Urteil des FG Saarland vom 28.01.2008

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FG Saarbrücken Urteil vom 28.1.2008, 2 K 1497/07
Keine Kürzung der Kindeseinkünfte i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG um die
Reinigungskosten für die Anzüge des Auszubildenden einer Bank
Leitsätze
Bei einem Bankangestellten stellen die Aufwendungen für die Reinigung der während der
Arbeit getragenen Anzüge selbst dann keine Werbungskosten dar, wenn der Arbeitgeber
das Tragen von Anzügen verlangt.
Tatbestand
Die Klägerin ist die Mutter des in 1985 geborenen Sohnes M. Sie streitet mit der Beklagten
um die Berechtigung zum Erhalt von Kindergeld für das Jahr 2006.
M begann im Jahr 2004 eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Sparkasse
Saarbrücken. Die Klägerin beantragte am 13. April 2007 bei der Beklagten Kindergeld für M
betreffend das Jahr 2006 (KiG, Bl.93). Mit Bescheid vom 23. Mai 2007 lehnte die Beklagte
die Gewährung von Kindergeld für 2006 ab, da das Einkommen von M den Grenzbetrag
von 7.680 Euro überschritten habe (KiG, Bl. 107).
Der hiergegen eingelegte Einspruch (KiG, Bl. 113) hatte keinen Erfolg. Er wurde mit
Einspruchsentscheidung vom 20. August 2007 als unbegründet zurückgewiesen (KiG, Bl.
134 ff.).
Am 17. September 2007 erhob die Klägerin Klage (Bl. 1).
Sie beantragt sinngemäß (Bl. 2), die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.
Mai 2007 in Form der Einspruchsentscheidung vom 20. August 2007 zu verpflichten, für M
Kindergeld für das Jahr 2006 zu gewähren.
Die Klägerin macht geltend, die Einkünfte von M lägen nicht oberhalb des Grenzbetrages.
Die Beklagte habe zu Unrecht Aufwendungen für die Reinigung von Arbeitskleidung nicht
berücksichtigt (Bl. 3).
Die Beklagte beantragt (Bl. 37), die Klage abzuweisen.
Sie verweist darauf, dass es sich bei der von M während seiner Ausbildung zum
Bankkaufmann getragenen Kleidung nicht um typische Berufskleidung handele. Demzufolge
könnten auch entsprechende Reinigungskosten nicht als Werbungskosten Berücksichtigung
finden.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung
verzichtet (Bl. 38, 41). Sie haben sich gleichermaßen mit einer Entscheidung durch den
Berichterstatter anstelle des Senats einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogene
Kindergeldakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte ist zu Recht von einer
Überschreitung des maßgeblichen Grenzbetrages ausgegangen.
1. Rechtsgrundlagen
Für ein volljähriges Kind besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4
Satz 2 EStG ein Anspruch auf Kindergeld nur dann, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur
Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von
nicht mehr als 7.680 Euro im Kalenderjahr 2006 hat.
Der Begriff der Einkünfte ist in § 2 Abs. 2 EStG gesetzlich definiert -je nach Einkunftsart als
Gewinn oder als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten-.
Aufwendungen für Kleidung (inklusive deren Reinigung) sind ebenso wie Aufwendungen für
Wohnung und Verpflegung grundsätzlich Kosten der Lebensführung und nach § 12 Nr. 1
Satz 2 EStG selbst dann nicht abzugsfähig, wenn sie zugleich der Förderung des Berufs
dienen (BFH vom 18. April 1991 IV R 13/90, BStBl II 1991, 751: Konzertkleider sowie
schwarze Hosen einer Instrumentalsolistin).
Ein Abzug als Werbungskosten kommt gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG nur in Betracht,
wenn es sich bei der maßgeblichen Kleidung um typische Berufskleidung handelt. Nach der
Rechtsprechung des BFH liegt typische Berufskleidung vor, wenn die berufliche
Verwendungsbestimmung bereits in ihrer Beschaffenheit entweder durch ihre
Unterscheidungsfunktion, wie z.B. bei Uniformen oder durch dauerhaft angebrachte
Firmenembleme, oder durch ihre Schutzfunktion - wie bei Schutzanzügen, Arbeitsschuhen
o.ä. - zum Ausdruck kommt (BFH vom 6. Juni 2005 VI B 80/04, BFH/NV 2005, 1792
m.w.N.: ausschließlich bei der Berufsausübung getragene bürgerliche Kleidung eines
Soldaten). Die Qualifizierung eines Kleidungsstücks als typische Berufskleidung scheidet
schon dann aus, wenn seine Benutzung als normale bürgerliche Kleidung im Rahmen des
Möglichen und Üblichen liegt (BFH vom 19. Januar 1996 VI R 73/94, BStBl II 1996, 202:
Lodenmantel des Leiters eines staatlichen Forstamtes). Aufwendungen für bürgerliche
Kleidung führen daher selbst dann nicht zum Werbungskostenabzug, wenn diese Kleidung
nahezu ausschließlich (BFH vom 20. November 1979 VI R 25/78, BStBl II 1980, 73:
Trachtenanzug des Geschäftsführers eines im Bayerischen Stils gehaltenen Nürnberger
Lokals) bzw. ausschließlich (BFH vom 6. Juni 2005 VI B 80/04, BFH/NV 2005, 1792) bei
der Berufsausübung benutzt wird.
Der BFH hat jedoch die Aufwendungen für den schwarzen Anzug eines Leichenbestatters
(BFH-Urteil vom 30. September 1970 I R 33/69, BStBl II 1971, 50), eines Oberkellners
(BFH vom 9. März 1979 VI R 171/77, BStBl 1979, 519) sowie eines katholischen
Geistlichen (BFH vom 10. November 1989 VI R 159/86, BFH/NV 1990, 288) als
Werbungskosten anerkannt, weil die vom üblichen Verwendungszweck unterschiedliche
Funktion dem schwarzen Anzug den Charakter einer typischen Berufskleidung verleihe. In
den Fällen des Oberkellners und des katholischen Geistlichen solle nach Ansicht des BFH
der schwarze Anzug der Position dieser Personen Ausdruck verleihen und dieser Tätigkeit
den erwarteten äußeren Rahmen geben. Im Fall des Leichenbestatters ist der BFH der
Meinung, es handele sich bei dem schwarzen Anzug um ein Kleidungsstück, das angesichts
seiner beruflichen Verwendung eine Verwendung im privaten Bereich nicht mehr zulasse
)ergänzend zum schwarzen Anzug eines Croupiers FG Baden-Württemberg vom 31. Januar
2006 4 K 448/01, EFG 2006, 809).
2. Anwendung im Streitfall
Unter Anwendung dieser Grundsätze erfüllen die vom Sohn der Klägerin während seiner
Ausbildung getragenen Anzüge nicht die Voraussetzungen einer typischen Berufskleidung.
Dabei unterstellt der Senat zugunsten der Klägerin, dass der Arbeitgeber von M von den
männlichen Auszubildenden das Tragen von Anzügen während der Arbeitszeit verlangt.
Es ist indessen nicht ansatzweise nachvollziehbar, warum es sich dabei um typische
Berufskleidung handeln soll. Allein dadurch, dass bürgerliche Kleidung durch den Arbeitgeber
zur Dienstkleidung bestimmt wird, erlangt diese nicht den Charakter einer typischen
Berufskleidung (BFH-Urteil vom 19. Januar 1996 VI R 73/94, BStBl II 1996, 202). Denn
Anzüge als normale bürgerliche Kleidung zu tragen, ist möglich und auch üblich und
kennzeichnet keinesfalls den Berufsstand der Bankangestellten.
Daher liegt keine typische Berufskleidung vor. Mithin stellen auch entsprechende
Reinigungskosten keine Werbungskosten des Sohnes der Klägerin dar.
Demzufolge war die Berechnung der Beklagten, die zu einer Überschreitung des
Grenzbetrages von 7.680 Euro geführt hat, zutreffend.
3.
der Klägerin als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidungsbefugnis des Berichterstatters folgt aus dem erklärten Einverständnis der
Beteiligten (§ 79 a Abs. 3, 4 FGO). Der Senat konnte im Einvernehmen der Beteiligten
ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 90 Abs. 2 FGO).
Zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO sah der Senat keine Veranlassung.