Urteil des KG Berlin vom 15.03.2017

KG Berlin: einstellung des verfahrens, dolus eventualis, beihilfe, ermittlungsverfahren, lieferung, zivilprozess, gehilfe, vermögensschaden, bereicherungsabsicht, beitrag

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Gericht:
KG Berlin 1.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 VAs 40/09, 1 VAs
40/09 - 1 Zs 1865/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 154 Abs 1 StPO, § 23 GVGEG
Leitsatz
Zur gerichtlichen Überprüfung einer vermeintlich objektiv willkürlichen Einstellung eines
Ermittlungsverfahrens nach § 154 Abs. 1 StPO im Verfahren gemäß §§ 23 ff EGGVG
Tenor
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird als unzulässig verworfen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Geschäftswert wird auf 3.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
Die Staatsanwaltschaft Berlin hat ein gegen den Antragsteller wegen des Verdachts des
versuchten Betruges geführtes Ermittlungsverfahren gemäß § 154 Abs. 1 StPO
eingestellt, weil die Strafe, die ihm - möglicherweise auch nur wegen Beihilfe zu diesem
Delikt – drohe, nicht beträchtlich ins Gewicht falle neben derjenigen, die er in einem
Strafverfahren zu erwarten habe, in dem er wegen Verbrechen und Vergehen gegen die
sexuelle Selbstbestimmung angeklagt ist. Mit seinem auf „§ 23 EGGVG analog“
gestützten Antrag auf gerichtliche Entscheidung begehrt der Antragsteller, die
Entscheidung der Staatsanwaltschaft dahin abzuändern, dass das Ermittlungsverfahren
nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wird. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen stehe
seine Unschuld eindeutig fest, sowohl was den Vorwurf des versuchten Betrugs als auch
eine etwaige Beihilfe betreffe. Die Einstellung nach § 154 Abs. 1 StPO sei deshalb
willkürlich und nicht hinnehmbar und müsse durch eine Einstellung gemäß § 170 Abs. 2
StPO ersetzt werden.
Der Antrag ist unzulässig.
1. Der Rechtsweg gemäß den §§ 23 ff EGGVG ist nicht eröffnet. Anträge nach diesen
Vorschriften können nur auf die Beseitigung, die Vornahme oder die Feststellung der
Rechtswidrigkeit eines Justizverwaltungsaktes im Sinne des § 23 Abs. 1 EGGVG gerichtet
werden. Maßnahmen der Staatsanwaltschaft, die sich - wie hier die Einstellung des
Ermittlungsverfahrens nach § 154 Abs. 1 StPO - auf die Einleitung, Durchführung,
Gestaltung oder Beendigung eines Strafverfahrens beziehen, stellen keine den Einzelfall
regelnde Verwaltungsakte, sondern Prozesshandlungen dar, die der richterlichen
Kontrolle nur nach Maßgabe der abschließenden Regelungen der Strafprozessordnung
unterliegen und damit einer Überprüfung nach den §§ 23 ff EGGVG entzogen sind. Dies
entspricht verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG NStZ 1984, 228; NJW 1984,
1451; NJW 1985, 1019) der ständigen Rechtsprechung des Kammergerichts (vgl. etwa
Senat, Beschluss vom 3. Mai 2007 – 1 VAs 33/07 – bei juris) und der ganz herrschenden
Meinung (vgl. LR/Böttcher, StPO 25. Aufl., § 23 EGGVG Rdn. 53 m.w.N.).
2. Der Antragsteller stellt die Richtigkeit dieser Rechtsauffassung nicht in Frage. Er hält
jedoch in Übereinstimmung mit einer in der Literatur vertretenen Ansicht (Heinrich in
NStZ 1996, 110, 115) eine analoge Anwendung der §§ 23 ff EGGVG ausnahmsweise
dann für geboten, wenn die beanstandete Prozesshandlung der Staatsanwaltschaft
„objektiv willkürlich“, d.h. unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar und
schlechthin unhaltbar ist.
3. Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Entscheidungen (BVerfGE 51, 176,
184; NStZ 2004, 447; NJW 1984, 1451; NStZ 1984, 228) zum Ausdruck gebracht, dass
es mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG dazu neigt, eine Ausnahme von dem Grundsatz der
Unanfechtbarkeit staatsanwaltschaftlicher Prozesshandlungen zu bejahen, wenn ein
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Unanfechtbarkeit staatsanwaltschaftlicher Prozesshandlungen zu bejahen, wenn ein
Verstoß gegen das Willkürverbot geltend gemacht wird (vgl. LR/Böttcher aaO, § 23
EGGVG Rdn. 112). Die für die Zulässigkeit eines jeden Rechtsbehelfs erforderliche
Beschwer des Betroffenen hat es im Falle einer Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO dann
für gegeben erachtet, wenn diese nach Aktenlage ersichtlich schlechthin unhaltbar sei
und mit der Versagung der Erstattung notwendiger Auslagen einhergehe (vgl. BVerfG
NJW 1997, 46). Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass ein Beschuldigter durch eine
Einstellung nach § 154 StPO zwar grundsätzlich nicht beschwert sei, es jedoch anders
liege, wenn seine Unschuld „eindeutig feststeht“ (BGH wistra 2007, 31).
Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht bislang noch nicht entschieden, in welchem
Verfahren ein Betroffener die Überprüfung einer von ihm als objektiv willkürlich
empfundenen Verfahrenseinstellung nach § 154 StPO geltend machen kann. Denkbar
wäre es auch, eine entsprechende Anwendung des § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO zu erwägen
(vgl. LR/Böttcher aaO, § 23 EGGVG Rdn. 112). Das Bundesverfassungsgericht hat nicht
ausgesprochen, dass die Überprüfung analog den §§ 23 ff EGGVG durch das
Oberlandesgericht zu geschehen habe. Seine Entscheidung in NJW 1997, 46 erging in
einem Fall, in dem der Betroffene gegen die Auslagenentscheidung in einem
richterlichen Beschluss nach § 154 Abs. 2 StPO unmittelbar Verfassungsbeschwerde
eingelegt hatte. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in wistra 2007, 31 brauchte
sich ebenfalls nicht damit auseinanderzusetzen, ob das Oberlandesgericht entsprechend
den §§ 23 ff EGGVG die Verfahrenseinstellung auf objektive Willkür zu überprüfen habe.
Dort hatte sich der Betroffene (erfolglos) mit einer Gegenvorstellung gegen eine
Einstellung des Verfahrens nach § 154 Abs. 2 StPO im Revisionsrechtszug gewandt.
4. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob die Auffassung zutrifft, dass der Rechtsweg
nach den §§ 23 ff EGGVG analog eröffnet sei, wenn die Einstellung eines
Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft sich als objektiv willkürlich erweise.
Auch nach dieser Rechtsansicht kann der verfahrensgegenständliche Antrag auf
gerichtliche Entscheidung keinen Erfolg haben. Denn die Staatsanwaltschaft Berlin hat
nicht objektiv willkürlich gehandelt.
Die Staatsanwaltschaft Berlin hat den zur Anklageerhebung genügenden Anlass im
Sinne des § 170 Abs. 1 StPO nicht bejaht, weil es zu einer abschließenden Beurteilung,
ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen (vgl. dazu Meyer-Goßner, StPO 52.
Aufl., § 170 Rdn. 1 und § 203 Rdn. 2), weiterer Ermittlungen bedurft hätte. Sie durfte
gleichwohl von einer Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO absehen und das
Verfahren nach § 154 Abs. 1 StPO einstellen. Bei der Bejahung oder Verneinung des
hinreichenden Tatverdachts geht es um die Anwendung eines unbestimmten
Rechtsbegriffs mit einem nicht unerheblichen Beurteilungsspielraum (vgl. BVerfG NStZ
2002, 606; BGH NStZ 1988, 510; BGH NJW 1970, 1543; KK/Schmid, StPO 6. Aufl., § 170
Rdn. 4). Eine willkürliche Überschreitung dieses Beurteilungsspielraums könnte nur dann
angenommen werden, wenn eine Einstellung des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 StPO
nicht mehr verständlich ist, weil die Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO die einzig
richtige Entscheidung darstellte (vgl. BGH NStZ 1988, 510; BGH NJW 1970, 1543). Dies
wiederum wäre dann der Fall, wenn gegen den Beschuldigten kein (Anfangs-) Verdacht
mehr bestünde. Denn ein Vorgehen nach § 154 Abs. 1 StPO setzt zumindest das
(Weiter-) Bestehen eines Anfangsverdachts, also des Vorliegens zureichender
tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Strafbarkeit im Sinne des § 152 Abs. 2 StPO voraus;
steht die Unschuld fest, muss das Verfahren nach § 170 Abs. 2 eingestellt werden (vgl.
BGH NStZ 1988, 510; BGH NJW 1970, 1543; BGH wistra 2007, 31). Die
Staatsanwaltschaft ist jedoch nicht verpflichtet, die gesamte Sache „durchzuermitteln“,
um erst zum Ende der vollständig geführten Ermittlungen eine Entscheidung nach den
§§ 154 Abs. 1 oder 170 Abs. 2 StPO zu treffen (vgl. KK/Schoreit aaO, § 154 Rdn. 22;
KK/Schmid aaO, § 170 Rdn. 18; jew. m.w.N.). Dies ergibt sich ebenfalls aus Nr. 101
RiStBV, wonach die Staatsanwaltschaft in einem möglichst frühen Verfahrensstadium
von der Möglichkeit eines Absehens von der Strafverfolgung nach § 154 Abs. 1 StPO
Gebrauch machen soll. Dem liegt der auf Konzentration und Beschleunigung der
Strafverfolgung gerichtete Normzweck zugrunde.
Weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen drängt sich im vorliegenden Fall
die Verneinung des fortbestehenden Anfangsverdachts auf, sodass die Einstellung nach
§ 170 Abs. 2 StPO die einzig vertretbare Entscheidung wäre. Die Annahme der
Staatsanwaltschaft Berlin, dass gegen Verantwortliche der beklagten P. GmbH der
Anfangsverdacht eines versuchten Prozessbetruges vorliege, an dem sich der
Antragsteller als Gehilfe beteiligt habe, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Sie liegt
innerhalb des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums.
a) Nach der Aktenlage ist der Antragsteller ein Angestellter der in einem vor dem
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a) Nach der Aktenlage ist der Antragsteller ein Angestellter der in einem vor dem
Landgericht Berlin anhängigen Rechtsstreit beklagten und widerklagenden P. GmbH. Die
Parteien streiten in tatsächlicher Hinsicht insbesondere über den Kenntnisstand der
Beklagten betreffend den Entzug einer Zertifizierung der von ihr bei der Klägerin
bestellten Rauchmelder zu einem Kaufpreis von über 180.000 Euro zu einem
bestimmten Zeitpunkt, ferner darüber, ob die Beklagte auch nach Kenntnis des
Umstandes, dass den Rauchmeldern bereits die Zertifizierung entzogen worden war,
weiterhin auf der Lieferung einer erheblichen Zahl von Rauchmeldern bestanden habe
und schließlich, ob diese Rauchmelder im Auftrag der Klägerin tatsächlich an die
Beklagte geliefert wurden. Zum Beweis ihres (Gegen-) Vorbringens benannte die
Beklagte den Antragsteller, der die entsprechenden Bestellungen aufgegeben haben
soll, mit dessen Einverständnis als Zeugen. Der Antragsteller wurde vom Landgericht in
dem Zivilprozess noch nicht als Zeuge vernommen. Eine abschließende Entscheidung
des Gerichts ist noch nicht ergangen. Die Klägerin hat bei der Staatsanwaltschaft Berlin
gegen den Geschäftsführer der Beklagten sowie gegen den Antragsteller jeweils
Strafanzeige wegen versuchten Betruges gestellt, da der Vortrag der Beklagten, es habe
gar keine Lieferung der Rauchmelder gegeben, eine versuchte Täuschung des Gerichts
und daher einen versuchten Prozessbetrug darstelle. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat
in einem Vermerk vom 9. April 2009 (Bl. 1 Bd. III d.A.) und in dem die Einstellung des
Verfahrens begleitenden Vermerk vom 15. Juni 2009 (Bl. 14 Bd. III d.A.) niedergelegt,
dass gegen den Antragsteller (jedenfalls) der konkrete Anfangsverdacht einer Beihilfe
zum versuchten Prozessbetrug fortbestehe.
b) Danach erscheint es möglich, dass die Tatsachendarstellung der Klägerseite
zutreffend und die Tatsachenbehauptungen der Beklagten (bewusst) falsch sind. Aus der
Aktenlage lässt sich hinsichtlich des tatsächlichen Vortrags der Parteien im Zivilprozess
(noch) kein eindeutiges Bild gewinnen, woraus sich die Richtigkeit des Vortrages einer
Partei zwingend ableiten ließe. Vielmehr tragen die Parteien jeweils streitig vor und
ziehen aus den jeweils vorgelegten Dokumenten unterschiedliche, einander
widersprechende Schlüsse. Dabei stützt die Beklagte, die Arbeitgeberin des
Antragstellers, ihren Vortrag auch auf die Benennung des Antragstellers als Zeugen.
Soweit der Antragsteller auf bestimmte Dokumente verweist, aus denen sich die
Richtigkeit des Vortrags der Beklagten über bestimmte Lieferdaten ergeben soll, hat die
Staatsanwaltschaft vertretbar in zwei Vermerken festgehalten, dass dies wegen der
Widersprüchlichkeit der auf diesen Dokumenten genannten Daten nicht zwingend ist (Bl.
1 Bd. III und Bl. 193 Bd. II d.A.). Es ist daher nicht unhaltbar, dass die Staatsanwaltschaft
von der Möglichkeit ausgeht, dass sich der Vortrag der Beklagten und damit die noch
ausstehenden Bekundungen des Antragstellers als falsch erweisen und eine vorsätzliche
Täuschung vorliegen könnte, zumal der Antragsteller ausweislich des
Bundeszentralregisterauszuges vom 12. Januar 2009 einschlägig vorbestraft ist; er
wurde wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in 48 Fällen zu einer
mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Eine endgültige Klärung der tatsächlichen
Umstände könnte erst im Rahmen der weiteren Ermittlungen erfolgen.
c) Geht man bei dieser Sachlage mit der Staatsanwaltschaft von der Möglichkeit des
bewusst falschen Vortrages der Beklagten aus, liegt der Anfangsverdacht der Erfüllung
aller Voraussetzungen eines Betrugsversuches vor:
aa) Die von den Verantwortlichen der beklagten P. GmbH gewollte Täuschungshandlung
kann bereits in dem Einreichen des gegenbeweislich substantiiert bestreitenden
Schriftsatzes, in dem Behauptungen tatsächlicher Art aufgestellt werden, liegen. Zwar
stellt das schlichte Bestreiten des gegnerischen Vortrags noch keine
Täuschungshandlung dar; erfolgt jedoch substantiierter Vortrag einer Partei, muss
dieser, wie sich aus § 138 ZPO ergibt, wahrheitsgemäß und vollständig sein (vgl. Fischer,
StGB 57. Aufl., § 263 Rdn. 44; Sch/Sch/Cramer/Perron, StGB 27. Aufl., § 263 Rdn. 70;
Thomas/Putzo/Reichold, ZPO 29. Aufl., § 138 Rdn. 1 ff).
bb) Die Vermögensverfügung soll beim versuchten Prozessbetrug nach der Vorstellung
des Täters der Richter als Getäuschter und als Entscheidender vornehmen. Das für den
Dreiecksbetrug erforderliche Näheverhältnis des Verfügenden zu dem geschädigten
Vermögen ergibt sich aus der hoheitlichen Stellung des Richters im gesetzlich
ausgestalteten Gerichtsverfahren (vgl. Fischer aaO, § 263 Rdn. 43 f, 79 ff, 85; SSW-
StGB/Satzger, § 263 Rdn. 133).
cc) Die erstrebte Entscheidung zum Nachteil der Klägerin würde einen
Vermögensschaden zumindest in Gestalt einer schadensgleichen
Vermögensgefährdung darstellen. Soweit der Antragsteller vorträgt, es sei noch nicht zu
einem Vermögensschaden gekommen, weil bisher noch kein klageabweisendes Urteil
ergangen ist, hindert dies die Annahme eines versuchten Betruges nicht. Es kommt
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ergangen ist, hindert dies die Annahme eines versuchten Betruges nicht. Es kommt
auch nicht darauf an, ob der Richter seine Entscheidung überhaupt auf die falschen
Angaben stützt oder zu stützen beabsichtigt, denn in diesem Fall läge ein zwar
untauglicher, aber gleichwohl strafbarer Versuch vor, da es auf das subjektive
Vorstellungsbild des Täters ankommt (vgl. SSW-StGB/Kudlich/Schuhr, § 22 Rdn. 21).
dd) In subjektiver Hinsicht muss der Täuschende beim versuchten Prozessbetrug alle
objektiven Tatbestandsmerkmale in seinen Tatentschluss aufgenommen und zumindest
in Kauf genommen haben, dass infolge des falschen Vortrages eine unrichtige
Entscheidung ergeht, die zu einem wenigstens teilweisen Prozessverlust der anderen
Partei führt, der damit ein tatsächlich begründeter Zahlungsanspruch entgeht. Zudem
muss der Täter in der Absicht, sich stoffgleich zu bereichern, und in der Vorstellung der
Rechtswidrigkeit der erstrebten Bereicherung gehandelt haben. Auch insoweit ist die aus
dem Akteninhalt gewonnene Annahme eines Anfangsverdachts nicht zu beanstanden.
Die noch ungeklärten und gerade nicht offensichtlichen tatsächlichen Umstände zwingen
die Staatsanwaltschaft auch nicht zu dem Schluss, dass ein strafloser (vgl.
LK/Tiedemann, StGB 11. Aufl., § 263 Rdn. 231) „Selbsthilfebetrug“ vorliege, bei dem der
vom Kläger geltend gemachte Anspruch in Wahrheit nicht besteht und der Beklagte ein
falsches Beweismittel mit dem Ziel der Abwehr eines nicht bestehenden Anspruchs
eingeführt hat.
ee) Das unmittelbare Ansetzen liegt beim Versuch des Prozessbetruges bereits in dem
Einreichen des Schriftsatzes, in dem die in tatsächlicher Hinsicht falschen Angaben
enthalten sind (vgl. BGH bei Dallinger, MDR 1975, 196; BayObLG NJW 1996, 408; OLG
Bamberg NStZ 1982, 247; SSW-StGB/Satzger, § 263 Rdn. 256; MüKo/Hefendehl, § 263
Rdn. 749; LK/Tiedemann aaO, § 263 Rdn. 279).
ff) Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe sind bisher nicht ersichtlich.
d) Die Staatsanwaltschaft hat vertretbar auch das Fortbestehen eines Anfangsverdachts
für eine vom Antragsteller geleistete Beihilfe (§ 27 StGB) bejaht. Denn dafür genügt
jeder Beitrag, der die Herbeiführung des Taterfolgs durch den Haupttäter objektiv fördert
oder erleichtert, ohne dass er für den Erfolg selbst ursächlich sein muss (vgl. BGHSt 46,
107, 109). Dabei ist eine Beihilfe zum Betrug bereits während des
Vorbereitungsstadiums möglich, wobei es in subjektiver Hinsicht genügt, wenn der
Gehilfe eine grobe Vorstellung von der Haupttat hat und davon ausgeht, dass sein
Beitrag vom Haupttäter zu Manipulationen genutzt werde, die auf die Erlangung
rechtswidriger Vermögensvorteile gerichtet sind; eine eigene Bereicherungsabsicht ist
bei dem Gehilfen nicht erforderlich (vgl. BGHSt 42, 135; SSW-StGB/Satzger, § 263 Rdn.
265). Hinsichtlich der Bereicherungsabsicht des Haupttäters genügt dolus eventualis des
Gehilfen (vgl. SSW-StGB/Satzger, § 263 Rdn. 266; LK/Tiedemann aaO, § 263 Rdn. 288).
Als eine die Haupttat fördernde Handlung im Sinne des § 27 StGB durfte die
Staatsanwaltschaft nach diesen Grundsätzen die Einverständniserklärung des
Antragstellers werten, die von der Beklagten aufgestellten Behauptungen
zeugenschaftlich zu bekunden. Es drängt sich auf, dass der Antragsteller eine solche
Erklärung gegenüber den Verantwortlichen der beklagten P. GmbH abgegeben hat,
bevor das entsprechende Beweisangebot dem Landgericht mitgeteilt worden ist. Denn
der Antragsteller selbst hat im Ermittlungsverfahren vortragen lassen (Bl. 26 Bd. III d.A.),
dass es in Zivilprozessen üblich sei, vor der Benennung eines Mitarbeiters mit diesem
das Gespräch zu suchen, ob er bereit sei, als Zeuge auszusagen. Sollte sich der
tatsächliche Vortrag der Beklagten als wahrheitswidrig erweisen, liegt es nahe, dass der
Antragsteller nicht nur gutgläubig Falsches bekunden, sondern bewusst eine unrichtige
Aussagen in Aussicht stellen und damit seinem Arbeitgeber helfen wollte.
e) Schließlich begründet auch der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft, wie der
Antragsteller behauptet, in anderen vergleichbaren Fällen anders verfahren sei, für sich
allein nicht den Vorwurf der Willkür (vgl. BVerfGE 21, 245, 261; 51, 176, 184; LR-Böttcher
aaO, § 23 EGGVG Rdn. 112).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 30 Abs. 1 EGGVG, 130 KostO. Die
Festsetzung des Geschäftswertes ergibt sich aus den §§ 30 Abs. 3 EGGVG, 30 KostO.
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