshalb er ausschließlich auf die drei Kollegen W., Sch. und Wi. abstelle. Seine
Argumentation, dass es sich hierbei um die Vergleichsgruppe aus dem Jahr 2009
zur Höhergruppierung handele, genüge nicht. Im Übrigen sei damals eine
Vergleichsgruppe bestehend aus den Mitarbeitern W. und S. gebildet worden. Herr
S. habe keine Stufenlaufzeitverkürzung erhalten.
24 Schließlich habe das Arbeitsgericht überzeugend entschieden, dass im Falle des
Klägers eine Personalentwicklung nicht mehr möglich sei. Der Aspekt der
Personalentwicklung sei das wichtigste Gebot bei der Schaffung der
Stufenlaufzeitverkürzung gewesen. Das Instrument mache nur dann Sinn, wenn
eine langfristige Entwicklung zeitlich noch möglich sei. Dies sei im Falle des
Klägers nicht gegeben.
25 Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 64 Abs. 6
ArbGG in Verbindung mit § 313 Abs. 1 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle über die
mündlichen Verhandlungen verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
26 Die Berufung des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG statthaft. Sie ist
auch gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO in der gesetzlichen Form und
Frist eingelegt und begründet worden.
II.
27 Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend
entschieden, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, die Stufenlaufzeit des Klägers
gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 TVöD zu verkürzen.
28 1. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine Einstufungsfeststellungsklage,
die der Kläger nach dem Vorbild einer Eingruppierungsfeststellungsklage erhoben
hat. Wie sich aus dem Klagevorbringen ergibt, ist Streitgegenstand der Klage
ausschließlich die Einstufung des Klägers nach § 17 Abs. 2 Satz 1 TVöD. Das
Bundesarbeitsgericht hat auf die Einstufung bezogene Feststellungsklagen in
vergleichbaren Zusammenhängen als zulässig angesehen (BAG 27.01.2011 - 6
AZR 382/09 - AP TVöD § 16 Nr. 1; BAG 20.09.2012 - 6 AZR 211/11 - ZTR 2013,
35). Der Feststellungsantrag ist auch insoweit zulässig, als er Zinsforderungen
zum Gegenstand hat (BAG 26.07.1995 - 4 AZR 280/94 - AP BAT 1975 §§ 22, 23
Nr. 203).
29 2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die
Stufenlaufzeit des Klägers gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 TVöD im Wege der fiktiven
Nachzeichnung nach § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG zu verkürzen.
30 a) Nach § 8 BPersVG dürfen Personalratsmitglieder in der Wahrnehmung ihrer
Aufgaben oder Befugnisse nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz nicht
behindert und wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden;
dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung. Ergänzend bestimmt § 46 Abs. 3
Satz 6 BPersVG, dass bei freigestellten Personalratsmitgliedern die Freistellung
nicht zur Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs führen darf. Nach der
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu diesen Vorschriften folgt hieraus,
dass der Arbeitgeber dem Amtsträger die berufliche Entwicklung zukommen
lassen muss, die dieser ohne die Amtstätigkeit genommen hätte. Das
Personalratsmitglied kann den Arbeitgeber daher unabhängig von dessen
Verschulden auf die Zahlung der Vergütung aus einer höheren Vergütungsgruppe
in Anspruch nehmen, wenn es ohne die Freistellung mit Aufgaben betraut worden
wäre, die die Eingruppierung in der höheren Vergütungsgruppe rechtfertigen (BAG
27.06.2001 - 7 AZR 496/99 - AP BPersVG § 46 Nr. 23; BAG 14.07.2010 - 7 AZR
359/09 - ZTR 2011, 56).
31 Will der Amtsträger geltend machen, dass er ohne Ausübung seines Amtes oder
ohne die Freistellung einen beruflichen Aufstieg genommen hätte, hat er hierzu
mehrere Möglichkeiten. Er kann zum einen dartun, dass seine Bewerbung auf
eine bestimmte Stelle gerade wegen seiner Freistellung und/oder seiner
Personalratstätigkeit erfolglos geblieben ist. Hat sich der Amtsträger auf eine
bestimmte Stelle tatsächlich nicht beworben, kann er zur Begründung des fiktiven
Beförderungsanspruchs darlegen, dass er die Bewerbungen gerade wegen seiner
Freistellung unterlassen hat und eine Bewerbung ohne die Freistellung erfolgreich
gewesen wäre. Aber auch wenn eine tatsächliche oder fiktive Bewerbung an den
fehlenden aktuellen Fachkenntnissen des freigestellten Personalratsmitglieds
gescheitert wäre, kann ein fiktiver Beförderungsanspruch des Amtsinhabers
bestehen, wenn das Fehlen von feststellbarem aktuellem Fachwissen gerade
aufgrund der Freistellung eingetreten ist (BAG 27.06.2001 aaO Rn 22; BAG
14.07.2010 aaO Rn 20).
32 Um festzustellen, ob der Amtsträger in seinem beruflichen Aufstieg benachteiligt
wird, muss sein beruflicher Werdegang ohne die Freistellung nachgezeichnet
werden. Durch eine solche fiktive Nachzeichnung darf der Amtsträger weder
besser noch schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer Arbeitnehmer.
Nachzuzeichnen ist somit die übliche berufliche Entwicklung. Dies ist die
Entwicklung, die bei einer objektiv vergleichbaren Tätigkeit Arbeitnehmer mit einer
vergleichbaren fachlichen und persönlichen Qualifikation unter Berücksichtigung
der normalen Entwicklung in beruflicher Hinsicht genommen hätten (BAG
19.01.2005 - 7 AZR 208/04 - zu § 37 Abs. 4 BetrVG; LAG Hamm 22.07.2011 - 10
Sa 203/11 - zu § 42 Abs. 3 Satz 4 LPVG NW; LAG Niedersachsen 27.03.2009 -
10 Sa 451/08 zu § 41 Abs. 1 LPVG Nds.; Richardi/Dörner/Weber,
Personalvertretungsrecht, 3. Auflage, § 46 BPersVG Rn 80 ff).
33 b) Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger eine Verkürzung der Stufenlaufzeit
nicht deswegen zu, weil die Beklagte eine entsprechende Verkürzung bei den
Arbeitnehmern W., Sch. und Wi. im Jahr 2011 vorgenommen hat.
34 aa) Eine fiktive Nachzeichnung des beruflichen Werdegangs ist bei den
leistungsbezogenen Stufenaufstiegen ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber
dieses tarifliche Instrument entsprechend der Intention der Tarifvertragsparteien
als Ausnahme einsetzt. Etwas anderes gilt, wenn der Arbeitgeber von dem
Instrument des leistungsbezogenen Stufenaufstiegs tarifwidrig Gebrauch macht.
35 (1) Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 TVöD bestimmt sich die Höhe des Tabellenentgelts
nach der Entgeltgruppe, in die der Arbeitnehmer eingruppiert ist, und nach der für
ihn geltenden Stufe. Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 TVöD (Bund) umfasst die für den
Kläger einschlägige Entgeltgruppe 7 sechs Stufen. Seit 01.10.2008 ist der Kläger
der Stufe 5 zugeordnet. Die Stufenlaufzeit bis zum Erreichen der Stufe beläuft sich
nach § 16 Abs. 4 TVöD (Bund) auf fünf Jahre.
36 Nach § 17 Abs. 2 TVöD ist das Erreichen der Stufe 4, 5 und 6 leistungsabhängig.
Für das Aufrücken nach der regelmäßigen Stufenlaufzeit wird eine als
durchschnittlich zu wertende Leistung vorausgesetzt. Bei Leistungen, die
erheblich über dem Durchschnitt liegen, kann die reguläre Stufenlaufzeit verkürzt
werden. Bei Leistungen, die erheblich unter dem Durchschnitt liegen, ist eine
Verlängerung der Laufzeiten möglich.
37 Die leistungsbezogenen Stufenaufstiege unterstützen nach der Protokollerklärung
zu Abs. 2 insbesondere die Anliegen der Personalentwicklung. Das Instrument
der leistungsbezogenen Stufenaufstiege besteht neben dem weiteren Instrument
des Leistungsentgelts nach § 18 TVöD. Beide Instrumente dienen
unterschiedlichen Zielen. Das Instrument der leistungsbezogenen Stufenaufstiege
ist auf längere Zeiträume und Entwicklungslinien ausgerichtet. Der beschleunigte
Stufenaufstieg führt durch das schnellere Erreichen der höheren Stufen zu
dauerhaften finanziellen Vorteilen.
38 Zur Feststellung einer erheblich überdurchschnittlichen Leistung bedarf es einer
Gesamtbetrachtung des Einzelfalls. Die individuelle Leistung muss sich erheblich
von derjenigen eines Normalleisters unterscheiden. Der beschleunigte
Stufenaufstieg ist somit nicht die Regel, sondern kommt nur in sachlich
begründeten Einzelfällen zum Tragen (Burger/Spengler, TVöD/TV-L, 2. Auflage, §
17 Rn 3; Breier/Dassau, TVöD, § 17 Rn 9; Clemens/Scheuring, TV-L, § 17 Rn.
12).
39 (2) Bei diesem rechtlichen Ausgangspunkt ist es zwar nicht ausgeschlossen,
dass die fiktive Nachzeichnung auch einen leistungsbezogenen Stufenaufstieg
einschließt. Wird der leistungsbezogene Stufenaufstieg aber vom Arbeitgeber
entsprechend der Intention der Tarifvertragsparteien nicht als Regel, sondern als
Ausnahme gehandhabt, so entspricht ein leistungsbezogener Stufenaufstieg
gerade nicht der üblichen beruflichen Entwicklung, die im Rahmen des § 46 Abs.
2 Satz 6 BPersVG fiktiv nachzuzeichnen ist. Die fiktive Nachzeichnung bezieht
sich auf einen Geschehensablauf, der so typisch ist, dass aufgrund der
behördlichen Gegebenheiten zumindest in der überwiegenden Anzahl der
vergleichbaren Fälle mit dieser Entwicklung gerechnet werden kann. Der Begriff
der Üblichkeit bezeichnet den Normalfall, nicht den Ausnahmefall (BAG
19.01.2005 aaO Rn 21).
40 Macht der Arbeitgeber von dem Instrument des leistungsbezogenen
Stufenaufstieg entsprechend der Intention der Tarifvertragsparteien nur in
sachlich begründeten Einzelfällen Gebrauch, so entspricht der beschleunigte
Stufenaufstieg gerade nicht dem Normalfall. Etwas anderes kann nur dann gelten,
wenn der Arbeitgeber das Instrument der leistungsbezogenen Stufenaufstiege
tarifwidrig einsetzen und bei der überwiegenden Zahl der vergleichbaren
Arbeitnehmer den Stufenaufstieg verkürzen würde. In diesem Sonderfall würde
der Amtsträger benachteiligt, wenn er am beschleunigten Stufenaufstieg nicht
teilnehmen könnte.
41 Gegen die hier vertretene Rechtsauffassung lässt sich nicht einwenden, dass
insbesondere bei den freigestellten Beamten eine fiktive Fortschreibung von
dienstlichen Beurteilungen erforderlich ist, um eine Benachteiligung des
Amtsträgers zu vermeiden. Der Arbeitgeber kann verpflichtet sein, bei einer
Beurteilung des Amtsträgers auch dessen Werdegang ohne Freistellung fiktiv
nachzuzeichnen und die Ergebnisse der Nachzeichnung zu berücksichtigen
(BAG 19.03.2003 - 7 AZR 334/02 - AP LPVG Sachsen § 8 Nr. 1; vgl. auch
BVerwG 21.09.2006 - 2 C 13/05 AP LPVG Rheinland-Pfalz § 39 Nr. 2;
Richardi/Dörner/Weber aaO Rn 92; Altvater/Peiseler, BPersVG, § 46 Rn. 79a).
Dennoch geht es bei der fiktiven Fortschreibung dienstlicher Beurteilungen
ausschließlich darum, eine übliche berufliche Entwicklung nachzuvollziehen. Eine
Besserstellung, die auf individuelle Gründe zurückzuführen ist, muss auch dem
beamteten Amtsträger nicht zugestanden werden (BAG 14.07.2010 aaO Rn 30).
42 Nach dieser Betrachtungsweise ist es entscheidend, ob der Amtsträger darlegen
und ggf. beweisen kann, dass zumindest der Mehrzahl der vergleichbaren
Arbeitnehmer eine Verkürzung der Stufenlaufzeit gewährt wurde. Damit ist die
Frage der zu treffenden Vergleichsgruppe angesprochen (dazu cc).
43 bb) Das weitere Argument der Beklagten, einer fiktiven Nachzeichnung stehe
ferner entgegen, dass die Anliegen der Personalentwicklung im Falle des Klägers
aufgrund dessen Eintritts in die Passivphase der Altersteilzeit am 31.12.2012 nicht
mehr verwirklicht werden könnten, hält die Kammer nur für bedingt aussagekräftig.
Der Begriff der Personalentwicklung ist vielschichtig. Personalentwicklung soll
Teams und Organisationen dazu befähigen, ihre Aufgaben erfolgreich und
effizient zu bewältigen und sich neuen Herausforderungen zu stellen.
Personalentwicklung umfasst die gezielte Förderung der Arbeitnehmer um die
Ziele der Unternehmen und Verwaltungen unter Berücksichtigung der Bedürfnisse
der Mitarbeiter optimal zu erreichen. Da die Protokollnotiz zu Absatz 2 „die“
Anliegen der Personalentwicklung anspricht, ist der Begriff umfassend zu
verstehen und darf nicht auf einzelne Aspekte der Personalentwicklung verengt
werden.
44 Bei dieser Betrachtungsweise mag der individuellen Personalentwicklung des
Klägers zeitliche Grenzen gesetzt sein. Im Hinblick auf die kollektive
Personalentwicklung verhält es sich anders: Mit einem beschleunigten
Stufenaufstieg des Klägers wäre das Signal verbunden, dass sich Leistung immer
lohnt und der Arbeitgeber auch die Leistung älterer Arbeitnehmer honoriert. Auch
wenn für den Kläger eine längere berufliche Entwicklung nicht mehr in Betracht
kommt, wäre die Verkürzung des Stufenaufstiegs ein Anreiz für alle anderen
Arbeitnehmer, sich auch gegen Ende eines Berufslebens besonders zu
engagieren. Im Sinne einer kollektiven Personalentwicklung scheidet also auch im
Falle des Klägers ein leistungsbezogener Stufenaufstieg nicht von vornherein
aus. Wollte man dies anders sehen, würde sich die schwierige Frage stellen,
unter welchen Voraussetzungen die Verweigerung eines beschleunigten
Stufenaufstiegs eine Diskriminierung wegen des Alters darstellen würde.
45 cc) Eine Verkürzung der Stufenlaufzeit im Wege der fiktiven Nachzeichnung
scheidet im Streitfall aber deswegen aus, weil die Verkürzung der Stufenlaufzeit
nicht der üblichen beruflichen Entwicklung im BwDLZ E. entspricht.
46 (1) Für seine gegenteilige Auffassung kann sich der Kläger nicht auf die
Vergleichsgruppe berufen, die von den Arbeitnehmern W., Sch. und Wi. umfasst
wird. Geht man zugunsten des Klägers davon aus, dass diese Vergleichsgruppe
seiner Höhergruppierung zum 01.10.2008 zugrundegelegt wurde (die Beklagte
zieht demgegenüber die Arbeitnehmer S. und W. heran), so hat dies nicht zur
Folge, dass dieselbe Vergleichsgruppe auch für eine fiktive Nachzeichnung im
Rahmen des leistungsbezogenen Stufenaufstiegs heranzuziehen ist. Die
Heranziehung derselben Vergleichsgruppe scheidet aus, weil es sich bei der
tariflichen Eingruppierung einerseits und dem leistungsbezogenen Stufenaufstieg
andererseits um rechtlich unterschiedliche Regelungssachverhalte handelt.
47 Unter Eingruppierung bzw. Umgruppierung versteht man die erstmalige
Einordnung bzw. jede Änderung der bisherigen Einordnung des Arbeitnehmers in
ein betriebliches oder tarifliches Entgeltschema. Ein solches Schema ist eine
kollektive Regelung, die eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der
Vergütungsgruppen nach bestimmten, generell bestehenden Merkmalen vorsieht.
Die Ein- oder Umgruppierung ist keine rechtsgestaltende Maßnahme, sondern
Rechtsanwendung. Im Geltungsbereich des TVöD hat eine rechtliche Prüfung
gemäß § 12 Abs. 1 Satz 3 TVöD dahingehend zu erfolgen, welchen tariflichen
Tätigkeitsmerkmalen die gesamte vom Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend
auszuübende Tätigkeit entspricht.
48 Welche Tätigkeitsmerkmale erfüllt sein müssen, richtet sich nach den
Tätigkeitsmerkmalen der jeweils in Anspruch genommenen Entgeltgruppe der
Entgeltordnung. So wurde im Falle des Klägers noch unter der Geltung der
damaligen Lohngruppen des MTArb eine tarifliche Tätigkeitsbewertung
durchgeführt (Abl. 65 der Berufungsakte). Die damals - fiktiv - festgestellte
Lohngruppe 6 ergab aufgrund der tariflichen Überleitungsvorschriften (Anlage 2
zum TVÜ-Bund) die Entgeltgruppe 7. Darauf, ob der Kläger - fiktiv - eine
durchschnittliche oder eine überdurchschnittliche Leistung gezeigt hatte, kam es
für die Eingruppierung nicht an. Ausschlaggebend war allein die Erfüllung der
tariflichen Tätigkeitsmerkmale.
49 Bei den leistungsbezogenen Stufenaufstiegen ist die Ausgangslage eine andere.
Es wird nicht betrachtet, welche Tätigkeit der Arbeitnehmer zu erbringen hat,
sondern mit welcher Qualität er sie erbringt. Das Instrument des
leistungsbezogenen Stufenaufstiegs ist somit nicht tätigkeitsbezogen, sondern
leistungsbezogen.
50 (2) Hieraus folgt für die fiktive Nachzeichnung, dass nicht diejenigen Arbeitnehmer
als Vergleichsgruppe heranzuziehen sind, die bezogen auf die Eingruppierung
eine vergleichbare berufliche Entwicklung gemacht haben, sondern alle
Arbeitnehmer der Dienststelle/des Betriebs, die einer der leistungsabhängigen
Stufen zugeordnet sind. Das sind die Arbeitnehmer, die in die Stufen 3, 4 und 5
eingestuft sind. Örtlich sind alle Arbeitnehmer einzubeziehen, die der
personalverwaltenden Dienststelle zugeordnet sind. Denn dieser obliegt die
Feststellung, ob der betreffende Arbeitnehmer eine überdurchschnittliche Leistung
erbracht hat.
51 Unstreitig sind derzeit im Personalführungsbereich des BwDLZ E. 803
Tarifbeschäftigte tätig. Hiervon sind bisher nur 6 in den Genuss einer verkürzten
Stufenlaufzeit gekommen. Selbst wenn man für die fiktive Nachzeichnung auf den
kleineren Kreis der Schlosser und Arbeitnehmer mit artverwandten Tätigkeiten
abstellen wollte, hätten von der Verkürzung der Stufenlaufzeit nur 4 von 46
Arbeitnehmern profitiert. Von 12 (14?) Schlossern erhielten bisher nur 2 (1?) die
Verkürzung der Stufenlaufzeit. Hiernach ist eine Verkürzung der Stufenlaufzeit
keineswegs üblich.
52 (3) Im Anschluss an die Verfügung des Vorsitzenden vom 02.04.2013 wurde in
der Berufungsverhandlung die Frage erörtert, welche der 803 Arbeitnehmer für
einen leistungsbezogenen Stufenaufstieg überhaupt in Betracht gekommen
wären. Zu dieser Frage liegt nur lückenhaftes Vorbringen der Parteien vor. So hat
die Beklagte auf die Verfügung des Vorsitzenden vom 02.04.2013 vorgetragen,
von den 46 Arbeitnehmern, die als Schlosser oder in artverwandten Tätigkeiten
eingesetzt seien, sei keiner in die Stufen 1 oder 2 eingestuft. Alle Arbeitnehmer
befänden sich in den Stufen 3 bis 6.
53 Damit ist aber nicht geklärt, welche Arbeitnehmer wegen Erreichung der jeweils
höchsten Stufe für einen beschleunigten Stufenaufstieg ausscheiden. Die
Erörterungen hierzu in der Berufungsverhandlung haben ergeben, dass der
Altersdurchschnitt der Tarifbeschäftigten aufgrund des fortgesetzten
Personalabbaus im BwDLZ E. relativ hoch ist. Er wurde von einem der
Beklagtenvertreter auf 50 Jahre geschätzt. Daher erscheint es durchaus möglich,
dass zahlreiche der 803 Tarifbeschäftigten bereits die jeweils höchste Stufe
erreicht haben, also ebenfalls für eine Verkürzung der Stufenauflaufzeit nicht
(mehr) in Betracht kommen.
54 Gleichwohl lässt sich aus diesem Sachverhalt nicht die Schlussfolgerung ziehen,
bei den verbliebenen Arbeitnehmern sei es eine übliche berufliche Entwicklung, in
den Genuss leistungsbezogener Stufenaufstiege zu kommen. Hiergegen spricht
nicht nur die absolut gesehen geringe Zahl der Arbeitnehmer, die bislang von
einem beschleunigten Stufenaufstieg profitiert haben. Hinzu kommt, dass nach
den Erklärungen der Beklagtenvertreter in der Berufungsverhandlung jeder
einzelne Fall einer Verkürzung der Stufenlaufzeit genau geprüft werde. Hieraus
lässt sich schließen, dass die Verkürzung der Stufenlaufzeit kein so typischer
Geschehensablauf ist, dass zumindest in der überwiegenden Anzahl der
vergleichbaren Fälle mit einer Verkürzung gerechnet werden kann.
55 Aufgrund der gegebenen Sachlage hätte es gegen den zivilprozessualen
Beibringungsgrundsatz verstoßen, den Parteien eine Auflage gemäß § 56 Abs. 1
Nr. 1 ArbGG zu ergänzendem Vortrag zur Zahl der für den beschleunigten
Stufenaufstieg in Betracht kommenden Arbeitnehmer zu erteilen. Der im
arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren geltende Beibringungsgrundsatz verlangt
einen schlüssigen Tatsachenvortrag der Parteien (BAG 21.02.2013 - 8 AZR
180/12; BAG 20.05.2010 - 8 AZR 287/08 (A) - AP AGG § 22 Nr. 1)). Das Gericht
darf nur die von den Parteien vorgetragenen Tatsachen verwerten. Der
Beibringungsgrundsatz wird durch die Berücksichtigung abstrakter Möglichkeiten,
die von keiner Partei bisher behauptet wurden, verletzt (BAG 14.03.2006 - 9 AZR
411/05 - AP SGB IX § 81 Nr. 11). Die Hinweispflicht nach § 139 Abs. 1 ZPO geht
nicht so weit, dass das Gericht eine Partei darauf hinweisen dürfte, sie könne ihr
Klageziel eventuell auch erreichen, indem sie sich zur Begründung ihres
Klageanspruches auf einen weiteren Lebenssachverhalt stützt (BAG 11.04.2006 -
9 AZN 892/05 - AP ZPO § 533 Nr. 1; Düwell/Lipke-Kloppenburg, ArbGG, 3. Aufl. §
56 Rn. 10c).
56 Im bisherigen Vorbringen des Klägers gab es keinerlei Anhaltspunkte dafür,
bezogen auf eine andere Vergleichsgruppe entspreche die Teilnahme am
verkürzten Stufenaufstieg einer üblichen beruflichen Entwicklung. Unter diesen
Umständen wäre eine Auflage der Kammer, die Parteien mögen zur Zahl der
Arbeitnehmer vortragen, die potentiell an einem beschleunigten Stufenaufstieg
teilhaben könnten, auf eine Amtsermittlung hinausgelaufen. Der Kläger hätte
hierdurch die Gelegenheit erhalten, seinen Anspruch auf eine andere tatsächliche
Grundlage zu stützen. Ein solches Vorgehen hätte gegen den zivilprozessualen
Beibringungsgrundsatz verstoßen.
57 dd) Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass auch auf der Grundlage der
Rechtsauffassung des Klägers kein Anspruch auf Verkürzung der Stufenlaufzeit
bereits mit Wirkung vom 19.11.2010 bestanden hätte. Da § 46 Abs. 3 Satz 6
BPersVG sowohl eine Benachteiligung als auch eine Begünstigung des
freigestellten Amtsträgers ausschließt, hätte dem Kläger eine Verkürzung der
Stufenlaufzeit nur in dem Umfang zugestanden werden können, der auch den
Arbeitnehmern W., Sch. und Wi. gewährt wurde. Geht man von den Angaben des
Klägers in der Klageschrift Seite 5 aus, so wurde die 5-jährige Stufenlaufzeit von
Herrn W. (Stufe 5 - Stufe 6) auf 3 Jahre und 6 Monate verkürzt, die von Herrn Sch.
(ebenfalls Stufe 5 - Stufe 6) auf 3 Jahre und 7 Monate und die 4-jährige
Stufenlaufzeit von Herrn Wi. (Stufe 4 - Stufe 5) auf 3 Jahre und einen Monat.
Überträgt man diese Verkürzungen proportional auf den Kläger, so wäre eine
Verkürzung frühestens auf den 01.04.2012 (= 3 Jahre und 6 Monate) in Betracht
gekommen. Allein der Umstand, dass der Kläger am 19.05.2011 die Verkürzung
beantragt hat, führt nicht dazu, dass ihm eine Verkürzung auf diesen Zeitpunkt
bzw. im Rahmen der tariflichen Ausschlussfrist auf den noch früheren Zeitpunkt
des 19.11.2010 zu gewähren wäre.
III.
58 Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines ohne Erfolg eingelegten
Rechtsmittels zu tragen. Für die Zulassung der Revision bestand keine
Veranlassung, weil entscheidungserheblich letztlich eine Tatfrage war.