Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 26.08.2010

FG Neustadt: vergütung, vermittler, treu und glauben, kaufpreis, eugh, unbeteiligter dritter, kaufvertrag, nebenleistung, stillschweigend, zustandekommen

FG
Neustadt
26.08.2010
6 K 1502/09
Umsatzsteuerfreie Vermittlungsleistung verbunden mit sonstiger Leistung (Eingehung eines
Wettbewerbsverbots durch den Vermittler selbst).
Im Namen des Volkes
Urteil
6 K 1502/09
In dem Finanzrechtsstreit
des Herrn
- Kläger -
prozessbevollmächtigt:
gegen
Finanzamt
- Beklagter -
wegenUmsatzsteuer 1999
hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 6. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 26. August
2010 durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht
die Richterin am Finanzgericht
den Richter am Finanzgericht
den ehrenamtlichen Richter
die ehrenamtliche Richterin
für Recht erkannt:
I. Unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides 1999 vom 8. Juli 2008 und der Einspruchsentscheidung
vom 18. März 2009 wird die Umsatzsteuer für 1999 um einen Betrag von 194.617,08 € (380.638 DM)
herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen Kläger und Beklagter zu je ½.
III. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Mitwirkung beim Verkauf sämtlicher Geschäftsanteile einer Altenheimgruppe eine
umsatzsteuerfreie Vermittlungsleistung darstellt oder ob zugleich eine wettbewerbsverbotsähnliche
sonstige Leistung erbracht wurde, die der Umsatzsteuer zu unterwerfen ist.
Der Kläger ist umfangreich als Vermieter verschiedener Grundstücke (Tennishalle, Wohn und
Geschäftshaus, Eigentumswohnungen) tätig. Aus der Tätigkeit der Errichtung und Vermietung einer
Tennishalle sowie aus der Einspeisung von Strom wird er beim Beklagten zur Umsatzsteuer veranlagt. Er
unterliegt der Ist-Versteuerung.
Er ist ferner Gesellschafter und Geschäftsführer einer Gruppe von Krankenanstalten (R-Gruppe); insoweit
erzielt er gewerbliche Einkünfte. Bis zum Jahr 1996 war er außerdem Geschäftsführer und Gesellschafter
einer Gruppe von Altenheimen (CKM-Gruppe, vgl. Übersicht Bl. 43 PA), die er mit notariellem Vertrag vom
18. Dezember 1996 an seine Töchter, Frau C. M. und Frau K. M., veräußerte. Diese wiederum veräußerten
die Anteile Ende 1998 an die M AG (im Folgenden: M). Die Mitwirkung des Klägers an dieser
Veräußerung ist der Streitgegenstand. Dem liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:
Mit Vertrag vom 16.08.1998 wurde im Zusammenhang mit der geplanten Weiterveräußerung der Anteile
zwischen den Gesellschafterinnen der C-Gruppe (Frau C. M. und Frau K. M.) und dem Kläger sowie
dessen Bruder eine „Vereinbarung" für den Verkauf sämtlicher Geschäftsanteile der C-Gruppe (und der R-
Gruppe) geschlossen. Die Vergütung für den Verkauf der C-Gruppe war gestaffelt und betrug im Fall des
Klägers zwischen 2,0 und 4,5 % und im Fall von Herrn F. M. (Bruder des Klägers, Anm. d.
Neutralisierenden) zwischen 0,5 und 1,75% des erzielten Verkaufserlöses. Dabei war der für die
Provisionsberechnung maßgebliche Verkaufserlös als Nettoverkaufserlös für die Gesellschaftsanteile
zuzüglich der übernommenen langfristigen Darlehen definiert. Die vertraglich fixierten Aufgaben der
beiden Vermittler bestand in der Suche eines Käufers für die Altenheim-Gruppe, der Koordination der
Verhandlungen mit den Beteiligten sowie der Überwachung der Vertraulichkeitsvereinbarung.
Ein Verkauf der R-Gruppe kam in der Folge nicht zustande. Mit notariellem Vertrag vom 20.11.1998
wurden alle Anteile der C-Gruppe an M veräußert. In § 8 Abs. 1 des Vertrages heißt es:
„Die Verkäuferinnen und R verpflichten sich in einem Zeitraum von 5 Jahren ab Unterzeichnung dieses
Vertrages weder selbst ein Altenheim zu betreiben, das in derselben Gemeinde wie eines der derzeit von
der C KG und ihren Tochtergesellschaften betriebenen Altenheime liegt oder weniger als 10 km Abstand
zu diesen hält, noch sich an einer Gesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu beteiligen, die ein solches
Altenheim betreibt, oder in einer solchen Gesellschaft als Geschäftsführer, leitender Angestellter oder
Berater tätig zu sein. Dies gilt nicht für die Standorte Bad Dürkheim und Wiesbaden."
Die aufgrund der oben genannten Vereinbarung fällig gewordene Vergütung wurde Anfang 1999 vom
Kläger mit Rechnung vom 27. Januar 1999 angefordert und sodann entrichtet (9.031.500 DM - dieser
Betrag ergab sich aus dem Nettoverkaufserlös für die Gesellschaftsanteile von DM 114.000.000, den
übernommenen langfristigen Darlehen von DM 86.700.000 unter Anwendung des Provisionssatzes von
4,5%). Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 1999 wurde der Betrag als sonstige Einkünfte erklärt
und veranlagt. Bei der Umsatzsteuererklärung wurde die Leistung nicht angegeben. Im Rahmen der
Bearbeitung der Steuererklärungen 1999 wurde die Provision zunächst gemäß § 4 Nr. 8 f UStG
umsatzsteuerfrei belassen mit dem Hinweis auf eine Überprüfung durch die Betriebsprüfung.
Aufgrund einer Betriebsprüfung für die Jahre 1999-2002 vertrat der Beklagte die
Auffassung, dass in der von den Töchtern gezahlten Vergütung auch ein umsatzsteuerpflichtiges Entgelt
für das vom Kläger eingegangene Wettbewerbsverbot enthalten sei. Der Kläger habe gegenüber seinen
Töchtern nicht nur eine reine Vermittlungsleistung erbracht, sondern er habe durch seine Bereitschaft, das
Wettbewerbsverbot gegenüber M einzugehen, den Verkauf an M erst ermöglicht. Somit komme dem
Wettbewerbsverbot eine eigene wirtschaftliche Bedeutung zu. Das Entgelt hierfür könne auch verdeckt
vereinbart sein. Diese an die Töchter geleistete wettbewerbsverbotsähnliche sonstige Leistung sei in
Höhe der Differenz zwischen der vereinbarten Vergütung des Kläger (4,5%) und der Vergütung des
Bruders (1,75%) mithin mit 2,75% des Verkaufserlöses von 200 700 000 € = 5 519 250 € brutto der
Umsatzsteuer zu unterwerfen. Der geänderte Umsatzsteuerbescheid 1999 ging mit einfachem Brief am
08.07.2008 zur Post.
Hiergegen erhob der Kläger am 06.08.2008 Sprungklage beim FG Rheinland-Pfalz, die mit Beschluss des
FG vom 3. November 2008 (6 K 2095/08) zur Durchführung des Vorverfahrens an das Finanzamt
abgegeben wurde.
In seiner Einspruchsbegründung führte der Kläger im Wesentlichen aus, dass weder in dem Kaufvertrag
mit M noch in der Provisionsvereinbarung mit den Töchtern eine Vergütung für das Wettbewerbsverbot
vereinbart gewesen sei. Auch für die Annahme einer stillschweigenden Vereinbarung sei kein Raum.
Mit Einspruchsentscheidung vom 18. März 2009 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet
zurück. In der Provisionszahlung, so der Beklagte, sei ein Entgelt für eine steuerpflichtige
wettbewerbsverbotsähnliche sonstige Leistung enthalten. Den im Rahmen einer Veräußerung eines
Betriebes vereinbarten Wettbewerbsverbot komme im Regelfall keine eigenständige wirtschaftliche
Bedeutung zu, sondern es diene dazu, das Ziel der Betriebsveräußerung, nämlich dem Erwerber die
Gewinnmöglichkeit des Unternehmens zu verschaffen, auf Dauer sicherzustellen. Dies sei der Grundsatz
und treffe auch auf das Wettbewerbsverbot, das die Töchter als Veräußerer der C-Anteile gegenüber M als
Käufer eingegangen seien, zu. Im Streitfall bestehe aber die Besonderheit, dass sich der Kläger, der ja
nicht Veräußerer der Anteile gewesen sei, einem Wettbewerbsverbot unterworfen habe. Einem
Wettbewerbsverbot komme eine besondere Bedeutung zu, wenn es zeitlich begrenzt sei, sich in seiner
wirtschaftlichen Bedeutung herausheben und wenn dies in den getroffenen Vereinbarungen – vor allem in
einem neben dem Kaufpreis für die Geschäftsanteile geleisteten Entgelt – klar zum Ausdruck gelange. Ein
gesondertes Entgelt könne auch verdeckt vereinbart sein, wenn der hohe Wert des Wettbewerbsverbots in
einer entsprechenden Entgeltsvereinbarung ihren Niederschlag finde.
Die Beurteilung der Frage, ob dem Wettbewerbsverbot eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung
zukomme, richte sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles. Diese Umstände seien
vorliegend außergewöhnlich resultierend aus der herausragenden Stellung, die der Kläger im Bereit
Krankenhäuser/Altenheime innehabe. Der Kläger sei seit langem in diesem Bereich tätig und habe über
die Jahre ein sehr komplexes Gebilde aus verschiedenen Firmen, Beteiligungen und Grundbesitz
aufgebaut. Er sei der eigentliche „Macher“ und habe sich auf dem Sektor Gesundheitswesen einen
großen Namen gemacht. So sei es unerlässlich gewesen, dass beim Verkauf der Altenheimgruppe nicht
nur die Verkäuferinteressen, sondern auch der Kläger persönlich ein Wettbewerbsverbot habe eingehen
müssen. Für die Käufer sei dieses Wettbewerbsverbot unverzichtbarer Bestandteil des Kaufvertrages
gewesen; auch nach Auffassung des Steuerberaters hätte M die Altenheimgruppe ohne das
Wettbewerbsverbot nicht gekauft. Schon allein hierdurch werde die große wirtschaftliche Bedeutung
seines Wettbewerbsverbotes deutlich.
Die beiden Geschäftsvorfälle, einerseits der Verkauf der Geschäftsanteile von den Töchtern an M inklusive
dem von den Töchtern und dem Kläger eingegangenen Wettbewerbsverbot und andererseits die
Vergütungsvereinbarung zwischen den Töchtern und dem Kläger über den Verkauf der Anteile, seien in
unmittelbarem Zusammenhang zu sehen. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei der
Leistungsaustausch zwischen dem Kläger und seinen Töchtern, nicht gegenüber M.
Der Kläger habe durch seine Bereitschaft, das Wettbewerbsverbot einzugehen, seinen Töchtern den
Verkauf erst ermöglicht. Diese Leistung stelle eine steuerpflichtige wettbewerbsverbotsähnliche sonstige
Leistung dar. Dies sei Gegenstand der am 16. August 1998 geschlossenen Vereinbarung: Der Kläger und
dessen Bruder seien mit dem Verkauf sämtlicher Geschäftsanteile der C-Gruppe beauftragt worden. Der
Kläger habe nicht nur eine reine Vermittlungsleistung erbracht. Zum Zeitpunkt der
Vergütungsvereinbarung am 16. August 1998 seien die Kontakte zu M schon längst hergestellt gewesen.
Nach Angaben des Steuerberaters seien die Kontakte bereits Ende 1996 geknüpft worden. Die
Vorverhandlungen, an denen sich der Kläger nicht selbst beteiligt habe, seien bei der schriftlichen
Abfassung der Vergütungsvereinbarung so gut wie abgeschlossen gewesen; bereits 3 Monate später sei
der notarielle Kaufvertrag unterzeichnet worden. Ein reiner Vermittlungsvertrag sei zu diesem Zeitpunkt
nicht mehr erforderlich gewesen.
Die besondere Bedeutung der Bereitschaft, das Wettbewerbsverbot einzugehen, schlage sich in der
unterschiedlichen Vergütung der beiden Brüder nieder. Allein die unterschiedlichen Beiträge beim
Zustandekommen des Verkaufsvertrages, einerseits die Kenntnisse des Gesundheitswesens,
andererseits die Kenntnisse der internen Betriebsabläufe, rechtfertigten keine Differenz dieser
Größenordnung. Da das Entgelt für die wettbewerbsverbotsähnliche sonstige Leistung nicht gesondert
ausgewiesen gewesen sei, habe die Aufteilung im Wege einer sachgerechten Schätzung erfolgen
müssen. Die Differenz zwischen der Vergütung des Bruders und des Klägers stelle Entgelt für die
Bereitschaft des Klägers dar, gegenüber M ein Wettbewerbsverbot einzugehen. Diese steuerbare
sonstige Leistung sei mangels Befreiungsvorschriften umsatzsteuerpflichtig.
Dabei spiele es keine Rolle, ob und in welcher Höhe sich das Wettbewerbsverbot bei dem Verkauf der
Töchter an M auf den Kaufpreis ausgewirkt habe und danach an den Kläger weitergereicht worden sei.
Der Leistungsaustausch erfolge zwischen dem Kläger und seinen Töchtern, nicht gegenüber M. Auch
werde nicht davon ausgegangen, dass bei dem Verkauf der Anteile 1996 an die Töchter ein
stillschweigendes Wettbewerbsverbot vereinbart worden sei, das jetzt im Wege einer Weiterübertragung
der Anteile an M weitergegeben worden sei. Die Veräußerung an die Töchter sei nachweislich unter Wert
erfolgt, so dass kein Raum sei für ein übernommenes Wettbewerbsverbot. Der zeitliche Ablauf stehe der
Annahme eines Wettbewerbsverbotes ebenfalls nicht entgegen. Auch vor dem Zeitpunkt des Abschlusses
der Vergütungsvereinbarung sei dem Kläger auf Grund seiner langjährigen Erfahrung bewusst gewesen,
dass ein Wettbewerbsverbot gegenüber M unverzichtbar sei. Es sei nicht glaubhaft, dass ein solch
entscheidender Bestandteil des Kaufvertrages erstmals mit Zusendung des Vertragsentwurfes Ende
Oktober offenbart worden sei und bereits ein Monat später der notarielle Kaufvertrag unterschrieben
werde.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 17. April 2009 bei Gericht eingegangenen Klage.
A. Im Rahmen seiner Begründung trägt der Kläger zunächst zum Sachverhalt wie folgt vor: In der Praxis
habe ihm, dem Kläger, aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit im Gesundheitswesen und seiner
umfassenden Marktkenntnisse die Herstellung und Pflege des Kontakts mit möglichen Erwerbern
oblegen, während der Bruder im Wesentlichen für die internen Betriebsabläufe zuständig gewesen sei.
Der erste konkrete Kontakt mit M in Person ihres Beauftragten, Herrn F, sei vom Kläger Ende 1997
hergestellt worden. Im Anschluss hieran habe am 19.12.1997 eine interne Arbeitsbesprechung
stattgefunden, auf der folgendes festgelegt worden sei:
1. Vom Notar der Altenheim-Gruppe sollte als Vertragsmuster der Entwurf eines Kaufvertrags
angefordert werden, der im Rahmen früherer Verkaufsverhandlungen mit einem anderen
Interessenten gefertigt worden war.
2. Der Rechtsanwalt und der Wirtschaftsprüfer der Altenheim-Gruppe sollten einen aktuellen
Kaufvertrag vorbereiten.
3. Desgleichen sollte eine Provisionsvereinbarung mit dem Kläger und seinem Bruder vorbereitet
werden, der eine Gesamtprovision von ca. 6 % mit einem Abschlag für Herrn F. M. ausweisen
sollte;
4. im Übrigen sollten die weiteren Gespräche mit dem Beauftragten der M AG abgewartet werden.
Ziffer 3) der Niederschrift über die Arbeitsbesprechung vom 19.12.1992 sei die Grundlage der später
formell ausgefertigten Provisionsvereinbarung zwischen den Gesellschafterinnen, dem Kläger und
dessen Bruder vom 16.08.1998 gewesen. Bereits am 13.03.1998 habe die jetzige Prozessbevollmächtigte
des Klägers in dessen Auftrag den ersten Entwurf eines Kaufvertrags an den Beauftragten der späteren
Erwerberin der Altenheim-Gruppe übersandt. Dieser Entwurf habe noch kein vom Kläger bzw. von den
Verkäuferinnen zu übernehmendes Wettbewerbsverbot enthalten.
Erst am 20.10.1998 hätten die Bevollmächtigten von M seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten ihren
Gegenentwurf zugeleitet, der erstmals in seinem § 8 das Verlangen auf Übernahme eines
Wettbewerbsverbots durch den Kläger bzw. den Verkäuferinnen vorgesehen habe.
B. In der Sache könne der Rechtsauffassung des Beklagten nicht gefolgt werden. Eine Vergütung für das
vom Kläger übernommene Wettbewerbsverbot sei weder im Kaufvertrag mit M noch in der
Provisionsvereinbarung mit den Verkäuferinnen ausdrücklich vereinbart; auch für die Annahme einer
stillschweigenden Vereinbarung sei kein Raum.
1. Die Schlussfolgerungen des Beklagten seien allenfalls dann gerechtfertigt, wenn dem vom Kläger
übernommenen Wettbewerbsverbot eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zuzumessen sei, für
das ausdrücklich oder stillschweigend ein gesondertes Entgelt vereinbart worden sei. Nach der BFH-
Rechtsprechung (BFH/NV 2003, 1161) komme dem im Rahmen einer Veräußerung eines Betriebes
vereinbarten Wettbewerbsverbot im Regelfall keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu, sondern
es diene dazu, das Ziel der Betriebsveräußerung, nämlich dem Erwerber die Gewinnmöglichkeit des
Unternehmens zu verschaffen, auf Dauer sicherzustellen. Das Wettbewerbsverbot gehe in dem
erworbenen Geschäftswert auf. Dem Wettbewerbsverbot komme nur dann eine besondere Bedeutung zu,
wenn sich seine wirtschaftliche Bedeutung heraushebe und wenn dies in den getroffenen
Vereinbarungen, vor allem in einem neben dem Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile geleisteten Entgelt
klar zum Ausdruck komme. Ein gesondertes Entgelt könne auch verdeckt vereinbart sein, wenn der hohe
Wert des Wettbewerbsverbots in einer entsprechenden Entgeltsvereinbarung, z.B. einer herausragenden
Dotierung, ihren Niederschlag finde. Dazu müsse festgestellt werden, dass mit dem gesondert
vereinbarten Entgelt für das Wettbewerbsverbot wirtschaftlich weder ein Geschäftswert des veräußerten
Betriebes noch der Wert eines materiellen Wirtschaftsgutes habe vergütet werden sollen. Die Beurteilung
der Frage, ob dem Wettbewerbsverbot eine eigene wirtschaftliche Bedeutung zukomme, richte sich nach
den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles.
Vorliegend lägen keine Anhaltspunkte für eine Abweichung zum Regelfall vor und zwar auch unter
Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger nicht selbst der Verkäufer der Gesellschaftsanteile
gewesen sei. Aus der Sicht des Käufers habe es keine Rolle spielen können, ob der Kläger oder seine
Töchter Verkäuferinnen der Anteile gewesen seien. Zwar dürfe davon ausgegangen werden, dass die M-
AG die Altenheim-Gruppe nicht gekauft hätte, wenn sich der Kläger und seine Töchter nicht dem
Wettbewerbsverbot (stillschweigend oder vertraglich) unterworfen hätten. Dies ergebe sich aus dem
relativ kleinen Markt und den überschaubaren, nicht ohne weiteres vermehrbaren Geldquellen, von denen
die Altenheim-Gruppe lebe. In einer solchen Situation sei es üblich, dass der Veräußerer und die – sofern
abweichend – eigentlichen „Macher“ des Unternehmens sich einem Wettbewerbsverbot unterwerfen
würden. Sei die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots jedoch üblich, dann werde dieses gerade nicht
gesondert honoriert, sondern sei mit dem Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile bereits abgedeckt.
Insoweit sei die Feststellung des Bundesfinanzhofes einschlägig, dass die Rechtslage eindeutig sein
müsse. Es müsse feststehen, dass mit dem gesondert vereinbarten Entgelt für das Wettbewerbsverbot
wirtschaftlich weder ein Geschäftswert des veräußerten Betriebes noch der Wert eines immateriellen
Wirtschaftsgutes vergütet werden solle. Es müsse mithin feststehen, dass der Kaufpreis eindeutig verdeckt
für das Wettbewerbsverbot gezahlt worden sei und auszuschließen sei, dass der Wert der
Gesellschaftsanteile den gezahlten Kaufpreis rechtfertige.
Vorliegend seien die für die Bestimmung des Nettokaufpreises in Höhe von 114 Millionen DM
maßgeblichen Berechtigungsgrundlagen im Kaufvertrag vom 20. November 1998 im Einzelnen
festgehalten, nämlich das 10,4-fache des korrigierten Jahresergebnisses 1997. Eine Berücksichtigung
des vom Kläger und seinen Töchtern übernommenen Wettbewerbsverbots sei hierbei nicht vorgesehen.
Dass der von der M-AG hiernach gezahlte Kaufpreis in seinem vollen Umfang dem Verkehrswert der
Altenheimgruppe entsprochen habe, werde auch vom Beklagten nicht bestritten. Erforderlichenfalls könne
dies durch eine nachzureichende Verkehrswertermittlung belegt werden.
2. Die vorgenannten Erwägungen würden entsprechend für die zwischen dem Kläger und den
Verkäuferinnen getroffene Provisionsvereinbarung gelten. Diese beziehe sich ausdrücklich und
ausschließlich auf die Vermittlung eines Kaufvertrages über die Geschäftsanteile an der Altenheimgruppe,
wobei die Vermittlung eines Vertrages sich nicht im Nachweis eines Kaufinteressenten erschöpfe (§ 652
Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Übernahme eines Wettbewerbsverbotes sei hiervon jedoch in keinem Fall erfasst.
Da die Vermittlungsleistung erst mit dem formellen Zustandekommen des Kaufvertrages erbracht sei, sei
die Länge des Zeitraumes zwischen der Provisionsabrede und dem Vertragsabschluss rechtlich
unerheblich. Allein aus der zeitlichen Abfolge zwischen der Provisionsvereinbarung und dem Verlangen
des Vertragspartners auf Übernahme eines Wettbewerbsverbotes durch den Kläger ergebe sich
zwingend, dass zwischen beiden kein sachlicher Zusammenhang bestehen könne. Es sei keineswegs
unglaubhaft, dass über die Frage des Wettbewerbsverbots durch den Kläger erstmals mit Zusendung des
Vertragsentwurfes durch den Vertragspartner Ende Oktober und damit nur einen Monat vor dem formellen
Abschluss des Kaufs verhandelt worden sei. Gegenstand der vorangegangenen Verhandlungen seien
der vom Käufer zu erbringende Kaufpreis und der wirtschaftliche Umfang des von den Verkäuferinnen zu
übergebenden Unternehmens nebst den dazugehörigen Garantien gewesen. Bei der Frage von
Wettbewerbsverboten handle es sich typischerweise um vertragliche Nebenbedingungen, über die
ungeachtet ihrer wirtschaftlichen Bedeutung erst bei der endgültigen Formulierung des Kaufvertrages
gesprochen werde.
Im Übrigen wäre auch insoweit eine eigenständige und nicht nur wirtschaftliche Bedeutung des
Wettbewerbsverbotes, sei es für den Käufer, sei es für die Verkäuferin, erforderlich. So enthalte der
notarielle Kaufvertrag vom 18. Dezember 1996, mit dem Kläger die Altenheimgruppe an seine Töchter
verkauft habe, kein ausdrückliches Wettbewerbsverbot, ein solches sei jedoch auch hier als
stillschweigend vereinbart anzusehen. In der Rechtsprechung der Zivilgerichte sei seit langem anerkannt,
dass beim Verkauf eines kaufmännischen Geschäfts ein Wettbewerbsverbot nicht nur ausdrücklich,
sondern auch stillschweigend auferlegt sein könne. Dabei könne dahinstehen, ob sich eine derartige
vertragliche Nebenverpflichtung bereits aus Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§ 157
BGB) oder im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ergebe. Wer in einem eng umgrenzten Markt
ein Handelsgeschäft erwerbe, dürfe mit gutem Recht davon ausgehen, dass er den vorhandenen
Kundekreis weiter bedienen könne und nicht damit rechnen müsse, dass ihm der Verkäufer die
Kundschaft als wesentlichen Teil des Kaufgegenstandes durch Konkurrenztätigkeit wieder entziehe. Das
Wettbewerbsverbot stelle sich somit nach Sinn und Zweck des Vertrages als notwendiger Bestandteil
desselben dar. Dabei könne es auch nicht darauf ankommen, ob die Veräußerung an die Töchter zu
vollen oder unter Wert erfolgt sei. In beiden Fällen hätten die Erwerber davon ausgehen dürfen, dass sie
das erheblichem finanziellen Aufwand erworbene Unternehmen auch in der bisherigen Form weiterführen
können und nicht mit Störungen und Eingriffen seitens des Klägers durch Wettbewerb rechnen mussten.
Sei der Kläger hiernach seinen Töchtern gegenüber verpflichtet, künftig den Wettbewerb im
Altenheimbereich zu unterlassen, so stelle sich auch der Übergang des Wettbewerbsverbots als Teil des
Geschäftswertes im Falle der späteren Veräußerung des Unternehmens durch die Töchter als bloße
Folgewirkung dar, dem keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukomme und der auch keine
gesonderte Vergütung rechtfertige. Hinzu komme, dass die Höhe der im vorliegenden Fall zwischen den
Beteiligten vereinbarten Provisionen der Branchenüblichkeit bei Unternehmensverkäufen bzw. -käufen
entspreche, so dass hier kein Raum für die gesonderte Vergütung eines Wettbewerbsverbotes bestehe.
Auch hierüber sei im Bestreitensfalle Beweis zu erheben.
Schließlich könne auch aus der unterschiedlichen Provisionshöhe für den Kläger selbst und Herrn F. M.
kein Argument für die stillschweigende Vergütung eines Wettbewerbsverbotes entnommen werden, da die
Beiträge beider Personen am Zustandekommen des Kaufvertrages mit der M-AG höchst unterschiedlich
gewesen seien; das Hauptverdienst am Zustandekommen sei unstreitig dem Kläger auf Grund seiner
umfassenden Branchenkenntnis zugekommen.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides 1999 vom 8. Juli 2008 und der Einspruchsentscheidung
vom 18. März 2009 die Umsatzsteuer für 1999 auf 6.517,00 € (12.746,00 DM) festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte tritt der Klage entgegen und nimmt im Wesentlichen Bezug auf die Ausführungen in der
angefochtenen Einspruchsentscheidung. Er ergänzt, dass der Kläger in seiner Klagebegründung keine
neuen tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte vorgetragen habe. Er, der Beklagte, bleibe bei
seiner Auffassung, dass der Kläger durch seine Bereitschaft, dass Wettbewerbsverbot einzugehen, den
Töchtern den Verkauf der Anteile erst ermöglicht habe. Dies sei Gegenstand der am 16. August 1998
geschlossenen Vereinbarung gewesen. Der Kläger und dessen Bruder seien mit dem Verkauf sämtlicher
Geschäftsanteile beauftragt gewesen. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei der
Leistungsaustausch durch den Kläger und seinen Töchtern, nicht gegenüber M.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage führt in der Sache teilweise zum Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist im Umfang der
Stattgabe rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die streitbefangene Provisionszahlung
ist lediglich in Höhe von 6.652.513 DM (9.031.500 DM ./. 2.378.987 DM) umsatzsteuerfrei gemäß § 4 Nr. 8
Buchst. f UStG.
I.
1. Die ertragsteuerliche Behandlung eines Wettbewerbsverbots - von den Beteiligten eingehend erörtert -
ist höchstrichterlich geklärt.
Wird Wettbewerb umfassend unterlassen, ist eine Leistung nach
§ 22 Nr. 3 EStG
gegeben (
BFH-Urteile
vom 12. Juni 1996 XI R 43/94
,
BFHE 180, 433
,
BStBl II 1996, 516
; vom 21. September 1982
VIII R 140/79
,
BFHE 137, 407
,
BStBl II 1983, 289
, m.w.N.). Ob ein Entgelt für ein solches umfassendes
Wettbewerbsverbot im Rahmen der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung als unselbständiger Teil
des Kaufpreises zum Veräußerungsgewinn i.S. von
§ 17 Abs. 2 EStG
gehört, hängt - ebenso wie bei
Veräußerungen gemäß
§ 16 EStG
oder gemäß den Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes -
davon ab, ob der Verpflichtung zum Unterlassen von Wettbewerb eine eigenständige wirtschaftliche
Bedeutung zukommt (vgl.
BFH-Urteile vom 23. Februar 1999 IX R 86/95
,
BFHE 188, 552
,
BStBl II 1999,
590
; in
BFHE 137, 407
,
BStBl II 1983, 289
; vom 24. März 1983
IV R 138/80
,
BFHE 139, 361
,
BStBl II 1984,
233
; vom 13. Februar 1996
VIII R 39/92
,
BFHE 180, 278
,
BStBl II 1996, 409
). Entsprechendes gilt für die
Frage, ob das Entgelt für ein Wettbewerbsverbot den Anschaffungskosten zuzuordnen ist oder ein neben
die Anschaffungskosten tretendes Wirtschaftsgut darstellt, dessen Anschaffungskosten gänzlich oder
zeitanteilig als Aufwand oder Werbungskosten Berücksichtigung finden müssen.
Dem im Rahmen einer Veräußerung eines Betriebes vereinbarten Wettbewerbsverbot kommt nach der
ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung im Regelfall keine eigenständige wirtschaftliche
Bedeutung zu, sondern es dient dazu, das Ziel der Betriebsveräußerung, nämlich dem Erwerber die
Gewinnmöglichkeiten des Unternehmens zu verschaffen, auf Dauer sicherzustellen (
BFH-Urteile in BFHE
137, 407
,
BStBl II 1983, 289
; vom 30. März 1989
I R 130/85
,
BFH/NV 1989, 780
, und in
BFHE 139, 361
,
BStBl II 1984, 233
). Das Wettbewerbsverbot geht in dem erworbenen Geschäftswert auf (
BFH-Urteile vom
13. April 1983 I R 105/79
, nicht veröffentlicht -n.v.-; vom 23. Juli 1965 VI 67, 68/64 U,
BFHE 83, 307
,
BStBl
III 1965, 612
; vom 26. Juli 1972
I R 146/70
,
BFHE 107, 118
,
BStBl II 1972, 937
).
Dem Wettbewerbsverbot kommt dagegen eine besondere Bedeutung zu, wenn es zeitlich begrenzt ist,
sich in seiner wirtschaftlichen Bedeutung heraushebt und wenn dies in den getroffenen Vereinbarungen,
vor allem in einem neben dem Kaufpreis für die GmbH-Anteile geleisteten Entgelt, klar zum Ausdruck
gelangt ist (vgl.
BFH-Urteile in BFHE 188, 552
,
BStBl II 1999, 590
; in
BFHE 107, 118
,
BStBl II 1972, 937
).
Ein gesondertes Entgelt kann auch verdeckt vereinbart sein, wenn der hohe Wert des Wettbewerbsverbots
in einer entsprechenden Entgeltvereinbarung, z.B. in einer herausragenden Dotierung, ihren
Niederschlag findet (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 107, 118
,
BStBl II 1972, 937
). Dazu muss feststehen, dass mit
dem (gesondert vereinbarten) Entgelt für das Wettbewerbsverbot wirtschaftlich weder ein Geschäftswert
des veräußerten Betriebs noch der Wert eines immateriellen Wirtschaftsguts vergütet werden sollte (
BFH-
Urteil vom 11. März 2003 IX R 76/99
, BFH/NV 2003, 1162; vgl. auch FG München, Urteil vom 23. Mai 2007
1 K 4243/04, JurisDok).
Die Beurteilung der Frage, ob dem Wettbewerbsverbot eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung
zukommt, richtet sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles (vgl.
BFH-Urteile in BFHE 137,
407
,
BStBl II 1983, 289
; in
BFH/NV 1989, 780
). Der Senat hatte hierüber nicht zu entscheiden.
2. Im Streitfall ist allerdings nicht die ertragsteuerliche, sondern ausschließlich die umsatzsteuerliche
Behandlung der Vermittlungsleistung und einem damit verbundenen Wettbewerbsverbot streitig. Von den
unter
§ 1 Abs. 1 Nr. 1
fallenden Umsätzen sind steuerfrei gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG die Umsätze und
die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen.
a. Die Vorschrift des
§ 4 Nr. 8 Buchst. f UStG
setzt Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 5 der
Richtlinie 77/388/EWG
in nationales Recht um (vgl. jetzt
Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL
.). Nach dieser
Richtlinienbestimmung befreien die Mitgliedstaaten unter den dort genannten Bedingungen u.a. die
Umsätze einschließlich der Vermittlung, jedoch mit Ausnahme der Verwahrung und der Verwaltung, die
sich auf Anteile an Gesellschaften oder auf Wertpapiere beziehen. Damit kommt es für den Umfang der
Steuerbefreiung nicht auf den nationalen Begriff des Handelsvertreters (
§§ 84 ff. HGB
) oder des
Versicherungsmaklers (
§§ 92 f. HGB
) an; vielmehr sind Bestimmungen richtlinienkonform auszulegen
(
BFH-Urteil vom 6. September 2007 V R 50/05
,
BStBl II 2008, 829
mit Verweis auf die Rechtsprechung des
EuGH). Die Befreiungsvorschriften sind hierbei eng auszulegen, da sie die Ausnahmen von dem
allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt
erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (vgl.
EuGH-Urteile vom 21. Juni 2007 Rs. C-453/05
-Ludwig-
Umsatzsteuerrundschau -UR- 2007, 617 sowie vom 5. Juni 1997 Rs. C-2/95 -SDC-, amtliche Slg. 1997, I-
3017).
Die Steuerfreiheit für die Vermittlung von Gesellschaftsanteilen erfordert keine unmittelbare Beauftragung
durch eine der Parteien des vermittelten Vertrags.
.
Die Steuerfreiheit für die Vermittlung setzt eine Tätigkeit
voraus, die einzelne Vertragsabschlüsse fördert. Eine der Art nach geschäftsführende Leitung einer
Vermittlungsorganisation ist keine "Vermittlung" i. S. v.
§ 4 Nr. 8 Buchst. f UStG
(
BFH-Urteil vom 20.
Dezember 2007 – V R 62/06, BFH/NV 2008, 723).
Die vorgenannte BFH-Rechtsprechung geht auf den EuGH zurück. Dieser hat mit
EuGH v. 21.6.2007, Rs.
C-453/05
, Ludwig, BFH/NV Beilage 2007, 398 entschieden, dass der Begriff der Vermittlung ein
eigenständiger Begriff des Gemeinschaftsrechts ist. Er bezieht sich auf eine Tätigkeit einer Mittelsperson,
die nicht Partei eines Vertrags über ein Finanzprodukt ist und deren Tätigkeit sich von den typischen
vertraglichen Leistungen unterscheidet, die im Rahmen solcher Verträge erbracht werden. Die
Vermittlungstätigkeit ist eine Dienstleistung, die einer Vertragspartei erbracht und von dieser als
eigenständige Mittlertätigkeit vergütet wird. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Steuerbefreiung davon
abhängt, dass ein Vertragsverhältnis zwischen dem Erbringer der Vermittlungsleistung und einer Partei
des zu vermittelnden Vertragsverhältnisses besteht. Vielmehr ist auf die Art der erbrachten Leistung und
ihren Zweck abzustellen. Eine Vermittlungsleistung kann u. a. darin bestehen, der Vertragspartei die
Gelegenheiten zum Abschluss eines solchen Vertrags nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt
aufzunehmen oder im Namen und für Rechnung des Kunden über die Einzelheiten der gegenseitigen
Leistungen zu verhandeln. Ist der Vermittler zugleich vermögensberatend tätig, kann nach der EuGH-
Rechtsprechung die Gesamtleistung steuerfrei sein, wenn sich die Vermögensberatung als Nebenleistung
zu der Vermittlungsleistung darstellt.
Eine Vermittlungsleistung (so der EuGH zu Kreditvermittlungen) kann nur dann als von der Steuer
befreiter Umsatz qualifiziert werden, wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes ist, das
die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Vermittlungsleistung erfüllt. Dagegen handelt es sich
nicht um eine Vermittlungstätigkeit, wenn etwa eine der Vertragsparteien einen Subunternehmer mit
einem Teil der mit dem Vertrag verbundenen Sacharbeit betraut, wie z. B. der Erteilung von Informationen
an die andere Partei oder der Annahme und Bearbeitung der Anträge auf Zeichnung von Wertpapieren,
die Gegenstand des Vertrags sind. In einem solchen Fall nimmt der Subunternehmer denselben Platz ein
wie der Anbieter des Finanzprodukts und ist daher keine Mittelsperson, die nicht den Platz einer
Vertragspartei einnimmt. Daher sind von der Vermittlungstätigkeit solche Leistungen abzugrenzen, die
quasi als „Subunternehmerleistung“ in die Leistung des Auftraggebers einfließen (vgl. EuGH-Urteil vom
13. Dezember 2001 Rs. C-453/05 -Ludwig-
UR 2007, 617
;
BFH-Urteil vom 6. September 2007 V R 50/05
,
BStBl II 2008, 829
). Diese können insbesondere in einer Beratung des Auftraggebers bestehen. Hierbei
handelt es sich um die Vermittlung von Informationen zur Lösung bzw. als Entscheidungshilfe konkreter
Fragen (Martin in: Sölch/Ringleb, UStG, § 3a, Rdnr. 175).
b. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH (vgl.
EuGH-Urteile vom 25. Februar 1999 Rs. C-349/96
-CPP-, amtliche Slg. 1999, I-973; vom 27. Oktober 2005 Rs. C-41/04 -Levob-, amtliche Slg. 2005, I-9433
und vom 21. Juni 2007 Rs. C-453/05 -Ludwig-,
UR 2007, 617
) ist jeder Umsatz in der Regel als eigene,
selbständige Leistung zu betrachten; allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im
Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb ist
das Wesen des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige dem
Verbraucher mehrere selbständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt. Hierbei ist auf die
Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor,
wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen
Nebenleistungen darstellen, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als
Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen
Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen
Bedingungen in Anspruch zu nehmen (
EuGH-Urteil vom 21. Juni 2007 Rs. C-453/05
-Ludwig-,
UR 2007,
617
). Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige für den Verbraucher zwei oder mehr Handlungen
vornimmt oder Elemente liefert, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige
untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl.
BFH-Urteil
vom 17. April 2008 V R 39/05
,
BFH/NV 2008, 1712
m.w.N.).
Das Hessische FG (Urteil vom 23. Oktober 2008 – 6 K 1970/03, EFG 2009, 1875) hatte sich mit der Frage
zu befassen, ob es sich bei einer Leistung im Mergers-and-Acquisitions („M&A“)-Geschäft um eine nach
§
4 Nr. 8 e)
bzw.
§ 4 Nr. 8 f) UStG
steuerfreie Vermittlung von Wertpapieren bzw. Gesellschaftsanteilen oder
aber um eine steuerpflichtige allgemeine Beratungsleistung handelte. In Anwendung der dargestellten
Rechtsprechungsgrundsätze nahm das FG eine einheitliche Leistung an, bei der die Vermittlungsleistung
die Hauptleistung und die Beratung die Nebenleistung darstelle. Hierfür spreche, so das FG,
insbesondere der Umstand, dass zwischen den Vertragsparteien vereinbart worden sei, dass der ganz
wesentliche Teil der Vergütung nur dann zu zahlen gewesen sei, wenn der zu vermittelnde Umsatz
tatsächlich zustande kam. Die Regelungen zur Vergütung der Leistung zeigten, dass sich die
Vermittlungsleistung als die für den Leistungsempfänger entscheidende Leistung darstelle, wenn ein am
Kaufpreis orientiertes Erfolgshonorar vereinbart sei, welches zu einem besonderen Interesse des
Vermittlers führe, den jeweiligen Kaufpreis in die Höhe zu treiben. Insbesondere wegen der bestehenden
Vergütungsvereinbarung, die im Wesentlichen neben einem kleinen Fixhonorar auf Erfolgsbasis
abgeschlossen worden war, habe eine Vermittlungsleistung vorgelegen. Der Leistungsempfängerin sei es
im Wesentlichen auf den zu bewirkenden Erfolg, nämlich den Verkauf bestimmter Anteile, angekommen
und nicht etwa auf Empfehlungen eines Beraters.
II.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze, denen der Senat folgt, führt die Klage teilweise zum Erfolg. Der
Beklagte hat allerdings zu Recht einen Teil der gezahlten Provision der Umsatzsteuer unterworfen.
1. Die Beteiligten sind in ihren Begründungen übereinstimmend ausschließlich von den ertragsteuerlichen
Grundsätzen ausgegangen, ohne den dargestellten Besonderheiten des Umsatzsteuerrechts Rechnung
zu tragen. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 1999 des Klägers wurde der Betrag als sonstige
Einkünfte erklärt und veranlagt; der Senat hat nicht über die Richtigkeit dieser Sachbehandlung zu
entscheiden.
2. Der vorliegende Fall ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass der Kläger ein
Wettbewerbsverbot nicht als Veräußerer, sondern als Vermittler eingegangen ist und damit den
tatsächlichen Gegebenheiten des Falles und den Vorgaben des Erwerbers Rechnung getragen hat. Die
Eingehung dieses Wettbewerbsverbotes hat keinen Eingang in die vom Kläger mit seinen Töchtern unter
dem 16. August 2008 abgeschlossene Provisionsvereinbarung gefunden. Die Vereinbarung nimmt
ausweislich des insoweit eindeutigen Vertragstextes ausschließlich Bezug auf die Vermittlungstätigkeit
des Klägers und dessen Bruders („Vergütung für den Verkauf der Gesellschaftsanteile“). Dabei spielt es
unter diesem Blickwinkel nach Ansicht des Senats keine Rolle, zu welchem Zeitpunkt die Eingehung
eines Wettbewerbsverbots zwischen den Käufer und Verkäufern erstmals zum Vertragsinhalt gemacht
worden ist. Selbst wenn – der Auffassung des Klägers folgend – dies erstmals mit dem „Gegenentwurf“
von M unter dem 20. Oktober 1998 erfolgt sein sollte, so ist jedenfalls festzuhalten, dass der zuvor
eingegangene Provisionsvertrag nicht entsprechend geändert bzw. angepasst wurde.
Die demnach fehlende schriftliche Fixierung eines besonderen Entgelts für die Eingehung eines
Wettbewerbsverbots steht allerdings der Annahme einer gesonderten, umsatzsteuerpflichtigen Leistung
bereits deswegen nicht zwangsläufig entgegen, weil es sich um einen Vertrag unter nahen Angehörigen
handelt und damit nicht ohne weiteres die Verhältnisse und Schlussfolgerungen zugrunde gelegt werden
können, wie dies bei Vereinbarungen unter fremden Dritten der Fall ist. Dass die Angehörigeneigenschaft
jedenfalls auch im Streitfall nicht unbeachtlich geblieben ist, wird bereits daran erkennbar, dass der Kläger
seinem eigenen Vortrag nach Ende 1997 bereits tätig geworden ist und im März 1998 bereits die
Abfassung eines ersten Kaufvertragsentwurfs veranlasst hat, also zu einem Zeitpunkt, als noch keine
schriftliche Provisionsvereinbarung vorlag. Unter fremden Dritten wäre die Aufnahme einer
Vermittlungstätigkeit bei einem derartigen Geschäftsvolumen ohne vorherige schriftliche Fixierung der
Provisionsbedingungen nicht denkbar. Unabhängig von den vorgenannten Erwägungen ist der Kläger
unstreitig ein Wettbewerbsverbot eingegangen, ohne das der Verkauf der Unternehmensgruppe nicht
zustande gekommen und der Provisionsanspruch nicht entstanden wäre. Der Kläger hat damit eine
Leistung (auch) gegenüber den Töchtern erbracht.
3. Der Senat hatte daher in einem ersten Schritt zu prüfen, ob der Kläger mit der Eingehung der
Wettbewerbsklausel gegenüber den Töchtern eine eigene, selbständige Leistung erbracht hat oder ob
von einer einheitlichen Leistung auszugehen ist. Dabei gelten folgende Grundsätze:
a. Eine umsatzsteuerlich zu beachtende einheitliche Leistung ist gegeben, wenn die einzelnen Elemente
so aufeinander abgestimmt sind, dass sie aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers ihre Eigenständigkeit
verlieren und wirtschaftlich etwas selbständiges „Drittes“ bilden. Deshalb ist das Wesen des fraglichen
Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige dem Verbraucher mehrere selbstständige
Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des
Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere vor, wenn ein
oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile aber Nebenleistungen darstellen,
die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen (vgl. z.B.
EuGH-Urteil vom 25. Februar 1999 Rs. C-
349/96
--Card Protection Plan Ltd (CPP)--, Slg. 1999, I-973, UR 1999, 254).
Eine einheitliche Leistung ist aber auch dann anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige für den
Verbraucher zwei oder mehr Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, die aus der Sicht des
Durchschnittsverbrauchers so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige
untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl.
EuGH-Urteile
vom 27. Oktober 2005 Rs. C-41/04
--Levob Verzekeringen und OV Bank--, Slg. 2005, I-9433, BFH/NV
Beilage 2006, 38, Randnr. 22; vom 29. März 2007 Rs. C-111/05 --Aktiebolaget NN--, Slg. 2007, I-2697,
UR
2007, 420
, Randnr. 23; vom 21. Februar 2008 Rs. C-425/06 --Part Service Srl.--, Slg. 2008, I-897,
UR
2008, 461
, Randnr. 53; vom 11. Juni 2009 Rs. C-572/07 --RLRE Tellmer Property sro--,
BFH/NV 2009,
1368
, Randnr. 19; zum Ganzen zuletzt auch BFH-Urteil vom 10. Februar 2010 XI R 49/07, DStR 2010,
647).
b. Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung greift, wie dargestellt, auch im Verhältnis Haupt- und
Nebenleistung. Eine wirtschaftlich einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn
Leistungselemente einer einheitlichen Leistung als unselbständige Nebenleistung das Schicksal der
Hauptleistung teilen (Abschnitt 29 Abs. 5 Satz 1 UStR 2008; Lipross, Umsatzsteuer, 22.Aufl. 2008, S. 82).
Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den
Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck hat, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des
Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (BFH-Urteil vom 9. Oktober 2002 V R
67/01, UR 2003, 23). Entscheidend ist hierbei die Sicht des Durchschnittsverbrauchers (BFH-Beschluss
vom 7. Dezember 2009 XI B 52/09, BFH/NV 2010, 482).
c. Enthält ein wirtschaftlich als Einheit anzusetzender Leistungsvorgang sowohl Elemente einer
steuerfreien Leistung als auch eine Leistung, die dem Regelsteuersatz zu unterwerfen ist und die nicht im
Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung zueinander stehen, ist die einheitliche Leistung entweder eine
steuerfreie Leistung oder voll dem Regelsteuersatz zu unterwerfen (so auch Leonard in Bunjes/Geist,
UStG, 9.Aufl., § 3 UStG Rz. 23 für die Abgrenzung Lieferung/Leistung). Maßgebend für die Abgrenzung ist,
ob nach der Verkehrsauffassung – also der Sicht des Durchschnittsverbrauchers – das eine oder andere
Leistungselement überwiegt, d.h. den wirtschaftlichen Gehalt der Leistung ausmacht.
4. Unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles ist der Senat zur Überzeugung gelangt,
dass der Kläger mit Eingehung der Wettbewerbsklausel gegenüber den Töchtern eine eigene,
selbständige Leistung erbracht hat. In anderem umsatzsteuerlichem Zusammenhang hat der BFH (Urteil
vom 13. November 2003 V R 59/02, BStBl II 2004, 472) festgestellt, dass nach der dortigen
Sachverhaltskonstellation bei einem auf fünf Jahre angelegten Wettbewerbsverbot mit einer
Abgeltungssumme von 8.000.000 DM eine „Leistung von wirtschaftlichem Gewicht“ vorlag. Allerdings sind
immer die Einzelfallumstände maßgeblich, wie auch die zutreffenden Ausführungen des Hessischen FG
(Urteil vom 23. Oktober 2008 – 6 K 1970/03, EFG 2009, 1875) zeigen.
a. Die Eingehung eines Wettbewerbsverbotes ist „im Normalfall“ dadurch gekennzeichnet, dass der
Veräußerer dies gegenüber dem Erwerber erbringt und auf diese Weise den Verkauf erst ermöglicht. Ein
Wettbewerbsverbot ist bei einem Unternehmensverkauf durchaus üblich, im Regelfall mit einer zeitlichen
und räumlichen Einschränkung. Es soll sicherstellen, dass der Käufer des Unternehmens den
vollständigen Nutzen der übertragenen Vermögenswerte erhält. Von daher gehört es auch zu den
Essentialia eines Vertrages insbesondere dann, wenn es um ein Handelsgeschäft „in einem eng
umgrenzten Markt“ (so der Kläger) geht. Eine Wettbewerbsverbotsentschädigung wird in der Regel nicht
explizit ausgewiesen, da sie sich in der Regel im Kaufpreis widerspiegelt. Die Zahlung einer
Karenzentschädigung ist geregelt in
§ 74 HGB
und wird üblicherweise zwischen einem Unternehmen und
einen Arbeitnehmer/Handlungsgehilfen vereinbart. Dies findet aber keine Anwendung auf einen
Unternehmensverkauf. Ob im vorliegenden Streitfall ein solches Wettbewerbsverbot zwischen Veräußerer
und Erwerber üblich und daher nicht gesondert zu honorieren war, wie der Kläger vorträgt, kann letztlich
dahin stehen. Allein ausschlaggebend sind die Leistungsbeziehungen zwischen dem Kläger und seinen
Töchtern. Dass ein Vermittler ein solches Wettbewerbsverbot eingeht, ist nicht üblich, auch wenn die
Vermittlungsprovision betragsmäßig sehr hoch ist. Das Wesen einer Vermittlung besteht nämlich darin,
nicht selbst materiell in das Geschäft eingebunden zu sein. Durch die Eingehung des Wettbewerbsverbots
hat der Kläger aber eigene wirtschaftliche Positionen aufgegeben und ist damit nicht nur als Vermittler
aufgetreten. Es besteht zwischen den Beteiligten – zu Recht - kein Streit darüber, dass der Kläger den
Töchtern erst dadurch die Veräußerung ermöglicht hat. Bei der maßgeblichen umsatzsteuerlichen
Betrachtung sind Vermittlungsleistung einerseits und Eingehung des Wettbewerbsverbots derart
wesensverschieden und gleichrangig nebeneinander stehend, dass beide eine eigene, selbständige
Leistung darstellen.
Hinzu kommt, dass der Kläger – der ja nicht Veräußerer war – von der Erwerberseite für die Aufgabe
eigener wirtschaftlicher Positionen nicht entschädigt worden ist. Eine Entschädigung hatte daher durch die
Veräußerer zu erfolgen, in deren ausschließlichem Interesse der Kläger den Verzicht erklärt hat. Es ist
kein Grund ersichtlich, warum der Kläger auf eine solche Entschädigung zugunsten seiner Töchter hätte
verzichten sollen.
Soweit der Kläger eine andere Rechtsauffassung vertritt und die Eingehung des Wettbewerbsverbots auf
eine bloße „Folgewirkung“ in Bezug auf die frühere Veräußerung an die Töchter reduzieren möchte, kann
der Senat dem nicht folgen. Es handelt sich hier um zwei rechtlich, wirtschaftlich und zeitlich
eigenständige Vorgänge. Selbst für den Fall, dass – entsprechend dem klägerischen Vortrag – damals
zwischen dem Kläger und seinen Töchtern stillschweigend ein Wettbewerbsverbot vereinbart gewesen
sein sollte, so ist der Kläger den neuen Erwerbern gegenüber eine neue Verpflichtung eingegangen,
ohne hierzu in irgendeiner Weise verpflichtet gewesen zu sein. Sollte schon beim ersten Verkauf ein
Wettbewerbsverbot stillschweigend vereinbart gewesen sein, so war dies – wie der Kläger dies zu Recht
anmerkt - mit der damaligen Kaufpreiszahlung abgegolten.
b. Allerdings enthält die „Vereinbarung“ zwischen dem Kläger und seinen Töchtern nicht nur keine
(gesonderte) Fixierung einer Entschädigung, sondern schon keinerlei Regelung zur Eingehung eines
Wettbewerbsverbots als Grundlage einer Entschädigungszahlung. Unter fremden Dritten wäre ein
derartiges Procedere nicht vorstellbar, auch und insbesondere vor dem Hintergrund des
Geschäftsvolumens und der wirtschaftlichen Bedeutung des Wettbewerbsverbots für den Kläger. Das
Fehlen jeglicher vertraglicher Fixierung steht damit der Annahme einer gesonderten, entgeltlichen
Leistung nicht entgegen.
c. Der Senat hatte nach alledem im Wege der Schätzung den betragsmäßigen Umfang der
steuerpflichtigen sonstigen Leistung zu ermitteln.
aa. Der Kläger ist der Ansicht, bereits aus dem Sachverhaltsablauf (zum 16. August 1998 sei ein
Wettbewerbsverbot von seiten der Töchter und dem Kläger noch nicht angedacht gewesen, erst der
Entwurf der Erwerberseite vom 20. Oktober 1998 habe dieses enthalten) ergebe sich, dass für die
Eingehung des Wettbewerbsverbots kein gesondertes Entgelt vereinbart gewesen sei. Der Senat vermag
sich dem nicht anzuschließen. Mit seiner Darstellung des angeblichen Geschehensablaufs widerspricht
sich der Kläger selbst in nicht aufzulösender Weise. In seiner Klagebegründung (Bl. 8 PA) führt er
zunächst in nachvollziehbarer Weise aus:
„Dies ergibt sich aus dem relativ kleinen Markt und den überschaubaren, nicht ohne weiteres
vermehrbaren Geldquellen, von denen die Altenheim-Gruppe lebt. In einer solchen Situation ist es üblich,
dass der Veräußerer und die – sofern abweichend – eigentlichen ´Macher´ des Unternehmens sich einem
Wettbewerbsverbot unterwerfen.“
Und dann noch klarer (Bl. 9 PA):
„Das Wettbewerbsverbot stellt sich somit nach Sinn und Zweck des Vertrags als notwendiger Bestandteil
desselben dar.“
Wie der Kläger dann zu der Auffassung gelangen kann, dass „allein aus der zeitlichen Abfolge“ (Bl. 9 PA)
klar werde, dass die Höhe der Provisionsvereinbarung durch die (spätere) Wettbewerbsregelung
unbeeinflusst sei, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Dem Kläger mit seiner „umfassenden
Branchenkenntnis“ (Klagebegründung, Bl. 10 PA) war vielmehr von Anfang an und insbesondere auch am
16. August 1998 klar, dass ohne eigene Verpflichtungserklärung die Veräußerung nicht zu
bewerkstelligen war.
bb. Der Kläger trägt weiterhin vor, dass die für ihn vereinbarte Provision der Branchenüblichkeit bei
Unternehmensverkäufen entspreche mit der Folge, dass kein Raum für die gesonderte Vergütung eines
Wettbewerbsverbotes bestehe. Auch dieser Einwand vermag nicht durchzugreifen. Dabei kann es letztlich
dahin stehen, ob entsprechend dem klägerischen Vortrag der Margensatz von 4,5 % im Streitfall der
Üblichkeit unter fremden Dritten entspricht. Die an einem derartigen Geschäft Beteiligten müssen die
üblichen Provisionssätze – diese seien hier in Höhe von 4,5 % zunächst einmal als fremdüblich unterstellt
- nicht ausschöpfen. Unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs wird sich allerdings ein fremder Dritter
nur unter besonderen Bedingungen auf einen abgesenkten Prozentsatz einlassen (müssen). Solche
besondere Bedingungen sind vorliegend gegeben:
- Der Streitfall ist auch durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass der Vermittler in engem zeitlichem
Zusammenhang mit der Weiterveräußerung selbst Veräußerer des Kaufgegenstandes gewesen ist. Die
Veräußerung an die Töchter erfolgte mit notariellem Vertrag vom 18. Dezember 1996. Seinem eigenen
Vortrag zufolge knüpfte er als Vermittler nur ein Jahr später („Ende 1997“) Kontakt zur späteren
Erwerberseite. Es liegt auf der Hand, dass bei einem derart engen zeitlichen Kontext ein fremder Dritter
als Vorveräußerer keine Provision in voller – üblicher – Höhe hätte verlangen können.
- Der Kläger war im Übrigen, anders als ein Vermittler im Normalfall, kein unbeteiligter Dritter, sondern saß
de facto im Boot der Veräußerer. Das bedeutet freilich nicht, dass er ohne Provisionsanspruch hätte tätig
werden müssen. Zu berücksichtigen ist dieser Umstand im Sinne eines Abschlaggrundes dennoch. In
diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass der Bruder als weiterer Vermittler nur einen
Provisionssatz von 1,75 % erhalten hat. Wenn der Kläger dazu vorträgt, dass „die Beiträge beider
Personen am Zustandekommen des Kaufvertrages ... höchst unterschiedlich“ (Bl. 10 PA) gewesen seien,
so findet diese Begründung nicht einmal ansatzweise Niederschlag in der schriftlichen Vereinbarung vom
16. August 1998.
- Unabhängig von den vorgenannten Erwägungen ist auch zu berücksichtigen, dass vorliegend zwei
Vermittler tätig geworden. Ein fremder Dritter wird nicht bereit sein, bei Einschaltung mehrerer Vermittler
einem jeden den vollen, üblichen Satz zu zahlen. Daran ändert im Streitfall auch die Tatsache nichts, dass
der Bruder eine deutlich geringere Provisionszahlung (laut Vertrag in Höhe von 3.512.250 DM) erhalten
hat. Zusammengerechnet ergibt sich ein Provisionssatz von immerhin 6,25 %. In absoluten Zahlen
entspricht dies einem Betrag von mehr als 12,5 Millionen DM.
- Weiterhin von der Bedeutung ist der bereits angeführte Umstand, dass allen Beteiligten und
insbesondere dem Kläger von Beginn an klar war, dass ohne eigene Verpflichtungserklärung der Verkauf
nicht durchgeführt werden konnte. Fremdübliche Gründe, den Töchtern gegenüber auf eine
entsprechende Entschädigungszahlung zu verzichten, liegen nicht vor. Hat der Vermittler damit einen
weiteren, namhaften Anspruch gegen den Veräußerer aus demselben Geschäft, so wird dieser nicht bereit
sein, daneben noch eine Provision in voller, fremdüblicher Höhe zu bezahlen. Der vorliegend
verwirklichte Sachverhalt bestätigt diesen Schluss: Wenn – die Richtigkeit des klägerischen Vortrages
unterstellt – der branchenübliche Vermittlungssatz tatsächlich 4,5 % beträgt, andererseits aber nach den
Feststellungen des Senats darin zwangsläufig ein Entschädigungsanteil enthalten ist, so hat der Kläger
einen Abschlag hinnehmen müssen. Auch die Differenz zum Provisionssatz des Bruders bestätigt diese
Annahme.
5. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Senat zur Überzeugung gelangt, dass als
Ausgangswert für die Berechnung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage nicht der gesamte
Differenzbetrag zwischen dem also solchen bezeichneten Provisionssatz des Klägers (4,5 %) und seines
Bruders (1,75 %), also 2,75 %, zugrunde zu legen ist.
Der Senat hält diese Schätzung für überhöht, weil sie nicht ausreichend den Umständen des Einzelfalles
Rechnung trägt. Dabei war allerdings zu berücksichtigen, dass es – über zehn Jahre nach dem Streitjahr
1999 – nicht mehr möglich ist, den exakten Wert des vom Kläger eingegangenen Wettbewerbsverbotes zu
quantifizieren. Bei Unternehmenskäufen findet im Normalfall eine gesonderte Karenzentschädigung des
Veräußerers nicht statt, sie ist vielmehr nicht sichtbarer Teil des Kaufpreises (vgl. dazu etwa unter
www.kaufmann-ma.com/Unternehmenskaufvertrag.php
, dort „Der Unternehmenskaufvertrag“, Ziffer 5) und
damit statistischer Erhebungen nicht zugänglich. Im Übrigen ist ein solcher Wert in starkem Maße von den
Umständen des Einzelfalles abhängig, also beispielsweise vom Umfang der zeitlichen und räumlichen
Begrenzung, von der Konkurrenzsituation, von den potentiellen Gewinnerwartungen etc. Der Senat sieht
zum jetzigen Zeitpunkt keine Möglichkeit mehr, die Höhe einer solchen Entschädigung unter Beachtung
der Vielzahl maßgeblicher Faktoren im Nachhinein – eine Dekade später - durch Einholung eines
Gutachtens zu quantifizieren.
Auf der anderen Seite hat der Kläger durchaus nachvollziehbar dargelegt, dass sein Anteil an der
Vermittlungstätigkeit jedenfalls größer gewesen ist als derjenige des Bruders. Der Kläger hat die
entscheidenden Kontakte zur Erwerberseite geknüpft und selbst die Abfassung eines ersten
Vertragsentwurfes veranlasst. Dass er über dezidierte Branchenkenntnisse verfügt, wird auch vom
Beklagten nicht bestritten und erschließt sich im Übrigen zwanglos aus dem Studium des
Firmenkonglomerats, das vorliegend Kaufgegenstand gewesen ist und das der Kläger geleitet hatte.
Mangels anderweitiger Messzahlen hat der Senat auf der Grundlage der vorgenannten Erwägungen im
Wege der Schätzung den Provisionsanteil des Klägers mit 3,125 % in Ansatz gebracht. Die verbleibende
Differenz – die Hälfte des vom Beklagten angesetzten Wertes – in Höhe von 1,375 % entfällt damit auf die
Entschädigung. Diesen Ansatz hält der Senat für angemessen, um einerseits der bedeutenden
Vermittlerrolle des Klägers gerecht zu werden, andererseits aber auch der nicht unerheblichen
wirtschaftlichen Bedeutung des eingegangenen Wettbewerbsverbots Rechnung zu tragen.
Damit ergibt sich folgende Berechnung:
200.700.000 DM x 1,375 % = 2.759.625 DM (= brutto)
Nettobetrag aus 2.759.625 DM = 2.378.987 DM
Umsatzsteuer 380.638 DM.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich
nach §§ 151 Abs. 3, 155 FGO, §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision sind weder
geltend gemacht noch ersichtlich.
Rechtsmittelbelehrung
Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durchBeschwerde ange-
fochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem
Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll
eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist
innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die
Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein
Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann.
Für die Einlegung und Begründung der Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof besteht Vertretungszwang.
Zur Vertretung der Beteiligten vor dem Bundesfinanzhof berechtigt sind Rechtsanwälte, Steuerberater,
Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer; zur Vertretung berechtigt sind auch
Gesellschaften im Sinne des § 3 Nr. 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch solche Personen
handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur
Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene
Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt
anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur
Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift:
Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/ 9231-201.
Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als
Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es
nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs ist jedoch bei dem
Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im
Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.
Hinweis:
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt
und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und
Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite
www.bundesfinanzhof.de
lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die
Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen
Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26.November 2004
(BGBl. I S.3091) einzuhalten ist.