Urteil des KG Berlin vom 14.03.2017

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Gericht:
KG Berlin 3.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 AR 217/05 - 3 Ws
97/05, 1 AR 217/05, 3
Ws 97/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 170 Abs 2 StPO, § 406g Abs 1
StPO
Verletztenbeistand: Rückwirkende Bestellung eines Beistandes
für den Verletzten im Ermittlungsverfahren trotz späterer
Verfahrenseinstellung
Leitsatz
Rückwirkende Bestellung eines Beistandes für Verletzten im Ermittlungsverfahren trotz
Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO, wenn Antrag früher gestellt und zu diesem Zeitpunkt die
Voraussetzungen für die Bestellung vorlagen.
Tenor
Auf die Beschwerde der Verletzten, ..., wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom
20. Januar 2005 aufgehoben. Der Beschwerdeführerin wird Frau Rechtsanwältin U. für das
Vorverfahren als Beistand bestellt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen
Auslagen der Beschwerdeführerin trägt die Landeskasse Berlin.
Gründe
Die Beschwerdeführerin hat am 14. August 2003 angezeigt, am selben Tage zwischen
um 1.30 und 2.00 Uhr in ... Berlin, E.-Straße, von einem ihr unbekannten Mann in ein
dortiges Gebüsch gestoßen und vergewaltigt worden zu sein. Mit Schreiben vom 7.
Oktober 2003 beantragte sie, ihr Frau Rechtsanwältin U. für das Vorverfahren als
Beistand beizuordnen. Nachdem die Staatsanwaltschaft Berlin das Verfahren durch
Bescheid vom 1. Juni 2004 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hatte und die Beschwerde
der Verletzten durch Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft Berlin vom 27. Juli 2004
verworfen worden war, hat das Landgericht ihren Beiordnungsantrag durch Beschluss
vom 20. Januar 2005 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete, nach § 304 Abs. 1 StPO
zulässige Beschwerde der Verletzten hat Erfolg.
Nach § 406 g Abs. 1 StPO kann sich, wer nach § 395 StPO zum Anschluss als
Nebenkläger befugt ist, auch schon vor Erhebung der öffentlichen Klage des Beistands
eines Rechtsanwaltes bedienen, dessen Bestellung sich nach § 397a StPO richtet (§
406g Abs. 3 StPO). Da ein Anfangsverdacht eines Verbrechens nach § 395 Abs. 1 Nr. 1
Buchstabe a StPO bestand, der sich was nicht zwingend erforderlich ist [vgl. LG Baden-
Baden NStZ-RR 2000, 52] - gegen eine bestimmte Person richtete, lagen entgegen der
Ansicht der Strafkammer die Voraussetzungen der Beiordnung zumindest zum
Zeitpunkt der Antragstellung vor und dem Antrag hätte entsprochen werden müssen.
Erst die nachfolgenden Ermittlungen, insbesondere die erneute Vernehmung der
Verletzten am 14. Oktober 2003, zwei kriminaltechnische Untersuchungsaufträge vom
selben Tage, die Vernehmung des Beschuldigten am 2. Dezember 2003, seiner
Freundin, der Zeugin H., am 15. Januar 2004 und ein molekulargenetischer Vergleich
seiner Speichelprobe mit einem Zigarettenrest am 24. März 2004 führten zur Einstellung
des Verfahrens. Zwar ist in aller Regel eine Beiordnung nach rechtskräftigem Abschluss
des Vorverfahrens ebenso wenig möglich wie die Beiordnung rückwirkende Kraft
entfaltet, dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Wenn ein ordnungsgemäß angebrachter
und zunächst auch begründeter Antrag nicht rechtzeitig beschieden worden ist, ist eine
auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirkende Beiordnung auch noch später
zulässig [vgl. Meyer-Goßner, StPO 47. Aufl., § 397a Rdn. 15]. So liegt der Fall hier, denn
dem Antrag hätte bereits im Herbst 2003 entsprochen werden können, so dass die
Untätigkeit nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin gehen kann.
Ihr war daher - wie geschehen - Frau Rechtsanwältin U. für das Vorverfahren als Beistand
beizuordnen.
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beizuordnen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels und die insoweit entstandenen
notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin folgt aus entsprechender Anwendung
des § 467 Abs. 1 StPO.
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