Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 15.04.2010

FG Neustadt: gebietskörperschaft, gegenleistung, bemessungsgrundlage, kaufpreis, stadt, juristische person, extensive auslegung, verfügung, erlass, urkunde

FG
Neustadt
15.04.2010
4 K 1070/06
Entgeltlicher Erwerb bei Kaufpreis von 1 Euro
Im Namen des Volkes
Urteil
4 K 1070/06
In dem Finanzrechtsstreit
der Firma
- Klägerin -
prozessbevollmächtigt:
gegen
Finanzamt
- Beklagter –
wegenGrunderwerbsteuer
hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 4. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 15. April 2010
durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht
den Richter am Finanzgericht
den Richter am Finanzgericht
die ehrenamtliche Richterin
den ehrenamtlichen Richter
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anwendbarkeit einer Verwaltungsanweisung, nach der bei einer
Grundstücksübertragung von einer Bemessungsgrundlage von 0 € auszugehen ist, wenn das betreffende
Grundstück nach der Herstellung von Erschließungsanlagen auf eine Gebietskörperschaft übertragen
werden soll.
Diesem Verfahren liegt ein Grunderwerb der Klägerin von der früheren Volksbank W eG zugrunde. Die
Volksbank W eG hatte ihrerseits die streitbefangenen Grundstücke von Frau M. P. erworben:
Frau P. hatte der Volksbank W eG durch notarielle Urkunde des Notars Dr. F. vom 11. April 2001, UR-Nr.
.../2001 den Abschluss eines Kaufvertrages zu den dort bezeichneten Verkaufsgegenständen
(Wegeflächen Osthang, Wegeflächen Kernbereich, Wegeflächen bebauten Südhang, Wegeflächen
unbebauten Südhang, Stellplatzflächen Südhang, Stellplatzflächen Osthang/Kernbereich, Grundbuch des
AG K von S Blatt ...0, ..96, ..30, ..60 und ..00) unter den dort genannten Bedingungen angeboten; der
Kaufpreis betrug „eine Deutsche Mark“. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 3 bis Blatt 18 der
Grunderwerbsteuerakten – GrEStA- 4 K 1063/06) verwiesen.
Mit notarieller Urkunde vom 23. Juli 2002 nahm die Volksbank W eG das o.g. Angebot an, wobei von
einem Geschäftswert von 0,51 € (entspricht 1.- DM) ausgegangen wurde (vgl. Blatt 1 und 2 GrEStA 4 K
1063/06).
Nach diesem Vorgang kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen der Volksbank W eG und dem
Finanzamt K, in welcher Höhe die Bemessungsgrundlage anzusetzen sei. Mit Schreiben vom 28. Oktober
2002 teilte der jetzige Prozessbevollmächtigte der Volksbank dem Finanzamt K mit, dass man die
Übernahme der Verkehrs- und Wegeflächen durch die Volksbank W eG zwar für einen
grunderwerbsteuerbaren Vorgang halte, die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer
entspreche jedoch einem Wert von 0,00 € (Hinweis auf eine dem Beklagten vorliegende „OFD-
Anweisung“, sowie auf den Kommentar von Boruttau, 15. Aufl., § 8 Rn 32). Danach seien solche
Erwerbsvorgänge mit einem Wert von 0,00 € anzusetzen, sofern Gebietskörperschaften mit privaten
Bauträgern Erschließungsverträge abschlössen, in denen sich der Bauträger zur Herstellung der
Erschließungsanlagen und nach deren Fertigstellung zur unentgeltlichen Übertragung der Grundstücke
auf die Gebietskörperschaften verpflichteten. Zwar sei der Kaufvertrag nur zwischen den Parteien P. und
der Volksbank W eG abgeschlossen worden, d.h. eine Gebietskörperschaft sei in diesem Zusammenhang
vordergründig nicht involviert, jedoch sei mit Schreiben vom 24. September 2002 gleichwohl eine
Vereinbarung zwischen der Volksbank W eG und der Verbandsgemeindeverwaltung S dahin gehend
getroffen worden, dass die Verkehrsflächen lasten- und kostenfrei auf die Gemeinde S übergehen
würden. Daher sei die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage für den genannten Vorgang mit
einem Wert von 0,00 € anzusetzen, so dass faktisch keine Grunderwerbsteuer anfallen würde. Dem
Schriftsatz waren eine Kopie eines Schreibens der Verbandsgemeindeverwaltung S vom 10. September
2002 gerichtet an die „BAG“ und eine Durchschrift der „BAG“ Bankaktiengesellschaft an die
Verbandsgemeindverwaltung S vom 24. September 2002 beigefügt. Im Schreiben vom 24. September
2002 wird im Namen der Volksbank W eG bestätigt, dass die Volksbank W eG Flächen gemäß
Kaufangebot Urkundenrolle Nr. 134/2002 des Notars Dr. Finzel, die im Bebauungsplan als öffentliche
Verkehrsflächen ausgewiesen seien, auch zu einem späteren Zeitpunkt gegen Zahlung eines Kaufpreises
von einem Euro lastenfrei an die Gemeinde übergeben werde. Nach Abwicklung der Kaufverträge und
dem damit verbundenen Eigentumsübergang auf die Volksbank W eG bzw. einen eventuellen
Rechtsnachfolger müsse über die weiteren Vermarktungswege entschieden werden und in diesem
Zusammenhang ebenfalls über die weitere Erschließung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt
21 bis Blatt 25 GrEStA 4 K 1063/06 verwiesen.
Nachdem bereits am 30. September 2002 Mitteilungen auf den 23. Juli 2002 über die gesonderte
Feststellung des Grundbesitzwertes für Zwecke der Grunderwerbsteuer mit einem Grundbesitzwert von
697.500 € und 6 € ergangen waren (vgl. Blatt 27 und Blatt 28 GrEStA 4 K 1063/06), fragte ein Mitarbeiter
des Finanzamts K fernmündlich bei der Oberfinanzdirektion an, ob seine Auffassung zutreffe, dass es sich
um einen steuerpflichtigen Erwerbsvorgang handele, der auch bezüglich der Wegflächen, die zu einem
späteren Zeitpunkt auf die Gemeinde übergehen sollten, mit dem Bedarfswert zu versteuern sei. Der
entsprechende Vermerk vom 7. November 2002 enthält den Zusatz, es sei mitgeteilt worden, dass die
Verkäuferin nicht Erschließungsträger gewesen sei. In den Erschließungsvertrag der Kommune mit der R.
P. KG sei die Erwerberin, die Volksbank W eG, nicht eingetreten (vgl. Blatt 29 GrEStA 4 K 1063/06). Darauf
hin teilte ein Bediensteter des Grunderwerbsteuerreferats dem Finanzamt K mit, dass die Auffassung des
Anfragenden bestätigt werde, eine Beurteilung des Sachverhaltes entsprechend der Anweisung in der
GrESt-Kartei § 8 Karte 1 sei nicht möglich, da die Voraussetzungen hinsichtlich der Beteiligten nicht
vorlägen (vgl. Aktenvermerk vom 11. Dezember 2002, Blatt 31 GrEStA 4 K 1063/06). Am 17. Dezember
2002 erging der Bescheid über Grunderwerbsteuer, mit dem, ausgehend von einer
Bemessungsgrundlage von 697.500.-DM, die Grunderwerbsteuer auf 24.412,- DM festgesetzt wurde. In
den Erläuterungen ist unter „C“ ausgeführt, dass die Anwendung des Erlasses des Finanzministeriums
vom 1. 10.1998 (GrESt Kartei § 8 Karte 1) im vorliegenden Falle nicht möglich sei, da es sich nicht um eine
unentgeltliche Übertragung von Grundstücken mit Erschließungsanlagen auf eine Gebietskörperschaft
handele (vgl. Blatt 35 GrEStA 4 K 1063/06). Dieser Bescheid wurde – ohne Änderung des
Bescheiddatums am 20. Dezember 2002 gem. § 129 der Abgabenordnung – AO – dahin geändert, dass
bei ansonsten inhaltsgleichen Angaben, die Zahlenwerte statt in „DM“ in Euro angegeben wurden.
Lediglich bei den Erläuterungen ist unter „C“ zusätzlich ausgeführt: “Hiermit erledigt sich Ihr Anruf vom
20.12.2002“ (vgl. Blatt 40 GrEStA 4 K 1063/06).
Die Klägerin schloss am 5. November 2002 mit der Volksbank W eG einen notariell beurkundeten
Kaufvertrag, Urkundenummer 588/2002 des Notars Dr. F. über den Ankauf der streitbefangenen
Grundstücke ab. Als Kaufpreis wurde ein Euro vereinbart (Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt
1 bis Blatt 25 GrEStA verwiesen).
Das Finanzamt wertete dieses Rechtsgeschäft als Erwerbsvorgang gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG und
erließ am 20. Juni 2003 einen an die Klägerin gerichteten Steuerbescheid; ausgehend von einem gem. §
138 Abs. 3 BewG ermittelten Grundbesitzwert in Höhe von 697.500 € wurde die Grunderwerbsteuer auf
3,5 v.H. der Bemessungsgrundlage auf 24.412.- € festgesetzt (vgl. Blatt 33 GrEStA).
Mit dem Einspruch trug der Klägerbevollmächtigte vor, man sei der Meinung, dass die
Bemessungsgrundlage mit Null € anzusetzen sei und berief sich dazu auf die Verfügung der
Oberfinanzdirektion - OFD - vom 16. Oktober 1998 und die Kommentierung von Boruttau, 15. Auflage, § 8,
Rdn 32. Solche Erwerbsvorgänge seien mit einem Wert von € 0,00 anzusetzen, sofern
Gebietskörperschaften mit privaten Bauträgern Erschließungsverträge abschlössen, in denen sich der
Bauträger zur Herstellung der Erschließungsanlagen und nach deren Fertigstellung zur unentgeltlichen
Übertragung der Grundstücke auf die Gebietskörperschaften verpflichteten. Sie – die Klägerin – habe mit
Kaufvertrag vom 5. November 2002 die betreffenden Flächen von der Volksbank W eG erworben und sei
gleichfalls in die Rechtsstellung der Volksbank W eG getreten, so dass auch für sie die seinerzeitige
Vereinbarung mit der Verbandsgemeindeverwaltung S gelte (vgl. Blatt 35 ff GrEStA).
Die zwischenzeitlich vom Beklagten eingeschaltete OFD wandte sich direkt an den
Klägerbevollmächtigten (vgl. Blatt 46 ff GrEStA). Diese konnte sich der Argumentation des
Klägerbevollmächtigten nicht anschließen. Die Verwaltungsanweisung könne nur Anwendung finden,
wenn Grundstücke vom Erschließungsträger auf eine die Erschließung beauftragende Gemeinde
übertragen würden. Das treffe vorliegend nicht zu. Die Veräußerin Maria P., bzw. die Volksbank W eG
seien nicht Erschließungsträger gewesen Auch sei keine Grundstücksübertragung auf die nach der
Verwaltungsanweisung begünstigte Gemeinde, sondern auf einen anderen Erwerber erfolgt. Dem
Argument, wonach die Volksbank W eG bezüglich der Übertragung der erschlossenen Grundstücke auf
die Gebietskörperschaft in die Rechtsstellung der seinerzeitigen Eigentümer getreten sei, könne man sich
nicht anschließen. Die Volksbank habe weder 95% der Anteile der früheren Eigentümerin übernommen,
noch habe eine Verschmelzung o. ä. stattgefunden. Folglich könne keine Rechtsnachfolge der Volksbank
vorliegen. Daher werde gebeten, den Rechtsstandpunkt nochmals zu überprüfen und dem Finanzamt W
bis zum 15.8.2005 mitzuteilen, ob der Einspruch zurückgenommen werde.
Eine Rücknahme erfolgte nicht. Mit Schreiben vom 11. Juli und 30. September 2005 teilte der
Klägerbevollmächtigte mit, dass an dem Einspruch festgehalten werde. Um Verkehrs- und Wegeflächen in
einem erschlossenen Zustand an die Gemeindeverwaltung zu übergeben, seien noch weitere
Erschließungskosten notwendig, die jedoch als durchlaufend angesehen werden könnten, da diese auf
die zukünftigen Anleger umgelegt würden. Im Ergebnis bleibe somit ein Wert und damit eine
Gegenleistung für die Grundstücke von 1 Euro, bzw. faktisch von 0 Euro (vgl. Blatt 53 bis Blatt 56 GrEStA).
Mit Einspruchsentscheidung vom 16. Dezember 2005 ist der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen
worden (vgl. Blatt 58 bis Blatt 61 GrEStA). Der Grunderwerbsteuer unterliege gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 des
Grunderwerbsteuergesetzes – GrEStG – ein Kaufvertrag, der den Anspruch auf Übereignung eines
inländischen Grundstücks begründe. Die Steuer bemesse sich nach der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1
GrEStG). Sei eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, so werde die Steuer nach den
Werten im Sinne des § 138 Abs. 2 oder 3 des Bewertungsgesetzes – BewG - bemessen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1
GrEStG). Für Rechtsvorgänge, in denen Gebietskörperschaften privaten Bauträgern im Rahmen von
Erschließungsverträgen nach § 124 Abs. 1 BauGB Grundstücke mit der Verpflichtung zu deren
Erschließung und anschließender unentgeltlicher Rückübertragung der erschlossenen Grundstücke auf
die Gebietskörperschaft übertrügen, sähe eine bundeseinheitliche Regelung der Länder vor,
grundsätzlich von einer Bemessungsgrundlage von null Euro auszugehen (Erlass Finanzministerium
Rheinland-Pfalz vom 1.10.98 – S 4520 A – 98-002-1-446, GrESt-Kartei OFD Koblenz, § 8 GrEStG, Karte
1). Die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Verwaltungsanweisung seien nicht gegeben. Die
Verwaltungsanweisung sei nur dann anzuwenden, wenn die Grundstücke vom Erschließungsträger auf
die die Erschließung beauftragende Gebietskörperschaft übertragen würden. Die Grundstücksverkäuferin
sei nicht Erschließungsträgerin. Auch sei keine unentgeltliche Rückübertragung auf die die Erschließung
veranlassende Gebietskörperschaft erfolgt. Das vorgetragene Argument, die Volksbank W eG sei
bezüglich der Übertragung der erschlossenen Grundstücke auf die Gebietskörperschaft in die
Rechtsstellung der seinerzeitigen Eigentümerin getreten, greife nicht, da eine Rechtsnachfolge im Sinne
des Handels- oder Zivilrechts nicht eingetreten sei. Die Vereinbarungen zwischen der
Verbandsgemeindeverwaltung S und der Volksbank W eG, die vom Erwerbsvorgang betroffenen
Grundstücke zu einem späteren Zeitpunkt gegen Zahlung eines Kaufpreises von einem € lastenfrei an die
Gemeinde zu übertragen, könnten die in der Verwaltungsanweisung geforderte unmittelbare Übertragung
der Grundstücke an die Gebietskörperschaft nicht ersetzen. Der Auffassung, als Bemessungsgrundlage
für die Grunderwerbsteuer sei von dem zwischen den Parteien vereinbarten Kaufpreis von einem €
auszugehen, sei nicht zu folgen. Die Volksbank W eG habe mit dem der Besteuerung zugrunde gelegten
Kaufvertrag eine Fläche von 29.071 qm erworben. Der Bodenrichtwert dieser Fläche habe zum
Erwerbszeitpunkt 30.- € pro qm betragen. Bei dem vereinbarten Kaufpreis könne es sich daher nur um
einen symbolischen Kaufpreis gehandelt haben. Bei einem symbolischen Kaufpreis liege keine
Gegenleistung vor. Die Grunderwerbsteuer sei deshalb nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GrEStG zu bemessen
(Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH -). Demnach sei der Einspruch als
unbegründet zurückzuweisen (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 13 bis Blatt 16 PA
verwiesen).
Mit der Klage bezieht sich die Klägerin auf das bisherige Vorbringen und trägt ergänzend sowie vertiefend
vor, zwischen den Parteien bestehe dahingehend Einigkeit, dass der einer bundeseinheitlichen Regelung
entsprechende Erlass des Finanzministeriums Rheinland-Pfalz vom 1. Oktober 1998 (S 4520 A – 98-002-
1-466) bei einer unentgeltlichen Übertragung der streitgegenständlichen Grundstücke von dem
ursprünglichen Erschließungsträger u.a. auf die Stadt S zur Anwendung käme mit der Folge, dass von
einem Wert von Null € auszugehen wäre, Grunderwerbsteuer also nicht anfiele. Der ursprüngliche
Erschließungsvertrag der Gebietskörperschaft mit dem ursprünglichen Erschließungsträger, der R. P. KG,
sei indessen nicht durchgeführt worden, weil die Entwicklung dieses Wohn- und Freizeitparks S aus
Gründen, die ihre Ursache im Hause des Bauträgers/Erschließungsträgers hätten, in Schwierigkeiten
geraten sei. In deren Folge seien die streitgegenständlichen Grundstücke zunächst auf Frau P. (19.
Februar 1997), sodann auf die Volksbank W (23. Juli 2002) und schließlich auf sie – die Klägerin - (5.
November 2002) übertragen worden. Der Übertragung auf die Volksbank W eG liege das notarielle
Angebot der Frau P. vom 11. April 2001 zugrunde, das die Volksbank W eG am 23. Juli 2002
angenommen habe, es sei ein Kaufpreis von einem € vereinbart worden. Im Rahmen der Abwicklung
dieses Kaufvertrages habe die Verbandsgemeindeverwaltung S, die nach dem Scheitern des
ursprünglichen Konzeptes die Weiterentwicklung des Gebietes nach dem Konzept der Banken durchaus
begrüßt habe in dem Schreiben vom 10. September 2002 um Bestätigung gebeten, dass die Flächen, die
im Bebauungsplan als öffentliche Flächen ausgewiesen seien, auch zu einem späteren Zeitpunkt ohne
Wertausgleich d.h. kosten- und lastenfrei an die Gemeinde übergeben würden. Dazu habe sich die
Bankaktiengesellschaft namens und im Auftrag der Volksbank W eG bereit erklärt. Entgegen der
Einschätzung in der Einspruchsentscheidung vom 16. Dezember 2005 bestehe auf Seiten der Klägerin
also durchaus eine Rechtsnachfolge, und zwar insbesondere hinsichtlich der für die Grunderwerbsteuer
maßgeblichen Verpflichtung zur kostenfreien Übertragung der Verkehrsflächen auf die
Gebietskörperschaft. Die Tatsache, dass diese Grundstücke auch in erschlossenem Zustand auf die
Gebietskörperschaft übertragen werden sollten, zeige sich darin, dass die Volksbank W eG diese Flächen
zwischenzeitlich durch Vertrag vom 5. November 2005 an sie – die Klägerin - weiterveräußert habe.
Kaufpreis sei wiederum einem € gewesen. Soweit die Flächen bereits erschlossen seien, werde ein
Entwurf eines notariellen Vertrages vorgelegt, mit dem diese öffentlichen Flächen für einem € von der
Grundstückentwicklungsgesellschaft – HB – an die Stadt S übertragen würden, ebenso werde ein Entwurf
eines neuen Erschließungsvertrages zwischen der HB und der Stadt S für die noch nicht oder nicht
endgültig erschlossenen Flächen vorgelegt, nachdem die Stadt den alten Erschließungsvertrag mit dem
ursprünglichen Erschließungsträger gekündigt habe (vgl. Blatt 19 bis Blatt 56 PA). Danach dürfte – um
diesen Fall bereits vorwegzunehmen – eindeutig sein, dass bei der Übertragung seitens der HB auf die
Stadt S nach dem eingangs zitierten Erlass des Finanzministeriums keine Grunderwerbsteuer anfalle. Die
Frage sei, ob bei der Zwischenübertragung auf die Volksbank W eG eine andere Beurteilung gerechtfertigt
sei. Dass die Volksbank W eG durch privatrechtlichen Vertrag einerseits und rechtsgestaltende Erklärung
gegenüber der Gebietskörperschaft andererseits jedenfalls insoweit Rechtsnachfolgerin des
ursprünglichen Erschließungsträgers geworden sei, als sie – die Volksbank W eG - selbst, bzw. die
Klägerin verpflichtet sei, ein erschlossenes Grundstück unentgeltlich auf die Gebietskörperschaft zu
übertragen, sei bereits dargelegt worden. Diese Verpflichtung sei der Kern und die Grundlage des
bundeseinheitlichen Erlasses. Das in der Einspruchsentscheidung weiter aufgestellte Erfordernis der
Unmittelbarkeit der Übertragung der Grundstücke auf die Gebietskörperschaft ergebe sich aus dem Erlass
ihres Erachtens nicht. Die Volksbank W eG habe die erschlossenen und noch zu erschließenden, für die
öffentlichen Wege und Plätze vorgesehenen Flächen deshalb erworben, um im Zusammenwirken mit der
Stadt S trotz der aufgetretenen Schwierigkeiten des ursprünglichen Erschließungsträgers mit Hilfe der
Bankaktiengesellschaft – BAG – und der von dieser eingeschalteten Klägerin die Grundstücke zu
erschließen und anschließend kostenfrei an die Gebietskörperschaft zu übertragen. Dem Zwischenerwerb
der Klägerin liege mithin die gleiche Interessenlage zugrunde, die für den Erlass des Finanzministeriums
ausschlaggebend gewesen sei, nämlich die Erschließung und die Überlassung der Grundstücke zum
öffentlichen Gebrauch. Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid sei demnach zu Unrecht
ergangen. Am 12. Juni 2006 fügte die Klägerin hinzu, es werde nochmals darauf hingewiesen, dass die
Gebietskörperschaft ein Vorkaufsrecht hinsichtlich der betreffenden Verkehrs – und Wegeflächen gehabt
habe und dieses aufgegeben hätte, weil die Gebietskörperschaft eine Vereinbarung mit der Käuferseite
zur kostenfreien Rückübertragung der betroffenen Flächen auf die Gebietskörperschaft abgeschlossen
habe (vgl. Bl. 63 PA).
Mit Änderungsbescheid vom 4. März 2010 hat der Beklagte gem. § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO
– einen Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich des BFH-Beschlusses vom 27. Mai 2009 wegen des Ansatzes
des Grundbesitzwertes gem. § 8 Abs. 2 GrEStG i.V.m. § 138 ff BewG gesetzt. Dieser Bescheid ist gem. §
68 der Finanzgerichtsordnung – FGO – Gegenstand des Verfahrens.
Die Klägerin beantragt,
den am 4. März 2020 geänderten Bescheid über Grunderwerbsteuer vom 20. Juni 2003 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 16. Dezember 2005 aufzuheben,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen
und hält an seiner in der Einspruchsentscheidung vertretenen Auffassung fest. Der von der Klägerin
beschriebene Sachverhalt sei unbestritten. Die Auffassung der Klägerin, die unentgeltliche
Zwischenübertragung von Grundstücken durch einen Erschließungsträger auf eine privatrechtliche
Gesellschaft mit der Auflage, die Grundstücke letzten Endes auf eine Gebietskörperschaft zu übertragen,
sei von der Grunderwerbsteuer freizustellen, werde nicht geteilt. Sei bei einem der Grunderwerbsteuer
unterliegenden Rechtsvorgang eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, so sei die
Grunderwerbsteuer nach den Werten des § 138 Abs. 2 oder 3 BewG zu bemessen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1
GrEStG). Überließen Gebietskörperschaften privaten Bauträgern Grundstücke zur Erschließung und
übertrügen die Bauträger die erschlossenen Grundstücke entsprechend der vertraglich eingegangenen
Verpflichtung unentgeltlich auf die Gebietskörperschaft zurück, so sei nach einer bundeseinheitlich
ergangenen Regelung von einem Wert der Grundstücke von 0 DM/€ auszugehen. Diese Regelung trage
der Sachlage Rechnung, dass die Grundstücke mit den Erschließungsanlagen von den
Gebietskörperschaften in Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben übernommen würden und damit
dem allgemeinen Wirtschaftsverkehr entzogen seien. Dies könne nur die unmittelbare Übertragung der
Grundstücke auf eine Gebietskörperschaft betreffen. Im Streitfall fehle es an dieser Unmittelbarkeit. Diese
könne nicht durch Absichtserklärungen, die Grundstücke „zu einem späteren Zeitpunkt“ kostenfrei auf die
Gebietskörperschaft übertragen zu wollen, ersetzt werden. Bei diesen Absichtserklärungen handele es
sich nicht um die Übernahme vertraglicher Bindungen als Rechtsnachfolger, denn die Klägerin sei nicht in
eine Rechtsnachfolge der früheren Grundstückseigentümerin Frau M. P. im Sinne des Handels- oder
Zivilrechts eingetreten. Die Voraussetzungen für den Ansatz einer Bemessungsgrundlage von Null € auf
der Grundlage der oben genannten Verwaltungsanweisung seien nicht gegeben.
Mit bei Gericht am 6. April 2010 eingegangenen Schriftsatz vom 1. April „2009“ hat der
Klägerbevollmächtigte mitgeteilt, dass die relevanten Verkehrs– und Wegeflächen mit notariellem Vertrag
vom 5. Juni 2009 zu einem „symbolischen“ Preis von einem Euro auf die Gemeinde, die Stadt S
übertragen worden seien und entsprechende Ablichtungen beigefügt (vgl. Blatt 79 bis Blatt 99 PA).
Die Akten des Verfahrens 4 K 1063/06 wurden beigezogen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
I
I. 1) Gegenstand des GrEStG sind die in § 1 des Gesetzes
umschriebenen Erwerbsvorgänge, die sich auf inländische Grundstücke beziehen (Pahlke/Franz
Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, § 1 Rz 6). Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Erwerb
eines Anspruchs auf Übereignung eines inländischen Grundstücks der Grunderwerbsteuer. Das gilt auch
für den Erwerb eines Miteigentumsanteils (vgl. Boruttau/Viskorf, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar,
16. Aufl. § 2 Rn. 11). Bemessungsgrundlage ist gem. § 8 GrEStG die Gegenleistung. Bei einem
Grundstückskauf gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom
Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Demnach gehören alle Leistungen des Erwerbers zur
grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage), die dieser nach den vertraglichen
Vereinbarungen gewährt, um das Grundstück zu erwerben
a) Die nach den vertraglichen Vereinbarungen zu bestimmende Gegenleistung ist jedoch nicht mit dem
bürgerlich – rechtlichen Begriff identisch (vgl. Boruttau/Sack a.a.O., § 9 Rn. 14), die
grunderwerbsteuerliche Gegenleistung ist auch als gegenüber entsprechenden Begriffen in anderen
Steuergebieten unabhängiger Begriff zu sehen (vgl. Boruttau/Sack a.a.O. Rn. 15 m. w. Nw.). Der BFH geht
dabei davon aus, dass es einen eigenständigen grunderwerbsteuerlichen Gegenleistungsbegriff gibt, der
weiter als der bürgerlich - rechtliche Begriff der Gegenleistung ist (vgl. BFH – Urteil vom 18. Juli 1979
BStBl II 1979, 683). Als Gegenleistung im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinn gilt nach der
Rechtsprechung jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstücks gewährt oder
die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstücks empfängt (vgl. Boruttau/Sack a.a.O.
Rn. 18 mit Hinweisen auf die dargestellte Rechtsprechung).
b) Ist eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, so wird die Steuer nach den Werten des
§ 138 Abs. 2 oder 3 BewG bemessen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG). Dasselbe gilt grundsätzlich, wenn die
Grundstücksübertragung gegen einen „symbolischen“ Kaufpreis von 1.- DM erfolgt (vgl. BFH-Urteil vom 7.
Dezember 1994 II R 9/92, BStBl II 1995, 268). Einem Kaufpreis von 1.- DM kann zwar nicht generell die
Eigenschaft als ernsthaft vereinbarte Gegenleistung abgesprochen werden, jedoch bedarf es für diese
Annahme besonderer Umstände, aus denen sich die Ernsthaftigkeit einer Kaufpreisvereinbarung von 1.-
DM ergibt (vgl. Urteile des Finanzgerichts Brandenburg vom 10. Mai 2005 3 K 1500/02, DStRE 2005, 1359
und des Finanzgerichts Thüringen vom 16. Juni 2004 I 1278/01 DStRE 2005, 1030; Boruttau/Viskorf § 8
Rn 38 m. w. Hinweisen auf die Rechtsprechung).
c) Eine besondere Ausnahme von der Besteuerung ist in § 4 Nr. 1 GrEStG geregelt; nach der Nummer 1
der Vorschrift ist der Erwerb eines Grundstücks zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts
von der Besteuerung ausgenommen, wenn das Grundstück aus Anlass des Übergangs von öffentlich-
rechtlichen Aufgaben oder aus Anlass von Grenzänderungen von der einen auf die andere juristische
Person übergeht und nicht überwiegend einem Betrieb gewerblicher Art dient.
d) Die Verwaltung ist zu faktischen Steuerentlastungen nach eigener Vorstellung nicht befugt (vgl.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 28. Juni 1993 – 1 BvR 390/89, Betriebsberater 1993, 2068;
Urteil des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 12. Juni 2002 1 K 631/00, EFG 2002, 1323;
Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung § 4 Tz. 92 a.E.). Im Allgemeinen sind Verwaltungsanweisungen
für die nachgeordneten behördlichen Stellen jedoch verbindlich, nicht jedoch für die Gerichte. Eine
weitergehende tatsächliche Bindungswirkung kann sich jedoch aus dem Gleichheitsgrundsatz ergeben,
wobei zwischen normeninterpretierenden Verwaltungsanordnungen, Typisierungsvorschriften und das
Ermessen der Finanzverwaltung bindenden Richtlinien oder Erlassen unterschieden werden kann (vgl.
Klein/Gersch AO, 10.Aufl. § 4 Rz.9 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).
2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die vom Beklagten vorgenommene Steuerfestsetzung
nicht zu beanstanden.
a) Zunächst gehen die Beteiligten zu Recht davon aus, dass die streitbefangene Grundstücksveräußerung
die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 GrEStG erfüllt. § 4 Nr. 1 GrEStG liegt im Streitfall schon deswegen
nicht vor, weil konkret keine Grundstücksübertragung zwischen juristischen Personen des öffentlichen
Rechts gegeben ist. § 4 Nr. 1 GrEStG befreit Grundstücksübertragungen zwischen juristischen Personen
des öffentlichen Rechts aus Anlass des Übergangs von Aufgaben oder aus Anlass von Grenzänderungen.
Veräußerer wie auch Erwerber müssen juristische Personen des öffentlichen Rechts sein (vgl.
Boruttau/Viskorf a.a.O. § 4 Rn 11 m.w.N.). Im Streit ist lediglich die Frage, ob die Verwaltungsanweisung
der OFD Koblenz S 4520 A – St 53 4, Rdvfg. vom 16. Oktober 1998 der Klägerin einen Anspruch gibt, mit
dem Ansatz einer Besteuerungsgrundlage von Null DM/€ faktisch von einer Besteuerung des
Grunderwerbs abzusehen.
Ausgehend von der Überlegung, dass bei einer Sachlage, die zur Besteuerung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1
GrEStG führt, ein Absehen von der Besteuerung als Ausnahme anzusehen wäre, vermag der Senat den
Erlass vom 1. Januar 1998, bzw. die OFD-Verfügung vom 16. Oktober 1998 S 4520 A – St 53 4 (vgl. Blatt
52 GrEStA) schon nicht so auszulegen, dass mit dem Ansatz einer Bemessungsgrundlage von Null DM/€
faktisch eine Besteuerung entfiele.
Der in der Verwaltungsanweisung so ausdrücklich angesprochene Sonderfall, dass die Bauträger, die
Erschließungsverträge abgeschlossen haben, nach der Fertigstellung der Erschließungsanlagen die
Grundstücke - der in dem Erschließungsvertrag eingegangenen Verpflichtung folgend - unentgeltlich auf
die Gebietskörperschaften übertragen, liegt ersichtlich nicht vor. Weder auf der Veräußererseite, noch auf
der Erwerberseite ist - jedenfalls zum Zeitpunkt der Veräußerung am 5. November 2002 - ein vertraglich
konkreter Bezug zu einem Erschließungsvertrag gegeben. Die ursprüngliche Veräußerin, Frau Maria P.,
ist und war niemals an dem Erschließungsvertrag beteiligt, die Volksbank W genauso wenig, dieser
Vertrag wurde vielmehr von der R. P. KG mit der Ortsgemeinde Eckenroth, der Stadt S und der
Verbandsgemeinde S abgeschlossen. Dass Frau M. P. als Rechtsnachfolgerin in den ursprünglichen
Erschließungsvertrag eingetreten sein soll, ist nicht ersichtlich, für die Klägerin kann demnach nichts
anderes gelten.
Soweit von der Klägerseite eingewandt wird, es sei beabsichtigt gewesen, die streitbefangenen Flächen
in erschlossenem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt lastenfrei an die Gemeinde zu übertragen (vgl.
Blatt 20, 21 PA), ändert das nichts. Diese Argumentation würde den – wie eben ausgeführt -
eingeschränkten Anwendungsbereich der Verwaltungsanweisung in nicht vertretbarer Weise überdehnen
und den insoweit unmissverständlichen Wortlaut der OFD Verfügung vom 16. Oktober 1998 dahin
ausweiten, dass es im Ergebnis nur darauf ankäme, dass die Grundstücke irgendwann, auch nach
mehreren Veräußerungsvorgängen mit Beteiligten, die nicht an dem Erschließungsvorhaben beteiligt sein
müssen, den betreffenden Gemeinden wieder übereignet werden. Eine solche extensive Auslegung hält
der Senat, ausgehend von einer grundsätzlich von allen Beteiligten anerkannten
Grunderwerbsteuerpflicht hinsichtlich der streitbefangenen Vorgänge, für nicht vertretbar.
Hinzu kommt, dass die von der Klägerseite angesprochene Vereinbarung, die Grundstücke „zu einem
späteren Zeitpunkt“ an die Gebietskörperschaft zu übertragen, keine entsprechende Bindungswirkung
hatte. Das angesprochene Schreiben der BAG vom 24. September 2002 (vgl. Blatt 24 PA) kann allenfalls
als mehr oder weniger konkrete und auch nur einseitige Absichtserklärung einer künftigen
Grundstücksübertragung gewertet werden; eine konkrete Bindungswirkung, wie etwa in einer notariellen
Urkunde mit entsprechend eindeutigen Formulierungen, vermag der Senat nicht zu erkennen, woraus
weiter folgt, dass die von der Klägerseite behauptete, der Verwaltungsanweisung entsprechende
Interessenlage schon aus tatsächlichen Gründen nicht vorliegen kann. Außerdem spricht das
angesprochene Schreiben vom 24. September 2002 mit dem Satz, „Weitere Verpflichtungen,
insbesondere zur Erschließung der Gebiete, sind hiermit nicht verbunden“, eher dafür, dass sich die
Volksbank W allenfalls als Zwischenerwerber gesehen haben mag. Das betrifft jedoch gerade nicht eine
Interessenslage, wie sie in der angesprochenen Verwaltungsanweisung dargestellt ist. Das muss sich
denn auch die Klägerin entgegenhalten lassen.
Soweit mit dem am 6. April 2010 eingegangenen Schriftsatz (vgl. Blatt 79 ff PA) mitgeteilt wurde, dass
nunmehr - am 5. Juni 2009 (vgl. Urkunde des Notars P., Urkundenrolle Nummer .../2009, Blatt 86 ff PA) -
die relevanten Grundstücke an die Stadt S übertragen worden seien, vermag das kein anderes Ergebnis
zu begründen. Die Grundstücksveräußerung an die Gebietskörperschaft mag zwar im Nachhinein die
Ernsthaftigkeit des Vortrags der Klägerin, es sei von Anfang an eine Weiterübertragung an die Stadt oder
Gemeinde beabsichtigt gewesen, belegen, mehr aber auch nicht. Entscheidend ist nämlich vielmehr, dass
der für die Entscheidung des Streitfalls maßgebende Veräußerungsvorgang (5. November 2002)
zwischen der Volksbank W und der Klägerin durchgeführt wurde, also von Vertragsparteien, die von der
Verwaltungsanweisung nicht erfasst werden. Aus dem Umstand, dass in Teil IX, § 1 und § 2 der o.g.
notariellen Urkunde (vgl. Blatt 93 PA) auf einen Erschließungsvertrag vom 20. Juni 2006 und auf eine
Verpflichtung des Veräußerers, eine „Deckschicht“ herzustellen, verwiesen wird, bzw., dass in einer
Anlage zu der o.g. notariellen Urkunde ein Auszug eines Vertrages vorgelegt wurde, der Teil eines
Erschließungsvertrages sein könnte (vgl. Blatt 96/97 PA), könnte zwar geschlossen werden, dass die
Klägerin am 20. Juni 2006 mit der Gebietskörperschaft einen Erschließungsvertrag abgeschlossen habe
könnte. Doch selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausgehen wollte, dass sie im Jahre 2006
selbst einen Erschließungsvertrag mit der Gebietskörperschaft abgeschlossen hatte, vermag das nichts
daran zu ändern, dass der hier allein maßgebende Veräußerungsvorgang vom 5. November 2002 nicht
von der Verwaltungsanweisung vom 1. Oktober 1998 – S 4520 A – 98-002-1 – 446 erfasst wird.
b) Da der Senat die angesprochene Verfügung der OFD Koblenz so auslegt wie die Finanzverwaltung,
kommt es für die Entscheidung des Streitfalls auf die Frage, ob der betreffende Ländererlass als
typisierende Verwaltungsvorschrift wegen der Steuerentlastungswirkung einer besonderen gesetzlichen
Grundlage bedarf (vgl. Urteil des FG Mecklenburg-Vorpommern vom 12. Juni 2002 1 K 631/00, a.a.O. zum
koordinierten Ländererlass betreffend Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer, Abschn. 149 Abs. 7 UStR
2000); bzw. die Verwaltung zu faktischen Steuerentlastungen nach eigener Vorstellung nicht befugt ist
(vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 28. Juni 1993 – 1 BvR 390/89, a.a.O.), nicht mehr an.
Selbst wenn man annehmen würde, dass sich eine tatsächliche Bindungswirkung aus dem
Gleichheitsgrundsatz ergeben könnte (vgl. Klein/Gersch AO § 4 Rz. 11 m.w.N.) kann nicht übersehen
werden, dass in diesem Einzelfall die – auch für die Gleichmäßigkeit der Besteuerung - zuständige OFD
Koblenz eingeschaltet war und die Rechtsansicht des Beklagten ausdrücklich geteilt hat (vgl. Blatt 46f
GrEStA).
c) Für den Fall, dass man die angegriffene OFD Verfügung als Billigkeitsregelung sehen wollte, ergibt sich
kein anderes Ergebnis. Gewährt nämlich die Finanzverwaltung in einer Verwaltungsvorschrift einen
Vorteil für einen Steuerpflichtigen ohne gesetzliche Grundlage, so darf das Finanzgericht diese
Verwaltungsvorschrift im Anfechtungsverfahren gegen die Steuerfestsetzung nicht anwenden. Eine
möglicherweise dadurch entstehende Verletzung des Gleichheitssatzes gegenüber dem Betroffenen kann
nur durch eine Billigkeitsmaßnahme ausgeglichen werden. Die abweichende Festsetzung und die
Steuerfestsetzung bilden zwei in getrennten Verfahren ergehende selbständige Verwaltungsakte; die
Billigkeitsentscheidung im Rahmen des § 163 AO ist im Wege einer – vorgelagerten – Verpflichtungsklage
zu erstreiten, wobei die Billigkeitsentscheidung selbst eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung
darstellt, die gem. § 102 FGO nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegt (vgl. Finanzgericht
Mecklenburg-Vorpommern a.a.O. mit Anmerkungen Fumi, EFG 2002, 1235, 1236). Da im Streitfall – von
Angehörigen der steuer- und rechtsberatenden Berufe - unmissverständlich und eindeutig nur eine
Anfechtungsklage und eben keine Verpflichtungsklage erhoben wurde, muss hier auf den Gesichtspunkt
der Billigkeit nicht weiter eingegangen werden. Im Übrigen wurde bereits ausgeführt, dass der Senat eine
der Billigkeit nicht weiter eingegangen werden. Im Übrigen wurde bereits ausgeführt, dass der Senat eine
Verletzung des Gleichheitssatzes nicht zu erkennen vermag.
d) Was die der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Wertansätze anbelangt, hat die Klägerseite
lediglich ganz allgemeine Ausführungen gemacht, die belegen sollen, dass für die Klägerin keine
besondere Werthaltigkeit gegeben gewesen sein solle. Im dem am 6. April 2010 bei Gericht
eingegangenen Schriftsatz weist der Klägerbevollmächtigte sogar selbst auf einen „symbolischen Preis“
von einem Euro hin (vgl. Blatt 79 PA). Demgegenüber hat das beklagte Finanzamt den vom
Gutachterausschuss festgelegten Bodenrichtwert zum 1. 1. 1996 übernommen und, da es sich hier um
Verkehrsflächen handelt, nur 30% dieses Bodenrichtwerts angesetzt unter weiterer Beachtung von § 145
Abs. 3 Satz 1 BewG (vgl. Blatt 31 und Blatt 32 GrEStA), was im Einzelnen nicht beanstandet worden ist.
Ein Nachweis eines geringeren Wertansatzes wurde gerade nicht geführt. Außerdem ist im geänderten
Steuerbescheid vom 4. März 2010 gerade wegen des Ansatzes des Grundbesitzwertes ein
Vorläufigkeitsvermerk gesetzt worden.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
II
1) Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
2) Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Allein der Umstand, dass von einer Rechtsfrage eine
Vielzahl von Steuerfällen betroffen sein könnte, rechtfertigt nicht die Annahme, dass eine Sache
grundsätzliche Bedeutung hätte (vgl. BFH-Beschluss vom 27. April 2007, VIII B 250/05 zitiert bei Juris).
Darüber hinaus hat der Senat die Umstände eines konkreten Einzelfalls gewürdigt. Soweit in der
mündlichen Verhandlung die Zulassung der Revision unter Hinweis auf die Entscheidung des
Finanzgerichts Düsseldorf vom 8. April 2005, 18 K 2130/03 AO beantragt wurde, ist nur auszuführen, dass
das angesprochene Verfahren mit einer Erledigung der Hauptsache endete (vgl. Bl. 82 PA).
Rechtsmittelbelehrung
Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durchBeschwerde ange-
fochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem
Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll
eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist
innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die
Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein
Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann.
Bei der Einlegung und Begründung der Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte
durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen
europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als
Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften,
Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie
Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten
Berufsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich
auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im
höheren Dienst vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift:
Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/ 9231-201.
Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als
Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es
nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs ist jedoch bei dem
Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im
Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.
Hinweis:
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt
und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und
Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite
www.bundesfinanzhof.de
lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die
Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen
Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004
(BGBl. I S.3091) einzuhalten ist.