Urteil des KG Berlin vom 04.02.2009
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Gericht:
KG Berlin 4.
Strafsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
(4) 1 Ss 211/09
(148/09)
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 249 Abs 1 StPO, § 261 StPO
Beweiswürdigung im Strafverfahren: Einführung von
Schriftstücken in die Hauptverhandlung
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin
vom 4. Februar 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der
Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten wegen Betruges zu einer Geldstrafe
von 40 Tagessätzen zu je 15,00 € verurteil. Die Revision des Angeklagten hat mit einer
Verfahrensrüge Erfolg, so dass es des Eingehens auf die Rüge der Verletzung sachlichen
Rechts nicht bedarf.
1. Mit der erhobenen Verfahrensrüge, das Amtsgericht habe sich bei der Urteilsfindung
auf Urkunden bzw. Schriftstücke gestützt, die nicht ordnungsgemäß auf dem Wege der
§§ 249, 256 StPO in die Hauptverhandlung eingeführt worden seien, macht der
Angeklagte geltend, das Amtsgericht habe seine Überzeugung nicht ausschließlich aus
dem Inbegriff der Hauptverhandlung gewonnen und rügt damit einen Verstoß gegen §
261 StPO.
Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte dem Zeugen F. als Vermieter
neben einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung drei Lohnbescheinigungen der „T. A.“,
bei der er nie beschäftigt war, zum Beweis seiner Bonität vorgelegt, um den Zeugen
dazu zu bewegen, ihm eine Wohnung zu vermieten.
Ausweislich der Urteilsgründe hat sich der Angeklagte selbst in der Hauptverhandlung
nicht zur Sache eingelassen. Seine Überzeugungsbildung bezüglich des dem
Angeklagten vorgeworfenen Betrugstatbestandes hat das Amtsgericht wesentlich auf
die gefälschten oder zumindest inhaltlich unrichtigen Lohnbescheinigungen der „T. A.“
gestützt. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls, dem im Hinblick auf die
wesentlichen Förmlichkeiten der Verlesung einer Urkunde und der
Augenscheinseinnahme auch eine negative Beweiskraft zukommt (vgl. BGH wistra 1992,
30; KG, Beschluss vom 8. August 1998, 3 Ws (B) 423/98 und OLG Celle, Beschluss vom
9. Dezember 2008, 322 SsRs 284/08 [bei juris]), ist belegt, dass eine Verlesung der
Lohnbescheinigungen nicht erfolgt ist. Damit hat das Landgericht Beweismittel, die
tatsächlich nicht in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind, entgegen § 261 StPO
zur gerichtlichen Überzeugungsbildung herangezogen, denn als Inbegriff der
Hauptverhandlung darf nur das verwertet werden, was zum Gegenstand der
Verhandlung gemacht worden ist (Meyer-Goßner, StPO, 51. A. § 261 Rdnr. 5; Thüring.
OLG, Beschluss vom 17. Oktober 2007, 1 Ss 252/07 und OLG Celle a.a.O.[bei juris]). Die
Generalstaatsanwaltschaft führt zu Recht aus, dass die Einführung der Bescheinigungen
zwar auch durch einen – nicht zu protokollierenden – Vorhalt hätte erfolgen können, dies
aber im vorliegenden Fall auszuschließen ist. Weder die gehörten Zeugen F. als
Vermieter noch die Zeugen H. - Hausleiter der Firma K. - und B. - Verwalter einer
früheren Wohnung des Angeklagten - konnten aus eigenem Wissen etwas dazu
bekunden, ob die Lohnbescheinigungen der „T. A.“ gefälscht oder inhaltlich unrichtig
waren, weil weder aus den Urteilsgründen noch sonst ersichtlich ist, dass die Zeugen in
einer Verbindung zu der „T. A.“ stehen.
Das Urteil kann auch auf diesem Verstoß beruhen (§ 337 StPO). Zwar hat der
Angeklagte den Urteilsfeststellungen zufolge auch die
Mietschuldenfreiheitsbescheinigung vorgelegt. Die Urteilsgründe belegen aber nicht, ob
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Mietschuldenfreiheitsbescheinigung vorgelegt. Die Urteilsgründe belegen aber nicht, ob
diese Mietschuldenfreiheitsbescheinigung gefälscht oder inhaltlich unrichtig war.
2. Das angefochtene Urteil war daher mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache
gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine
andere Abteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen. Der von dem Angeklagten
gewünschte Freispruch kommt nicht in Betracht, weil nicht auszuschließen ist, dass
aufgrund der neuen Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden können, die den
Schuldspruch des Betruges tragen. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass die Vorlage
einer Gefälligkeitsmietschuldenfreiheitsbescheinigung erst dann den Tatbestand des
Betruges erfüllen kann, wenn dem Angeklagten nachgewiesen wird, dass er bereits bei
Vertragsschluss wusste, dass er die Miete nicht zahlen kann.
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