Urteil des FG Saarland vom 22.02.2005

FG Saarbrücken: europäisches gemeinschaftsrecht, anhänger, luxemburg, aufenthalt, steuerbefreiung, euv, staatsangehörigkeit, kennzeichen, vvv, taxe

FG Saarbrücken Urteil vom 22.2.2005, 2 K 214/02
Kein Anhängerzuschlag für im Ausland zugelassene Fahrzeuge - keine Diskriminierung
ausländischer Verkehrsteilnehmer durch § 10 KraftStG - Möglichkeit einer tageweisen
Festsetzung der KraftSt bei vorübergehendem Aufenthalt ausländischer Fahrzeuge bis zu
30 Tagen
Leitsätze
1. Ein luxemburgischer Fuhrunternehmer hat keinen Anspruch auf Festsetzung deutscher
Kraftfahrzeugsteuer für seine in Luxemburg zugelassenen Sattelzugmaschinen.
2. Es liegt keine gemeinschaftsrechtswidrige Diskriminierung darin, dass Sattelauflieger
nach § 10 Abs. 4 KraftStG nachversteuert werden, auch wenn die Festsetzung eines
Anhängerzuschlags für die Zugmaschine nach § 10 KraftStG deshalb nicht in Betracht
kommt, weil es sich um ein ausländischen Fahrzeug handelt, für das keine inländische
Kraftfahrzeugsteuerpflicht besteht.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt mit ihrem Hauptantrag die Festsetzung eines Anhängerzuschlags für
in Luxemburg zugelassene Sattelzugmaschinen, mit denen im Inland steuerbefreite
Anhänger gezogen werden.
Die Klägerin ist eine société à responsabilité limité (s.à.r.l.) luxemburgischen Rechts mit
Sitz in Luxemburg, deren Gegenstand der Betrieb eines internationalen
Transportunternehmens ist. Nach ihren Angaben ist die Klägerin als Subunternehmerin für
deutsche Speditionen in zunehmendem Maße im Inland tätig. Den Frachtverkehr führt sie
mit in Luxemburg zugelassenen Zugmaschinen und mit im Inland zugelassenen, von den
Auftraggebern bereitgestellten Aufliegern durch. Diese Auflieger sind von der inländischen
Kraftfahrzeugsteuer befreit und führen daher ein grünes Kennzeichen. Mit ihrem Antrag
vom 8. November 2001 begehrte sie vom Beklagten die Festsetzung eines
Anhängerzuschlags nach § 10 Abs. 2 KraftStG für vier Sattelzugmaschinen
(Sattelauflieger) mit einem zulässigen Gesamtgewicht von jeweils mehr als 15 Tonnen. Der
Beklagte lehnte dies mit seinem Bescheid vom 24. Januar 2002 ab. Dagegen legte die
Klägerin am 25. Februar 2002 Einspruch mit der Begründung ein, die Ablehnung verstoße
gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Der Beklagte wies den Einspruch mit seiner
Einspruchsentscheidung vom 2. August 2002 als unbegründet zurück. Die
Einspruchsentscheidung wurde ausweislich des Absendevermerks in der Rechtsbehelfsakte
am 2. August 2002 mit einfachem Brief zur Post gegeben.
Am 4. September 2002 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass die Ablehnung des Beklagten mit dem
europäischem Gemeinschaftsrecht, insbesondere mit der Dienstleistungsfreiheit
unvereinbar sei. Denn unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Beklagten würde
der Zugang zum Markt für ausländische Transportunternehmen aus anderen EU-
Mitgliedstaaten gegenüber deutschen Transportunternehmen erschwert. Die
Wettbewerbsverzerrung ergebe sich daraus, dass ein ausländischer Unternehmer
einerseits mit seinen im Ausland zugelassenen Zugmaschinen nicht der deutschen
Kraftfahrzeugsteuer – einschließlich eines etwaigen Anhängerzuschlags – unterliege,
andererseits der jeweilige Halter der Anhänger aber für jedes Führen eines steuerbefreiten
Anhängers im Inland mindestens für einen Monat deutsche Kraftfahrzeugsteuer entrichten
müsse und diese Kraftfahrzeugsteuer an die Klägerin weiterbelaste. Dies führe für die
Klägerin zu einem erheblich größeren Kostenaufwand als demjenigen, der deutschen
Transportunternehmern entstehe, die das Führen der Auflieger mit dem Anhängerzuschlag
zur Kraftfahrzeugsteuer abgelten könnten. Eben dies werde ihr jedoch mit Hinweis auf die
fehlende Kraftfahrzeugsteuerpflicht für die Zugmaschinen verwehrt. Die Klägerin ist daher
der Auffassung, die hierin liegende Ungleichbehandlung verstoße gegen das europäische
Gemeinschaftsrecht.
Sie beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, für die Sattelzugmaschinen mit den amtlichen
luxemburgischen Kennzeichen vvv, xxx, yyy und zzz jeweils einen Anhängerzuschlag nach
§ 10 KraftStG festzusetzen,
hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, von der Nacherhebung der Kraftfahrzeugsteuer
nach § 10 Abs. 4 KraftStG für diejenigen inländischen Anhänger abzusehen, die hinter den
Sattelzugmaschinen mit den amtlichen luxemburgischen Kennzeichen vvv, xxx, yyy und
zzz mitgeführt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Zur Begründung führt der Beklagte im Wesentlichen aus, die Sattelzugmaschinen seien im
Herzogtum Luxemburg zugelassen. Dem Zulassungsstaat stehe nach dem europäischen
Gemeinschaftsrecht das ausschließliche Besteuerungsrecht für diese Zugmaschinen zu.
Daher komme die Festsetzung eines Anhängerzuschlags nicht in Betracht, denn dies setze
zwingend die inländische Kraftfahrzeugsteuerpflicht der Zugmaschinen voraus. Die
Kraftfahrzeugsteuer werde daher zu Recht erhoben. § 10 Abs. 2 KraftStG verstoße nicht
gegen das europäische Gemeinschaftsrecht. Daher könnten weder der Hauptantrag noch
der Hilfsantrag Erfolg haben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von
den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und auf die beigezogenen Behördenakten (ein
Band) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist im Hauptantrag zulässig, aber unbegründet. Denn die Ablehnung ist
rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 101 Satz 1 FGO). Die
Voraussetzungen für die Festsetzung eines Anhängerzuschlags oder für ein Absehen von
der Nacherhebung der Kraftfahrzeugsteuer für die von den Sattelzugmaschinen der
Klägerin gezogenen inländischen Anhängern liegen nicht vor.
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG unterliegt das Halten von inländischen Fahrzeugen der
Kraftfahrzeugsteuer. Das Halten von ausländischen Fahrzeugen unterliegt nur dann der
inländischen Kraftfahrzeugsteuer, wenn es sich nicht um für den Güterkraftverkehr
bestimmte Kraftfahrzeuge und Fahrzeugkombinationen mit einem zulässigen
Gesamtgewicht von mindestens 12.000 kg handelt (vgl. Art. 2 Buchst. d der Richtlinie
1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 [ABlEG Nr. L
187, S. 42]).
Ein Fahrzeug ist inländisches Fahrzeug, wenn es unter die Inland maßgebenden
Vorschriften über das Zulassungsverfahren – das StVG und die StVZO – fällt (§ 2 Abs. 3
KraftStG), und es ist ausländisches Fahrzeug, wenn es im Zulassungsverfahren eines
anderen Staates zugelassen ist (§ 2 Abs. 4 KraftStG). Fahrzeuge in diesem Sinne sind
Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (§ 2 Abs. 1 KraftStG).
1.1 Die Sattelzugmaschinen der Klägerin sind keine inländischen Fahrzeuge, da sie in
Luxemburg zugelassen (vgl. § 2 Abs. 3 KraftStG) und somit ausländische Fahrzeuge sind.
Ihr Halten ist aber auch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG nicht steuerpflichtig. Denn es
handelt sich dabei um Kraftfahrzeuge, die zum Güterkraftverkehr bestimmt sind und ein
zulässiges Gesamtgewicht von über 18.000 kg haben.
Ihr Halten unterliegt daher nicht der inländischen Kraftfahrzeugsteuer. Daher kommt auch
die Festsetzung eines Anhängerzuschlags nach § 10 KraftStG nicht in Betracht.
Denn der Anhängerzuschlag erhöht die nach § 1 Abs. 1 KraftStG dem Grunde nach zu
erhebende Kraftfahrzeugsteuer nach Maßgabe des § 10 Abs. 3 KraftStG. Die
Sonderregelung für Kraftfahrzeuganhänger setzt daher zwingend voraus, dass das Halten
des Fahrzeugs, das den Anhänger mitführt, der inländischen Kraftfahrzeugsteuer
unterliegt.
1.2 Möglicherweise haben die Beteiligten allerdings bislang übersehen, dass nach einer in
der Rechtsprechung und der Literatur vertretenen Auffassung im Streitfall eine tageweise
Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer für die Zugmaschinen der Klägerin in Betracht
kommt (vgl. FG München, Urteil vom 30. Juni 2004 4 K 4754/01, EFG 2004, 1873;
Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, Stand: 40. Aktualisierung [Dezember 2004], § 10
KraftStG, Rdnr. 20). Dieser Auffassung, die sich auf § 11 Abs. 3 KraftStG stützt, schließt
sich der erkennende Senat an. Denn nach § 11 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz KraftStG darf die
Steuer bei ausländischen Fahrzeugen, die zum vorübergehenden Aufenthalt in das Inland
gelangen, für einen Aufenthalt bis zu 30 Tagen tageweise (festgesetzt und) entrichtet
werden. Doch selbst wenn diese Voraussetzungen für die Sattelzugmaschinen der Klägerin
zuträfen, könnte der Klage unter diesem Aspekt nicht stattgegeben werden. Denn der
Beklagte ist für die tageweise Festsetzung nach § 11 Abs. 3 KraftStG sachlich nicht
zuständig. Nach der zwingenden Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 1 KraftStDV ist hierfür die
gemäß § 11 Satz 1 Nr. 2 KraftStDV bestimmte Zollstelle zuständig.
Wollte der Senat der Klage unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen
stattgeben, müsste er den Beklagten zum Erlass eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes
verurteilen, was wegen des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) schlechterdings
undenkbar ist.
1.3 Die Ablehnung, Kraftfahrzeugsteuer für die in Rede stehenden Zugmaschinen
festzusetzen, verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin ebenso wenig gegen
europäisches Gemeinschaftsrecht wie die Steuerfestsetzung für die im Inland mitgeführten
Anhänger nach § 10 Abs. 4 KraftStG. Denn es handelt sich bei der Regelung des § 10 Abs.
1 KraftStG um eine inländische Steuerbefreiung für im Inland zugelassene Fahrzeuge,
deren Voraussetzung der Gesetzgeber im Rahmen der ihm insoweit zustehenden
Gestaltungsfreiheit regeln durfte, und zwar unabhängig von der Frage, ob in anderen EU-
Mitgliedsländern entsprechende Regelungen getroffen worden sind, die für Zugmaschinen
gleichfalls die Festsetzung eines Anhängerzuschlags vorsehen (vgl. hierzu FG München,
Urteil vom 30. Juni 2004 4 K 4754/01, EFG 2004, 1873).
Nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. d EGV haben die Mitgliedstaaten alle zweckdienlichen
Vorschriften zur Durchführung des Art. 70 EGV zu erlassen, der die Verwirklichung des
Binnenmarktes (Art. 14 Abs. 2 EGV) durch eine gemeinsame Verkehrspolitik regelt. Dies
impliziert auch die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Dienstleistungsfreiheit im Bereich
des Güterkraftverkehrs durchzusetzen, für die Art. 51 Abs. 1 EGV auf die Art. 70 ff. EGV
verweist. Im Übrigen gelten hierfür die allgemeinen Vorschriften (vgl. Art. 49, 50 EGV),
insbesondere das Diskriminierungsverbot (vgl. EuGH, Urteil vom 3. Dezember 1974 Rs.
33/74, EuGHE 1974, 1299 „van Binsbergen“; siehe dazu Geiger, EUV/EGV, 4. Aufl. 2004,
Art. 50, Rdnr. 9 mit Nachweisen der EuGH-Rechtsprechung).
Eine Diskriminierung ausländischer Verkehrsunternehmer durch die Regelungen von § 10
KraftStG liegt nach Auffassung des Senats nicht vor. Dies ist nur dann der Fall, wenn eine
Regelung des nationalen Rechts den Dienstleistungserbringer aus Gründen seiner
Staatsangehörigkeit oder wegen seines Aufenthaltes gegen-über Staatsangehörigen des
Bestimmungsstaats – mittelbar oder unmittelbar – diskriminiert (vgl. zum Beispiel EuGH,
Urteil vom 3. Dezember 1974 Rs. 33/74, EuGHE 1974, 1299 „van Binsbergen“; siehe
dazu auch Geiger, EUV/EGV, 4. Aufl. 2004, Art. 50, Rdnr. 10).
Eine Diskriminierung in diesem Sinne liegt nicht vor. Denn die Klägerin wird durch die
Regelung des § 10 KraftStG zwar mittelbar – infolge der Überwälzung der nach § 10 Abs. 4
KraftStG nacherhobenen Kraftfahrzeugsteuer durch die inländischen Fahrzeughalter –
belastet. Dies beruht jedoch nicht auf ihrer Staatsangehörigkeit bzw. ihrem Sitz in
Luxemburg, sondern darauf, dass die Zugmaschinen nicht mit einem Anhängerzuschlag
besteuert werden. Diese Konsequenz trifft nicht speziell ausländische Fuhrunternehmer,
sondern jeden Halter eines Anhängers, und zwar unabhängig von Staatsangehörigkeit oder
Sitz. Daher verstößt § 10 KraftStG nicht gegen das Gebot der Inländergleichbehandlung
(vgl. dazu EuGH, Urteil vom 3. Dezember 1974 Rs. 33/74, EuGHE 1974, 1299 „van
Binsbergen“; siehe auch Geiger, EUV/EGV, 4. Aufl. 2004, Art. 50, Rdnr. 9).
Die Streitsache lässt sich auch nicht mit dem vom EuGH mit Urteil vom 2. Juli 2002 C-
115/00, BFH/NV, Beilage Heft 4/2002, 127 entschiedenen Fall vergleichen, in dem es nur
um die Frage ging, ob für ein in einem Mitgliedsstaat zugelassenes und dort versteuertes
Kraftfahrzeug zusätzlich inländische Kraftfahrzeugsteuer erhoben werden darf. Im
Gegenteil: Wollte der Beklagte die Zugmaschinen der Klägerin der inländischen
Kraftfahrzeugsteuer unterwerfen, so verstieße dies gerade gegen die Grundsätze, die der
EuGH in dem genannten Urteil aufgestellt hat. Mithin ist dem Beklagten aus Gründen des
sekundären europäischen Gemeinschaftsrechts verwehrt, für die Zugmaschinen der
Klägerin inländischen Kraftfahrzeugsteuer zusätzlich zur luxemburgischen
Kraftfahrzeugsteuer (taxe sur les véhicules automoteurs) zu erheben. Denn eine solche
doppelte Besteuerung verstieße offenkundig gegen Art. 5 der Richtlinie 1999/62/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 (ABlEG Nr. L 187, S. 46),
wonach die in Art. 3 der Richtlinie 1999/62/EG genannten Steuern für Fahrzeuge
ausschließlich von dem Mitgliedstaat erhoben werden dürfen, in dem das Fahrzeug
zugelassen ist. Zu diesen Steuern zählen sowohl die deutsche Kraftfahrzeugsteuer (Art. 3
Abs. 1 3. Spiegelstrich der Richtlinie 1999/62/EG) als auch die luxemburgische taxe sur les
véhicules automoteurs (Art. 3 Abs. 1 9. Spiegelstrich der Richtlinie 1999/62/EG). Damit
würde gerade mit dem von der Klägerin begehrten Verhalten des Beklagten der Verstoß
gegen das europäische Gemeinschaftsrecht begründet.
2. Der Hilfsantrag ist unzulässig. Denn es fehlt der Klägerin am erforderlichen
Rechtsschutzbedürfnis. Dieses fehlt immer auch dann, wenn der Kläger sein Klageziel mit
der erhobenen Klage nicht erreichen kann. So verhält es sich im Streitfall.
Das Klagebegehren ist auf eine Unterlassung gerichtet, nämlich darauf, den Beklagten zu
verpflichten, in all den Fällen von einer Kraftfahrzeugsteuerfestsetzungen abzusehen, in
denen ein Anhängerzuschlag nach § 10 Abs. 4 KraftStG zu erheben wäre. Es ist jedoch
ausgeschlossen, eine solche Verpflichtung auszusprechen. Denn abgesehen davon, dass
die Klägerin nur mittelbar von den entsprechenden Steuerfestsetzungen betroffen ist, da
sie nur wirtschaftlich, nicht aber rechtlich damit belastet ist, hat der Beklagte aufgrund
seiner verfassungsrechtlichen Verpflichtung (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG, 3 Abs. 1 GG), die ihre
einfach-gesetzliche Konkretisierung insbesondere in §§ 3 Abs. 1, 85 AO erfahren hat, die
verwirklichten Steuern festzusetzen.
Der Beklagte ist daher kraft Gesetzes verpflichtet, in den hier angesprochenen Fällen,
Kraftfahrzeugsteuern festzusetzen, da eine Steuerbefreiung der mitgeführten Anhänger
nicht in Betracht kommt. Denn Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach § 10 Abs. 1
KraftStG ist, dass für die Zugmaschine, hinter der der Anhänger mitgeführt wird, ein
ausreichender Anhängerzuschlag nach § 10 Abs. 3 KraftStG festgesetzt worden ist (vgl.
BFH, Urteil vom 12. August 1999 VII R 112/98, BStBl. II 1999, 799; FG Berlin, Urteil vom
4. Juni 1992 I 306/90, EFG 1993, 173; FG München, Urteil vom 30. Juni 2004 4 K
4754/01, EFG 2004, 1873).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
4. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage sah der Senat zwar keine Veranlassung, die
Streitfrage dem EuGH im Wegen eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 234 EGV
vorzulegen, da er keine Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des § 10 KraftStG mit dem
europäischen Gemeinschaftsrecht hat.
Jedoch war die Revision nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 FGO und Abs. 2 FGO
zuzulassen. Denn zum einen dürfte die Sache eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von
§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO haben, da eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren
Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, da sie eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle
betrifft (vgl. BFH, Beschluss vom 17. Mai 2002 V B 158/01, BFH/NV 2002, 1350; siehe
dazu auch Ruban in Gräber, FGO, 5. Aufl. 2002, § 115, Rdnr. 23; Wagner in Kühn/von
Wedelstädt, AO/FGO, 18. Aufl. 2004, § 115 FGO, Rz. 10). Denn nach dem unbestrittenen
Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung betrifft diese Frage eine Vielzahl
ausländischer Transportunternehmer, die im Inland steuerbefreite Anhänger hinter im
Ausland zugelassenen Sattelzugmaschinen mit sich führen.
Daneben hält der Senat die Revisionszulassung zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs.
2 Nr. 2 1. Alt. FGO für geboten, da die Rechtsfrage, ob eine etwaige mittelbare
Benachteiligung ausländischer Fuhrunternehmer durch die Regelung des § 10 KraftStG
durch Festsetzung von inländischer Kraftfahrzeugsteuer beseitigt werden muss, bisher
noch nicht höchstrichterlich entschieden wurde.