Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 25.02.2009

FG Neustadt: gewinnerzielungsabsicht, rechtliches gehör, architekt, einkünfte, fahrtkosten, steuerfestsetzung, behörde, wohnung, aussetzung, werbung

Verkündet am:
Handz.:
z.:
FG
Neustadt
25.02.2009
2 K 2211/07
Änderung einer vorläufigen Steuerfestsetzung - Aussetzung des Klageverfahrens.
Im Namen des Volkes
Urteil
2 K 2211/07
In dem Finanzrechtsstreit
1. des Herrn
2. der Frau
- Kläger -
prozessbevollmächtigt:
gegen
Finanzamt
- Beklagter -
wegenEinkommensteuer 2001-2003
hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 2. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25. Februar
2009 durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht
die Richterin am Finanzgericht
den Richter am Finanzgericht
ehrenamtlicher Richter
ehrenamtliche Richterin
für Recht erkannt:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger, die seit 2000 als Eheleute zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden, sind Diplom-
Ingenieure und Architekten. Nach den für die Jahre 1998 bis 2006 vorliegenden Einkommensteuerakten
erzielte der Kläger – teilweise neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit bzw. aus einer Beteiligung
an einem Webdesign-Unternehmen (E und S, M) seit 1998 Verluste aus selbständiger Arbeit als Architekt.
In seinen Gewinnermittlungen für 1999 bis 2004 hatte er dabei u.a. Kosten für betriebliche Fahrten in
Höhe von jährlich stets 3.500 km geltend gemacht. Für die Jahre ab 2000 hatte er angegeben, keine
Betriebseinnahmen erlöst zu haben.
Auch die Klägerin erzielte lt. den vorliegenden Einkommensteuererklärungen in 2000 und 2004 - neben
Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit - Verluste aus selbständiger Arbeit als freie Architektin bei
Betriebseinnahmen von ebenfalls jeweils 0,00 DM/Euro.
Seit 2000 sind die Kläger Eltern einer Tochter. Für die Jahre 1999 bis 2004 brachte der Kläger bzw.
brachten die Kläger Kosten für ein – so die Kläger – 26 qm großes und damit ca. 30 % der Fläche ihrer
insgesamt 86 qm großen Wohnung einnehmendes Arbeitszimmer als Betriebsausgaben bei den
Einkünften aus selbständiger Arbeit des Klägers bzw. der Klägerin je zur Hälfte zum Abzug.
Mit ursprünglichen Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre 2001 bis 2003 berücksichtigte das
Finanzamt die Verluste des Klägers aus selbständiger Arbeit zunächst wie erklärt. Die Bescheide
ergingen insoweit jedoch vorläufig, weil – so das Finanzamt – „zur Zeit die Gewinnerzielungsabsicht nicht
abschließend beurteilt werden“ konnte.
Der Einkommensteuerbescheid für 2002 wurde in der Folgezeit in nicht streitbefangenen Punkten
mehrfach geändert. Dabei wurde der o.g. Vorläufigkeitsvermerk stets erneut gesetzt.
Im Zuge des Veranlagungsverfahrens betreffend die Einkommensteuer 2004 nahm das Finanzamt den
Umstand, dass seit 2000 aus der Tätigkeit als freie(r) Architekt(en) keine Einnahmen mehr erzielt wurden,
zum Anlass, Ermittlungen dazu anzustellen, ob diese Tätigkeit(en) überhaupt noch ausgeübt wurde(n).
Hierzu erteilte der zuständige Teilbezirk den Ermittlungsbeamten des Beklagten den Auftrag festzustellen,
ob im Außenbereich des Gebäudes Hinweise auf den Geschäftsbetrieb zu finden seien, in welchen
Räumen der Betrieb ausgeübt werde, ob Werbung gemacht werde und ob ein separates Geschäftskonto
bestehe. Außerdem sollte überprüft werden, ob das „Arbeitszimmer“ dem Grunde nach überhaupt
anerkannt werden könne und ob es Anhaltspunkte dafür gebe, in welchem Zusammenhang die lt. den
Gewinnermittlungen betrieblichen Fahrten durchgeführt worden seien. Des Weiteren sollte festgestellt
werden, welche Maßnahmen seitens der Kläger zur Verbesserung der Einnahmensituation getroffen
worden seien.
Die Ermittlungsbeamten hielten zunächst Rücksprache mit dem Bauamt der Stadt N, dem die Kläger als
Architekten nicht bekannt waren. Am 7. Dezember 2006 fand sodann eine Ortsbesichtigung in
Anwesenheit der Klägerin statt, in deren Verlauf den Ermittlungsbeamten ein von diesen „eindeutig als
Schlafzimmer“ bezeichneter Raum als Arbeitszimmer präsentiert wurde. Wegen des aus Finanzamtssicht
dargestellten Verlaufes der Augenscheinnahme und der Feststellungen der Ermittlungsbeamten im
Einzelnen wird auf den Bericht vom 8. Dezember 2006, Bl. 4 bis 7 ESt-Akten II, Hefter „Ermittlungsbericht“,
Bezug genommen.
Darüber hinaus bat das Finanzamt die Kläger mit Schreiben vom 19. Dezember 2006 (Bl. 15 bis 17 ESt-
Akten II, Hefter „2004“) unter Hinweis darauf, dass es, da keine Einnahmen aus der selbständigen Arbeit
erzielt worden seien, fraglich sei, welche Veranlassung für betriebliche Fahrten bestanden habe, um
Angabe der Gründe für die lt. der Gewinnermittlung 2004 durchgeführten Fahrten sowie um die
Einreichung einer Aufstellung für 2001 bis 2004, aus der der Zweck, das Datum und der jeweilige Kunde
ersichtlich sein sollten. Außerdem forderte es die Kläger auf mitzuteilen, welche Arbeiten für die Jahre ab
2001 als Architekt(en) für welche Kunden ausgeführt worden seien, in welchen Räumlichkeiten
Kundengespräche stattfänden, wann das letzte Kundengespräch erfolgt sei, ob und – falls ja – wann bei
den zuständigen Behörden Anträge auf Genehmigung bzw. aus anderen Gründen eingereicht worden
seien, in welchem Zusammenhängen die Anträge und für welche Objekte sie gestellt worden seien, ob
Arbeiten für andere Architekturbüros getätigt worden seien und – falls ja – um welche Arbeiten für welche
Architekturbüros es sich dabei gehandelt habe.
Zur Überprüfung der Gewinnerzielungsabsicht bat es noch um Beantwortung folgender Fragen: „Welche
Maßnahmen wurden bzw. werden unternommen, um an der Einnahmensituation etwas zu ändern? Wann
wird mit Einnahmen gerechnet bzw. werden zukünftige Einnahmen die Ausgaben übersteigen (geschätzte
Prognose)? Ist beabsichtigt, die Tätigkeit auch zukünftig in der eigenen Wohnung zu betreiben? Wird auf
die Tätigkeit in irgendeiner Weise hingewiesen (Werbung), wenn ja: wo und welcher Art ist die Werbung?“
Die Kläger stellten die Beantwortung dieses Schreibens in Aussicht, forderten jedoch die vorherige
Zusendung des Ermittlungsberichtes. Nachdem das Finanzamt dies mit der Begründung, dabei handele
es sich um verwaltungsinternen Schriftverkehr, dem keine Verwaltungsaktsqualität zukomme, verweigert
hatte, stellten sich die Kläger auf den Standpunkt, ihnen werde das rechtlich Gehör verwehrt. Die oben
genannten Fragen des Finanzamtes blieben daher unbeantwortet.
Das Finanzamt kündigte daraufhin an, die geltend gemachten Fahrtkosten und die Aufwendungen für das
Arbeitszimmer bei der Einkommensteuerveranlagung für 2004 nicht zu berücksichtigen und die
Einkommensteuerbescheide für 2001 bis 2003 ebenfalls entsprechend zu ändern.
Nachdem die Kläger hierauf nicht reagierten, erließ es unter dem 10. Mai 2007 einen (erstmaligen)
Einkommensteuerbescheid 2004 sowie auf § 165 Abs. 2 Satz 1 AO gestützte
Einkommensteueränderungsbescheide für 2001 bis 2003, in denen die geltend gemachten Verluste aus
selbständiger Arbeit um die o.g. Kostenpositionen gekürzt wurden. Der Einkommensteuerbescheid für
2004, der zu einer Einkommensteuerfestsetzung von 0,00 € führte, erging – wie die Bescheide für die
Vorjahre – vorläufig „hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit, weil z.Zt. die
Gewinnerzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden kann“. Wortgleiche Vorläufigkeitsvermerke
wurden auch in den Änderungsbescheiden für 2001 bis 2003 ausdrücklich erneut aufgenommen.
Mit hiergegen fristgerecht eingelegten Einsprüchen wendeten die Kläger ein, die Bescheide seien schon
mangels Gehör schwer rechtswidrig. Es existiere keine Änderungsvorschrift für die Bescheide betreffend
die Jahre 2001 bis 2003. Das Finanzamt möge zunächst einmal mitteilen, welche Beträge gekürzt worden
seien – und zwar auf den Euro genau.
Darüber hinaus rügten sie die – so die Kläger – „ohne gerechtfertigte Gründe“ verweigerte Übersendung
der Niederschrift über die Ortsbesichtigung.
Nachdem das Finanzamt daraufhin die Kürzungsbeträge im Einzelnen aufgeschlüsselt hatte, wurde der
Einspruch betreffend den Veranlagungszeitraum 2004 mit Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2007
mangels Beschwer als unzulässig verworfen. Mit Einspruchsentscheidung betreffend die Streitjahre 2001
bis 2003 vom selben Tage setzte es die Einkommensteuer höher an, nämlich – in Negierung der
Gewinnerzielungsabsicht des Klägers - unter Außerachtlassung sämtlicher weiterer in den
Gewinnermittlungen des Klägers geltend gemachter Betriebsausgaben zu den Einkünften aus
selbständiger Arbeit mit Ausnahme der Kosten, die zu den Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit
bzw. den Sonderausgaben gerechnet werden konnten und die das Finanzamt lediglich „der Einfachheit
halber“ weiter unter „Einkünfte aus selbständiger Arbeit“ erfasste. Es berief sich dabei auf die
Änderungsvorschrift des § 165 Abs. 2 Satz 1 AO, erklärte zugleich die Einkommensteuerfestsetzungen für
2001 bis 2003 für endgültig und führte aus, da keine Betriebseinnahmen erklärt, sondern nur Verluste
geltend gemacht worden seien, habe zunächst nicht abschließend beurteilt werden können, ob
hinsichtlich der erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit als freier Architekt tatsächlich eine mit
Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeit vorliege. Das Finanzamt sei daher gehalten gewesen, die
Einkommensteuerveranlagungen in diesem Punkt offen zu halten. In diesem Zusammenhang habe es
auch Änderungen betreffend nachrangige Rechtsfragen, d.h. die einzelnen Betriebsausgaben,
vornehmen dürfen.
Die Feststellungen anlässlich der Ortsbesichtigung hätten ergeben, dass die für ein Arbeitszimmer geltend
gemachten Kosten keine Betriebsausgaben darstellten, da keine ausschließliche berufliche Nutzung des
Raumes vorliege.
Da der Steuerpflichtige das Vorliegen von Betriebsausgaben nachweisen oder zumindest glaubhaft
machen müsse, sei auch die Kürzung der geltend gemachten Verluste um die von dem Kläger pauschal
ermittelten Kfz-Kosten nicht zu beanstanden. Der den vorgeblichen Fahrtkosten zu Grunde liegende
Sachverhalt sei nicht näher erläutert worden.
Da nach Lage der Dinge außerdem davon auszugehen sei, dass tatsächlich gar keine freiberufliche
Tätigkeit ausgeübt werde, seien darüber hinaus sämtliche weiteren geltend gemachten Kosten – bis auf
die den Sonderausgaben bzw. den Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnenden
Positionen - zu streichen. Hierbei handele es sich auch um keine Verböserung im Sinne des § 367 Abs. 2
Satz 2 AO, da eine Änderungsmöglichkeit nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO bestehe. Der Kläger habe trotz
Aufforderungen durch das Finanzamt insbesondere nicht angegeben, für wen er wo konkret gearbeitet
habe oder wo oder bei wem er sich konkret um Aufträge etc. bemüht habe.
Der Einkommensteuerbescheid 2003 wurde nach Ergehen einer Mitteilung des Finanzamtes M über die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (E und S ) unter dem 5. Dezember
2007 nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert.
Mit der vorliegenden, sich gegen die Einkommensteueränderungsbescheide für 2001 bis 2003 richtenden
Klage rügen die Kläger erneut das Ob und Wie der Ortsbesichtigung. Insoweit wird auf die
Klagebegründungsschrift vom 7. Januar 2008 (Bl. 33 ff. PA) verwiesen.
Sie meinen, die angefochtenen Einkommensteuerbescheide seien rechtswidrig, da ihnen wegen der
Sie meinen, die angefochtenen Einkommensteuerbescheide seien rechtswidrig, da ihnen wegen der
Weigerung des Finanzamtes, die Niederschrift über die Ortsbesichtigung zu übersenden, das Recht
verwehrt worden sei, sich zu den wesentlichen Tatsachen zu äußern. Der vom Finanzamt in diesem
Zusammenhang erstellte umfangreiche Fragenkatalog bzw. das darin enthaltene Auskunftsbegehren sei
weder notwendig noch zumutbar noch verhältnismäßig noch erfüllbar. Er habe im Vergleich zu der
Bedeutung des Steuerfalles jedes Maß verloren. Außerdem sei zumindest theoretisch die Möglichkeit der
Selbstbelastung durch widersprüchliche Angaben gegeben. Schon wegen der Verletzung des rechtlichen
Gehörs hätten die Kläger auch ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt. Insbesondere könne die Behörde
die Beantwortung der Fragen vorab, d.h. vor Zusendung des Ermittlungsberichtes, nicht verlangen. Der
Fragenkatalog habe erkennbar nur den Zweck, eine unzumutbare und unerfüllbare Hürde aufzustellen.
Die darin enthaltenen Fragen erfüllten auch nicht zwingend den Tatbestand einer Norm. Zu gegebener
Zeit könnten die Fragen jedoch im Einzelnen untersucht und, soweit sie rechtmäßig seien, beantwortet
werden. Die Mitwirkungspflichten endeten jedenfalls dort, wo die Behörde zu rechtswidrigen Maßnahmen
gegriffen habe. Im vorliegenden Fall sei die Wohnung gegen den Willen der Kläger betreten worden,
mithin habe das Finanzamt gegen Artikel 13 Grundgesetz verstoßen. Der Verstoß hiergegen und gegen
die Vorschrift des § 136 a StPO sei vorab zu klären, erst in einem zweiten Schritt könne die
Rechtmäßigkeit der vom Finanzamt gestellten Fragen anhand der Abgabenordnung geprüft werden. Im
Übrigen hätten die Ermittlungsbeamten gar keine Tatsachen ermittelt, sondern lediglich eine Rechtsfolge
(„kein Arbeitszimmer im steuerlichen Sinne“) benannt.
Darüber hinaus unterlägen die Ergebnisse des Augenscheins einem Verwertungsverbot, weil sie mit
unrechtmäßigen Methoden zu Stande gekommen seien. Der Verwaltungsakt der Augenscheinnahme sei
im Übrigen schon deshalb nichtig, weil er nicht sofort schriftlich bestätigt worden sei. Er sei also inhaltlich
unbestimmt. Des Weiteren seien die Besteuerungsgrundlagen nicht mitgeteilt worden. In diesem
Zusammenhang existiere kein Ermessensspielraum für die Behörde.
Im Streitfall greife auch keine Änderungsvorschrift ein. Eine Änderung nach § 165 AO scheitere daran,
dass diese Norm vorsehe, dass Grund und Umfang genannt würden. Im Streitfall sei nicht zu erkennen,
warum betreffend die Gewinnerzielungsabsicht hinsichtlich der Einkünfte aus selbständiger Arbeit eine
Unsicherheit vorliegen sollte. Angebliche Ungewissheiten müssten zeitnah durch die gebotene
Sachaufklärung überwunden werden. Das sei hier nicht erfolgt. Daher habe es gar keine Unsicherheit
gegeben, so dass der Vorläufigkeitsvermerk nichtig sei. Im Übrigen habe das Finanzamt von dem ihm in §
165 Abs. 2 Satz 1 AO eingeräumten Ermessensspielraum keinen Gebrauch gemacht, mithin liege ein
Ermessensnichtgebrauch vor. Darüber hinaus erstrecke sich der Vorläufigkeitsvermerk auch nicht auf
einzelne Betriebsausgaben. Die Fahrtkosten seien zulässigerweise vom Kläger geschätzt worden. Dass
die Behörde deren Höhe zunächst ungeprüft akzeptiert habe, führe zur Bestandskraft. Zum Arbeitszimmer
habe das Finanzamt gar nichts ermittelt. Die Kläger hätten die entsprechenden Ausgaben korrekt
berechnet. Diese Positionen hätten auch nichts mit den Gewinnerzielungsabsichten zu tun. Eine
Änderung komme aber nur im Umfang des Vorläufigkeitsvermerkes, der sich hier auf die
Gewinnerzielungsabsicht beschränke, in Betracht. Bei den durch die Einspruchsentscheidung
vorgenommenen weiteren Kürzungen handele es sich daher um eine unzulässige Verböserung.
Im Übrigen sei die Revision gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, weil die hier
entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob eine zu Unrecht nach § 165 Abs. 1 AO für vorläufig erklärte,
mangels erfolgreicher Anfechtung bestandskräftig gewordene Steuerfestsetzung gem. § 165 Abs. 2 Satz 1
AO im Rahmen einer Ermessensentscheidung geändert werden könne, in der Rechtsprechung des BFH
nicht einheitlich beurteilt werde. Eine Änderung eines bestandskräftig gewordenen vorläufigen
Bescheides sei selbst dann nicht wegen einer geänderten steuerlichen Beurteilung zulässig, wenn sich
der dem vorläufigen Bescheid beigefügten Erläuterung entnehmen lasse, dass sich die Vorläufigkeit auf
eine bestimmte Einkunftsart insgesamt beziehen solle.
Nachdem die Kläger noch mit Klagebegründungsschrift vom 7. Januar 2008 davon gesprochen hatten, für
die freiberufliche Tätigkeit ein Arbeitszimmer eingerichtet zu haben, gaben sie mit ihrem am 10. Oktober
2008 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (Aktenzeichen 2 V 2378/08) an,
bereits in der ersten Jahreshälfte 2005 damit begonnen zu haben, dieses Zimmer auch privat zu nutzen
und dementsprechend in ihren Einkommensteuererklärungen ab 2005, die in den Jahren ab 2007 beim
Finanzamt eingingen, auch nicht mehr geltend zu machen.
Mit kurz vor der mündlichen Verhandlung eingegangenem Schriftsatz trugen sie noch vor, die ab dem
Jahr 2005 von der Klägerin erzielten Gewinne belegten die Gewinnerzielungsabsicht der Kläger, die als
Eheleute einen gemeinsamen Haushalt führten, in ein und die selbe Tasche wirtschafteten und die Arbeit
untereinander aufteilten. Im Laufe des Jahres 2004 habe die Klägerin eine Architektin kennen gelernt und
mit ihr gemeinsam eine Perspektive als Existenzgründer entwickelt. Hierzu hätten sie eine Internetseite
eingerichtet. Mangels Erfolges hätten sie den Betrieb dieser Seite jedoch in 2006 wieder eingestellt. Zum
Jahreswechsel 2004/2005 hätten die Kläger mit der Architektin begonnen, einen Büroraum in M zu
nutzen. Die Zusammenarbeit sei dann in 2005 wegen Schwangerschaft der Architektin ausgesetzt
worden. Gespräche mit den Auftraggebern seien von den Klägern überwiegend vor Ort und unter Nutzung
der Fernkommunikationsmittel, aber auch in der Agentur in M durchgeführt worden. Sie hätten ungefähr
dreimal jährlich Hin- und Rückfahrten zwischen N und E mit einfacher Wegstrecke von gut 400 km und
zahlreiche Fahrten zu verschiedenen näher bezeichneten Objekten unternommen. Welche Maßnahmen
die Kläger zur Verbesserung der Einnahmensituation ergriffen hätten, könne dahingestellt bleiben.
Entscheidend sei lediglich, dass das Ergebnis stimme. Seit 2005 würden von den Klägern, die als
Eheleute sowohl in der Theorie als auch in der Praxis gemeinschaftlich wirtschafteten, Gewinne
eingefahren.
Die Kläger listeten außerdem ihre „gemeinsamen Projekte“ von 1997 bis 2005 auf. Wegen der von ihnen
hierzu gemachten Angaben und wegen der von ihnen eingereichten Gewinnermittlungen der Klägerin für
2005 bis 2007 wird auf das Schreiben vom 23. Februar 2009, Bl. 66 bis 68 PA sowie Bl. 70 ff. PA, Bezug
genommen.
Die Kläger beantragen,
1. die Einkommensteueränderungsbescheide für 2001 und 2002, jeweils vom 10. Mai 2007 und jeweils
in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2007, aufzuheben,
2. den Einkommensteueränderungsbescheid für 2003 vom 05. Dezember 2007 dahin zu ändern, dass
Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit in Höhe von ./. 3.250,00 € angesetzt werden,
hilfsweise, die Einspruchsentscheidung wegen mangelnden rechtlichen Gehörs und fehlender Mitteilung
der Besteuerungsgrundlagen isoliert aufzuheben,
höchsthilfsweise, die Revision zuzulassen.
Darüber hinaus beantragen die Kläger, das Ruhen des vorliegenden Klageverfahrens gemäß § 74 FGO
bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das beim erkennenden Senat rechtshängige Klageverfahren mit
dem Aktenzeichen 2 K 1386/08 anzuordnen.
Zur Begründung tragen sie vor, der Ausgang des Klageverfahrens 2 K 1386/08 sei für das vorliegende
Verfahren von präjudizieller Wirkung. Ziel dieses Verfahrens sei es, ein Beweisverwertungsverbot im
Hinblick auf die Anordnung des Betretens der Wohnung der Kläger vom 7. Dezember 2006 zu erreichen.
Falls ein solches Beweisverwertungsverbot erreicht werde, wären die vorliegend streitbefangenen
Änderungsbescheide schon aus diesem Grunde aufzuheben.
Der Beklagte verweist – im Wesentlichen – auf seine Einspruchsentscheidung und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zum Aussetzungsantrag der Kläger hat er sich nicht geäußert.
Wegen der von den Klägern in der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2009 erhobenen Rügen
sowie den von ihnen gestellten Beweis- und sonstigen Anträgen wird auf die Sitzungsniederschrift, Bl. 77
ff. PA, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist sowohl in den Hauptanträgen als auch im Hilfsantrag unbegründet.
Die erklärten Verluste aus selbständiger Arbeit können einkommensteuerlich keine Berücksichtigung
finden.
Voraussetzung für die Anerkennung der geltend gemachten Verluste ist nach der vorliegend allein in
Betracht kommenden Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG, dass ihnen
ein Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinnes, d.h. eine
Tätigkeit
Grunde liegt, die auf die
Erzielung positiver Einkünfte hin angelegt
X R 51/88, BFH/NV 1990, 502). Dies muss, soll der Verlust zum Ansatz kommen,
feststehen
Vorliegen dieser Voraussetzung trägt derjenige, der sich zu seinen Gunsten darauf beruft, hier mithin die
Kläger, die Darlegungs- und Beweislast (Feststellungslast).
Im Streitfall ist zweifelhaft geblieben, ob der Kläger neben seiner bis einschließlich Januar 2002 ganztägig
ausgeübten nichtselbständigen Beschäftigung als - so die Kläger in ihrem Antrag auf
Lohnsteuerermäßigung – Screendesigner bzw. neben seinen in 2002 und 2003 bei der E und S GbR, M,
ausgeübten Aktivität überhaupt tatsächlich noch eine selbständige Tätigkeit als Architekt/Ingenieur
ausübte und nicht lediglich eine solche vorschiebt, um über die erklärten, hieraus angeblich erzielten
Verluste eine Minderung der Steuerlast zu erreichen.
In diesem Zusammenhang sind nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens lediglich folgende objektiv
vorliegenden konkreten Umstände ersichtlich, die die o.g. Zweifel jedoch auslösten bzw. erhärten:
Der Kläger ist dem Bauamt N als Architekt nicht bekannt. Er war ganztags als Angestellter bzw.
Mitunternehmer außer Haus in M beschäftigt. Seit dem Jahr 2000 erzielt er aus der behaupteten Tätigkeit
als Architekt keinerlei Betriebseinnahmen. Die geltend gemachten Kfz-Kosten wurden seit 1999
ausgehend von einer auf jährlich stets genau 3.500 km bezifferten Fahrleistung – quasi einem Freibetrag
gleichkommend - errechnet.
Im Übrigen erteilten die insoweit nach § 90 Abs. 1 AO mitwirkungsverpflichteten Kläger bis zum Tage
dieser Entscheidung weder die vom Finanzamt mit Schreiben vom 19. Dezember 2006 erbetenen
konkreten
Ausführungen zu den geltend gemachten betrieblichen Fahrten des Klägers. Dies lässt sich
vernünftigerweise nur nachvollziehen, wenn man davon ausgeht, dass die Architektentätigkeit tatsächlich
nicht ausgeübt wurde.
Dem steht auch der mit Schriftsatz der Kläger vom 23. Februar 2009 gemachte Vortrag nicht entgegen. Die
dort erfolgten Ausführungen lassen – insbesondere hinsichtlich der hier allein maßgeblichen Tätigkeit des
Klägers
könnte. Sie stehen – im Gegenteil – entweder im Widerspruch zu den eigenen Angaben der Kläger in
ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre oder geben – da aus sich heraus nicht verständlich
- Anlass für eine Fülle weiterer Fragen.
So geben sie an, „im Wesentlichen“ die in der auf Seite 3 bis Seite 5 des o.g. Schreibens aufgeführten
Auflistung genannten „gemeinsamen Projekte“ durchgeführt zu haben. Eine Unterscheidung danach, wer
genau (der Kläger oder aber die Klägerin oder aber die Kläger in Gemeinschaft) welche Tätigkeiten
ausgeübt hat, erfolgt jedoch nicht. Dies ist für die steuerliche Zurechnung von Einkünften jedoch
unabdingbar. Darüber hinaus sind die „Projekte“ nahezu durchgängig so ungenau bezeichnet, dass eine
Überprüfung, z.B. durch Nachfrage bei den Bauherren, nicht möglich ist. Zu keinem der genannten
Projekte, die – nach Angaben der Kläger – zudem bis auf vereinzelte Ausnahmen zu keiner Beauftragung
geführt hatten bzw. nicht umgesetzt wurden, wurden Unterlagen (z.B. durchgeführte schriftliche Arbeiten,
Schriftverkehr mit potentiellen Auftraggebern etc.) eingereicht, die es hätten glaubhaft machen können,
dass der Kläger tatsächlich als Architekt tätig gewesen war. Es fehlen des Weiteren Angaben dazu, wie
die Kläger auf die Projekte aufmerksam wurden bzw. mit wem sie sich deswegen in Verbindung setzten.
Auch ist nicht nachvollziehbar, wieso es trotz angeblich erbrachter Arbeitsleistung (z.B. „Überwachung des
Abrisses und Neubau eines Wohnhauses ...“ betreffend das „Haus Jones“ in Edenkoben usw.) in den
Streitjahren zu keinen Betriebseinnahmen kam. Schließlich geben die Kläger betreffend Projektnummer 5
der Auflistung, angeblich durchgeführt in 2002, an, der Auftrag sei von der Klägerin (allein) abgerechnet
worden. Laut Einkommensteuererklärungen 2002 bis 2004 verfügte sie jedoch abgesehen von
Einnahmen aus Kapitalvermögen über keine weitere Einnahmenquelle. Dieser Widerspruch lässt
grundsätzliche Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der in dem Schreiben vom 23. Februar 2009
gemachten Angaben aufkommen.
Der zum Vorliegen einer in Gewinnerzielungsabsicht ausgeübten Tätigkeit des – für das vorliegende
Klageverfahren allein maßgeblichen – Klägers in dem o.g. Schriftsatz gemachte Vortrag stellt sich mithin
als völlig unsubstantiiert, bzw. nicht nachvollziehbar und unglaubhaft dar. Das Vorbringen ist daher nicht
geeignet, die o.g. Zweifel am Vorliegen einer auf Gewinnerzielungsabsicht hin angelegten Tätigkeit des
Klägers auszuräumen. Damit stehen, was den Klägern zum Nachteil gereicht, die geltend gemachten
Verluste aus selbständiger Arbeit des Klägers gerade nicht fest und können daher auch keine steuerliche
Berücksichtigung finden.
Vor diesem Hintergrund sind die Feststellungen der Ermittlungsbeamten bei der Ortsbesichtigung zur
Gänze irrelevant. Die Aberkennung der geltend gemachten Verluste war ohne Ansehung des
Ermittlungsergebnisses bzw. des Verhaltens der Ermittlungsbeamten bei der Begehung rechtmäßig und
im Sinne der Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen (Belastungsgleichheit) geboten.
Aus diesem Grunde kommt auch weder eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung in der
Streitsache 2 K 1386/08 in Betracht, noch war den von den Klägern gestellten Beweisanträgen
nachzukommen.
Die Kläger können der Nichtberücksichtigung der geltend gemachten Verluste aus selbständiger Arbeit
auch nicht entgegenhalten, sie hätten insoweit ihre Wirkungspflicht nicht verletzt, weil dies nur dann der
Fall hätte sein können, wenn ihnen im Wege der Einsichtnahme in den Ermittlungsbericht rechtliches
Gehör gewährt worden wäre; die Beantwortung der im Schreiben vom 19. Dezember 2006 gestellten
Fragen habe nicht vorab, d.h. vor Zusendung des Ermittlungsberichtes, sondern zu gegebener Zeit
verlangt werden können.
Die mit Auskunftsersuchen des Finanzamtes vom 19. Dezember 2006 gestellten Fragen zielen ersichtlich
darauf ab, Klarheit über die selbständige Tätigkeit des Klägers als solche zu gewinnen, d.h. darüber, ob
sie überhaupt ausgeübt wurde und – falls ja – ob sich Anhaltspunkte für das Vorliegen eines ernsthaften
und nachhaltigen Gewinnstrebens ergeben. Weder dies noch die darüber hinaus geforderte Aufstellung
betreffend die geltend gemachten, jedoch unschlüssigen, da seit 1999 stets in exakt gleicher Höhe
(betreffend die Fahrleistung) angesetzten Fahrtkosten, berühren die von den Klägern monierte
Ortsbesichtigung und die hierbei von den Ermittlungsbeamten zum „Arbeitszimmer“ getroffenen
Feststellungen. Es ist daher nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die Beantwortung der o.g. Fragen
bzw. die Einreichung der o.g. Unterlagen die vorherige Übersendung des Ermittlungsberichtes hätte
erfordern sollen.
Es ist auch nicht erkennbar, aus welchen Gründen die vom Finanzamt mit Schreiben vom 19. Dezember
2006 verlangte Mitwirkung nicht notwendig und/oder unzumutbar und/oder unverhältnismäßig und/oder
unerfüllbar gewesen sein könnte. Bei den vom Finanzamt erfragten Umständen handelt es sich
ausnahmslos um solche aus der alleinigen Wissens- und Verantwortungssphäre des Klägers bzw. der
Kläger. Angesichts der bis dato aufgelaufenen Verluste aus selbständiger Arbeit und der Tatsache, dass
die Frage, ob der Kläger die verlustbringende Tätigkeit überhaupt tatsächlich ausübte bzw. ob – falls ja –
die jährlich geltend gemachten Fahrtkosten tatsächlich betrieblich veranlasst waren, voraussichtlich auch
Relevanz für zukünftige Veranlagungen haben wird (nämlich dann, wenn weiter entsprechende Verluste
geltend gemacht werden), war das Auskunftsbegehren des Finanzamtes nicht nur zulässig, sondern –
dies wiederum im Sinne des verfassungsrechtlichen Gebotes der Belastungsgleichheit aller
Steuerpflichtigen – notwendig.
Da wegen der fehlenden substantiierten Beantwortung der vom Finanzamt aufgeworfenen Fragen die für
eine einkommensteuerliche Berücksichtigung der geltend gemachten Verluste erforderliche Tätigkeit –
wie gesagt - gerade nicht feststeht und dies – wie ebenfalls bereits dargestellt – den insoweit
feststellungsbelasteten Klägern zum Nachteil gereicht, kommt den Äußerungen/Feststellungen bzw. dem
Verhalten der Ermittlungsbeamten für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites keine Bedeutung
zu.
Das Finanzamt war auch gem. § 165 Abs. 2 Satz 1 AO befugt, die Einkommensteuerfestsetzungen 2001
bis 2003 durch die streitbefangenen Bescheide zu ändern. Nach dieser Vorschrift kann die
Finanzbehörde, soweit sie eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, die Festsetzung aufheben oder ändern.
Die Vorläufigkeitsvermerke waren im Streitfall sowohl in den ursprünglichen
Einkommensteuerfestsetzungen als auch in den hier streitbefangenen
Einkommensteueränderungsbescheiden rechtmäßig gesetzt worden. Insbesondere hatte das Finanzamt
Umfang und Grund der Vorläufigkeit angegeben, § 165 Abs. 1 Satz 3 AO. Die Vorläufigkeit erfasste
danach die erklärten Verluste aus selbständiger Arbeit des Klägers vollumfänglich. Der Grund war mit der
Ungewissheit der Gewinnerzielungsabsicht hinreichend bezeichnet. Die Gewinnerzielungsabsicht stellt
auch eine ungewisse Tatsache dar, wegen der (allein) eine Steuerfestsetzung vorläufig erklärt werden
darf. Unter „Tatsache“ in diesem Sinne ist auch eine Summe von Umständen zu verstehen, die in ihrer
Gesamtschau den Sachverhalt ausmachen, der unter das Gesetz zu subsummieren ist (BFH, Urteil vom
25. Oktober 1989, X R 51/88, BFH/NV 1990, 502, m.w.N.). Dies ist gerade – und nahezu beispielhaft – bei
der Gewinnerzielungsabsicht der Fall, die sich aus einer Vielzahl von nicht nur in den streitbefangenen
Veranlagungszeiträumen, sondern auch in den davor und danach liegenden Jahren verwirklichten
Einzelfallumständen zusammensetzt. Dabei sind Dauer und Umfang der Verlusterzielung ebenso
wesentliche Kriterien, wie sämtliche im Fragenkatalog des Finanzamtes vom 19. Dezember 2006
angesprochenen Punkte. Da es sich bei der Gewinnerzielungsabsicht also um ein Tatbestandsmerkmal
handelt, das durch Elemente der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit geprägt wird, sind für die Beurteilung,
ob sie vorliegt oder aber fehlt, sämtliche Fallumstände eines längeren Zeitraumes heranzuziehen. Die
Finanzbehörde darf sich deshalb im Wege der vorläufigen Steuerfestsetzung insoweit einen
angemessenen Beurteilungszeitraum verschaffen. In diesem Zusammenhang ist es auch nicht
ermessensfehlerhaft, wenn sie – ganz im Sinne eines verwaltungsökonomischen Vorgehens – für den Fall
der vorläufigen Anerkennung einer Besteuerungsgrundlage von einer weiteren Sachaufklärung vorerst
ganz absieht. (Insbesondere müssen dann nachrangige Fragen, die sich bei einer endgültigen
Aberkennung nicht stellen, nicht abschließend geprüft werden, vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 22.
Dezember 1987, IV B 174/86, BStBl II 1988, 234).
Die Einkommensteueränderungsbescheide für 2001 bis 2003 durften daher vorläufig im Hinblick auf die
Gewinnerzielungsabsicht betreffend die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit ergehen. Im
Übrigen können Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit einer vorläufigen, bestandskräftig gewordenen
Steuerfestsetzung im Verfahren gegen den geänderten Steuerbescheid nicht mehr vorgebracht werden
(BFH, Urteil vom 27. Juli 2000, IX R 93/97, BStBl II 2001, 9).
Auf Grund der sowohl rechtmäßigen als auch nicht mehr angreifbaren Vorläufigkeitsvermerke konnten die
Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2003 nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO geändert werden, ohne dass
hierfür weitere Voraussetzungen oder Einschränkungen bestehen. Die Änderung nach Satz 1 des § 165
Abs. 2 AO ist insbesondere auch nicht vom Wegfall der Ungewissheit abhängig (ständige Rechtsprechung
des BFH, vgl. den Beschluss vom 22. Dezember 1987, IV B 174/86, BStBl II 1988, 234).
Die im Streitfall durch die insoweit maßgebliche Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2007 erfolgte
Änderung konnte deshalb ohne weiteres auf Satz 1 der o.g. Vorschrift gestützt werden.
Wegen des Eingreifens dieser Änderungsvorschrift liegt – entgegen der Ansicht der Kläger – auch keine
unzulässige Verböserung vor (BFH, Urteil vom 11. November 1989, VI R 124/88, BStBl II 1990, 414).
Das Finanzamt war deshalb bei der mit Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2007 erfolgten endgültigen
Einkommensteuerfestsetzung für die Streitjahre auf Grund der in den vorausgegangenen
Einkommensteuerbescheiden rechtmäßigerweise angebrachten und rechtlich zutreffend begründeten
Vorläufigkeitsvermerke gem. § 165 Abs. 1 AO befugt, im Zuge der nachfolgend geänderten Beurteilung
der selbständigen Betätigung des Klägers als steuerlich unbeachtlich die zunächst hingenommene
Geltendmachung von Verlusten aus selbständiger Arbeit rückgängig zu machen.
Die Klage kann auch im Hilfsantrag keinen Erfolg haben.
Die isolierte Aufhebung der Rechtsbehelfsentscheidung kommt nur dann in Betracht, wenn der Kläger
lediglich hierdurch beschwert wird und sich dementsprechend auf die Anfechtung der
Einspruchsentscheidung beschränkt (BFH, Urteil vom 19. Mai 1998, I R 44/97, BFH/NV 1999, 314; BFH,
Beschluss vom 26. September 2000, VII B 104/00, BFH/NV 2001, 459).
Vorliegend sind jedoch die der Einspruchsentscheidung vorausgegangenen Einkommen-
steueränderungsbescheide für 2001 bis 2003 ebenfalls Gegenstand des Rechtsstreites und nicht allein
die Einspruchsentscheidung.
Der o.g. Grundsatz greift auch, soweit – wie hier – die Einspruchsentscheidung durch die Vornahme einer
über die bis dahin erfolgten Änderungen hinausgehenden Korrektur, z.B. nach § 165 Abs. 2 AO, eine
zusätzliche, insoweit erstmalige Beschwer enthält (vgl. BFH, Urteil vom 13. Oktober 2005, IV R 44/03,
BStBl II 2006, 214).
Davon abgesehen wurde dem Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör vor Erlass der
Einspruchsentscheidung in Anbetracht der weitergehenden Änderung genügt. Das Finanzamt hat bereits
im Zuge des Veranlagungsverfahrens 2004, mit Schreiben vom 19. Dezember 2006, ausdrücklich seine
Zweifel daran geäußert, dass die Kläger, soweit sie Verluste aus Architektentätigkeit(en) erklärten,
überhaupt mit Gewinnerzielungsabsicht handelten. Nachdem die hierzu gestellten Fragen nicht
beantwortet wurden, mussten die Kläger davon ausgehen, dass die Steuerbescheide, die gerade wegen
dieses Gesichtspunktes vorläufig ergangen waren, dementsprechend zu ihrem Nachteil geändert werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision war nicht zuzulassen. Zulassungsgründe i.S.d. § 115 Abs. 2 FGO sind nicht ersichtlich.
Rechtsmittelbelehrung
Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durchBeschwerde ange-
fochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem
Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll
eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist
innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die
Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein
Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann.
Für die Einlegung und Begründung der Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof besteht Vertretungszwang.
Zur Vertretung der Beteiligten vor dem Bundesfinanzhof berechtigt sind Rechtsanwälte, Steuerberater,
Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer; zur Vertretung berechtigt sind auch
Gesellschaften im Sinne des § 3 Nr. 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch solche Personen
handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur
Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene
Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt
anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur
Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift:
Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/ 9231-201.
Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als
Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es
nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs ist jedoch bei dem
Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im
Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.
Hinweis:
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt
und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und
Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite
www.bundesfinanzhof.de
lizenzkostenfrei herunter geladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die
Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen
Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004
(BGBl. I S.3091) einzuhalten ist.