Urteil des KG Berlin vom 21.12.2001

KG Berlin: kreuzung, unfall, wiedergabe, auto, anhörung, link, sammlung, quelle, abbiegen, beweiswürdigung

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Gericht:
KG Berlin 12.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 U 43/02
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 7 StVG, § 17 Abs 1 StVG
Verkehrsunfallhaftung im Kreuzungsräumerfall: Alleinhaftung
des bei Grünlicht anfahrenden Geradeausfahrers
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 21. Dezember 2001 verkündete Urteil der
Zivilkammer 24 des Landgerichts Berlin – 24 O 118/00 – wird auf seine Kosten
zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die gemäß §§ 511, 511 a ZPO statthafte Berufung wahrt die gesetzlichen Formen und
Fristen der §§ 516, 518 und 519 ZPO. Sie ist zulässig, hat aber in der Sache aus den
zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung keinen Erfolg.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht in vollem Umfang abgewiesen.
Die Freigabe der Kreuzungseinfahrt durch grünes Ampellicht entbindet den Fahrer nicht
von der Pflicht, die Einfahrt in die Kreuzung zurückzustellen, wenn dies die Verkehrslage
erfordert; wenn insbesondere liegengebliebene Nachzügler sich noch im
Kreuzungsbereich befinden, denen zunächst im Interesse des fließenden Verkehrs die
Räumung der Kreuzung zu ermöglichen ist. Dies gilt auch bezüglich des
linksabbiegenden Querverkehrs (KG, VerkMitt 1983, 84).
Kommt es auf einer Kreuzung, auf welcher der Fahrzeugverkehr durch eine
Lichtzeichensignalanlage geregelt ist, zu einem Zusammenstoß zwischen einem
Fahrzeug, das bei dem Umschalten der Ampel auf "grün" anfährt, und einem Fahrzeug
des Querverkehrs, das die Kreuzung noch räumen will, weil die Führer beider Fahrzeuge
nicht auf den jeweiligen Querverkehr achten, dann kommt im allgemeinen eine
Verteilung des Schadens im Verhältnis von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Anfahrenden im
Hinblick auf das Vorrecht des räumenden Verkehrs in Betracht, falls nicht besondere
Umstände einen höheren Verursachungsanteil des einen oder anderen Beteiligten
rechtfertigen (KG DAR 1978, 48).
Den in die Kreuzung einfahrenden Querverkehr kann die volle Haftung treffen, wenn er
den Kreuzungsräumer rechtzeitig erkennen konnte oder aus dem Verhalten der anderen
Verkehrsteilnehmer mit Kreuzungsräumern rechnen musste (KG VerkMitt 1993, Nr. 27).
In Anwendung dieser Grundsätzen geht das Landgericht im Rahmen der gemäß § 17
StVG vorzunehmenden Abwägung zu Recht davon aus, dass der Kläger den
streitgegenständlichen Unfall allein selbst verschuldet hat.
Wenn eine volle Haftung des in die Kreuzung Einfahrenden bereits dann in Betracht
kommt, wenn er den Kreuzungsräumer rechtzeitig hätte erkennen können bzw. er aus
dem Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer mit Kreuzungsräumern hätte rechnen
müssen, dann ist von seiner vollen Haftung jedenfalls dann auszugehen, wenn er – wie
vorliegend der Kläger – den Kreuzungsräumer tatsächlich wahrgenommen hat, bevor er
in die Kreuzung eingefahren ist.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass
der Kläger das auf der Kreuzung stehende, von der Beklagten zu 2) geführte Fahrzeug
bemerkt hat, bevor er in die Kreuzung einfuhr. Die vom Landgericht vorgenommene
Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden.
Tatsachen, aus denen sich ergeben könnte, dass der Kläger die von dem Zeugen B
sinngemäß aufgenommene Äußerung – "Die Autofahrerin stand mitten auf der Kreuzung
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sinngemäß aufgenommene Äußerung – "Die Autofahrerin stand mitten auf der Kreuzung
und wollte nach links abbiegen. Als ich dann grün bekam, fuhr ich los und das Auto
ebenfalls, aber ich hatte ja grün" – nicht abgegeben hat, hat der Kläger auch in zweiter
Instanz nicht vorgetragen. Weder aus der unrichtigen Schätzung des Schadens noch aus
dem Nichterkennen der Verletzungen des Klägers durch die den Unfall aufnehmenden
Polizeibeamten ergibt sich, dass der Zeuge B am Unfallort in der Wiedergabe der
Anhörung des Klägers eine Äußerung niedergeschrieben hat, die dieser so nicht
abgegeben hat.
Der Kläger hat auch in zweiter Instanz keine Tatsachen vorgetragen, aus denen darauf
geschlossen werden könnte, dass er zu keinem klaren Gedanken mehr fähig war und die
ihm zuzurechnende Äußerung nicht bewusst abgegeben habe. Wie das Landgericht
zutreffend ausführt, ergibt sich das Gegenteil bereits aus dem Verhalten des Klägers
nach dem Unfall.
Dahinstehen kann, ob sich das von der Beklagten zu 2) geführte Fahrzeug im Zeitpunkt
des Aufpralls noch in Bewegung befand oder nicht. Sowohl nach der vom Kläger
gegenüber dem Zeugen B abgegebene Erklärung als auch nach der von den Beklagten
vorgetragenen Unfallschilderung stand die Beklagten zu 2) mit dem von ihr geführte
Fahrzeug zunächst auf der Kreuzung und ist dann angefahren. Aufgrund der Schwere
des dem Kläger zur Last zu legenden Verschuldens ist es aber im Rahmen der gemäß §
17 StVG vorzunehmenden Abwägung unerheblich, ob die Beklagte zu 2) – wie von ihr
behauptet – den Kläger noch so rechtzeitig wahrgenommen hat, dass sie ihr Fahrzeug
vor dem Aufprall zum Stehen bringen konnte oder ob – wie der Kläger behauptet und
wofür das Gutachten des Sachverständigen P sprechen könnte – ihr dies nicht mehr
gelungen ist.
Die Revision war nicht zuzulassen, da weder die Sache grundsätzliche Bedeutung hat,
noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Absatz 1 Nr. 1, Absatz 2 ZPO
n. F.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen
Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713, ZPO i. V. m § 26 Nr. 8
EGZPO.
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