Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 23.09.2010

FG Neustadt: sonderprüfung, einspruch, einkünfte, fahrzeug, verpachtung, vermietung, anteil, unternehmen, zustellung, lebenserfahrung

FG
Neustadt
23.09.2010
6 K 2286/08
Zuordnung zum Gewillkürten Betriebsvermögen
Im Namen des Volkes
Urteil
6 K 2286/08
In dem Finanzrechtsstreit
1. des Herrn
2. der Frau
- Kläger -
prozessbevollmächtigt: Rechtsanwälte
gegen
Finanzamt
- Beklagter -
wegenEinkommensteuer 2003 und 2004
hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 6. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 23. September
2010 durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht
die Richterin am Finanzgericht
den Richter am Finanzgericht
den ehrenamtlichen Richter
den ehrenamtlichen Richter
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
Strittig ist die Zuordnung eines (Zweit-)Kraftfahrzeugs zum Betriebsvermögen.
Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Kläger haben eine
Tochter, die 1979 geboren wurde. Der Kläger erzielt als Direktor der Technischen Hochschule A Einkünfte
aus nichtselbständiger Tätigkeit. Daneben ist er freiberuflich als Berater auf dem Gebiet der chemischen
Technologie tätig. Den Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit ermittelt er durch Einnahmen-
Überschussrechnung.
In der Einkommensteuererklärung 2003 machte der Kläger bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit
einen Verlust in Höhe von 10.113 € geltend. In dem Einkommensteuerbescheid 2003 vom 21. November
2005 berücksichtigte der Beklagte nur einen Verlust in Höhe von 7.370 €, weil er die Aufwendungen für
das häusliche Arbeitszimmer auf 1.250 € begrenzte. Da der Einkommensteuerbescheid 2003 auch in
anderer Hinsicht nicht erklärungsgemäß erging und in Hinblick auf einen bei Gericht geführten
Rechtsstreit wegen der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer, legten die Kläger Einspruch ein.
Im Mai 2006 fand hinsichtlich der selbständigen Tätigkeit des Klägers eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung
statt. Dabei war der Umsatzsteuer - Sonderprüfer u. a. der Auffassung, dass das Zweitfahrzeug Audi A3
neben den betrieblich genutzten Audi A6 nicht dem Unternehmen zugeordnet werden könne, da dieses
zu weniger als 10% unternehmerisch genutzt werde. Die Versteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe
bei der Umsatzsteuer machte der Umsatzsteuer-Sonderprüfer rückgängig (Prüfungsbericht vom 9. Januar
2007, Blatt 163ff der Einkommensteuerakte VZ 2003).
Mit Schreiben vom 18. Januar 2007 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass aus den Feststellungen der
Umsatzsteuer-Sonderprüfung noch die einkommensteuerlichen Konsequenzen zu ziehen seien. Daher
seien die Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit des Klägers auf 14.041 € zu korrigieren, weil neben
anderen Streitpunkten, die nicht Gegenstand der Klage sind, die Versteuerung der privaten Nutzung des
Kraftfahrzeugs auf den zum Betriebsvermögen gehörenden Audi A6 zu beschränken sei, hierzu die sog.
1%-Regelung Anwendung finde und der Betriebsausgabenabzug hinsichtlich des Kraftfahrzeugs Audi A3
zu korrigieren sei. Die Änderungen erfolgten mit Einkommensteuerbescheid 2003 vom 31. Januar 2007
und die Einkommensteuerfestsetzung 2003 wurde nochmals mit Bescheid vom 13. April 2007 geändert.
Mit Einspruchsentscheidung vom 13. August 2008 wurde die Einkommensteuerfestsetzung 2003 wegen
anderer Streitpunkte, die nicht Gegenstand der Klage sind, verbösert und der Einspruch zurückgewiesen.
In der Einkommensteuererklärung 2004 machte der Kläger bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit
einen Verlust in Höhe von 19.401 € geltend. Entsprechend dem Streitjahr 2003 und unter
Berücksichtigung der Ergebnisse der Umsatzsteuer-Sonderprüfung - wobei bei der
Umsatzsteuersonderprüfer für das Streitjahr 2004 der Erlös aus dem Verkauf des Audi A3 in Höhe von
7.000 € brutto nicht zu den Betriebseinnahmen gezählt wurde und das Fahrzeug BMW Cabrio nicht dem
Unternehmen zugeordnet wurde- wurde im Einkommensteuerbescheid 2004 vom 31. Januar 2007 bei
den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit ein Verlust in Höhe von 11.248 € berücksichtigt. Auch gegen
den Einkommensteuerbescheid 2004 legten die Kläger Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren wurde die
Einkommensteuerfestsetzung 2004 nochmals mit Bescheiden vom 4. Juli 2007 und 1. Oktober 2007
geändert. Mit Einspruchsentscheidung vom 13. August 2008 wurde die Einkommensteuerfestsetzung
2004 nochmals zu Gunsten der Kläger geändert, der Einspruch im Übrigen zurückgewiesen.
Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren auf Berücksichtigung des Zweitfahrzeugs Audi A3 bzw.
BMW im Betriebsvermögen der selbständigen Tätigkeit des Klägers weiter und tragen vor, sie würden
über drei Pkws verfügen. Der Pkw BMW Kombi 320d würde fast ausschließlich privat und nur sporadisch
für betriebliche Zwecke genutzt und sei von ihnen unberücksichtigt gelassen worden. Die beiden anderen
Pkw Audi A6 und Audi A3 bzw. im Streitjahr 2004 Audi A6 und BMW Cabrio würden zum
Betriebsvermögen des Klägers wegen seiner freiberuflichen Tätigkeit als Berater auf dem Gebiet der
chemischen Technologie gehören. In den Vorjahren sei es vom Beklagten nicht beanstandet worden,
dass der Kläger neben dem Audi A6 auch noch den weiteren Pkw seinem Betriebsvermögen zuordnet
und bei der Ermittlung des Gewinns aus seiner selbständigen Tätigkeit die Hälfte der Ausgaben dem
Betrieb und die Hälfte der privaten Nutzung zugeordnet hätte. Auch in den Streitjahren sei das
Zweitfahrzeug zu mehr als 10% betrieblich genutzt worden. In mühevoller Kleinarbeit hätten sie im
Nachhinein anhand des Tagebuchs der Klägerin sowie des Terminkalenders des Klägers, und unter
Zuhilfenahme von Tankquittungen, Besprechungsnotizen, Protokollen, Rechnungen für Beratungen,
Reisekostenabrechnungen sowie sämtlicher Rechnungen und Belege für Materialbesorgungen
tabellarische Aufstellungen über die private und betriebliche Nutzung der Kraftfahrzeuge in den
Streitjahren erstellt. Dabei seien auch die Fahrten aufgeführt, die im Zusammenhang mit den Einkünften
aus Vermietung und Verpachtung stünden, insbesondere Besorgungsfahrten für die
Eigentumswohnungen. Auch seien die Familienheimfahrten des Klägers von A und die
Besorgungsfahrten für die betriebliche Tätigkeit vermerkt (für 2003 Blatt 58 ff der Prozessakte und für 2004
Blatt 121ff der Prozessakte). Soweit der Beklagte hierzu Ungereimtheiten der Aufstellungen festgestellt
habe, sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger selbst seine Angaben zu den Fahrten zur Arbeitsstätte im
Nachhinein nicht mehr vollständig rekonstruieren könne und es möglich sei, dass dem Kläger bei den
damaligen Angaben ein Fehler unterlaufen wäre, da Urlaubs- und Krankheitstage nur geschätzt worden
seien. Da der Beklagte jedoch nur geringe Differenzen festgestellt hätte, würde dies nicht dazu führen,
dass die Aufstellungen nicht aussagekräftig seien. Die vom Beklagten aufgezeigten Ungereimtheiten
seien zu erklären (vgl. im einzelnen Schriftsatz vom 21. Oktober 2009, Blatt 206 der Prozessakte). Soweit
der Beklagte Differenzen bei den Heimfahrten beanstande, würde dies daraus resultieren, dass diese mit
dem dritten Fahrzeug, den BMW Kombi erfolgt seien und ihnen ein Übertragungsfehler unterlaufen sei.
Soweit der Beklagte die betriebliche Veranlassung von Besorgungsfahrten bezweifele, sei darauf
hinzuweisen, dass hier Besorgungen für die selbständige Tätigkeit gemacht worden seien und die
Angaben mit den dem Beklagten bekannten Belegen zu den Betriebsausgaben übereinstimmen würden.
Tankfahrten und Autowäsche seien auch nicht ausschließlich als Geschäftsfahrten angesehen worden,
sondern auch als privat berücksichtigt worden. Tanken und die Autowäsche seien nur dann der
geschäftlichen Tätigkeit zugerechnet worden, wenn diese im Zusammenhang mit einer Geschäftsfahrt
erfolgt seien. Soweit der Beklagte Fahrten nach A beanstande, seien diese auf Grund der von der Klägerin
vermieteten Eigentumswohnung in A erfolgt, da es bei dieser Eigentumswohnung viele Scherereien auf
Grund von Baumängeln gegeben hätte. Nach der Rechtsprechung des BFH sollten zeitnah erstellte
Aufzeichnungen in erster Linie dem Nachweis dienen, dass der Steuerpflichtige einen bestimmten
Gegenstand seinem gewillkürten Betriebsvermögen zuordnet hat und eine rückwirkende Zuordnung zum
gewillkürten Betriebsvermögen ausgeschlossen werden. Sie hätten jedoch bereits durch ihre
Einkommensteuererklärungen in den Jahren vor den Streitjahren zum Ausdruck gemacht, dass die
Einkommensteuererklärungen in den Jahren vor den Streitjahren zum Ausdruck gemacht, dass die
streitgegenständlichen Kraftfahrzeuge zum Betriebsvermögen des Klägers gehören würden. Dies sei vom
Beklagten in den Vorjahren akzeptiert worden. Da der Sachverhalt somit bereits abschließend geprüft
worden wäre, sei ihnen hier zumindest Vertrauensschutz zu gewähren. Vom Beklagten sei es bis zur
Umsatzsteuersonderprüfung im Jahr 2006 nicht beanstandet worden, dass das Zweitfahrzeug Audi A3
ebenfalls dem Unternehmen zugeordnet wurde und eine jeweils 50%ige Nutzung des Audi A3 und des
Audi A6 zu betrieblichen Zwecken akzeptiert worden. Das Vertrauen des Klägers sei zumindest insoweit
schutzwürdig, als man ihm nicht im Nachhinein zum Vorwurf machen könne, er habe nicht durch zeitnahe
Aufzeichnung den Nachweis geführt, dass die beiden Fahrzeuge zu mehr als 10% betrieblich genutzt
worden seien. Sie hätten sich nunmehr der Mühe unterzogen, die unstreitig zu betrieblichen Zwecken
durchgeführten Fahrten nochmals in anderer Form darzustellen. Dabei seien nur die Fahrten
berücksichtigt, die durch Beraterverträge und Rechnungen belegt seien. Auch bei Berücksichtigung nur
dieser Fahrten ergäbe sich ausgehend von der Gesamtfahrleistung der Kraftfahrzeuge ein betrieblicher
Nutzungsanteil des Zweitfahrzeugs im Streitjahr 2003 von 19% und im Streitjahr 2004 von 23,7%. Selbst
wenn man daher nach den Bedenken des Beklagten einzelne Fahrten nicht dem betrieblichen Bereich
zurechnen würde, so würde dennoch der Anteil der betrieblichen Fahrten an der Gesamtlaufleistung mehr
als 10% betragen.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuerbescheide 2003 vom 13. April 2007 und 2004 vom 1. Oktober 2007 sowie die
Einspruchsentscheidungen vom 13. August 2008 dahin zu ändern, dass bei der Ermittlung des Gewinns
des Klägers aus selbständiger Tätigkeit auch das Zweitfahrzeug Audi A3 bzw. BMW Cabrio dem
Betriebsvermögen des Klägers zugeordnet wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, das von den Klägern behauptete Erinnerungsvermögen über die Nutzung der
Kraftfahrzeuge sei erstaunlich, obgleich die Kläger im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung keine
Nachweise über die unternehmerische Nutzung der Kraftfahrzeuge hätten vorlegen können. Auf seine
Nachfrage nach der Nutzung der einzelnen Fahrzeuge im Rahmen der Bearbeitung der
Einkommensteuererklärung 2006 hätten die Kläger mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2008 mitgeteilt, dass
sie die einzelnen Fahrten mit den Kraftfahrzeugen im Nachhinein nicht mehr nachvollziehen könnten.
Daher sei im Ergebnis festzuhalten, dass den im Jahr 2009 nachträglich gefertigten Aufstellungen nicht
die Beweiskraft zukomme, die ihnen von den Klägern beigemessen werde. Die Aufstellungen seien nicht
geeignet, eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die geltend gemachten betrieblichen Fahrten
darzulegen. Hinsichtlich der Aufstellungen seien ihm zahlreiche Ungereimtheiten aufgefallen (vgl. im
einzelnen Schriftsatz vom 16. Juli 2009, Blatt 198ff der Prozessakte). Auffällig seien auch die zahlreichen
Besorgungsfahrten, bei denen ein Bezug zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht
festzustellen, sondern vielmehr anzunehmen sei, dass es sich hierbei wenigstens um gemischte
Aufwendungen handeln würde. Es seien auch Geschäftsfahrten mit dem Audi A3 aufgeführt, obgleich sich
der Kläger zu diesen Zeiten nach den in den Einkommensteuererklärungen geltend gemachten
Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit für mehrere Wochen auf Dienstreisen in Übersee
aufgehalten hätte. Schließlich seien auch auffallend viele Fahrten nach A zu der an die Tochter der Kläger
und deren Ehemann vermieteten Wohnung in der N-Straße aufgeführt worden, die angeblich von dem
Wohnsitz der Kläger in F aus angetreten worden wären, obgleich der Kläger selbst in A wohnhaft
gewesen sei. Auch hier bestünde die begründete Vermutung, dass die Kläger nicht korrekt zwischen
Kosten der Lebensführung und Werbungskosten unterschieden hätten. Bei den Aufstellungen würden
Ungereimtheiten verbleiben, die von den Klägern nicht ausgeräumt worden wären. Daher könnten die
nicht zeitnah, sondern erst erheblich im Nachhinein erstellten Aufstellungen den Umfang der geltend
gemachten betrieblichen Fahrten der Zweitfahrzeuge nicht mehr glaubhaft machen. Die unternehmerische
Nutzung der Kraftfahrzeuge sei erst im Rahmen der Jahr 2006 durchgeführten Umsatzsteuer-
Sonderprüfung hinterfragt und überprüft worden. Im Rahmen dieser Prüfung hätte der Kläger keine
Nachweise über die unternehmerische Nutzung der Kraftfahrzeuge vorlegen können. Dennoch hätte der
Prüfer den teureren Audi A6 aus Kulanzgründen im Unternehmensvermögen belassen und lediglich für
das günstigere Zweitfahrzeug die Zuordnung zum Unternehmensvermögen des Klägers versagt. Wegen
fehlender Nachweise hätte der Prüfer auch eine umgekehrte -für den Kläger weniger günstige- Zuordnung
der Kraftfahrzeuge vornehmen können. Vertrauensschutz sei dem Kläger nach dem Grundsatz der
Abschnittsbesteuerung nicht zu gewähren. Hier sei auch zu berücksichtigen, dass im Frühjahr 2003 ein
Audi A3 verkauft und ein BMW Cabrio angeschafft worden sei. Auch würde sich aus den
Gewinnermittlungen der Jahre vor 2003 nicht zwingend ergeben, dass der Kläger die in den Streitjahren
benutzten Kraftfahrzeuge seinem gewillkürten Betriebsvermögen zuordnet hätte. Im Anlageverzeichnis für
2002 sei beispielsweise zum 1. Januar 2002 lediglich ein Audi A3 mit einem Buchwert von 1.791 €
aufgeführt, der zum 31. Dezember 2002 auf einen Restbuchwert von 0,50 € abgeschrieben worden sei.
Unter sonstige Fahrzeugkosten sei ein Betrag in Höhe von 12.791 € ausgewiesen, bei dem sich
gegebenenfalls u.a. um Leasingkosten für ein weiteres Kraftfahrzeug handeln könne.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Nachdem der BFH seine bisherige Rechtsprechung geändert hat, steht die Gewinnermittlung durch
Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG der Bildung gewillkürten Betriebsvermögens nicht
entgegen. Die Zuordnung eines sowohl privat als auch betrieblich genutzten Wirtschaftsguts zum
gewillkürten Betriebsvermögen scheidet allerdings aus, wenn das Wirtschaftsgut nur in geringfügigem
Umfang betrieblich genutzt wird und daher zum notwendigen Privatvermögen gehört; als geringfügig ist
ein betrieblicher Anteil von weniger als 10 % der gesamten Nutzung anzusehen. Die Zuordnung eines
Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen setzt ferner im Falle einer Gewinnermittlung durch
Einnahmen-Überschussrechnung voraus, dass dies in unmissverständlicher Weise durch entsprechende,
zeitnah erstellte Aufzeichnungen dokumentiert wird (vgl. BFH-Urteile vom 2. Oktober 2003 - IV R 13/03,
BFH/NV 2004, 132 und vom 16. Juni 2004 - XI R 17/03, BFH/NV 2005, 173).
Den Umfang der betrieblichen Nutzung hat der Steuerpflichtige nachzuweisen, d.h. er hat diesen in
geeigneter Form darzulegen und glaubhaft zu machen. Dies kann nicht nur durch ein ordnungsgemäßes
Fahrtenbuch, sondern auch in anderer geeigneter Weise geschehen. Nicht zeitnah geführte
Aufzeichnungen können den behaupteten Umfang der betrieblichen Nutzung des Kraftfahrzeugs in der
Regel nicht glaubhaft machen. Ist insbesondere die Unterscheidung schwierig, ob einzelne Fahrten
mehreren Bereichen -im Streitfall: der selbständigen Tätigkeit des Klägers, den Vermietungseinkünften
und privat- zuzuordnen sind, weil es der Lebenserfahrung entspricht, dass einzelne Fahrten sowohl
privaten Belangen als auch betrieblichen Gründen gedient haben, so sind Aufstellungen, aus denen keine
genaue Trennung von privatem und betrieblichem Anlass erkennbar ist, ungeeignet, den behaupteten
Umfang der betrieblichen Nutzung der Pkws glaubhaft zu machen (vgl. Finanzgericht München, Urteil vom
9. März 2009 - 6 K 4619/06, DStRE 2010, 394).
Im Streitfall scheidet eine Zuordnung des zweiten Kraftfahrzeugs zu dem Betriebsvermögen des Klägers
aus selbständiger Tätigkeit bereits deswegen aus, weil die zum Nachweis des Umfangs der betrieblichen
Nutzung des Kraftfahrzeugs gefertigten Aufzeichnungen nicht zeitnah gefertigt worden sind.
Wie bei einem Fahrtenbuch ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass der zu führende
Belegnachweis sich auf Vorgänge bezieht, die sich allein in der Sphäre des Steuerpflichtigen zugetragen
haben und die zu einem späteren Zeitpunkt nur in sehr eingeschränktem Umfang und nur mit erheblichem
Ermittlungsaufwand auf ihre richtige Darstellung hin überprüft werden können (vgl. BFH-Urteil vom 9.
November 2005 - VI R 27/05, BStBl. II 2006, 408). Zudem haben wegen der jederzeitigen nachträglichen
Abänderbarkeit die nach der Behauptung der Kläger zugrundeliegenden Terminkalender des Klägers und
Tagebücher der Klägerin keinen eigenen Beweiswert und den schriftlichen Aufzeichnungen kommt
deshalb kein Beweiswert zu, weil die Aufzeichnungen erst mehrere Jahre nach der Fertigung der
behaupteten Grundaufzeichnungen und damit nicht mehr zeitnah gefertigt worden sind (vgl. Finanzgericht
Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. März 2000 - 4 K 3019/98, DStRE 2000, 717).
Die Aufzeichnungen sind im Nachhinein jeglicher Manipulation zugänglich und durch die beliebige
Zuordnung von Kraftfahrzeugen zu Fahrtstrecken lässt sich der betriebliche Nutzungsanteil der
Kraftfahrzeuge im Nachhinein in jeglicher Weise festlegen. So lässt sich beispielsweise auch aus den
Tankbelegen nicht ersehen, welches Kraftfahrzeug betankt worden ist. Der Beklagte hat auch
entsprechende Mängel der Aufzeichnungen dargelegt. Diese Mängel haben die Kläger zwar versucht zu
entkräften, letztlich fehlt es jedoch wiederum am Nachweis, dass sich der Sachverhalt so zugetragen hat,
wie von den Klägern behauptet. Hinzu kommt, dass die vom Beklagten dargelegten Mängel ausreichen,
grundsätzliche Zweifel an den Aufzeichnungen hervorzurufen. Der Beklagte hat auch nicht behauptet, die
Aufzeichnungen vollständig überprüft zu haben und alle Fehler darin aufgezeigt zu haben. Wegen des
langen Zeitablaufs und weil die Aufzeichnung gerade nicht zeitnah geführt worden sind, sind die
Kontrollmöglichkeiten des Beklagten hierzu auch eingeschränkt. Dies bedeutet im Gegenzug aber nicht,
dass die vom Beklagten aufgedeckten Mängel die einzigen Mängel der Aufzeichnungen sind. Wegen der
vom Beklagten aufgezeigten Mängel und der Schwierigkeiten, im Nachhinein die Unstimmigkeiten bei
den nicht zeitnah geführten Aufzeichnungen aufzuklären, bleibt es bei dem Grundsatz, dass
Aufzeichnungen zum Nachweis der betrieblichen Nutzung eines Kraftfahrzeugs nur dann geeignet sind,
wenn diese zeitnah geführt werden.
Im Übrigen ist dem Beklagten auch zuzugeben, dass die Aufzeichnungen den Anschein herrufen, dass
die Kläger in nach der Regelung des § 12 EStG unzulässiger Weise mit der Einkünfteerzielung
zusammenhängende tatsächliche Umstände und private Angelegenheiten verquickt haben. So fällt bei
den Aufzeichnungen der hohe Anteil von "Besorgungsfahrten" im Rahmen der freiberuflichen Einkünfte
des Klägers bzw. der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf. Nach der Lebenserfahrung besteht
hier die Vermutung, dass diese Besorgungen bei privaten Fahrten mit erledigt wurden bzw. dass ein
betrieblicher Grund zum Anlass genommen wurde, hier auch private Dinge zu erledigen. Solche Fahrten
sind bei der Bestimmung des betrieblichen Nutzungsumfangs jedoch nicht zu berücksichtigen. Ebenso ist
zu vermuten, dass Fahrten der Klägerin nach A, die angeblich mit der vermieteten Wohnung dort
zusammenhängen würden, auch zum Besuch des Klägers bzw. der gemeinsamen Tochter genutzt
wurden sind, so dass auch hier die Berücksichtigung bei der Bemessung des betrieblichen
Nutzungsanteils nicht in Betracht kommt.
Die von den Klägern vorgelegten Aufstellungen, aus denen sich betriebliche Nutzungsanteile von mehr
als 10% für beide Kraftfahrzeuge in den Streitjahren ergeben würden, sind nicht geeignet, die von der
Rechtsprechung geforderten zeitnahen Aufzeichnungen zu ersetzen. Soweit die Kläger behaupten, diese
betrieblichen Fahrten seien durch Rechnungen und Beraterverträge "belegt" und "bei deren betrieblichen
Veranlassung man keinen Zweifel" haben könne, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Denn auch hier
haben die Kläger die Durchführung der Fahrten nur behauptet und nicht glaubhaft gemacht. Aus den
Rechnungen und Beraterverträgen folgt nämlich weder zwingend, dass betriebliche Fahrten überhaupt
durchgeführt wurden, dass hierzu die Kraftfahrzeuge oder nicht etwa ein anderes Verkehrsmittel genutzt
wurde, noch dass diese mit einem bestimmten Fahrzeug durchgeführt wurden. Allein die behauptete
betriebliche Nutzung des Zweitfahrzeugs ist hier aber im Streit, die betriebliche Nutzung des größeren und
teueren der beiden Kraftfahrzeuge ist vom Beklagten berücksichtigt worden.
Soweit der Kläger geltend macht, der Beklagte sei mit dem angefochtenen Einkommensteuerbescheiden
für die Streitjahre von seiner Behandlung der streitigen Kraftfahrzeugkosten in den Vorjahren abgewichen,
kann er sich nicht auf die Schutzwürdigkeit seines Vertrauens in die Fortsetzung dieser
Veranlagungspraxis berufen. Denn es entspricht dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung, dass das
Finanzamt in jedem Veranlagungszeitraum die einschlägigen Besteuerungsgrundlagen erneut zu prüfen
und rechtlich zu würdigen hat. Eine als falsch erkannte Rechtsauffassung muss es zum frühest möglichen
Zeitpunkt aufgeben. Diese Grundsätze gelten gerade auch in dem Zusammenhang, dass die Zuordnung
eines PKW zum gewillkürten Betriebsvermögen entsprechende, zeitnah erstellte Aufzeichnungen
voraussetzt (vgl. BFH-Urteil vom 29. April 2008 - VIII R 67/06, BFH/NV 2008, 1662).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die
Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.
Rechtsmittelbelehrung
Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durchBeschwerde ange-
fochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem
Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll
eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist
innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die
Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein
Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann.
Für die Einlegung und Begründung der Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof besteht Vertretungszwang.
Zur Vertretung der Beteiligten vor dem Bundesfinanzhof berechtigt sind Rechtsanwälte, Steuerberater,
Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer; zur Vertretung berechtigt sind auch
Gesellschaften im Sinne des § 3 Nr. 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch solche Personen
handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur
Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene
Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt
anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur
Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift:
Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/ 9231-201.
Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als
Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es
nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs ist jedoch bei dem
Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im
Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.
Hinweis:
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt
und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und
Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite
www.bundesfinanzhof.de
lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die
Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen
Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004
(BGBl. I S.3091) einzuhalten ist.