Urteil des FG Niedersachsen vom 22.05.2014

FG Niedersachsen: gesellschafter, einkünfte, treu und glauben, einspruch, personengesellschaft, klagebefugnis, geschäftsführer, steuerbefreiung, einlage, prozessstandschaft

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ges. und einh. Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen 2009
Die inländischen Gesellschafter einer ausländischen Personengesellschaft
sind nicht befugt, gegen den Feststellungsbescheid Einspruch einzulegen.
Niedersächsisches Finanzgericht 10. Senat, Urteil vom 22.05.2014, 10 K 245/13
§ 352 AO
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Kläger zur Einlegung eines
Einspruchs gegen einen Feststellungsbescheid befugt waren.
Die Kläger sind Gesellschafter der M. Die M wurde mit Vertrag vom
18. August 2009 gegründet. Sie ist eine Personengesellschaft nach
niederländischem Recht, die der Rechtsform der deutschen Gesellschaft
bürgerlichen Rechts entspricht. Sie hat ihren Sitz in E, Niederlande.
Unternehmensgegenstand der M ist nach dem Gesellschaftsvertrag der An-
und Verkauf von Waren. An der M sind der Kläger zu 1. mit einer Einlage von
214.930 € (entspricht 99,92 %), der Kläger zu 2. mit einer Einlage von 100 €
(entspricht 0,04 %) sowie die C B.V. mit einer Einlage von 100 € (entspricht
0,04 %) beteiligt. Die C B.V. ist eine Kapitalgesellschaft niederländischen
Rechts (vergleichbar einer deutschen GmbH). Sie hat ihren Sitz ebenfalls in E,
Niederlande. Zum Geschäftsführer der M wurde die C B.V. bestellt.
Die M gab im Dezember 2010 beim Beklagten (dem Finanzamt -FA-) eine
Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der nach
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) steuerfreien Einkünfte aus
Gewerbebetrieb 2009 für Zwecke des Progressionsvorbehalts ab. Darin
erklärte die M für den negativen Progressionsvorbehalt in Betracht kommende
Einkünfte in Höhe rund ./. 495.000 € und verteilte diese auf die Gesellschafter
entsprechend ihrer Beteiligung.
Daraufhin erließ das FA am 17. November 2011 gegenüber der M einen
Bescheid für 2009 über die einheitliche und gesonderte Feststellung der
Besteuerungsgrundlagen, in dem nach DBA steuerfreie Einkünfte (ohne
Betriebsstätteneinkünfte) und der Gewerbesteuermessbetrag der Gesellschaft
in Höhe von jeweils 0 € festgestellt wurden. Dementsprechend wurden diese
Besteuerungsgrundlagen auf die Gesellschafter in der Weise verteilt, dass die
laufenden Einkünfte und der anteilige Gewerbesteuermessbetrag für jeden
Gesellschafter jeweils 0 € betrugen. In den Erläuterungen führte das
Finanzamt aus, dass die Verluste in Höhe von 495.473 € nicht berücksichtigt
werden könnten, denn die M übe keine originäre Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1
und 2 Einkommensteuergesetz (EStG) aus. Die M sei nicht gewerblich,
sondern lediglich vermögensverwaltend tätig, da sie im Jahr 2009 lediglich 2
Ankäufe von Kupfer und Aluminium getätigt und diese Positionen im Jahr 2010
wieder veräußert habe. Überdies sei M dabei nicht selbst am Markt
aufgetreten, sondern habe den An- und Verkauf der O B.V. überlassen.
Weiterhin sei M eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i. S. d. § 15
Abs. 3 Nr. 2 EStG. Daher seien die Zahlungen für den Erwerb der
Industriemetalle im Rahmen einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG als
Anschaffungskosten für eine Vermögensanlage „aktivierungspflichtig“ und
daher nicht im Zeitpunkt der Zahlung als Betriebsausgabe abzugsfähig (§ 4
Abs. 3 Satz 4 EStG). Die Verluste seien daher im Jahr 2009 nicht beim
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negativen Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen.
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger zu 1. und zu 2. Einspruch ein. Sie
begehrten, den Verlust der M erklärungsgemäß festzustellen und auf die
Gesellschafter zu verteilen. Das FA verwarf die Einsprüche als unzulässig, da
die Kläger nicht einspruchsbefugt seien.
Hiergegen wenden sich die Kläger mit der vorliegenden Klage. Sie sind der
Ansicht, dass sich ihre Klagebefugnis aus § 352 Abs. 1 Nr. 5 Abgabenordnung
(AO) ergebe. Die Einspruchsbefugnis gegen den ablehnenden Bescheid des
FA stehe (nur) den Klägern persönlich zu, da die Gesellschaft selbst sowie die
niederländische Gesellschafterin C B.V. von der Feststellung der Einkünfte in
Deutschland unter keinem denkbaren Gesichtspunkt betroffen seien, da für
diese in Deutschland keine Steuerpflicht bestehe.
Darüber hinaus ergebe sich die persönliche Rechtsbehelfsbefugnis der Kläger
auch daraus, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BFH bei
Einsprüchen gegen negative Feststellungsbescheide alle Gesellschafter ohne
die in § 352 AO enthaltenen Beschränkungen einspruchsbefugt seien.
Entgegen der Ansicht des FA stelle der angefochtene Feststellungsbescheid
vom 17. November 2011 einen derartigen negativen Feststellungsbescheid
dar, weil er für die Gesellschaft und ihre sämtlichen Gesellschafter die nach
dem DBA steuerfreien Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit jeweils 0 €
ausgewiesen habe. Denn auch ein sogenannter Null-Bescheid stelle einen
negativen Feststellungsbescheid da, wenn nicht das FA ausdrücklich zum
Ausdruck bringen wolle, dass das Ergebnis der festzustellenden Einkünfte als
Saldo der Erträge und Aufwendungen tatsächlich 0 € betrage. Vorliegend sei
es jedoch so, dass das FA die erklärten Verluste von rund 495.000 €
insgesamt nicht berücksichtigen wolle, was sich aus den Erläuterungen im
Bescheid ergebe.
Die Kläger beantragen,
die Einspruchsentscheidungen vom 15. August 2013 betreffend die
Bescheide für 2009 über die gesonderte und einheitliche Feststellung
der Besteuerungsgrundlagen der M aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner in den Einspruchsentscheidungen vertretenen
Rechtsauffassung fest. Danach fehle es den Klägern an der
Einspruchsbefugnis. Einspruchsbefugt sei insoweit nach § 352 Abs. 1 Nr. 1
AO ausschließlich die Personengesellschaft in gesetzlicher
Prozessstandschaft für die Feststellungsbeteiligten. Eine Einspruchsbefugnis
der Kläger nach § 352 Abs. 1 Nr. 5 AO scheide aus, da es im Streitfall
ausschließlich darum gehe, ob der Verlust der M anzuerkennen und
entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter zu
verteilen sei. Dies sei jedoch keine Frage, die die Kläger persönlich angehe,
sondern eine Frage, die alle Gesellschafter gleichmäßig betreffe.
Schließlich lasse sich die Einspruchsbefugnis der Kläger auch nicht aus der
Rechtsprechung des BFH herleiten, die eine Einspruchsbefugnis jedes
einzelnen Gesellschafters gegen einen negativen Feststellungsbescheid
annehme. Denn der angefochtene Feststellungsbescheid vom
17. November 2010 stelle einen positiven Feststellungsbescheid dar. Denn
das FA habe in dem angefochtenen Bescheid die selbständige Regelung
getroffen, dass die Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft vorliege,
auch wenn deren Einkünfte 0 € betrage. Ein negativer Feststellungsbescheid
dagegen enthalte die Feststellung, dass keine nach §§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2
AO festzustellenden Besteuerungsgrundlagen vorliegen.
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Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist zulässig. Nachdem die Kläger ihren Klageantrag eingeschränkt
haben, begehren sie nunmehr nur noch die Aufhebung der
Einspruchsentscheidungen des Beklagten (isolierte Anfechtungsklage). Zwar
ist eine gesonderte, allein gegen die Einspruchsentscheidung gerichtete Klage
grundsätzlich unzulässig (vgl. BFH-Urteil vom 28. Oktober 1975 VII R 116/73,
BStBl II 1976, 116); etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Kläger geltend
macht, dass die Einspruchsentscheidung gegenüber dem ursprünglichen
Verwaltungsakt eine zusätzliche Beschwer enthält (vgl. BFH-Urteil vom
23. April 1985 VIII R 282/81, BStBl II 1985, 711). Vorliegend machen die Kläger
geltend, dass ihre Einsprüche zu Unrecht als unzulässig verworfen wurden.
Damit machen sie die erforderliche selbständige Beschwer durch die
Einspruchsentscheidungen geltend (von Groll in Gräber, Kommentar zur
Finanzgerichtsordnung, § 44 Rdnr. 38 m.w.N.).
II. Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Einspruchsentscheidungen
sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1
Satz Finanzgerichtsordnung -FGO-). Das FA hat die Einsprüche der Kläger zu
Recht als unzulässig verworfen. Die Kläger waren zur Einlegung eines
Einspruchs gegen den Feststellungsbescheid vom 17. November 2011 nicht
befugt.
1. Die Befugnis zur Einlegung eines Einspruchs gegen einen
Feststellungsbescheid unterliegt grundsätzlich den Beschränkungen des §
352 AO. Mit ihrem Einspruch wandten sich die Kläger gegen den Bescheid für
2009 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der
Besteuerungsgrundlagen der M. In diesem Bescheid stellte das FA die nach
DBA steuerfreien Einkünfte (ohne Betriebsstätteneinkünfte) und den
Gewerbesteuermessbetrag der M auf jeweils 0 € fest und verteilte die
Besteuerungsgrundlagen auf alle drei Gesellschafter in Höhe von jeweils 0 €.
Die Feststellung erfolgte nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2
Buchstabe a AO. Auch für derartige Feststellungsbescheide, bei denen die
nach einem DBA von der Bemessungsgrundlage ausgenommenen Einkünfte
gesondert festgestellt werden, gelten die allgemeinen Regelungen zur
Einspruchsbefugnis nach § 352 AO (vgl. BFH-Beschluss vom
11. September 2013 I B 79/13, BFH/NV 2014, 161 zur Parallelregelung des
§ 48 FGO).
2. Nach dieser Regelung bestand eine Einspruchsbefugnis der Kläger nicht.
a) Nach § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO kann ein Bescheid über die gesonderte und
einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen von dem zur Vertretung
berufenen Geschäftsführer eingelegt werden. Das ist dahin zu verstehen, dass
der Einspruch gegen einen an eine Personengesellschaft gerichteten
Feststellungsbescheid durch den Geschäftsführer im Namen der Gesellschaft
eingelegt werden kann (BFH-Urteil vom 23. Februar 2011 I R 52/10, BFH/NV
2011, 1354 m.w.N.). In diesem Fall wird der Geschäftsführer als Organ der
Personengesellschaft tätig. Er handelt daher nicht im eigenen Namen, sondern
für die Gesellschaft, so dass die Gesellschaft Einspruchsführer ist. Die
Gesellschaft wiederum legt den Einspruch in gesetzlicher Prozessstandschaft
für ihre Gesellschafter ein (Brandis in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und
FGO, § 48 FGO Rz. 7 m.w.N.).
Demnach war vorliegend die C B.V. als Geschäftsführerin der M zur Einlegung
des Einspruchs befugt.
b) Demgegenüber berufen sich die Kläger für ihre Einspruchsbefugnis zu
Unrecht auf § 352 Abs. 1 Nr. 5 AO. Nach dieser Norm können gegen
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Unrecht auf § 352 Abs. 1 Nr. 5 AO. Nach dieser Norm können gegen
Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen die Gesellschafter selbst Einspruch einlegen, soweit
es sich um eine Frage handelt, die einen Beteiligten persönlich angeht, und
soweit der Gesellschafter durch die Feststellungen über diese Frage berührt
wird.
Für die Frage der persönlichen Betroffenheit der Kläger kommt es auf die
Frage an, gegen welche Feststellungen im Bescheid vom 17. November 2011
sie sich wenden wollten. In der Sache machten die Kläger im Rahmen des
Einspruchsverfahrens geltend, dass die M im Streitjahr einen Verlust erlitten
habe, der anteilig auch auf sie (die Kläger) zu verteilen gewesen sei. Darüber
hinaus hätte das FA die Feststellung treffen müssen, dass diese anteiligen
Verluste bei den Gesellschaftern im Rahmen des negativen
Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigen seien. Die Frage jedoch, ob der
Verlust der M anzuerkennen und entsprechend dem
Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter zu verteilen ist, ist keine
Frage, die einen Beteiligten persönlich angeht, sondern eine Frage, die alle
(inländischen) Gesellschafter gleichmäßig betrifft (vgl. FG München, Urteil vom
7. März 2011 7 K 2670/09, EFG 2011, 1585). Eine persönliche Betroffenheit
wäre in diesem Fall z.B. dann gegeben, wenn die abkommensrechtliche
Steuerbefreiung auf der Ebene der Gesellschafter im Streit stünde (vgl. FG
Hamburg, Urteil vom 30. Mai 2000 VII 244/98, EFG 2000, 1048). Dies ist
jedoch in der hier vorliegenden Konstellation nicht der Fall (FG München Urteil
vom 28. Oktober 2013 7 K 1918/11, EFG 2014, 180).
Soweit die Kläger ihre persönliche Betroffenheit und damit ihre
Einspruchsbefugnis bereits aus dem Umstand ableiten, dass die getroffene
Feststellung zu den dem negativen Progressionsvorbehalt unterliegenden
Einkünften alleine sie als inländische Gesellschafter beträfe, folgt das Gericht
dem nicht. Zwar trifft es zu, dass Feststellungen nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO
i.V.m. § 180 Abs.1 Nr. 2 Buchstabe a AO sich nur auf solche Personen
beziehen, die der inländischen Besteuerung unterliegen, was mit anderen
Worten diejenigen Personen ausschließt, die nur im Ausland steuerpflichtig
sind, mögen sie auch an der selben Gesellschaft beteiligt sein (vgl. BFH-
Beschluss vom 11. September 2013 I B 79/13, BFH/NV 2014, 161). Auch mag
das beklagte FA diese Grundsätze verkannt haben, indem es den
festgestellten Gewinn der Gesellschaft auch auf die im Inland nicht
steuerpflichtige Gesellschafterin C B.V. verteilt hat. Dies führt jedoch nicht zu
einer persönlichen Betroffenheit der Kläger. Ob dieser Umstand geeignet ist,
eine persönliche Betroffenheit und damit die Einspruchsbefugnis der C B. V. zu
eröffnen, ist im Streitfall nicht zu entscheiden.
c) Etwas anderes folgt – entgegen der Ansicht der Kläger – auch nicht aus
dem BFH-Urteil vom 24. April 2007 (I R 33/06, BFH/NV 2007, 2236). Dort hat
der BFH im Rahmen der Zurückverweisung ausgeführt, dass die im Streitfall
erhebliche Frage der abkommensrechtlichen Steuerbefreiung eine solche sein
könnte, die den Gesellschafter i.S.d. § 48 Abs. 1 Nr. 5 „persönlich angeht“. Die
vom BFH in dieser Passage angesprochene abkommensrechtliche
Steuerbefreiung betraf die Frage, ob Zinserträge einer US-amerikanischen
Personengesellschaft durch das DBA zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika von der deutschen
Besteuerung freigestellt seien. Es kann dahinstehen, ob eine derartige
Fragestellung tatsächlich die Einspruchs- und Klagebefugnis der im Inland
ansässigen Gesellschafter eröffnen könnte; eine vergleichbare Konstellation
liegt im Streitfall jedenfalls nicht vor. Denn die abkommensrechtliche
Beurteilung der von M in den Niederlanden erzielten Einkünfte ist zwischen
den Beteiligten nicht streitig. Streitig sind vorliegend vielmehr die Höhe des im
Streitjahr erzielten Gewinns sowie die Qualifizierung der erzielten Einkünfte.
Dies sind jedoch Merkmale, die durch die Gesellschafter in ihrer
gesellschaftlichen Verbundenheit und damit letztlich durch die Gesellschaft
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selbst verwirklicht werden.
d) Dementsprechend hat der BFH in seinem Beschluss vom
11. September 2013 (I B 79/13, BFH/NV 2014, 161) in einer vergleichbaren
Konstellation die Klagebefugnis der einzelnen Gesellschafter verneint. Soweit
die Kläger die Ansicht vertreten, dass die vom BFH im Rahmen dieser
Entscheidung gemachten Ausführungen keinen Einfluss auf die hier zu
treffende Entscheidung hätten, da die Klägerin im vom BFH entschiedenen
Fall lediglich als Treuhänder für andere Gesellschafter aufgetreten sei und ihr
damit unter keinen denkbaren Gesichtspunkt eine Einspruchs- bzw.
Klagebefugnis zugestanden hätte, folgt der Senat dem nicht. Zwar hielt die
Klägerin dort als Gesellschafterin einer spanischen Personengesellschaft ihren
Anteil treuhänderisch für 39 im Inland wohnende natürliche Personen. Für eine
derartige Konstellation ist grundsätzlich ein zweistufiges
Feststellungsverfahren durchzuführen. Nach dem vom BFH mitgeteilten
Sachverhalt stritten die Beteiligten dort um die Feststellungen auf der ersten
Stufe. Auf dieser Stufe wäre eine Einspruchs- bzw. Klagebefugnis der
Treuhänderin durchaus in Betracht gekommen (vgl. BFH-Urteil vom
16. Mai 2013 IV R 35/10, BFH/NV 2013, 1945).
3. Soweit die Kläger die Ansicht vertreten, dass ihre Einspruchsbefugnis
bereits deshalb bestehe, da sie sich mit ihrem Einspruch gegen einen
negativen Feststellungsbescheid gewendet hätten, folgt der Senat dem nicht.
Zwar sind nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung bei Klagen
gegen negative Feststellungsbescheide alle Gesellschafter ohne die im § 48
FGO enthaltenen Beschränkungen klagebefugt (vgl. BFH-Urteile vom
24. Mai 1977 IV R 47/76, BStBl II 1977, 737 und vom 6. Dezember 1994 IX R
56/92, BFH/NV 1995, 982). Auch gilt dieser Grundsatz ebenso für die
Rechtsbehelfsbefugnis nach § 352 AO (BFH-Beschluss vom 5. Juli 2002 IV B
42/02, BFH/NV 2002, 1447; Pahlke in Pahlke/Koenig, Kommentar zur AO,
§ 352 Rdnr. 64). Bei dem von den Klägern mit Einspruch angefochtenen
Feststellungsbescheid vom 17. November 2011 handelt es sich jedoch nicht
um einen negativen Feststellungsbescheid, so dass eine Einspruchsbefugnis
der Kläger unter diesem Gesichtspunkt nicht bestand.
Mit einem negativen Feststellungsbescheid bringt die Finanzbehörde zum
Ausdruck, dass nach ihrer Ansicht keine gesonderte Feststellung
vorzunehmen ist, da es an den Tatbestandsvoraussetzungen des § 180 AO
fehle. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn nach Ansicht der
Finanzbehörde keine gemeinschaftliche Einkunftserzielung stattfindet, weil es
z.B. an der Gewinnerzielungsabsicht fehlt. Doch auch bei einem Bescheid, in
dem die Besteuerungsgrundlagen in Höhe von 0 € festgestellt werden, kann
ein negativer Feststellungsbescheid vorliegen. Ob tatsächlich ein negativer
Feststellungsbescheid ergangen ist, muss durch Auslegung des
Verwaltungsaktes ermittelt werden (BFH-Urteil vom 28. November 1985 IVR
178/83, BStBl II 1986, 293). Dabei kommt es unter Heranziehung des
Rechtsgedanken des § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht
darauf an, was die Behörde mit ihrer Erklärung gewollt hat, sondern darauf, wie
der Steuerpflichtige nach den ihm bekannten Umständen den materiellen
Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen
konnte (BFH-Beschluss vom 25. August 1981 VII B 3/81, BStBl II 1982, 34).
Nach diesen Grundsätzen führt die Auslegung des Bescheids vom
17. November 2011 insbesondere auch unter Berücksichtigung der
Erläuterungstexte dazu, dass es sich bei dem angefochtenen Bescheid um
einen positiven Feststellungsbescheid handelt. Hierfür spricht zunächst schon
der Tenor des angefochtenen Bescheids, in dem nach DBA steuerfreie
Einkünfte (ohne Betriebsstätteneinkünfte) und der Gewerbesteuermessbetrag
der Gesellschaft in Höhe von 0 € festgestellt werden. Hieraus ergibt sich
bereits, dass das FA der M nicht die gemeinschaftliche Einkunftserzielung
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absprechen wollte. Der Bescheid enthält vielmehr die positive Feststellung,
dass die Gesellschafter der M gemeinschaftlich den Tatbestand der
Einkunftserzielung verwirklichen, insbesondere dass sie mit
Einkunftserzielungsabsicht handeln (vgl. FG Münster, Urteil vom 15. Juli 2011
14 K 4444/09 F, EFG 2012, 289). Weiterhin folgt aus der Feststellung, dass die
zugerechneten Besteuerungsgrundlagen für die (inländischen) Gesellschafter
von Bedeutung sind. Unter Heranziehung der Erläuterungen ist ferner zu
folgern, dass das FA die Einkünfte der M als solche aus Vermögensverwaltung
qualifiziert und allein auf Grund der vom FA angenommenen gewerblichen
Prägung nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als gewerblich ansieht. Schließlich hält
das FA nach dem Erläuterungstext die Gewinnermittlungsvorschrift des § 4
Abs. 3 EStG für anwendbar und damit die von M geltend gemachten
Betriebsausgaben erst im Zeitpunkt der Veräußerung der angeschafften
Wirtschaftsgüter nach § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG für abzugsfähig. Diese
rechtlichen Bewertungen gehen über die bloße Verneinung der Durchführung
einer gesonderten Feststellung hinaus. Sie enthalten vielmehr eine Reihe von
positiven Feststellungen (vgl. FG Münster, Urteil vom 15. Juli 2011
14 K 4444/09 F, EFG 2012, 289).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist nach
§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Die Rechtsfrage, ob die inländischen
Gesellschafter einer ausländischen Gesellschaft hinsichtlich eines Bescheids,
der die steuerfreien Einkünfte für Zwecke des Progressionsvorbehalts in Höhe
von 0 € feststellt, einspruchsbefugt sind, hat grundsätzliche Bedeutung.