Urteil des FG Saarland vom 19.04.2010

FG Saarbrücken: erlass, adäquater kausalzusammenhang, steuer, anfechtung, erfüllung, geschäftsführer, vorschuss, vermögensschaden, zahlungsunfähigkeit, form

FG Saarbrücken Entscheidung vom 19.4.2010, 2 K 1557/07
Nachfordernder Haftungsbescheid für Lohnsteuerschulden - Pflichtverletzung durch
Nichtentrichtung der Lohnsteuer auch bei hypothetischer Anfechtungsmöglichkeit gem. §§
129ff InsO
Leitsätze
Hat das Finanzamt einen Haftungsgegenstand durch einen bestandskräftigen
Haftungsbescheid geregelt, steht dessen Bestandskraft der erneuten Regelung des
gleichen Sachverhaltes durch Erlass eines ergänzenden, neben den ersten
Haftungsbescheid tretenden Haftungsbescheids entgegen. Hiervon unberührt bleibt die
Korrektur des ersten Haftungsbescheides nach den Korrekturvorschriften der §§ 129 ff.
AO.
Tenor
Der Haftungsbescheid vom 15. Juni 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.
September 2007 wird hinsichtlich eines Haftungsbetrags von 1.138,15 EUR aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 1/3 und dem Beklagten zu 2/3
auferlegt.
Der als Urteil wirkende Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden,
sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage der Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids für die
Lohnsteuerschulden der D Ltd. mit Sitz in E (künftig: Ltd.).
Die Klägerin war im Haftungszeitraum alleinige Geschäftsführerin der Ltd. Als solche
meldete sie am 26. Juli 2005 bzw. am 26. September 2005 Lohnsteuer für das 2.
Kalendervierteljahr 2005 an, ohne diese zum Fälligkeitszeitpunkt abzuführen. Für die
Zeiträume 3. und 4. Kalendervierteljahr 2005 wurde keine Lohnsteuer angemeldet und
abgeführt. Der Beklagte schätzte daraufhin entsprechende Beträge. Eine
Lohnsteueranmeldung für das 1. Kalendervierteljahr 2006 erfolgte ebenfalls nicht.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 20. April 2006 (103 IN 12/06)
wurden der Ltd. ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt und ein vorläufiger
Insolvenzverwalter bestellt. Am 29. Mai 2006 wurde das Insolvenzverfahren über das
Vermögen der Ltd. eröffnet.
Der Beklagte nahm die Klägerin daraufhin für die o.g. angemeldeten bzw. geschätzten
Lohnsteuerbeträge 2005 mit – hier nicht in Streit stehendem - Bescheid vom 14. Juni 2006
in Haftung (Bl. 12 HA).
Im Zuge einer im Juli und August 2006 durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung stellte der
Prüfer unter anderem fest, dass die laut Lohnkonten berechneten Lohnsteuerbeträge im
Vergleich zu den angemeldeten bzw. geschätzten Beträgen im Kalenderjahr 2005
insgesamt 1.148,23 EUR zu gering waren (Bl. 12 LStA). Er stellte ferner anhand der
Lohnkonten fest, dass der für das erste Quartal 2006 mit Bescheid vom 28. Juli 2006 (Bl.
30 HA) im Wege der Schätzung gegenüber der Ltd. festgesetzte Lohnsteuerbetrag in Höhe
von 907 EUR um 385,70 EUR zu hoch war.
Mit Haftungsbescheid vom 15. Juni 2007 (Bl. 57 HA) nahm der Beklagte die Klägerin für
die Lohnsteuerschulden der Ltd., soweit sie nicht bereits im Haftungsbescheid vom 14.
Juni 2006 enthalten waren, in Anspruch. Im Einzelnen handelte es sich um folgende
Beträge:
- Differenz zwischen den angemeldeten bzw. geschätzten Lohnsteuerbeträgen 2005 und
dem im Zuge der Lohnsteueraußenprüfung ermittelten Beträgen in Höhe von 1.148,23
EUR abzüglich der Differenz zwischen den der geschätzten Lohnsteuer 2006 und dem im
Zuge der Lohnsteueraußenprüfung ermittelten Betrag in Höhe von –385,70 EUR,
insgesamt 715,89 EUR, zuzüglich Solidaritätszuschlag in Höhe von 36,56 EUR.
- Lohnsteuer für das 1. Quartal 2006 in Höhe von 907 EUR.
Den hiergegen gerichteten Einspruch der Klägerin vom 6. Juli 2007 (Bl. 4 Rbh) wies der
Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 20. September 2007 als unbegründet zurück
(Bl. 11 Rbh).
Am 19. Oktober 2007 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie beantragt sinngemäß (Bl. 1),
den Haftungsbescheid vom 15. Juni 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.
September 2007 aufzuheben.
Der Beklagte sei im Anschluss an die Lohnsteueraußenprüfung zu Unrecht von Differenzen
zwischen den laut Lohnkonten berechneten und den angemeldeten Lohnsteuerbeträge
ausgegangen. Derartige Differenzen müssten mit Nichtwissen bestritten werden. Soweit
sich die Haftung auf die fehlende Anmeldung und Abführung der Lohnsteuerbeträge für das
erste Quartal 2006 beziehe, fehle es an einem Verschulden der Klägerin. Denn selbst bei
rechtzeitiger Anmeldung der Lohnsteuer seien keine Mittel zur Begleichung der Lohnsteuer
mehr vorhanden gewesen.
Der Beklagte beantragt (Bl. 22), die Klage als unbegründet abzuweisen.
Zur Begründung führt er unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung im
Wesentlichen aus, die Klägerin habe als Geschäftsführerin der Ltd. schuldhaft ihre
steuerlichen Pflichten verletzt, indem sie Lohnsteuerbeträge nicht oder in unzutreffender
Höhe angemeldet und abgeführt habe. Die Beträge seien bei ordnungsgemäßer Anmeldung
vor der Anordnung der Verfügungsverbots fällig gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der
Beteiligten und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
1.
aufzuheben, soweit die Klägerin für Lohnsteuerschulden des Jahres 2005 in Haftung
genommen wurde. Im Übrigen ist er rechtmäßig.
1.1
hinsichtlich des Haftungsteilbetrags in Höhe von 1.138,15 EUR, mit dem die Klägerin für
Lohnsteuerschulden des Jahres 2005 in Haftung genommen wurde (1.659,45 EUR - 860
EUR LSt 1. Quartal 2006 + 385,70 EUR Korrektur des vorgenannten Betrags + 47 EUR
Soli LSt 1. Quartal 2006), rechtswidrig. Denn die Haftung der Klägerin für
Lohnsteuerschulden des Jahrs 2005 war bereits Gegenstand des Bescheids vom 14. Juni
2006, den die Klägerin nicht angefochten hat. Die Bestandskraft dieses Bescheids kann im
Streitfall nur nach Maßgabe des § 130 AO durchbrochen werden; sie verbietet indes den
Erlass eines zusätzlichen, neben den ursprünglichen Haftungsbescheid tretenden
nachfordernden Haftungsbescheids.
a)
Haftungsbescheid in Anspruch genommen worden, ist der Erlass eines ergänzenden, die
Haftung erweiternden Haftungsbescheids ohne vorherige Aufhebung des vorangegangenen
Haftungsbescheids und Prüfung der Frage des Vertrauensschutzes i.S. des § 130 Abs. 2
AO dann unzulässig, wenn der erste Bescheid über denselben Sachverhalt entschieden hat
wie auch der zweite (BFH vom 25. Mai 2004 VII R 29/02, BStBl II 2005, 3; vgl. auch
Rüsken in Klein, Abgabenordnung, 10. Aufl., § 191 Rz. 17).
Danach steht ein bereits ergangener Haftungsbescheid dem Erlass eines weiteren
Haftungsbescheids (nur) dann nicht entgegen, wenn dieser aufgrund eines anderen, bisher
nicht berücksichtigten Sachverhaltes ergeht, der Gegenstand eines selbständigen, durch
den ursprünglichen Haftungsbescheid nicht erfassten Haftungsanspruchs ist (vgl. BFH vom
30. August 1988 VI R 21/85, BStBl II 1989, 193, 195).
Die Erhöhung der Haftungssumme durch einen weiteren Haftungsbescheid ohne
Beschränkung durch einen diesem vorangegangenen Haftungsbescheid ist in der Regel
dann unproblematisch, wenn sie nur deshalb erfolgt, weil etwa für einen zusätzlichen,
durch den ersten Haftungsbescheid noch nicht berücksichtigten selbständigen
Steueranspruch gehaftet werden soll, auch wenn dieser Steueranspruch im Zeitpunkt der
ersten Haftungsinanspruchnahme bereits entstanden war. Anders ist die
haftungsrechtliche Situation aber, wenn sich nach Erlass des Haftungsbescheids
herausstellt, dass der Haftungsbetrag zu niedrig angesetzt worden ist, obwohl die
Steuerschuld, für die gehaftet werden soll, tatsächlich mit einem höheren Betrag
entstanden ist. Durch den Haftungsbescheid werden Verbindlichkeiten gegen den
Haftungsschuldner festgesetzt, die sich daraus ergeben, dass der Haftungsschuldner einen
bestimmten haftungsbegründenden Sachverhalt erfüllt hat und deshalb für die
Steuerschuld eines bestimmten Steuerschuldners für einen bestimmten
Besteuerungszeitraum in Anspruch genommen werden kann (BFH vom 25. Mai 2004 VII R
29/02, BStBl II 2005, 3).
Dies gilt auch dann, wenn durch die Haftungsinanspruchnahme durch Erlass eines weiteren
Bescheids einem veränderten Sachverhalt – etwa durch Bekanntwerden neuer Tatsachen
im Zuge einer Außenprüfung - angepasst werden soll (offen gelassen durch BFH vom 25.
Mai 2004 VII R 29/02, BStBl II 2005, 3; vom 22. Januar 1985 VII R 112/81, BStBl II 1985,
562).
b)
Haftung für Lohnsteuerschulden der Ldt. für 2005 betrifft, einen bereits mit
Haftungsbescheid vom 14. Juni 2006 berücksichtigten Sachverhalt.
aa)
Besteuerungszeitraum abzustellen, für den der Haftungsschuldner in Anspruch genommen
werden soll (FG Saarland vom 16. April 2008 2 K 2123/04, juris, m.w.N). Der
Haftungsanspruch hierfür entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die
Haftungsfolge knüpft (§ 38 AO). Das ist in der Regel die Entstehung der Steuerschuld (BFH
vom 12. Oktober 1999 VII R 98/98, BStBl II 2000, 486).
bb)
Kalendervierteljahr 2005 Gegenstand des ersten Haftungsbescheids vom 14. Juni 2006.
Der gleiche Sachverhalt ist auch Gegenstand des zweiten Haftungsbescheids. Dem steht
nicht entgegen, dass die Klägerin in beiden Bescheiden jeweils nur für Teilbeträge der
tatsächlich entstandenen Steuerschuld in Haftung genommen wurde.
c)
bestandskräftig gewordenen Haftungsbescheid geregelt, steht dessen Bestandskraft der
erneuten Regelung des gleichen Sachverhaltes durch Erlass eines ergänzenden, neben den
ersten Haftungsbescheid tretenden Haftungsbescheids entgegen. Hiervon unberührt bleibt
die Korrektur des vorangegangenen Haftungsbescheids nach den Vorschriften der §§ 129,
130 und 131 AO.
1.2
Haftungsinanspruchnahme der Klägerin nach § 69 AO sind im Streitfall gegeben.
a)
(§ 34 Abs. 1 AO), soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO)
infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht
erfüllt werden. Die Klägerin war als Geschäftsführerin der Ltd. deren gesetzliche
Vertreterin. Als solche hatte sie die steuerlichen Pflichten der Ltd. zu erfüllen (§ 34 Abs. 1
AO).
b)
Lohnsteuerhaftungsansprüche aus § 42d EStG nicht erfüllt. Denn sie hat die Lohnsteuern
für die Arbeitnehmer der Ltd. weder angemeldet noch abgeführt.
c)
Verletzung der Pflichten eines Geschäftsführers im Sinn der §§ 34, 69 AO dar. Die
Lohnsteuer entsteht nach § 38 Abs. 2 Satz 2 EStG in dem Zeitpunkt, in dem der
Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt. Im Streitfall war die Lohnsteuer für die o.g.
Zeiträume mit Auszahlung der entsprechenden Löhne entstanden.
Die Klägerin kann sich dabei nicht darauf berufen, die fraglichen Lohnsteuerbeträge seien
erst nach dem Zeitpunkt der Auferlegung eines allgemeinen Verfügungsverbots und der
Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters fällig geworden. Nach § 41a Abs. 1 Nr. 2
EStG hat der Arbeitgeber spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-
Anmeldungszeitraums die im Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum insgesamt einbehaltene und
übernommene Lohnsteuer an das Betriebsstättenfinanzamt abzuführen. Im Streitfall war
die Lohnsteuer für das 1. Quartal 2006 in der dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden
(tatsächlichen) Höhe am 10. April 2006 und damit vor dem mit Beschluss des
Amtsgerichts Saarbrückens vom 20. April 2006 auferlegten Verfügungsverbots fällig. Der
Umstand, dass der Beklagte gegenüber der Ltd. erst danach einen Schätzungsbescheid für
den fraglichen Zeitraum erlassen hat, steht dem nicht entgegen. Denn für den Erlass des
Haftungsbescheids kommt es nicht auf die Festsetzung der Steuer an (vgl. BFH vom 30.
März 1993 VII R 108/92, BFH/NV 1993, 583, und vom 15. Oktober 1996 VII R 46/96,
BStBl II 1997, 171)
d)
der Klägerin zu erhebenden Schuldvorwurf. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist die
Frage des Verschuldens bei der Abführung einbehaltener Lohnsteuer streng zu beurteilen
(z.B. BFH vom 20. April 1982 VII R 96/79, BStBl II 1982, 521; vom 26. Juli 1988 VII R
83/87, BStBl II 1988, 859; vom 1. August 2000 VII R 110/99, BStBl II 2001, 271). Der
Grund dafür liegt im System des Lohnsteuerabzugsverfahrens begründet. Die
abzuführende Steuer ist ein bei der Lohnzahlung zurückbehaltener Teil des Lohnes der
Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer ist Schuldner der Lohnsteuer (§ 38 Abs. 2 EStG). Der
Arbeitgeber zieht die Lohnsteuer nur treuhänderisch für den Arbeitnehmer und den
Steuerfiskus ein; es handelt sich mithin für ihn um wirtschaftlich fremde Gelder, die er nicht
sach- und zweckwidrig selbst verwenden darf. Die Nichtabführung der Lohnsteuer verletzt
daher im allgemeinen ohne weiteres die Pflicht der den Arbeitgeber vertretenden Person,
dafür zu sorgen, dass die Steuer aus den von ihm verwalteten Mitteln des Arbeitgebers
entrichtet wird. Die Verletzung dieser Verpflichtung ist regelmäßig schuldhaft.
Eine schuldhafte Pflichtverletzung der Klägerin wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die
Ltd. möglicherweise 2006 nicht mehr über die Mittel zur Erfüllung der Steueransprüche
verfügte. Der Geschäftsführer darf vielmehr, wenn infolge eines Liquiditätsengpasses die
ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung der vollen vereinbarten Löhne
(einschließlich Lohnsteueranteil) nicht ausreichen, die Löhne nur gekürzt als Vorschuss oder
Teilbetrag auszahlen, so dass er aus den dann übrig bleibenden Mitteln die entsprechende
Lohnsteuer an das Finanzamt abführen kann (vgl. BFH vom 20. April 1982 VII R 96/79,
BStBl II 1982, 521, m.w.N.; vom 27. Februar 2007 VII R 67/05, BFH/NV 2007, 1732).
Nimmt der Geschäftsführer die gebotene Lohnkürzung nicht vor, geht er damit bewusst
ein Haftungsrisiko ein, so dass ihn die Haftungsfolgen des § 69 AO auch bei unerwartetem
Ausbleiben der Kreditmittel oder bei einem unerwarteten Eintritt der Zahlungsunfähigkeit
treffen (BFH vom 11. Dezember 1990 VII R 85/88, BStBl II 1991, 282).
e)
Höhe der nicht abgeführten Lohnsteuern und steuerlichen Nebenleistungen entstanden.
Zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung des Klägers und dem Eintritt des durch die
Nichtentrichtung der Lohnsteuer entstandenen Vermögensschaden besteht ein adäquater
Kausalzusammenhang, der nicht dadurch entfällt, dass der Insolvenzverwalter Zahlungen,
wenn diese vom Kläger innerhalb von drei Monaten vor Stellung des Antrags auf Eröffnung
des Insolvenzverfahrens geleistet worden wären, hätte anfechten können.
Durch die pflichtwidrige Nichtabführung fällig gewordener Steuerbeträge wird eine reale
Ursache für den Eintritt eines Vermögensschadens in Form eines Steuerausfalls gesetzt, so
dass die Kausalität dieser Ursache für den Schadenseintritt durch eine gedachte
Anfechtung des Insolvenzverwalters nicht rückwirkend beseitigt werden kann. Der vom
Gesetzgeber § 69 AO beigemessene Schutzzweck und die vom BGH geforderte wertende
Beurteilung lassen es nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt,
nicht geboten erscheinen, den hypothetischen Kausalverlauf im Falle einer gedachten
Anfechtung nach §§ 129 ff. InsO im Rahmen der Schadenszurechnung zu berücksichtigen
und infolgedessen die Haftung des von § 69 AO erfassten Personenkreises (vgl. § 34 und §
35 AO) entfallen zu lassen (BFH vom 5. Juni 2007 VII R 65/05, BStBl II 2008, 273).
f)
191 Abs. 1 AO muss er hierzu die zu erlassende Finanzbehörde, den Haftungsschuldner,
den zu zahlenden Geldbetrag und für welche Steuer der Haftungsschuldner als Haftender
in Anspruch genommen werden soll, erkennen lassen. Diese Voraussetzungen sind im
Streitfall erfüllt.
g)
2.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 FGO i.V.m. §§
708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, weil die Frage, ob eine
Nachforderung von weiteren Haftungsbeträgen auch in Fällen, in denen die
Haftungsinanspruchnahme durch Erlass eines weiteren Bescheids veränderten
Sachverhalten angepasst werden soll, nicht ohne vorherige Rücknahme oder Widerruf
eines bereits ergangenen Haftungsbescheids nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze
des Vertrauensschutzes zulässig wäre, bisher nicht höchstrichterlich geklärt ist.