Urteil des KG Berlin vom 14.03.2017

KG Berlin: kostenregelung, vergleich, erlass, beendigung, verwaltungsgebühr, sammlung, quelle, anwaltsgebühr, zustellung, link

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Gericht:
KG Berlin 1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 W 105/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 91 Abs 1 ZPO, § 344 ZPO, Nr
1210 GKVerz, Nr 1211 Nr 3
GKVerz, § 133 BGB
Kosten des Vergleichs: Auslegung der Kostenregelung eines
Vergleichs bei vorangegangenem Versäumnisurteil
Leitsatz
Die Kostenregelung eines gerichtlichen Vergleichs, nach der dem Kläger – bei
Kostenaufhebung im Übrigen – die Kosten des von ihm erwirkten, aber nicht in gesetzlicher
Weise ergangenen Versäumnisurteils zur Last fallen, ist gemäß §§ 133, 157 BGB dahin
auszulegen, dass der Kläger die auf den Fortfall der Ermäßigung der gerichtlichen
Verfahrensgebühr KV 1210 infolge des vorangegangenen Versäumnisurteils (KV 1211 Nr. 3)
entfallenden Mehrkosten allein zu tragen habe.
Tenor
In Änderung des angefochtenen Beschlusses werden die nach dem Vergleich vom
15.4.2005 von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf - nur - 85,50
EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
9.12.2005 festgesetzt.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Ihre außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Parteien selbst.
Die vom Beklagten zu tragende Gebühr für die teilweise Zurückweisung der Beschwerde
nach GKG-KV 1811 wird auf die Hälfte ermäßigt.
Gründe
Das Rechtsmittel ist zulässig und überwiegend begründet.
1. Der Beschwerdewert von über 200,00 Euro nach § 567 Abs. 2 ZPO ist erreicht. Das
Rechtsmittel richtet sich dagegen, dass zu erstattende Gerichtskosten gegen den
Beklagten auch insoweit (zu 1/2) festgesetzt worden sind, als es sich nach Auffassung
des Beklagten um „Kosten des Versäumnisurteils vom 29.10.2004“ handelt, die in der
Kostenregelung des Vergleiches vom 15.4.2005 der Klägerin allein auferlegt worden sind.
Dabei geht es um den Fortfall der Ermäßigung der gerichtlichen Verfahrensgebühr KV
1210 bei Beendigung des Verfahrens durch gerichtlichen Vergleich nach KV 1211 Nr. 3
infolge des Umstands, dass ein Versäumnisurteil vorausgegangen ist. Diese Ermäßigung
beträgt 2,0 Gebühren, so dass auf den Beklagten anteilig eine 1,0 Gebühr = 196,00 Euro
entfiele. Daneben geht es, wie der Beklagte klargestellt hat, um den Ansatz der
Verwaltungsgebühr von 25,00 Euro für die Auslandszustellung der Klageschrift. Unter
Berücksichtigung weiterer 12,50 Euro ist der Beschwerdewert für die sofortige
Beschwerde erreicht.
2. In Höhe von 196,00 Euro hat das Rechtsmittel Erfolg, so dass der gegen den
Beklagten festgesetzte Betrag entsprechend herabzusetzen ist.
Es trifft zwar zu - worauf die Rechtspflegerin abstellt -, dass die auf den Fortfall der
Ermäßigung nach GKG-KV 1211 Nr. 3 entfallende Differenz von 2 Gerichtsgebühren bei
wörtlichem Verständnis nicht zu den Kosten des Versäumnisurteils gerechnet werden
kann. Denn die gerichtliche Verfahrensgebühr KV 1210 wird durch den Erlass des
Versäumnisurteils nicht erhöht, sie würde lediglich bei Beendigung des gesamten
Verfahrens durch gerichtlichen Vergleich nach KV 1211 Nr. 3 ermäßigt, wenn das
Versäumnisurteil nicht vorausgegangen wäre.
Die im Vergleich getroffene Kostenregelung bedarf jedoch der Auslegung. Gerichtliche
Kosten im wörtlichen Sinne sind durch den Erlass des Versäumnisurteils nicht
entstanden. Zustellungskosten sind insoweit nicht angesetzt worden, die
Auslandszustellung betraf die Klageschrift. Die 5/10-Anwaltsgebühr nach § 38 Abs. 2
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Auslandszustellung betraf die Klageschrift. Die 5/10-Anwaltsgebühr nach § 38 Abs. 2
BRAGO, die entgegen § 344 ZPO die Klägerin tragen sollte, war bereits von der
Aufhebung der Kosten nach § 92 Abs. 1 ZPO erfasst, wonach jede Partei ihre eigenen
Kosten selbst zu tragen hatte. Das war kein Versehen bei der Formulierung des
Vergleichs, sondern beruhte ersichtlich darauf, dass der Beklagte in der
Einspruchsschrift geltend gemacht hatte, das Versäumnisurteil sei nicht in gesetzlicher
Weise ergangen (§ 335 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), so dass die Kostenfolge des § 344 ZPO nicht
gelte.
Die Kostenregelung des Vergleichs, dass die Klägerin die Kosten des von ihr in
unzulässiger Weise - durch Angabe einer unzutreffenden Auslandsanschrift des
Beklagten in der Klageschrift - erwirkten Versäumnisurteils zu tragen habe, sollte sich
vor diesem Hintergrund (§§ 133, 157 BGB) auf sämtliche durch das Versäumnisurteil
verursachten Mehrkosten beziehen, insbesondere also die gerichtlichen Mehrkosten, die
nach § 92 Abs. 1 Satz 2 ZPO sonst jeder Partei zur Hälfte zur Last fielen.
Dieser Auslegung des Vergleichs, die das Gericht in dem Schreiben vom 24.3.2006
dargelegt hat, ist die Klägerin auch nicht entgegengetreten.
3. Die gerichtliche Verwaltungsgebühr für die Auslandszustellung (Nr. 200 Anl. JV KostO)
ist unabhängig vom Erlass des Versäumnisurteils entstanden. Dass die Zustellung der
Klageschrift mit Ladung zum Termin vom 29.10.2004 unwirksam war und das
Versäumnisurteil daher nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist, rechtfertigt es nicht, die
Kostenregelung des Vergleichs ohne Anhaltspunkte im Wortlaut dahin auszulegen, dass
die Klägerin auch diese Kosten allein zu tragen habe.
Es handelt sich vielmehr um - sonstige - Kosten des Rechtsstreits, die die Parteien nach
§ 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO hälftig zu tragen haben. Insoweit hat das Rechtsmittel daher
keinen Erfolg.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung des § 92 Abs. 1 ZPO sowie GKG-
KV 1811.
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