Urteil des FG Schleswig-Holstein vom 14.03.2017

FG Schleswig-Holstein: gleichbehandlung im unrecht, stadt, erlass, finanzen, mitgliedschaft, energie, aufwand, einkünfte, gemeindeordnung, begünstigung

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Gericht:
Schleswig-
Holsteinisches
Finanzgericht 3.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahre:
2003, 2004, 2005,
2006
Aktenzeichen:
3 K 130/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 Nr 12 EStG 2002, § 18 Abs
1 Nr 3 EStG 2002, Art 3 Abs 1
GG, § 1 Abs 2 EntschV SH, R
13 Abs 3 S 6 LStR 2002
Keine Steuerfreiheit einer Aufwandsentschädigung für eine
Tätigkeit im Hauptausschuss einer Gemeinde - Kein
Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Steuerfreiheit einer Aufwandsentschädigung für
eine Tätigkeit im Hauptausschuss einer Gemeinde.
Der Kläger war in den Streitjahren 2003 bis 2006 Mitglied der Stadtvertretung der
Stadt … und zugleich des Hauptausschusses der Stadtvertretung (vgl. § 45a der
Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein -GO-). Er erhielt für seine ehrenamtliche
Tätigkeit in der Stadtvertretung auf der Grundlage von § 14 Abs. 2 der
Hauptsatzung der Stadt vom 19. Juni 2003 eine als Aufwandsentschädigung
geleistete monatliche Zahlung von pauschal 269,00 EUR (3.228,00 EUR jährlich)
und für seine Tätigkeit als Mitglied des Hauptausschusses gemäß § 14 Abs. 3 der
Hauptsatzung der Stadt eine monatliche Aufwandsentschädigung von zusätzlich
243,00 EUR (2.916,00 EUR jährlich).
Die Kläger wurden in den Streitjahren 2003 bis 2006 zusammen zur
Einkommensteuer (ESt) veranlagt. In den ESt-Erklärungen gab der Kläger unter
anderem Einkünfte aus nebenberuflicher Tätigkeit als Mitglied der Stadtvertretung
von jeweils jährlich 3.228,00 EUR an, wovon er 2.669,00 EUR als steuerfrei
behandelte und somit jeweils 552,00 EUR als steuerpflichtig erklärte.
Die ESt-Veranlagungen 2003 bis 2006 wurden insoweit zunächst erklärungsgemäß
vorgenommen und erfolgten jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach §
164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO).
Anlässlich einer Lohnsteueraußenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass
die für die Tätigkeit im Hauptausschuss als Aufwandsentschädigung in Höhe von
243,00 EUR monatlich geleistete Zahlung in voller Höhe als Einkünfte aus
selbstständiger Arbeit steuerpflichtig sei. Mit Änderungsbescheiden vom 23.
Dezember 2008 wurde dies vom Beklagten umgesetzt und die ESt 2003 auf …
EUR, die ESt 2004 auf … EUR, die ESt 2005 auf … EUR und die ESt 2006 auf …
EUR festgesetzt.
Die Kläger legten gegen diese Bescheide am 28. Januar 2009 Einspruch ein und
beantragten Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung trugen sie im
Wesentlichen vor, dass sie sich gegen die Besteuerung der monatlichen
Aufwandsentschädigung in Höhe von 243,00 EUR für die Mitgliedschaft des Klägers
im Hauptausschuss der Stadtvertretung der Stadt wendeten. Nach einem Erlass
des Ministeriums für Finanzen und Energie des Landes Schleswig-Holstein vom 7.
Januar 2002 werde für ehrenamtliche Mitglieder einer Gemeindevertretung in
Gemeinden mit 150.001 bis 450.000 Einwohner/innen die Aufwandsentschädigung
in Höhe von 223,00 EUR monatlich steuerfrei gestellt. Aufwandsentschädigungen
für Hauptausschussmitglieder würden darin nicht erwähnt. Die
Aufwandsentschädigung sei gemäß § 3 Nr. 12 Satz 2 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei. Sie erfolge aufgrund einer
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Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei. Sie erfolge aufgrund einer
Landesverordnung durch eine öffentliche Kasse. Die Aufwandsentschädigung für
die weitere ehrenamtliche Tätigkeit als Mitglied des Hauptausschusses beruhe auf
§ 9 Abs. 1 Nr. 1 der Landesverordnung für Entschädigungen in kommunalen
Ehrenämtern (EntschVO). Die Aufwandsentschädigung als Mitglied der
Stadtvertretung bleibe hiervon unberührt. Eine zusätzliche
Aufwandsentschädigung sei auch gerechtfertigt, weil die ehrenamtliche Tätigkeit
als Mitglied des Hauptausschusses sehr arbeits- und zeitintensiv sei. Zumindest
müssten von ihr nach R 13 Abs. 2 Nr. 2 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) 154,00
EUR monatlich als steuerfrei anerkannt werden. Zwar bestehe nach einem Erlass
des Ministeriums für Finanzen und Energie des Landes Schleswig-Holstein vom 2.
April 2001 keine zusätzliche Steuerbefreiung für eine Tätigkeit im Hauptausschuss
einer Gemeinde. Dies werde aber der besonderen Stellung des Hauptausschusses
in der Kommunalverfassung Schleswig-Holsteins und dem zusätzlichen
Arbeitsaufwand für eine Mitgliedschaft in diesem Gremium nicht gerecht. Zudem
behandele das Einkommensteuerrecht in § 3 Nr. 12 EStG
Aufwandsentschädigungen aus Bundes- und Landeskassen und anderen
öffentlichen Kassen asymmetrisch. Es stelle sich die Frage, inwieweit hier dem
verfassungsrechtlichen Gleichheitsprinzip widersprochen werde. Da es sich um
eine Aufwandsentschädigung aus einer sonstigen Kasse handele, deren Höhe
jedoch durch die Landesgesetzgebung determiniert sei, sei zu überlegen, ob diese
nicht unter § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG falle und damit völlig steuerfrei zu stellen sei.
Mit Bescheid vom 24. Januar 2009 lehnte der Beklagte den Antrag auf Aussetzung
der Vollziehung ab. Der dagegen erhobene Einspruch blieb ebenso erfolglos wie
der Antrag auf Eilrechtsschutz an das Gericht (Beschluss vom 17. August 2009, 3
V 129/09).
Mit Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2009 wies der Beklagte die Einsprüche
gegen die ESt-Bescheide 2003 bis 2006 vom 23. Dezember 2008 als unbegründet
zurück.
Die Kläger haben am 5. Juni 2009 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im
Wesentlichen vor, dass der Erlass, auf den sich das Finanzamt berufe, eine falsche
Auslegung von Gemeindeordnung und koordiniertem Ländererlass darstelle. Dort
werde auf die Frage der Organeigenschaft abgestellt, die für den koordinierten
Ländererlass keine Rolle spiele. Der Hauptausschuss sei zwar kein
kommunalrechtliches Organ, habe jedoch umfangreiche Befugnisse und Aufgaben
und ersetze den Magistrat alter Art. Er stehe damit in der Kontinuität eines
Gremiums, für das in der Vergangenheit eine zusätzliche Steuerfreiheit gewährt
worden sei. Damit widerspreche der Erlass auch der
Landesentschädigungsverordnung. Zumindest ein Teil der
Aufwandsentschädigung müsse als pauschalierter Arbeitsaufwand steuerfrei sein.
Es stelle sich auch die Frage, ob die in dem Erlass für bestimmte Funktionen (z.B.
Fraktionsvorsitzende) bewilligten höheren steuerfreien Pauschbeträge dem
Gleichheitsgebot entsprächen.
Die Kläger beantragen, die ESt-Bescheide 2003 bis 2006 vom 23. Dezember 2008
in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2009 dergestalt zu ändern,
dass die Aufwandsentschädigungen für die Mitgliedschaft im Hauptausschuss der
Stadtvertretung in Höhe von 243,00 EUR monatlich als steuerfrei anerkannt
werden.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend
im Wesentlichen vor, § 1 Abs. 2 EntschVO bestimme, dass die an Mitglieder des
Hauptausschusses gezahlte Aufwandsentschädigung pauschalierter
Auslagenersatz und Entschädigung für den Aufwand an Zeit und Arbeitsleistung
und das mit dem Ehrenamt oder der ehrenamtlichen Tätigkeit verbundene
Haftungsrisiko darstelle. Da die Zahlungen jedoch nicht leicht und einwandfrei in
ihre in der genannten Vorschrift aufgezählten Bestimmungsmerkmale
aufgegliedert werden könnten, seien die Entschädigungen insgesamt als Ersatz für
Kosten der privaten Lebensführung im Sinne von § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG
einzuordnen. Der Ersatz solcher Kosten sei jedoch nicht steuerfrei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakten und den der beigezogenen Steuerakten des Beklagten Bezug
genommen.
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Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die ESt-Bescheide 2003 bis 2006 vom 23. Dezember 2008 in der Fassung der
Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2009 sind rechtmäßig. Der Beklagte hat die
streitgegenständlichen Aufwandsentschädigungen für die Tätigkeit des Klägers als
Mitglied im Hauptausschuss der Stadtvertretung der Stadt zu Recht in voller Höhe
(monatlich 243,00 EUR) als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit besteuert. Diese
Aufwandsentschädigungen sind nicht steuerfrei.
Die Aufwandsentschädigungen, die der Kläger für seine Tätigkeit als
ehrenamtliches Mitglied der Stadtvertretung und zusätzlich als ehrenamtliches
Mitglied des Hauptausschusses der Stadtvertretung erhalten hat, sind
steuerpflichtig. Es handelt sich dabei um Einnahmen aus selbstständiger Arbeit
nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Mitglieder von Gemeinderäten erzielen nach der
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der das Gericht folgt, Einkünfte aus
selbstständiger Arbeit (vgl. BFH-Urteil vom 5. August 1996 IX B 187/95, BFH/NV
1996, 1897).
Die streitgegenständlichen Aufwandsentschädigungen sind weder nach § 3 Nr. 12
Satz 1 noch Satz 2 EStG steuerfrei.
Steuerfrei sind gemäß § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG die aus einer Bundes- oder
Landeskasse gezahlten Bezüge, die nach einem Bundesgesetz oder Landesgesetz
oder einer auf bundesgesetzlicher oder landesgesetzlicher Ermächtigung
beruhenden Bestimmung oder von der Bundesregierung oder einer
Landesregierung als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als
Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden. Diese
Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Es handelt sich schon nicht um
Aufwandsentschädigungen aus einer Bundes- oder Landeskasse sondern um
Zahlungen der Stadt als kommunale Gebietskörperschaft. Die
Aufwandsentschädigungen werden auch nicht im Haushaltsplan ausgewiesen.
Nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG gilt das gleiche für andere Bezüge, die als
Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende
Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie als
Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem
Empfänger erwächst, offenbar übersteigen.
Die in Frage stehenden Bezüge des Klägers sind von der Stadt, also aus einer
öffentlichen Kasse, gezahlt worden. Der Kläger leistete als
Stadtvertretungsmitglied und Mitglied im Hauptausschuss der Stadtvertretung
auch öffentliche Dienste, denn er ist als Mitglied der Stadtvertretung Teil der
öffentlichen Hoheitsverwaltung.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der das Gericht folgt, haben die
Finanzbehörden und -gerichte jedoch zu prüfen, ob Aufwandsentschädigungen im
Sinne von § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG die dem Empfänger erwachsenen Aufwendungen
nicht offenbar übersteigen. Zudem ist bei verfassungskonformer Auslegung dieser
Vorschrift nur die Erstattung solcher Aufwendungen von der Steuer befreit, die als
Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sind (vgl. BFH-Urteile vom 29.
November 2006 VI R 3/04, BFHE 216, 163, BStBl II 2007, 308; vom 15. November
2007 VI R 91/04, BFH/NV 2008, 767). Die in § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG enthaltene
Besserstellung der Empfänger von Bezügen aus öffentlichen Kassen gegenüber
anderen Steuerpflichtigen - insbesondere den Empfängern von
Aufwendungsersatz seitens privater Arbeitgeber - beschränkt sich darauf, dass bei
der Nachprüfung, ob die Erstattung Betriebsausgaben oder Werbungskosten
abdeckt, nicht kleinlich verfahren und dem Empfänger ein ins Einzelne gehender
Nachweis nicht zugemutet werden soll. Dabei ist nicht zu prüfen, welche
Aufwendungen dem einzelnen Steuerpflichtigen entstanden sind, sondern, ob
Personen in gleicher dienstlicher Stellung im Durchschnitt der Jahre Aufwendungen
in etwa in Höhe der Aufwandsentschädigung erwachsen. Zur praktischen
Umsetzung dieser Prüfung können die obersten Finanzbehörden der Länder zur
Arbeitsvereinfachung und Gleichbehandlung der Betroffenen in geeigneter Form
und im Zusammenwirken mit den obersten Aufsichtsbehörden der in Betracht
kommenden öffentlichen Kassen allgemein Sätze festlegen, die bei den einzelnen
Gruppen als echte Aufwandsentschädigung anzuerkennen sind. Dementsprechend
gibt es seit Jahren für eine größere Anzahl von Fallgruppen, in denen die als
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gibt es seit Jahren für eine größere Anzahl von Fallgruppen, in denen die als
Aufwandsentschädigung gezahlten Beträge den durchschnittlichen tatsächlichen
Aufwand übersteigen, in Form von Erlassen und Verfügungen
Verwaltungsanweisungen der obersten Finanzbehörden der Länder mit
Regelungen zur Aufteilung in steuerfreie und nicht steuerfreie Anteile. Soweit die
obersten Finanzbehörden keine solchen fallgruppenspezifischen
Einzelanweisungen erteilt haben, sind die nachgeordneten Finanzbehörden
gehalten, nach R 13 Abs. 3-5 der jeweils gültigen LStR zu verfahren (vgl. BFH-
Beschluss vom 13. Oktober 2006 VI B 129/05, BFH/NV 2007, 43).
Für ehrenamtliche Mitglieder einer Gemeinde- oder Stadtvertretung trifft der Erlass
des Ministeriums für Finanzen und Energie des Landes Schleswig-Holstein vom 7.
Januar 2002 (VI 306-S 2337-107 I - Juris) eine fallgruppenspezifische Regelung im
vorgenannten Sinne. Danach sind pauschale Entschädigungen und Sitzungsgelder
für ehrenamtliche Mitglieder einer Gemeinde- oder Stadtvertretung als
Aufwandsentschädigung im Sinne von § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfrei, soweit sie
insgesamt bei einer Gemeinde oder Stadt mit 150.001 bis 450.000 Einwohnern
223,00 EUR monatlich nicht übersteigen. Diesen steuerfreien Betrag hat der
Beklagte auch zu Grunde gelegt, indem er ihn - wie auch der Kläger - von der
Aufwandsentschädigung für die Mitgliedschaft des Klägers in der Stadtvertretung
(269,00 EUR monatlich) abgezogen hat. Ein zusätzlicher steuerfreier Betrag für
Mitglieder im Hauptausschuss einer Gemeindevertretung ist in dem Erlass ebenso
wenig vorgesehen wie eine grundsätzliche Erhöhung bei gleichzeitiger
ehrenamtlicher Tätigkeit in mehreren gemeindlichen Gremien oder Funktionen.
Letzteres wird erstmalig ab dem Veranlagungszeitraum 2007 in der Neufassung
des genannten Erlasses des Ministeriums für Finanzen und Energie des Landes
Schleswig-Holstein geregelt, wonach Steuerpflichtige, die gleichzeitig in mehreren
Funktionen ehrenamtlich in den Gemeinden, Ämtern und Kreisen tätig sind und
dafür mehrere Aufwandsentschädigungen nebeneinander erhalten, steuerfreie
Aufwandsentschädigungen nebeneinander beziehen können und R 3.12 Abs. 3
Satz 6 LStR 2008 insoweit nicht anzuwenden ist. Für die streitigen
Veranlagungszeiträume 2003 bis 2006 gilt diese Regelung indes noch nicht.
In Bezug auf die Entschädigungen für die Mitgliedschaft in einem Hauptausschuss
hat das Ministerium für Finanzen und Energie des Landes Schleswig-Holstein mit
Erlass vom 23. März 2001 (VI 306-S 2337-107 - Juris) vielmehr klargestellt, dass
die zusätzliche Aufwandsentschädigung für die Tätigkeit im Hauptausschuss einer
Gemeinde nicht durch eine Kumulierung der steuerfreien Pauschalen zusätzlich
steuerfrei gestellt werden kann. Dies entspricht R 13 Abs. 3 Satz 6 LStR 2003-
2006, wonach Aufwandsentschädigungen für mehrere Tätigkeiten bei einer
Körperschaft für die Anwendung der Mindest- oder Höchstbeträge
zusammenzurechnen sind. Danach kann die steuerfreie Aufwandspauschale der
Lohnsteuerrichtlinien von 154,00 EUR (R 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 LStR 2003-2006)
ebenfalls nicht zusätzlich zu der oben genannten steuerfreien Pauschale von
223,00 EUR hinzukommen.
Für eine fehlerhafte Auslegung oder Anwendung der oben genannten Erlasse
durch den Beklagten ist vorliegend nichts ersichtlich. Es bestehen auch keine
Anhaltspunkte dafür, dass die auf den Erfahrungen der Verwaltung beruhende
Schätzung des als Werbungskosten oder Betriebsausgaben anzusetzenden
Aufwands eines Gemeinde- oder Stadtratsmitgliedes in einer Gemeinde oder
Stadt der Größenordnung der Stadt von 2.676,00 EUR jährlich unangemessen
niedrig sein könnte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aufwandsentschädigung
gemäß § 1 Abs. 2 EntschVO in der maßgeblichen Fassung pauschalierter
Auslagenersatz und Entschädigung für den Aufwand an Zeit und Arbeitsleistung
und für das mit dem Ehrenamt und/oder der ehrenamtlichen Tätigkeit verbundene
Haftungsrisiko darstellt. Darin sind somit Elemente enthalten, die keine
Werbungskosten- oder Betriebsausgabeneigenschaft haben (Aufwand an Zeit und
Arbeitsleistung sowie Haftungsrisiko) und deshalb nicht nach § 3 Nr. 12 Satz 2
EStG steuerfrei sind. Zudem wird daneben nach § 15 EntschVO und § 14 Abs. 9
der Hauptsatzung der Stadt zusätzlich Kostenersatz für die Fahrten zwischen
Wohnort und Sitzungsort geleistet; auch Aufwendungen für Dienstreisen werden
extra erstattet (§ 16 EntschVO).
Dem Steuerpflichtigen bleibt es allerdings unbenommen, die ihm entstandenen
Betriebsausgaben oder Werbungskosten nachzuweisen, wenn er glaubt, dass die
nur teilweise Anerkennung der ihm gewährten Aufwandsentschädigung als
steuerfrei nach Maßgabe der jeweils festgelegten pauschalen Sätze nicht
ausreichend sei (vgl. BFH-Beschluss vom 13. Oktober 2006 XI B 129/05, a.a.O.).
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Der Kläger hat indes weder dargelegt noch nachgewiesen, welche als
Betriebsausgaben anzuerkennenden Aufwendungen ihm durch seine Tätigkeit in
der Stadtvertretung (einschließlich der Mitgliedschaft im Hauptausschuss)
entstanden sind, so dass für das Gericht auch insoweit keine Anhaltspunkte dafür
bestehen, dass die Pauschale von 223,00 EUR monatlich zu niedrig bemessen sein
könnte und dem Kläger weitere Beträge als Betriebsausgaben steuerfrei
anzuerkennen sind. Auf die Frage, ob und inwieweit das Aufteilungs- und
Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG vorliegend eingreift, kommt es deshalb
nicht an. Gleichfalls unerheblich ist, ob der Erlassgeber den Hauptausschuss
kommunalverfassungsrechtlich zutreffend eingeordnet hat.
Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob die Differenzierung in § 3 Nr. 12 Sätze 1
und 2 EStG zwischen Bundes- oder Landeskassen und sonstigen öffentlichen
Kassen hinsichtlich der Anerkennung der als Aufwandsentschädigung geleisteten
Zahlungen dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) genügt.
Auch im Falle der Verfassungswidrigkeit des § 3 Nr. 12 EStG hätte die Klage keinen
Erfolg. Der Verstoß gegen den Gleichheitssatz läge - hier rechtswidrig
begünstigend - darin, dass eine Prüfung, ob der Aufwendungsersatz tatsächlich
nur Werbungskosten oder Betriebsausgaben umfasst, nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG
bei Zahlungen aus Landes- und Bundeskassen systemwidrig unterbleibt, während
sie bei Zahlungen von sonstigen Kassen nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG unter den
dort genannten Voraussetzungen zu erfolgen hat. Es läge somit keine
gleichheitswidrige Benachteiligung des Klägers sondern eine systemwidrige
Begünstigung der Zahlungen aus Landes- und Bundeskassen vor. Eine
verfassungskonforme Regelung könnte nur so aussehen, dass § 3 Nr. 12 EStG
insgesamt für nichtig erklärt werden würde. Der vom Kläger erstrebten
Begünstigung wäre damit der Boden entzogen. Eine Vorlage des Rechtsstreits an
das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG kommt mangels
Entscheidungserheblichkeit der Verfassungsmäßígkeit des § 3 Nr. 12 EStG nicht in
Betracht (vgl. BFH-Beschluss vom 13. August 1991 VI B 44/91, BFHE 165, 172,
BStBl II 1991, 885; vgl. auch BFH-Urteil vom 11. September 2008 VI R 13/06, BFHE
223, 39, BStBl II 2008, 928). Der Gleichheitssatz begründet im Übrigen kein
allgemeines und generelles Abwehrrecht eines jeden Steuerpflichtigen gegenüber
solchen Vorschriften, die zu einer gleichheitswidrigen Steuerentlastung anderer
führen (vgl. BFH-Urteil vom 11. September 2008 VI R 13/06, a.a.O.).
Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass in dem Erlass des
Ministeriums für Finanzen und Energie des Landes Schleswig-Holstein vom 7.
Januar 2002 (VI 306-S 2337-107 I - Juris) für andere Aufgaben und Funktionen in
der gemeindlichen Selbstverwaltung höhere Beträge als steuerfreie
Aufwandsentschädigung anerkannt werden (etwa das Doppelte für
Fraktionsvorsitzende). Es ist weder substantiiert vorgetragen worden noch im
Übrigen erkennbar, dass der Erlassgeber die höheren als steuerfrei
anzuerkennenden Pauschbeträge für bestimmte Aufgaben und Funktionen in der
kommunalen Selbstverwaltung nicht realitätsgerecht ausgestaltet haben könnte.
Sofern dies dennoch nicht der Fall sein sollte, hätte der Kläger keinen Anspruch auf
Anwendung der zu hohen steuerfreien Aufwandspauschalen, weil es keinen
Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 115 Abs. 2 FGO
gegeben ist.