Urteil des KG Berlin vom 27.02.2004

KG Berlin: operation, befund, versicherung, anfang, läsion, schmerzensgeld, verjährungsfrist, assistenzarzt, voruntersuchung, vergleich

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Gericht:
KG Berlin 8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 U 110/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 852 BGB
Arzthaftung: Verjährung ab Kenntnis des Verletzten von dem
Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 27. Februar 2004 verkündete Urteil der
Zivilkammer 36 des Landgerichts Berlin wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass
dem Kläger gegen den Beklagten kein Anspruch auf Ersatz derjenigen Schäden zusteht,
die ihm dadurch entstanden sind und zukünftig entstehen könnten, dass eventuelle
Ansprüche gegen das Krankenhaus und die behandelnden Ärzte auf Zahlung von
Schmerzensgeld und Ersatz immaterieller Schäden aus der Operation vom 30. Mai 1997
im … inzwischen verjährt sein könnten. Denn die Verjährung wäre dem Beklagten nicht
als Folge einer Verletzung der ihm gegenüber dem Kläger aus dem Anwaltsvertrag
obliegenden Pflichten zuzurechnen.
Der Beklagte hat die entsprechenden Ansprüche des Klägers entgegen der
Rechtsauffassung des Klägers nicht verjähren lassen, denn die in erster Instanz
streitgegenständlichen Ansprüche des Klägers auf Zahlung von Schmerzensgeld (§ 847
BGB a.F.) könnten frühestens Anfang Juni 2002 verjährt sein und damit erst zu einer
Zeit, zu der das zwischen den Parteien bestehende Mandatsverhältnis bereits seit mehr
als sechs Monaten beendet war.
Gemäß § 852 BGB a.F. verjährt der Anspruch auf Ersatz des aus einer unerlaubten
Handlung entstandenen Schadens in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der
Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt.
Soweit es um eventuelle Ansprüche des Klägers gegen den operierenden Oberarzt …
und dessen ersten Assistenzarzt … geht, konnte der Beginn der Verjährung nicht vor
dem 26. Januar 1999 beginnen, denn erst an diesem Tag erhielt der Beklagte die vom …
angeforderten Krankenunterlagen, aus denen sich die Namen der operierenden Ärzte
ergaben. Der Beklagte hat in erster Instanz mehrfach unbestritten vorgetragen, dass
der Kläger keine Angaben zu dem operierenden Arzt machen konnte und dass er die
Namen der operierenden Ärzte erstmals den ihm am 26. Januar 1999 zugesandten
Unterlagen entnehmen konnte. Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz erstmals
vorträgt, der ausführende Operateur sei ihm seit dem 30. Mai 1997 in Person bekannt,
ist er mit diesem Vortrag gemäß § 531 Abs.2 Ziffer 3 ZPO ausgeschlossen.
Am 26. Januar 1999 war die Verjährung wegen der zwischen der … Versicherung und
dem Beklagten geführten Verhandlung gemäß § 852 Abs.2 BGB a.F. gehemmt (Palandt-
Thomas, BGB, 61. Auflage, § 852, Rdnr.18). Die dreijährige Verjährungsfrist begann
frühestens im Juni 1999, als die … Versicherung gegenüber dem Beklagten mit
Schreiben vom 7. Juni 1999 eine Haftung ablehnte, zu laufen, so dass tatsächlich
frühestens Anfang Juni 2002 Verjährung eingetreten ist.
Soweit es um eventuelle Ansprüche des Klägers gegen das … sowie den Assistenzarzt
geht, hat der Kläger selbst mit Schriftsatz vom 17. Juni 2003 vorgetragen, dass eine
derartige Klage von vornherein ohne jede Aussicht auf Erfolg gewesen sei, da ein
Organisationsverschulden des Krankenhauses oder ein etwaiges Mitverschulden des
Assistenzarztes nicht ersichtlich gewesen sei.
Darüber hinaus wäre aber auch bezüglich eventueller Ansprüche gegen das …
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Darüber hinaus wäre aber auch bezüglich eventueller Ansprüche gegen das …
frühestens Anfang Juni 2002 Verjährung eingetreten.
Der Kläger hat nicht vor Übersendung der Krankenunterlagen am 26. Januar 1999 von
dem Schaden Kenntnis erlangt. Aber selbst mit Übersenden der Krankenunterlagen
lagen die Voraussetzungen für den Beginn der Verjährungsfrist gemäß § 852 Abs.1 BGB
a.F. nicht vor, denn aus den Krankenunterlagen geht der Schaden i.S.v. § 852 Abs.1 BGB
a.F. nicht hervor. Der Kläger hat nach wie vor nicht schlüssig vorgetragen, dass die
Beeinträchtigungen, unter denen er seit der Operation leidet, auf einen
Behandlungsfehler zurückzuführen sind. Der Beklagte bestreitet nicht die Ausführungen
der … Versicherung im Schreiben vom 7. Juni 1999, wonach eine Dehnung des Nervus
femoralis bei einer Hüftgelenks-Endoprothetik nicht ungewöhnlich ist und grundsätzlich
als nicht vermeidbar gilt. Er behauptet vielmehr der Nervus femoralis sei nicht nur
gedehnt, sondern durchtrennt worden. Das Durchtrennen des Nervus femoralis stelle
kein typisches Risiko bei einer Hüftoperation dar. Dass ein Durchtrennen des Nervus
femoralis kein typisches Risiko bei einer Hüftoperation darstellt, wird aber von
niemandem bestritten. Streitig ist, ob der Nervus femoralis überhaupt durchtrennt
worden ist. Anders als in dem vom Kläger zitierten, vom Bundesgerichtshof am 20.
September 1983 entschiedenen Fall (NJW 1984, 661) hat außer dem Kläger bzw. dessen
Prozessbevollmächtigten niemand zu irgendeinem Zeitpunkt von einer Durchtrennung
des Nervus femoralis gesprochen. Die Rede war stets nur von einer Läsion des Nervus
femoralis. Eine Läsion liegt aber auch bei einer bloßen – nicht vermeidbaren - Dehnung
vor. Darüber hinaus hat die Ärztin Dr. …, die der Kläger erstmals am 24. September
1997, also beinahe 5 Monate nach der Operation erstmals aufsuchte, in ihrem Attest
vom 14. Oktober 1997 ausgeführt, dass der Zusammenhang zwischen
Nervenschädigung und Operation geklärt werden müsse. Ebenso hat sie in ihrem an den
Beklagten gerichteten Schreiben vom 5. Februar 1999 ausgeführt, dass die Nervenläsion
laut Angaben des Patienten im Zusammenhang mit der Implantation einer TEP li.
aufgetreten sei und dass noch geklärt werden müsse, ob dieser Zusammenhang
ursächlich ist.
Die Behauptung des Klägers, der Nerv könne nicht nur gedehnt worden sein, weil eine
Reinkanalisierung des Nerves nicht stattgefunden habe wird bereits durch die
Ausführungen des Dr. … in seinem Befundbericht vom 3. Dezember 1997 widerlegt, in
dem von Zeichen der Reinnervation die Rede ist. Das vom Kläger eingereichte Schreiben
des Dr. … vom 22. März 2002 enthält eine abschließende Beurteilung, die – von wem
auch immer - geschwärzt worden ist. Trotz der Schwärzung ist aber lesbar, dass sich der
elektromyographische Befund im Vergleich zu einer Voruntersuchung im Oktober 1998
gebessert hat. Darüber hinaus enthält der Befund die – ungeschwärzte - Feststellung,
dass dem Kläger ein Gehen ohne Hilfe möglich ist. Dieser Befund steht im krassen
Widerspruch zu den Ausführungen in der Klageschrift, wonach der Kläger aufgrund einer
Muskellähmung nicht mehr ohne Krücken laufen könne.
Davon abgesehen findet die in der Klageschrift ausgeführte Behauptung, bei dem Kläger
habe sich infolge „dieser Schädigung“ eine depressive Symptomatik ausgebildet, in
keiner der hierzu eingereichten Unterlagen eine Stütze. In dem Ärztlichen Attest der
Frau Dr. … vom 29. Dezember 2000 wird ausgeführt, die depressive Symptomatik habe
sich in den letzten Wochen deutlich verstärkt. Wegen der Symptomatik nimmt sie Bezug
auf ein Gutachten der Frau … vom 25. August 2000 Bezug. Dieses Gutachten führt aber
aus, dass die Symptomatik des Klägers auf ein Kriegstrauma zurückzuführen sei.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen
Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713, ZPO.
Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache
grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543
Absatz 2 Satz 1 ZPO.
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