Urteil des KG Berlin vom 02.04.2017

KG Berlin: restitution, zustandekommen des vertrages, grundstück, ddr, extensive auslegung, rechtskräftiges urteil, öffentliches interesse, einseitiges rechtsgeschäft, bereinigung, rückübertragung

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Gericht:
KG Berlin 19.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
19 U 11/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 5 Abs 1 Buchst b VermG, § 1
VerkFlBerG, § 2 Abs 2 Nr 1
VerkFlBerG, § 3 Abs 1
VerkFlBerG, § 3 Abs 2
VerkFlBerG
Ankaufsrecht nach dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz:
(Un-)Anwendbarkeit auf ein ehemals volkseigenes Grundstück
nach Restitution
Leitsatz
Dem sachlichen Anwendungsbereich des VerkFIBerG unterfallen auch Flächen, die nach einer
Enteignung in der DDR für Verkehrszwecke in Anspruch genommen worden sind im Wege der
Restitution nach dem Vermögensgesetz zurückübereignet worden sind.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 2. April 2008 verkündete Urteil der 1.
Zivilkammer des Landgerichts Berlin – 1 O 110/07 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden,
wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Die Beklagten rügen mit der Berufung im wesentlichen, daß das Landgericht die
Vorschriften des VerkFlBerG entsprechend angewandt hat, obwohl die hier
streitgegenständliche Grundstücksfläche zu “DDR-Zeiten" in Volkseigentum überführt
worden ist. Voraussetzung für ein Erwerbsrecht des Klägers auf der Grundlage des
VerkFlBerG sei jedoch, daß das Grundstück bzw. die betreffende Grundstücksfläche in
Privateigentum geblieben sei. Nicht erfaßt sei der - hier vorliegende - Fall, daß das in
Volkseigentum stehende Grundstück nach dem Vermögensgesetz an den vormaligen
Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger zurück übertragen worden ist. Eine analoge
Anwendung scheide schon deshalb aus, weil es an einer Regelungslücke fehle. Zu
Unrecht habe sich das Landgericht bei seiner Entscheidung auf die zu Art. 233 § 2 a
EGBGB ergangene Entscheidung des BGH vom 18. Januar 2002 (VIZ 2002, 422 ff.)
gestützt. Diese sei auf die Bestimmungen des VerkFlBerG nicht anwendbar. Zu
berücksichtigen sei dabei, daß in dem vom BGH entschiedenen Fall lediglich um ein
Besitzrecht an der Verkehrsfläche gestritten worden sei. Im Hinblick auf die
Eigentumsgarantie des Art. 14 GG seien hier strengere Kriterien für die analoge
Anwendung des VerkFlBerG anzulegen. Darüber hinaus sei das notarielle Angebot nicht
fristgerecht erfolgt. Auf Grund des Übersendungsschreibens des Notars hätten sie, die
Beklagten, nicht davon ausgehen müssen, daß es sich um ein Erwerbsangebot des
Klägers handele. Das Landgericht habe bei seiner Entscheidung mißachtet, daß die
Ermächtigung des Notars zur Übersendung des Angebots durch den Kläger bestritten
worden sei. Der Inhalt des notariellen Angebots spreche ebenfalls gegen eine
Ermächtigung des Notars. Schließlich habe das Landgericht die
Substantiierungsanforderungen der von ihnen erhobenen Einrede gemäß § 3 Abs. 2 Satz
1 VerkFlBerG überspannt. Da sie, die Beklagten, keinen Einblick in die
Planungsunterlagen hätten, könne von ihnen weitergehender Vortrag zu den
Ausbauplänen der Straße nicht verlangt werden. Entgegen der Ansicht des Landgerichts
könne auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß auch nach der
Straßenerweiterung die streitgegenständliche Grundstücksfläche noch öffentlich genutzt
werde.
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Die Beklagten beantragen,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Berlin vom 2.
April 2008 – 1 O 110/07 – abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.
II.
der Sache ohne Erfolg.
1.
entzogen. Ungeachtet dessen ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, daß
gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 VerkFlBerG der ordentliche Rechtsweg eröffnet ist. Nach § 14
Abs. 1 S. 3 VerkFlBerG in Verbindung mit § 103 Abs.1 S. 1 SachenRBerG finden die
Vorschriften der ZPO Anwendung.
2.
verfahrensgegenständlichen Fläche aus § 3 Abs. 1 VerkFlBerG und die Beklagten sind
zur Annahme des notariellen Kaufangebots vom 6. Februar 2006 verpflichtet (§ 3 Abs. 1
S. 3 VerkFlBerG). Nach § 3 Abs. 1 VerkFlBerG kann der öffentliche Nutzer von dem
Grundstückseigentümer den Verkauf des Grundstücks an sich verlangen und ist der
Grundstückseigentümer zur Annahme des notariellen Kaufangebotes des öffentlichen
Nutzers verpflichtet, wenn der Inhalt des Angebotes den Bestimmungen des VerkFlBerG
entspricht. Gegen die Verfassungsmäßigkeit des VerkFlBerG bestehen keine
durchgreifenden Bedenken (siehe BGH, Urteil vom 20. Juni 2008 - V ZR 149/07 – zitiert
nach Juris). Bei der verfahrensgegenständlichen Fläche handelt es sich um ein im
Beitrittsgebiet belegenes Grundstück eines privaten Eigentümers, das in der Zeit
zwischen dem 9. Mai 1945 und dem 3. Oktober 1990 für die Erfüllung einer
Verwaltungsaufgabe tatsächlich in Anspruch genommen wurde und einer
Verwaltungsaufgabe (hier: öffentliche Straße) noch dient (§ 1 Abs.1 S. 1 Nr.1, § 2 Abs. 2
Nr. 1 VerkFlBerG). Anders als das SachenRBerG knüpft § 1 Abs. 1 VerkFlBerG für den
Begriff der Verwaltungsaufgabe nicht an eine Widmung an, sondern stellt grundsätzlich
auf die tatsächliche Inanspruchnahme und die tatsächliche Nutzung ab. Damit soll auch
vermieden werden, daß der Nachweis förmlicher Widmungsakte verlangt wird, der in
vielen Fällen nicht wird erbracht werden können (vgl. Kimme/Matthiessen, Offene
Vermögensfragen, § 1 VerkFlBerG RdNr. 8). Wann kraft Widmung oder Widmungsfunktion
eine Verkehrsfläche - Straße, Wege und Plätze einschließlich Zubehör und
Nebenanlagen (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 VerkFlBerG) - vorliegt, beantwortet das VerkFlBerG
nicht selbst; dies ist vielmehr den Vorschriften des jeweiligen Landesstraßengesetzes zu
entnehmen (vgl. Kimme/Matthiessen, a.a.O., § 2 VerkFlBerG RdNr.7). Das Landgericht
hat zutreffend ausgeführt, daß die vormalige Vorgartenfläche zum Bürgersteig der
Straße … im Zuge von Verbreiterungsmaßnahmen der Straße umgebaut und
spätestens seit 1988 als Bürgersteig genutzt wird. Daß es sich bei der Nutzung als
Bürgersteig um eine öffentliche Nutzung im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 VerkFlBerG
handelt, weil Bürgersteige, wie das Landgericht weiter zutreffend begründet hat, nach § 2
Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b BerlStrG Bestandteil der öffentlichen Straßen sind, wird von
den Beklagten selbst nicht in Zweifel gezogen. Die mit den unterschiedlichen Breiten des
Gehweges im Bereich des Grundstücks der Beklagten einhergehende unterschiedliche
Intensität der Nutzung ist ebenfalls unerheblich.
Dem Anspruch des Klägers steht nicht entgegen, daß das Grundstück im Zeitpunkt
seiner Inanspruchnahme in “Volkseigentum" stand.
In der Kommentarliteratur wird zur Frage, auf welchen Zeitpunkt § 1 Abs. 1 Satz 1
VerkFlBerG abstellt, einheitlich die Auffassung vertreten, daß nur solche Grundstücke
betroffen seien, die heute im Eigentum Privater stehen. Fraglich erscheint allerdings, ob
- wie hier der Fall - das Privateigentum an Grundstücken im sachlichen
Anwendungsbereich des VerkFIBerG auch durch eine Restitution im Sinne des § 34 Abs.
1 VermG nach dem 2.10.1990 und vor dem 1.10.2001 entstanden sein kann. Der
erkennende Senat tritt in diesem Punkt der im Schrifttum dazu – soweit ersichtlich –
überwiegend vertretenen Ansicht bei (Kimme/Matthiessen, a.a.O., § 1 VerkFlBerG RdNr.
4.; Stavorinus, NotBZ 2001, 349, 352 Fn. 27; Salzig, NotBZ 2007, 164, 166), die dies
unter Berufung auf die Entscheidung des BGH vom 18. Januar 2002 (- V ZR 104/01 - VIZ
2002, 422, 425; vorgehend OLG Dresden, VIZ 2001, 562, 567; ferner OLG Dresden, VIZ
2001, die noch zu Art.233 § 2a Abs. 9 EGBGB, der Vorläufervorschrift des VerkFlBerG,
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2001, die noch zu Art.233 § 2a Abs. 9 EGBGB, der Vorläufervorschrift des VerkFlBerG,
ergangen ist, bejaht.
In der vorgenannten Entscheidung hat der BGH den unmittelbaren Anwendungsbereich
des Art. 233 § 2 a Abs. 9 EGBGB in der Weise bestimmt, daß mit Inkrafttreten des
VerkFlBerG von diesem Besitzmoratorium sämtliche Fälle erfaßt sein sollten, die nach
dem 1. Oktober 2001 den Regelungen des VerkFlBerG und dem dort in § 9 Abs. 1 Satz 4
VerkFlBerG geregelten vorläufigen Besitzrecht unterfallen. Des weiteren hat der BGH
entschieden, daß Art. 233 § 2a Abs. 9 EGBGB entsprechend anzuwenden sei, wenn ein
volkseigenes Grundstück noch zu DDR-Zeiten für öffentliche Aufgaben in Anspruch
genommen, nachträglich jedoch trotz andauernder öffentlicher Nutzung durch
Restitution in privates Grundstückseigentum überführt worden sei. Zur Begründung für
diese entsprechende Anwendung der Besitzmoratoriumsvorschriften führt der BGH aus,
daß es an sich nicht zu einer Restitution solcher Grundstücksflächen nach den
Regelungen des VermG hätte kommen dürfen, da § 5 Abs. 1 b VermG die Restitution
solcher Flächen ausschloß. Nach § 5 Abs.1 b VermG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 VermG
ist eine Restitution insbesondere dann ausgeschlossen, wenn das betroffene Grundstück
dem Gemeingebrauch gewidmet war. Der Widmungsakt konnte zu DDR-Zeiten auch
schlüssig darin erblickt werden, daß die Benutzung eines Weges für die Öffentlichkeit
tatsächlich zugelassen worden ist. Wenn trotz (möglichen) Verstoßes gegen die §§ 5
Abs. 1 b, 4 Abs. 1 VermG die Rückübertragung nach § 34 Abs. 1 VermG mit für die
Zivilgerichtsbarkeit bindender Wirkung ausgesprochen worden ist, stellt sich nach der
vom BGH vertretenen Ansicht die Frage, ob der wieder in seine Rechte eingesetzte
Alteigentümer die öffentliche Nutzung weiterhin zu dulden hat und hierfür nach Art. 233
§ 2a Abs. 9 EGBGB ein Entgelt beanspruchen kann. Der BGH hat dies bejaht und
insoweit die Moratoriumsregelung analog angewandt. Beizutreten ist der Ansicht des
Landgerichts, daß im Hinblick auf die Ersetzung der Moratoriumsvorschrift des Art. 233 §
2a Abs. 9 EGBGB durch das VerkFlBerG auch nichts anderes für das Verhältnis des § 1
Abs. 1 Satz 1 VerkFlBerG zu § 5 Abs. 1 b VermG gelten kann.
Der Wortlaut der §§ 1 und 3 Abs. 1 VerkFlBerG steht einer entsprechenden Anwendung
auf die hier zu entscheidende Fallkonstellation nicht entgegen. Auch aus den
Gesetzesmaterialien gibt sich kein Anhaltspunkt dafür, daß von der Anwendung der
Vorschriften des VerkFlBerG der Fall ausgeschlossen sein soll, daß der private
Eigentümer das Eigentum an dem betroffenen Grundstück erst durch einen
Restitutionsbescheid im Sinne des Vermögensgesetzes, jedoch vor dem Inkrafttreten
des VerkFlBerG erlangt hat. Mit dem in Artikel 1 des
Grundstücksrechtsbereinigungsgesetzes eingeführten “Gesetz zur Bereinigung der
Rechtsverhältnisse an Verkehrsflächen und anderen öffentlich genutzten privaten
Grundstücken – Verkehrsflächenbereinigungsgesetz (VerkFlBerG)" sollte das Problem
des sogenannten “rückständigen Grunderwerbs" gelöst werden. Dabei geht es um die
Bereinigung der Rechtsverhältnisse an Grundstücken, die in der DDR für öffentliche
Zwecke (insbesondere Straßen und andere Verkehrsflächen, Gebäude im
Verwaltungsgebrauch) in Benutzung genommen wurden, ohne daß eine förmliche
Enteignung/Überführung in Volkseigentum stattgefunden hatte. Es bestand für den
Gesetzgeber keine Veranlassung, die hier vorliegende Fallkonstellation, in der es zu
einer Enteignung/Überführung in Volkseigentum gekommen ist, im VerkFlBerG zu
regeln, weil schon - wie bereits ausgeführt - nach § 5 Abs. 1 b VermG in Verbindung mit §
4 Abs. 1 VermG eine Restitution solcher Grundstücksflächen in privates
Grundstückseigentum ausgeschlossen war, die zu DDR-Zeiten für öffentliche Aufgaben
in Anspruch genommen worden sind. Die Gesetzesmaterialien geben keinen Anhalt
dafür, daß für den Fall der erfolgten Restitution eines Grundstücks die Anwendung des
VerkFlBerG von vorneherein ausgeschlossen sein sollte. Der BGH hat in der bereits
angeführten Entscheidung für die Auslegung des Art. 233 § 2 a Abs. 9 EGBGB auf die
Gesetzesmaterialien zum VerkFlBerG Bezug genommen und darauf hingewiesen, daß
mit der Neuregelung auch eine authentische Interpretation des Gesetzgebers für den
Moratoriumstatbestand aus Art. 233 § 2 a Abs. 9 EGBGB verbunden sei. Weiter hat der
BGH ausgeführt, daß der Gesetzgeber von einem das Privateigentum überlagernden
Besitzrecht ausgegangen sei (BT-Drucks. 12/7425, S. 92) und den Eigentümern aus
vorrangigen Gründen des Gemeinwohls den vorläufigen Fortbestand der öffentlichen
Nutzung zugemutet hat. Der von der Neufassung des Art. 233 § 2 a Abs. 9 EGBGB durch
Art. 2 GrundRBerG unberührt gebliebene Gesetzeszweck (vgl. Begründung des
GrundRBerG-RegE, BT-Drucks. 14/6204, S. 10) treffe auf den - auch hier vorliegenden -
Fall einer zu DDR-Zeiten erfolgten Überführung des betreffenden Grundstücks in
Volkseigentum in noch stärkerem Maße zu als auf den von dem Gesetz vorausgesetzten
Sachverhalt. Der Grundstückseigentümer, der das Grundstück im Wege der Restitution
zurückerlangt hat, hatte im Unterschied zu den Grundstückseigentümern in den Fällen
rückständigen Grunderwerbs sein Eigentum bereits in der DDR verloren. Auch nach dem
Zusammenbruch der DDR konnte er nicht erwarten, wieder Eigentümer des Grundstücks
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Zusammenbruch der DDR konnte er nicht erwarten, wieder Eigentümer des Grundstücks
zu werden. Vielmehr schloß, weil die veränderte Zweckbestimmung des entzogenen
Grundstücks nicht durch die Wiederherstellung der früheren Eigentumsverhältnisse in
Frage gestellt werden sollte, § 5 Abs. 1 lit. b) VermG eine Rückübertragung des
Eigentums gerade aus.
Der entsprechenden Anwendung der Vorschriften des VerkFlBerG steht auch nicht § 1
Abs. 2 Nr. 3 VerkFlBerG entgegen. Danach findet das Gesetz keine Anwendung, wenn
vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zur Bereinigung der Rechtsverhältnisse an dem
Grundstück ein anderer Vertrag abgeschlossen oder ein rechtskräftiges Urteil oder ein
bestandskräftiger Verwaltungsakt ergangen ist. Das ist hier nicht der Fall. Denn der
Ausschlußtatbestand setzt einen – hier allein in Betracht kommenden – Verwaltungsakt
mit einer zielgerichteten Bereinigung voraus. Dieser kann in dem Restitutionsbescheid
nicht gesehen werden. Denn an der “Widmung“ als öffentliche Verkehrsfläche hat sich
trotz der Restitution des Grundstücks nichts geändert. Die “Bereinigungslage“ bestand
auch danach fort. In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigten, daß infolge
der DDR-typischen Vollzugsdefizite aus dem Grundbuch auch und gerade Abspaltungen
von Flurflächen, die als öffentliche Verkehrsfläche in Anspruch genommen waren und
damit zum Ausschluß der Restitution gemäß § 5 Abs. 1 lit. b) VermG geführt hätten,
nicht ohne weiteres erkennbar waren.
Eine Besserstellung der Alteigentümer nach Restitution gegenüber
Grundstückseigentümern in der DDR entspräche schließlich auch nicht dem mit der
Restitution verfolgten Zweck einer Wiedergutmachung. Diese soll das besondere
Unrecht derjenigen ausgleichen, die entschädigungslos enteignet worden sind. Die
Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Investitionen ist dagegen
grundsätzlich kein Fall für eine Wiedergutmachung nach dem VermG. Nachfolgende
Investitionen und Veränderungen der Zweckbestimmung der Nutzung, an denen ein
öffentliches Interesse besteht, schließen vielmehr eine Wiedergutmachung durch
Restitution nach § 5 Abs. 1 VermG sogar dann aus, wenn der Inanspruchnahme des
Grundstücks ein in § 1 VermG bezeichneter Unrechtstatbestand vorausging (OLG
Dresden, VIZ, 2001, 628, 631). Etwas anderes käme nur dann in Betracht, wenn mit
dem bestandskräftigen Restitutionsbescheid ein Vertrauenstatbestand begründet
worden wäre und die Beklagten darauf auch tatsächlich vertraut hätten. Dies könnte
dann der Fall sein, wenn sie anderweitig über die Grundstücksfläche disponiert hätten.
Davon kann allein schon wegen der tatsächlichen Nutzung der Grundstücksfläche als
Gehweg nicht ausgegangen werden. Wie sich weiter aus dem Schreiben des
Bezirksamtes Treptow-Köpenick vom 15. Februar 2006 ergibt, haben die Beklagten
bislang unstreitig auch keinen Antrag bei der Denkmalschutzbehörde mit dem Zweck
gestellt, den Vorgarten auf das historische Maß zurückzuführen.
Fehl geht das Argument der Beklagten, abweichend von der angeführten Entscheidung
des BGH komme vorliegend eine extensive Auslegung des § 3 Abs. 1 VerkFlBerG bzw.
eine analoge Anwendung der Norm nicht in Betracht, weil anders als in dem der
Entscheidung des BGH zugrunde liegenden Sachverhalt nicht lediglich ein Besitzrecht
zwischen den Parteien in Streit steht, sondern hier in das durch Art. 14 GG geschützte
Eigentumsrecht der Beklagten eingegriffen werden soll. Dem ist entgegenzuhalten, daß
die Rückübertragung des Eigentums der streitgegenständlichen Fläche an die Beklagten
nach den Vorschriften des VermG gar nicht hätte erfolgen dürfen, so daß grundsätzlich
auch eine Rücknahme gemäß § 48 Abs. 1 VerwVfG in Betracht gekommen wäre. Zudem
beruht die vom BGH bejahte analoge Anwendung von Art. 233 § 2 a Abs. 9 EGBGB nicht
darauf, daß gerade im Hinblick auf das im dortigen Fall streitige Besitzrecht eine analoge
Anwendung geboten war. Das entscheidende Argument für die vertretene analoge
Anwendung war vielmehr, daß derjenige, dessen Eigentum in “Volkseigentum" überführt
worden war, keinesfalls gegenüber Eigentümern besser stehen sollte, die nicht förmlich
enteignet worden sind. Schließlich ergibt sich nichts anderes aus der von den Beklagten
eingereichten Entscheidung des BGH vom 6. Oktober 2006 - V ZR 138/05 -. Die Frage
einer analogen Anwendung der Vorschriften des VerkFlBerG stellte sich in dem der
Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht. Allein aus der erfolgten Wiedergabe
des Gesetzeszweckes kann nicht geschlossen werden, daß der BGH abweichend von der
vorherigen Rechtsprechung eine analoge Anwendung der Vorschrift ausschließen wollte.
2.
Danach erlöschen die Rechte des öffentlichen Nutzers nach § 3 Abs. 1 und 3 VerkFlBerG,
wenn sie nicht bis zum 30. Juni 2007 ausgeübt sind. Das Erwerbsrecht ist vorrangig durch
Abgabe eines notariell beurkundeten Kaufvertragsangebotes auszuüben (§ 8 Abs. 2 Satz
2 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 2 VerkFlBerG). Nach überwiegender Ansicht muß das
Kaufangebot wegen seiner Empfangsbedürftigkeit zur Fristwahrung innerhalb der Frist
des § 8 Abs. 1 VerkFlBerG zugehen (Salzig; NotBZ 2007, 164, 172). Davon ist hier
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des § 8 Abs. 1 VerkFlBerG zugehen (Salzig; NotBZ 2007, 164, 172). Davon ist hier
auszugehen. Im Ergebnis unerheblich ist dabei, daß das Schreiben des Notars an die
Beklagten vom 7. Februar 2007 (BI. 20 d.A.) mißverständlich ist. Danach könnte der
Eindruck entstehen, daß die Beklagten dem Notar den Beurkundungsauftrag erteilt
hätten und er vom Kläger zur Abgabe des Angebots nicht beauftragt war. Wie das
Landgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt es auf den Inhalt der vom Notar
abgegebenen Erklärung aber schon deshalb nicht an, weil er nur als Bote tätig geworden
ist. Ungeachtet dessen konnte, da das Schreiben nur als Begleitschreiben zu den
zugleich übersandten Ausfertigungen des notariell beurkundeten Angebotes des Klägers
erfolgt ist, dieses nur als Kaufangebot des Klägers verstanden werden. Denn dem
Schreiben der Beklagten zu 1) vom 14. November 2006 (Anlage K 12) ergibt sich
unzweifelhaft, daß die Beklagten von einem ihnen vom Kläger gemachten Angebot
ausgegangen sind. Die Beklagte zu 1) nimmt darin auf das Angebot Bezug und erklärt
zugleich, daß sie nicht gedenke, das Angebot anzunehmen. Der Einwand der Beklagten,
daß allein die Beklagte zu 1) in dem vorgenannten Schreiben erklärt die Ablehnung des
Angebotes erklärt habe, geht fehl. In dem Schreiben wird darauf hingewiesen, daß beide
Beklagten den Ehemann der Beklagten zu 2) mit der Wahrnehmung ihrer Interessen
beauftragt hätten. Daß diese Verhandlungen mit dem Ehemann der Beklagten zu 2)
auch tatsächlich geführt worden sind, ergibt sich aus dem Schreiben des Bezirksamtes,
das auf die mit dem Ehemann geführten Gespräche Bezug nimmt. Die Beklagte zu 2)
kann schon danach nicht mehr mit Erfolg geltend machen, sie selbst sei nicht davon
ausgegangen, bei dem vom Notar übermittelten Erwerbsangebot handele es sich um
eine Erklärung des Klägers. Sofern zuvor insoweit überhaupt Raum für etwaige Zweifel
bestanden haben sollte, waren diese auf Grund des an beide Beklagten gerichteten
Schreibens vom 15. Februar 2008 in jedem Fall ausgeräumt.
Es kann daraus, daß der Kläger lediglich eine Ausfertigung und zwei beglaubigte
Abschriften der Urkunde beantragt hat, nicht geschlossen werden, er habe den Notar
nicht zur Übermittlung des Angebotes an die Beklagten ermächtigt. Auch die
Formulierung, nach der der Notar des Vertrages beauftragt war,
läßt nicht den Schluß zu, daß der Notar sich um das Zustandekommen des Vertrages,
was eine Übersendung des notariellen Kaufangebotes erforderlich machte, nicht
kümmern sollte. Letztlich kann dies aber auf sich beruhen: Selbst wenn der Notar nicht
ermächtigt gewesen wäre, das Kaufangebot an die Beklagten weiterzuleiten, hätte der
Kläger dies jedenfalls nachträglich genehmigt. Das Bezirksamt Treptow-Köpenick von
Berlin hat in dem an beide Beklagten übersandten Schreiben vom 15. Februar 2006
(Anlage K 13) auf das vom Notar … übermittelte notariell beurkundete Erwerbsangebot
des Klägers Bezug genommen und nochmals seinen Standpunkt zum Erwerbsanspruch
erläutert. Die nachträgliche Genehmigung der - unterstellt - nicht autorisierten
Weiterleitung des Erwerbsangebots durch den Notar war auch zulässig, weil es sich nicht
um ein einseitiges Rechtsgeschäft im Sinne des § 180 BGB handelt. Die Vorschriften der
§§ 179, 180 BGB finden zwar nach überwiegender Ansicht entsprechende Anwendung
auf einen Erklärungsboten, jedoch wird anders als die Annahmeerklärung der
Vertragsantrag von §§ 174, 180 BGB (siehe von Staudinger/Schilken, Neubearbeitung
2004, § 174 RdNr. 2) nicht erfaßt, obgleich er Teil eines zweiseitigen Rechtsgeschäfts ist,
weil er frei abgelehnt werden kann.
Ein Verweigerungsrecht nach § 3 Abs. 2 VerkFlBerG steht den Beklagten nicht zu, da
kein Grund für die Annahme ersichtlich ist, daß die öffentliche Nutzung der
verfahrensgegenständlichen Fläche - als Straßenverkehrsfläche - nicht länger als fünf
Jahre fortdauern wird. Das Landgericht hat nicht, wie die Beklagten fehlsam meinen, ihre
Darlegungspflicht überspannt. Ungeachtet dessen, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt
noch nicht konkret abgesehen werden kann, ob und wann der beabsichtigte und sich in
der Planung befindliche Ausbau der Straße “…" tatsächlich realisiert wird, spricht nichts
dafür, daß nach der Baumaßnahme die öffentliche Nutzung der streitgegenständlichen
Grundstücksfläche entfällt. Mit Recht hat das Landgericht darauf abgestellt, daß nach
der Lebenserfahrung eine Erweiterung einer Straße regelmäßig gerade nicht zu einer
Freigabe von bisher öffentlich genutzten Flächen führt. Es besteht vielmehr Grund für die
Annahme, daß im Falle der Realisierung der Ausbaupläne innerhalb der Frist von fünf
Jahren sich die Intensität der Nutzung der Grundstücksfläche eher erhöht.
III.
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 540 Abs. 2 ZPO vorliegen.
Auch wenn der BGH bereits zu Art. 233 § 2 a Abs. 9 EGBGB als Vorgängerregelung und
dort zur Frage der entsprechenden Anwendung auf Fälle, in denen das Grundstück in
Volkseigentum überführt worden ist, Stellung genommen hat, ist gleichwohl die
entsprechende Anwendung des VerkFlBerG auf derartige Fälle nicht höchstrichterlich
entsprechende Anwendung des VerkFlBerG auf derartige Fälle nicht höchstrichterlich
geklärt.
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