Urteil des KG Berlin vom 17.01.2003

KG Berlin: erlöschen, auflage, rückgabe, fälligkeit, handbuch, bösgläubigkeit, wohnraummiete, mietzins, link, sammlung

1
2
3
4
5
6
Gericht:
KG Berlin 8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 U 4/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 179 BGB
Vertretung der GmbH: Haftung wegen Vortäuschens der
weiteren Existenz nach Erlöschen der GmbH
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 17. September 2003 verkündete Urteil der
Zivilkammer 32 des Landgerichts Berlin wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.
Das Landgericht hat das Versäumnisurteil vom 17. Januar 2003 im Ergebnis zu Recht
gemäß § 343 Satz 1 ZPO aufrechterhalten.
Die gemäß § 2212 BGB aktivlegitimierte Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß § 812
BGB sowie gemäß §§ 987, 990 BGB einen Anspruch auf Zahlung von
Nutzungsentschädigung für die Monate September 2000 bis April 2001 in Höhe von
insgesamt (8 x 768,98 EUR) 6.151,86 EUR sowie auf Ersatz des für den Zeitraum
2000/2001 geltend gemachten Betrages für vom Beklagten verbrauchte Heizkosten in
Höhe von 301,80 EUR.
Entgegen den Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung
kommt § 179 Abs. 1 BGB als Haftungsgrundlage nicht in Betracht. Nach dem Vortrag
der Klägerin kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte nach dem 29.
Dezember 1995, dem Zeitpunkt, als die G G U GmbH (im folgenden G Berlin) wegen
Vermögenslosigkeit aus dem Handelsregister gelöscht wurde, mit der Klägerin einen
Vertrag geschlossen hat. Richtig ist, dass § 179 BGB entsprechend Anwendung findet,
wenn ein "Vertreter" über die Existenz einer GmbH täuscht und im Namen dieser nicht
mehr existierenden GmbH Verträge abschließt (Münchener Kommentar, BGB, 4.
Auflage, § 179 BGB, Rdnr.11; OLG München in OLGR 2003, 48). Im vorliegenden Fall
muss nach dem Vortrag der Klägerin zwar davon ausgegangen werden, dass der
Beklagte der Klägerin den Umstand, dass die G Berlin wegen Vermögenslosigkeit
gelöscht wurde verschwiegen hat. Er hat aber nach dem Erlöschen der G Berlin mit der
Klägerin keinen Vertrag geschlossen, sondern die Klägerin im Glauben gelassen, dass
der Vertrag mit der G Berlin fortbestehe.
Mit Erlöschen der G Berlin am 29. Dezember 1995 ist das Mietverhältnis zwischen ihr
und der Klägerin untergegangen (Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-,
Pacht- und Leasingrechts, 8. Auflage, Rdnr.1026).
Ein neuer Mietvertrag über die streitgegenständlichen Räume, sei es zwischen der
Klägerin und dem Beklagten, sei es zwischen der Klägerin und der G G für U g Betriebe
mbH (im folgenden G G) ist in der Folgezeit bis zur Rückgabe der Räume Ende April 2001
nicht zustande gekommen. Dass ein Mietverhältnis zwischen der Klägerin und dem
Beklagten zustande gekommen sei, wird von keiner der Parteien vorgetragen und ist
auch nicht ersichtlich. Soweit der Beklagte vorträgt, das Mietverhältnis sei zumindest
konkludent auf die von ihm gegründeten GmbHs übergegangen und es sei vereinbart
worden, dass ein neuer Vertrag nicht notwendig sei, da auch mit beiderseitigem
Einverständnis das Mietverhältnis ohne schriftlichen Vertrag bestehe, ist sein Vortrag
vollkommen unsubstantiiert. Es fehlt schon an jeglichem Vortrag darüber, wann er, der
Beklagte, der Klägerin mitgeteilt haben will, dass ihre Vertragspartnerin, die G Berlin
wegen Vermögenslosigkeit erloschen ist. Es fehlt auch jede Erklärung dazu, aufgrund
welchen Vertragsverhältnisses er, der Beklagte in der Zeit ab Erlöschen der G Berlin bis
zur Neugründung der G G die Räume in Besitz gehabt haben will. Ein Vertragsabschluss,
7
8
9
10
11
zur Neugründung der G G die Räume in Besitz gehabt haben will. Ein Vertragsabschluss,
sei es auch nur konkludent, zwischen der Klägerin und der G G setzt zumindest voraus,
dass die Klägerin überhaupt wusste, dass ihr eigentlicher Vertragspartner, nämlich die G
Berlin, gar nicht mehr existiert. Ohne diese Information bestand für die Klägerin gar
keine Veranlassung, ein neues Mietverhältnis zu begründen.
Da der Beklagte die streitgegenständlichen Räume nach Erlöschen des Mietvertrages
mit der G Berlin bis zur Rückgabe Ende April 2001 weitergenutzt hat, ohne hierzu
vertraglich berechtigt zu sein, ist er auf Kosten der Klägerin um den Nutzungswert der
Mietsache bereichert, so dass er diesen Nutzungswert nach § 812 BGB an den
Vermieter zu vergüten hat. Er schuldet eine Nutzungsentschädigung nach
Bereicherungsgrundsätzen, die regelmäßig dem objektiven Mietwert entspricht
(Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, V.A, Rdnr. 125,
126). Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der mit der G Berlin vereinbarte
und hier geltend gemachte Mietzins nicht dem objektiven Mietwert entspricht. Der
Beklagte ist gemäß § 812 BGB auch um die Kosten bereichert, die aufgrund der
Beheizung der Räume in dem streitgegenständlichen Zeitraum, angefallen sind und hat
daher auch die mit Heizkostenabrechnung für das Jahr 2000/2001 geltend gemachten
Kosten zu erstatten.
Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ist darüber hinaus auch gemäß §§ 987, 990
BGB begründet. Danach hat der bösgläubige Beklagte für die von ihm durch Nutzung
der streitgegenständlichen Räume gezogenen Gebrauchsvorteile Wertersatz zu leisten.
Dieser Wertersatz ist dem objektiven Mietwert gleichzusetzen (Palandt, BGB, 63.
Auflage, § 987, Rdnr.7). Als Gebrauchsvorteil ist auch die Beheizung der Räume
anzusehen, für die der Beklagte ebenfalls Wertersatz zu leisten hat. Von der
Bösgläubigkeit des Beklagten muss schon deshalb ausgegangen werden, weil er die
Klägerin über das Erlöschen der G Berlin zu keinem Zeitpunkt informiert hat.
Der Zinsanspruch, der nach Grund und Höhe nicht bestritten ist, ergibt sich aus §§ 284,
288 Abs.1 BGB. Die Fälligkeit der Nutzungsentschädigung nach § 812 BGB richtet sich
nach den mietvertraglichen Vereinbarungen zur Fälligkeit des Mietzinses (Bub/Treier,
a.a.O., V.A., Rdnr.126; BGH NJW 1974, 556).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen
Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713, ZPO.
Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen, da weder die Rechtssache
grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543
Absatz 2 Satz 1 ZPO.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum