Urteil des KG Berlin vom 23.09.2005

KG Berlin: hund, fahrlässigkeit, link, quelle, sammlung, kennzeichnung, versicherungspflicht, gestaltungsspielraum, gebäude, gefahr

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Gericht:
KG Berlin 5. Senat für
Bußgeldsachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 Ss 300/05 - 5 Ws (
B) 626/05, 2 Ss
300/05, 5 Ws (B)
626/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 3 Abs 1 Nr 1 HuG HA, § 12 Abs
1 Nr 7 HuG HA, § 17 Abs 2 HuG
HA
Leinenzwang: Verfassungsmäßigkeit der Anleinpflicht für Hunde
in öffentlichen Grünanlagen
Leitsatz
Zum Leinenzwang für Hunde in öffentlichen Grünanlagen
Tenor
Der Antrag der Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des
Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 23. September 2005 wird mit der Maßgabe
verworfen, daß die Betroffene einer fahrlässigen Zuwiderhandlung gegen das Gesetz
über das Halten und Führen von Hunden in Berlin schuldig ist.
Die Betroffene hat die Kosten ihrer als zurückgenommen geltenden Rechtsbeschwerde
zu tragen.
Gründe
Das Amtsgericht hat die Betroffene wegen einer - wie den Gründen zu entnehmen ist -
fahrlässigen Zuwiderhandlung gegen §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 12 Abs. 1 Nr. 7 des Gesetzes
über das Halten und Führen von Hunden in Berlin (vom 9. Oktober 2004; GVBl. S. 424)
nach § 17 Abs. 2 dieses Gesetzes zu einer Geldbuße von 20 € verurteilt. Die
Urteilsformel lautet demgegenüber dahin, gegen die Betroffene werde „wegen eines
Verstoßes gegen die Hundeverordnung“ eine Geldbuße von 20 € festgesetzt. Mit ihrem
Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde rügt die Betroffene die Verletzung
materiellen Rechts; sie ist der Auffassung, die Leinenpflicht sei verfassungswidrig.
Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat dazu ausgeführt:
„Dem angesichts des im angefochtenen Urteil verhängten Bußgeldes in Höhe
von nicht mehr als 100 € allein zur Fortbildung des sachlichen Rechts (§§ 79 Abs. 1 Satz
2, 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 OWiG) zulässigen Antrag auf Zulassung der
Rechtsbeschwerde kann kein Erfolg beschieden sein.
Die vom Zulassungsantrag als klärungsbedürftig angesehene Frage, ob der
Leinenzwang für Hunde in öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1
BerlHundeG) verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere der Verhältnismäßigkeit,
entspricht ist bereits obergerichtlich dahin entschieden, daß die Anordnung eines
Leinenzwanges in einer Stadt in den für die Öffentlichkeit frei zugänglichen Bereichen
außerhalb geschlossener Gebäude - und damit auch innerhalb von Grün- und
Erholungsanlagen - vor dem Grundgesetz Bestand hat (vgl. BGHSt 37, 366, 371).“
Diese Ausführungen treffen zu.
Der Senat verweist nur ergänzend auf die Entscheidung des OLG Zweibrücken (NStZ
2005, 176 und die Ausführungen zu dem Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des
Gesetzgebers im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Kunze NJW 2001, 1608,
1611 - 1612).
Eines näheren Eingehens auf alle der teils launigen, teils unverständlichen oder
abwegigen Ausführungen oder Vergleiche (z. B.: Hunde mit Katzen) und die unbelegten
Erwägungen zu Verhaltensweisen von Hunden bedarf es nicht. Nur beispielhaft sei
angemerkt, daß die Leinenpflicht, anders als die Antragstellerin meint, keineswegs nur in
öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 des vorgenannten Gesetzes),
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öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 des vorgenannten Gesetzes),
sondern auch andernorts (§ 3 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 Abs. 2 jenes Gesetzes) gilt. Es kann
auch nicht darauf ankommen, ob man Hunde so erziehen kann, daß von ihnen keinerlei
Belästigung oder Gefahr ausgeht; denn auf einen regelmäßig nicht zu erreichenden
Idealzustand darf der Gesetzgeber im Rahmen der vorbeugenden Gefahrenabwehr nicht
abstellen. Die Kritik, er habe keine Kennzeichnungs-, Versicherungs- und Prüfungspflicht
im Zusammenhang mit dem Halten und Führen von Hunden eingeführt, wird durch das
Gesetz widerlegt. In § 1 Abs. 5 ist die Kennzeichnungspflicht, in § 1 Abs. 6 die
Versicherungspflicht normiert und in den §§ 5 - 8 des Gesetzes über das Halten und
Führen von Hunden in Berlin sind Prüfungs- und Nachweispflichten sowohl bezüglich des
Halters (Sachkunde und Zuverlässigkeit) wie des Hundes (Nachweis über das Fehlen
besonders gefährlicher Eigenschaften) geregelt.
Daß - abgesehen vom Bellen - Belästigungen und Gefährdungen durch Hunde durch die
Anleinpflicht vermindert oder ausgeschlossen werden können, unterliegt nach
Auffassung des Senats im übrigen keinem Zweifel.
Die Beschlußformel bedarf jedoch der klarstellenden Korrektur. Die Hundeverordnung ist
von dem Gesetz über das Halten und Führen von Hunden in Berlin, nach dem dieser Fall
zu beurteilten ist, abgelöst worden. Die Kennzeichnung der Schuldform der
Fahrlässigkeit erschließt sich aus den Urteilsgründen, in denen es heißt, die Betroffene
habe infolge von Unaufmerksamkeit ihren Hund nicht angeleint. Ein Teilerfolg des
Antrages auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist in diesen Klarstellungen nicht zu
sehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 80 Abs. 4 Satz 4 OWiG.
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