Urteil des FG Niedersachsen vom 24.10.2013

FG Niedersachsen: aeuv, mitgliedstaat, nichtigkeit, eugh, meldung, dienstleistungsfreiheit, niederlassungsrecht, begriff, erstellung, infrastruktur

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Zurückweisung als Beistand
Auch Personen, die lediglich bei der Anfertigung einer Steuererklärung
mitwirken, sind zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig unbefugt Hilfe in
Steuersachen leisten.
Revision eingelegt - BFH-Az.: II R 54/13
Niedersächsisches Finanzgericht 6. Senat, Urteil vom 24.10.2013, 6 K 88/13
§ 80 Abs 5 AO
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Zurückweisung der
Klägerin zu 1 nach § 80 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) als Beistand der
Klägerin zu 2 in einem Verfahren zur Festsetzung der Umsatzsteuer 2011.
Die Klägerin zu 1 wurde am 15.07.2007 als Kapitalgesellschaft britischen
Rechts (Private Limited Company – Ltd. -) mit Sitz in Großbritannien gegründet.
Sie unterhält Niederlassungen in …/Niederlande sowie in …/Belgien. Als
Geschäftsführungsorgane („director“) handeln für sie X und der in
…/Bundesrepublik Deutschland wohnhafte Y.
X gehörte und gehört nicht zu dem Personenkreis des § 3 Nr. 1 des
Steuerberatungsgesetzes (StBerG). Sie war seit 1984 Mitarbeiterin bei Y und
ist inzwischen Mitgesellschafterin und Direktorin der Klägerin zu 1.
Die Bestellung von Y als Steuerberater in der Bundesrepublik Deutschland ist
im Jahr 2000 wegen Vermögensverfalls widerrufen worden; der Widerruf ist
seit 2002 rechtskräftig:
Gegenstand der geschäftlichen Tätigkeit der Klägerin zu 1 ist u. a. die
Steuerberatung und das Rechnungswesen. Mit diesem Firmenzweck ist sie in
das niederländische Handelsregister eingetragen. Aus veröffentlichten
Gerichtsentscheidungen (vgl. … ) sowie sechs weiteren vom Senat ebenfalls
für den 24.10.2013 geladenen Verfahren, die alle die Zurückweisung der
Klägerin zu 1 als Bevollmächtigte bzw. als Beistand zum Gegenstand hatten
bzw. haben, ist dem Senat bekannt, dass die Klägerin zu 1 im Inland
zahlreiche Mandanten in steuerlicher Hinsicht berät und für diese in
steuerlichen Angelegenheiten auftritt.
Nach Auskunft der zuständigen Steuerberaterkammer Düsseldorf vom
29.05.2013 sind weder die Klägerin zu 1 noch Y und X vorübergehend gem.
§ 3a StBerG im Berufsregister der Steuerberaterkammer eingetragen (Bl. 1 bis
3 des Retenten S 0821 - 3/15/13 - 295 des Beklagten). Das FG Düsseldorf hat
mit Urteil vom 10.04.2013 in dem Verfahren … die Klage der Klägerin zu 1
gegen die Steuerberaterkammer Düsseldorf auf vorübergehende Eintragung in
das Berufsregister nach § 3a Abs. 3 StBerG abgewiesen.
Die beim Beklagten eingereichte
Umsatzsteuererklärung 2011
zu 2, ebenfalls einer Kapitalgesellschaft britischen Rechts in der Rechtsform
der Private Limited Company, enthielt in dem Feld „Bei der Anfertigung der
Steuererklärung einschließlich der Anlagen hat mitgewirkt“ den Namen und die
Anschrift der Klägerin zu 1 als Angabe.
Durch
Bescheid
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Hinweis auf § 80 Abs. 5 AO „als Bevollmächtigte bzw. Beistand“ der Klägerin
zu 2 für das Umsatzsteuerfestsetzungsverfahren 2011 zurück, da sie nicht
befugt sei, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten. Wegen der
weiteren Einzelheiten wird insofern auf den Zurückweisungsbescheid Bezug
genommen.
Mit ihrer
Klage
des Zurückweisungsbescheides, hilfsweise – im Wege einer als Sprungklage
erhobenen Anfechtungsklage – dessen Aufhebung. Der Beklagte, dem die
Klage am 27.03.2013 zugestellt wurde, stimmte der Klage am 08.04.2013 zu,
soweit es sich dabei um eine Sprungklage handelt.
Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger Folgendes vor:
Die Klägerin zu 1 sei für die Klägerin zu 2 steuerberatend tätig geworden. Der
Zurückweisungsbescheid des Beklagten vom 15.02.2013 beschwere die
Kläger durch Beeinträchtigung ihrer Rechte aus der EU-Dienstleistungsfreiheit
des Artikel 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der europäischen Union –
AEUV -, auch in Ausgestaltung durch die EU-Richtlinien 2000/31/EG,
2005/36/EG und 2006/123/EG. Der Klägerin zu 1 werde die so genannte
aktive Dienstleistungsfreiheit und der Klägerin zu 2 werde die so genannte
aktive Dienstleistungsfreiheit verweigert.
Die Klägerin zu 1 sei befugt, der Klägerin zu 2 ihre Dienstleistung von ihrem
Sitz in den Niederlanden aus anzubieten und sie ihr gegenüber zu erbringen.
Die Klägerin zu 2 sei berechtigt, dieses Angebot anzunehmen und die
Dienstleistung abzunehmen. Das bestimme das zitierte vorrangige
Gemeinschaftsrecht. Die Klägerin zu 1 erfülle auch die Voraussetzungen des §
3a StBerG; sie sei auch ohne Anwendung des deutschen StBerG zur
Steuerberatung befugt. Eine grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung
liege nur vor, wenn der Dienstleister physisch die Grenze überschreite. Nur
dann stelle sich die Frage, ob das EU-Dienstleistungsrecht anzuwenden sei
oder das Niederlassungsrecht und damit auch das Recht des Mitgliedsstaates,
in den sich der Dienstleister begebe. Ohne das Element des physischen
Grenzübertrittes des Dienstleisters greife die Dienstleistungsfreiheit des
Artikels 56 AEUV. Das heiße im konkreten Falle, dass die Klägerin zu 1
gegenüber jedem in der EU Ansässigen von ihrer Niederlassung in … aus jede
Dienstleistung anbieten und erbringen könne, zu der sie in … die Befugnis
habe; das deutsche StBerG komme nicht zur Anwendung.
Die Frage nach der Anwendung des nationalen Rechts – hier des deutschen
StBerG – stelle sich damit grundsätzlich erst, wenn eine konkrete
Dienstleistung das Element des physischen Grenzübertrittes beinhalte. In
diesem Fall sei zu entscheiden, ob dieser physische Grenzübertritt eine
Bedeutung erlange, dass das EU-Niederlassungsrecht dergestalt greife, dass
man dem Dienstleister eine Niederlassung im Aufnahmestaat – hier der
Bundesrepublik Deutschland – zurechnen müsse. Die Kriterien, anhand derer
das zu beurteilen sei, seien Dauer, Häufigkeit, regelmäßige Wiederkehr und
Kontinuität des physischen Grenzübertritts des Dienstleisters zur
Dienstleistungserbringung.
Überschreite in jedem konkreten Fall der physische Grenzübertritt des
Dienstleisters die - nie definierten - Grenzen des Vorübergehenden und
Gelegentlichen, gelte das EU-Niederlassungsrecht und es komme im
konkreten Fall das deutsche StBerG zur Geltung. Würden diese Grenzen
dagegen nicht überschritten, bleibe es beim Recht der Dienstleistungsfreiheit
so, als fände ein physischer Grenzübertritt nicht statt.
§ 3a StBerG regle in Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG folgendes:
„Abs. 1
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Personen, die in einem anderen Mitgliedsstaat der europäischen Union
oder in einem anderen Vertragsstaatenabkommens über den europäischen
Wirtschaftsraum oder in der Schweiz beruflich niedergelassen sind oder
befugt geschäftsmäßig in Steuersachen nach dem Recht des
Niederlassungsstaats leisten, sind zur vorübergehenden und
gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen auf dem
Gebiet der Bundesrepublik Deutschland befugt. Der Umfang der Befugnis
zur Hilfeleistung in Steuersachen auf dem Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland richte sich nach dem Umfang dieser Befugnis im
Niederlassungsstaat.
Abs. 2
Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen nach Abs. 1 ist nur
zulässig, wenn die Person vor der ersten Erbringung im Inland der
zuständigen Stelle schriftlich Meldung erstattet.“
Der Sinn und Zweck dieser Meldung ergebe sich aus der Umsetzung der
Richtlinien 2005/36/EG, die ja logisch und schlüssig auch die Kontrollen der
Dienstleistungsbereiche EU-weit regele und dazu die Amtshilfen zwischen den
Mitgliedsstaaten. Diese Meldung stelle vorliegend nur eine Formalität dar; ihr
komme keine konstitutive Bedeutung zu.
Für das vorliegende Verfahren ergebe sich, dass die Zurückweisung nach §
80 Abs. 5 AO rechtswidrig sei. Dies sei so eindeutig, dass sogar eine
Nichtigkeit im Sinne des § 125 AO vorliege.
Weil im konkreten Fall kein physischer Grenzübertritt zur Erbringung der
konkreten Dienstleistung gegeben sei, habe die Dienstleistungsbefugnis nach
Gemeinschaftsrecht in dem Umfang bestanden, in dem sie am Ort der
beruflichen Niederlassung bestanden habe. Im Übrigen lägen auch die
Voraussetzungen des § 3a StBerG vor. Sofort nach Inkrafttreten dieser
Vorschrift habe die Klägerin zu 1 ihre Meldung erstattet. Diese Anmeldung sei
jährlich wiederholt worden.
Der Senat sei verpflichtet, die Sache dem Europäischen Gerichtshof (EuGH)
zur Vorabentscheidung vorzulegen. Der EuGH habe bisher über die
entscheidungserhebliche Frage, ob die europarechtlichen Richtlinien dem
deutschen StBerG entgegenstünden, noch nicht entschieden.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Klagebegründung, insbesondere des
klägerischen Vorbringens zur Begründung des begehrten
Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH, wird auf die Klageschrift nebst
Anlagen (Bl. 27 bis 66 GA) Bezug genommen.
Die Kläger beantragen,
1. das Verfahren auszusetzen und dem EuGH folgende Fragen zur
Vorabentscheidung vorzulegen:
a) Steht Art. 56 AEUV, insbesondere in Ausgestaltung der Richtlinien
2000/31/EG, 2005/36/EG und 2006/123/EG, einer nationalen
Regelung entgegen, wie der des deutschen StBerG, die es einem in
den Niederlanden ansässigen Dienstleister auf dem Gebiet der
Steuerberatung untersagt, diese Dienstleistung von seinem Sitz in NL
aus, ohne dabei die Grenze physisch zu überschreiten, auch an in der
BRD ansässige Wirtschaftsteilnehmer anzubieten und zu erbringen
und die es damit einem in der BRD ansässigen Wirtschaftsteilnehmer
verbietet - zumindest erheblich erschwert - die Dienstleistungen eines
solchen in den Niederlanden ansässigen Dienstleisters in dem
Umfang, in dem dieser in den Niederlanden zur Erbringung der
Dienstleistungen befugt ist, in Anspruch zu nehmen?
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b) Steht Art. 56 AEUV, insbesondere in Ausgestaltung der Richtlinien
2000/31/EG, 2005/36/EG und 2006/123/EG, einer nationalen
Regelung entgegen, wie der des deutschen StBerG, die es einem in
den Niederlanden ansässigen Dienstleister auf dem Gebiet der
Steuerberatung auferlegt, diese Dienstleistung von seinem Sitz in NL
aus, ohne dabei die Grenze physisch zu überschreiten, nur an in der
BRD ansässige Wirtschaftsteilnehmer anzubieten und zu erbringen,
wenn er eine Versicherung abschließt, die abzuschließen das Recht
des Niederlassungsstaates NL nicht vorsieht?
c) Steht Art. 56 AEUV, insbesondere in Ausgestaltung der Richtlinien
2000/31/EG, 2005/36/EG und 2006/123/EG, einer nationalen
Regelung entgegen, wie der des deutschen StBerG, die grundsätzlich
die grenzüberschreitende Tätigkeit eines in einem anderen
Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringers auf
Ausnahmen beschränkt (§ 3a StBerG - „vorübergehend und
gelegentlich“)?
2. die Nichtigkeit des Bescheides über die Zurückweisung der
Klägerin zu 1 vom 15.02.2013 festzustellen,
hilfsweise den Zurückweisungsbescheid als rechtswidrig aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält den Zurückweisungsbescheid für rechtmäßig.
Der Senat hat die Klägerin zu 1 durch Beschluss vom 02.09.2013 und Frau X,
die „Directorin“ der Klägerin zu 1, durch Beschluss vom 19.09.2013 als
Prozessbevollmächtigte der Kläger gem. § 62 Abs. der 3 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zurück gewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Die zulässige Klage ist unbegründet.
I. Der erkennende Senat konnte gem. § 91 Abs. 2 FGO auch ohne die
Beteiligten verhandeln und entscheiden, da die Beteiligten mit einer Frist von
2 Wochen zur mündlichen Verhandlung geladen und auf § 91 Abs. 2 FGO
hingewiesen wurden. Die Zustellungsbevollmächtigte der Kläger wurde mit
Postzustellungsurkunde am 25.09.2013 und der Beklagte mit
Empfangsbekenntnis am 23.09.2013 zur mündlichen Verhandlung geladen.
Im Übrigen haben die Beteiligten ihr Ausbleiben in der mündlichen
Verhandlung auch angekündigt.
II. 1. Die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des
Zurückweisungsbeschlusses ist zulässig.
Eine Feststellungsklage kann auch im finanzgerichtlichen Verfahren erhoben
werden, § 41 FGO. Mit ihr kann die Feststellung des Bestehens oder
Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines
Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse
an der baldigen Feststellung hat.
Die Kläger machen geltend, die Zurückweisung der Klägerin zu 1 sei nichtig,
weil die Klägerin zu 1 zu Unrecht als Bevollmächtigte gem. § 80 Abs. 5 AO
zurück gewiesen worden sei. Die Kläger haben damit ein berechtigtes
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Interesse an einer Feststellung der Nichtigkeit dieses Verwaltungsakts geltend
gemacht.
2. Die als Sprungklage ohne Vorverfahren erhobene Anfechtungsklage ist
zulässig, da der Beklagte innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klage
zugestimmt hat (§ 45 Abs. 1 Satz 1 FGO).
3. Die Kläger waren berechtigt, ihr Feststellungsbegehren („die Nichtigkeit des
Zurückweisungsbescheides … festzustellen“) zum Gegenstand ihres
Hauptantrages zu machen und hilfsweise die Aufhebung des Bescheides im
Wege eines Anfechtungsbegehren verfolgen, da insofern beide
Klagebegehren im Wege einer eventuellen Klagehäufung verbunden wurden
(vgl. Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur FGO, § 41 Rn.
219 und 575 ff, jeweils m.w.N.).
III. Die Klage ist unbegründet.
Der Beklagte hat die Klägerin zu 1 zu Recht gemäß § 80 Abs. 5 AO
zurückgewiesen. Nach dieser Vorschrift sind Bevollmächtigte und Beistände
zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne
dazu befugt zu sein.
Die Klägerin zu 1 hat durch die Mitwirkung bei der Erstellung der
Umsatzsteuererklärung der Klägerin zu 2 im schriftlichen Verfahren als
Beistand geschäftsmäßig unbefugt Hilfe in Steuersachen geleistet hat.
1. Eine Hilfeleistung in Steuersachen liegt vor, wenn eine Tätigkeit ausgeübt
wird, die eine Anwendung von Steuerrechtskenntnissen erfordert. Hierunter
fällt auch die Hilfe bei der Erstellung von Umsatzsteuererklärungen (Drüen in
Tipke/Kruse, Kommentar zur AO, § 80 Rn. 56 m.w.N.). Dass die Klägerin zu 1
Hilfe in Steuersachen geleistet hat, ist im Übrigen eine rechtliche Würdigung,
die die Beteiligten übereinstimmend teilen.
2. Die Klägerin zu 1 hat durch ihre Mitwirkung bei der Erstellung der
Umsatzsteuererklärung 2011 der Klägerin zu 2 zwar nicht als Bevollmächtigte,
aber als Beistand der Klägerin zu 2 i.S.d. § 80 Abs. 5 AO gehandelt.
Dass die Klägerin zu 1 die Umsatzsteuererklärung 2011 für Klägerin zu 2 bei
der Finanzbehörde abgegeben hat, kann der Senat feststellen. Damit
beschränkt sich die feststellbare Mitwirkung der Klägerin auf die Mitwirkung bei
der Anfertigung der Steuererklärung. Hierdurch ist die Klägerin zu 1 nach
Auffassung des Senates als Beistand im Sinne des § 80 Abs. 5 AO tätig
geworden.
Ein steuerlicher Berater, der bei der Anfertigung einer Steuererklärung mitwirkt,
wird dabei nicht als Bevollmächtigter, sondern als Gehilfe des Steuerpflichtigen
tätig, der seiner Erklärungspflicht aufgrund der §§ 149 f AO in eigener Person
nachkommt (BFH-Urteil vom 03.02.1983 IV R 153/80, BStBl. II 1983, 324; a.A.
Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 80 AO Rn. 132, 146).
Ob diese Tatsache eine Zurückweisung nach § 80 Abs. 5 AO ausschließt, ist -
soweit ersichtlich - höchstrichterlich noch nicht geklärt. Das FG Köln vertrat die
Ansicht, wer lediglich bei der Anfertigung einer Steuererklärung mitgewirkt
habe, könne nicht nach § 80 Abs. 5 AO zurückgewiesen werden, da er weder
Bevollmächtigter noch Beistand sei (FG Köln Urteil vom 05.11.1996 8 K
4965/94, EFG 1997, 1144; ohne Entscheidung in der Sache aufgehoben
durch BFH-Urteil vom 27.01.2004 VII R 55/02, juris). Beistand i.S.d. § 80 AO
sei nur eine Person, die den Beteiligten gemäß § 80 Abs. 4 AO bei
Verhandlungen oder Besprechungen durch mündlichen Vortrag unterstützt
(wohl glA Dumke in Schwarz, Kommentar zur AO, § 80 Rn. 12 u. 66; Rüsken in
Beermann/Gosch, § 80 AO Rn. 142).
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Nach anderer Auffassung seien auch Personen, die einen Beteiligten bei
dessen schriftlichen Erklärungen unterstützen, ggf. nach § 80 Abs. 5 AO
zurückzuweisen. Die Tätigkeit eines Beistands sei nicht auf (mündliche)
Verhandlungen und Besprechungen i.S.d. § 80 Abs. 4 AO beschränkt (so
Drüen in Tipke/Kruse, § 80 AO Rn. 49; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, §
80 AO Rn. 246, 250; siehe aber auch Rn. 265).
Der erkennende Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Aus §
80 Abs. 6 Satz 1 AO ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber nicht nur
mündliche Hilfen i.S.d. § 80 Abs. 4 AO, sondern auch eine schriftliche
Unterstützung des Steuerpflichtigen unter den Begriff des Beistands
subsumiert (Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 80 AO Rn. 246). Insoweit
geht der Begriff des „Beistands“ in § 80 AO über denjenigen des § 90
Zivilprozessordnung (ZPO) hinaus. Da die geschäftsmäßige Mitwirkung an der
Erstellung von Steuererklärungen eine Hilfeleistung in Steuersachen ist (vgl.
oben 1.), besteht auch ein Bedürfnis, Personen die geschäftsmäßig unerlaubt
derartige Hilfe in Steuersachen leisten, schon dann gemäß § 80 Abs. 5 AO
zurückzuweisen, wenn sie durch entsprechende Angaben in einer
Steuererklärung auf ihre Mitwirkung hinweisen. Hierdurch werden derartige
Beistände gemäß § 80 Abs. 8 Satz 2 AO für alle etwaigen zukünftigen
Verfahrenshandlungen im Laufe der weiteren Bearbeitung der Steuererklärung
(etwa Beantwortung von Fragen, Einlegen eines Einspruchs usw.)
ausgeschlossen.
3. Nach § 2 Satz 1 StBerG darf die Hilfeleistung in Steuersachen
geschäftsmäßig nur von Personen und Vereinigungen ausgeübt werden, die
hierzu befugt sind. Eine Befugnis ist danach auch für eine
Steuerberatungsgesellschaft erforderlich, die - wie die Klägerin zu 1 - ihren Sitz
in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) hat und von dort aus Hilfe
in Steuersachen für Steuerpflichtige in der Bundesrepublik leistet, selbst wenn
sich die für die Steuerberatungsgesellschaft handelnden Personen zur
Erbringung der Dienstleistungen nicht auf das Gebiet der Bundesrepublik
begeben.
a) Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind u.a. nach § 3 Nr. 3
StBerG Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften,
Wirtschaftsprüfungsgesell-schaften und Buchprüfungsgesellschaften befugt.
Die Klägerin zu 1 ist keine solche Gesellschaft. Sie ist insbesondere nicht
gemäß § 32 Abs. 3 Satz 1 StBerG als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt.
b) Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 StBerG sind Personen, die in einem anderen
Mitgliedstaat der EU beruflich niedergelassen sind und dort befugt
geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach dem Recht des
Niederlassungsstaates leisten, zur vorübergehenden und gelegentlichen
geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen auf dem Gebiet der
Bundesrepublik befugt. Der Umfang der Befugnis zur Hilfeleistung in
Steuersachen im Inland richtet sich nach dem Umfang dieser Befugnis im
Niederlassungsstaat (§ 3a Abs. 1 Satz 2 StBerG). Bei ihrer Tätigkeit im Inland
unterliegen sie denselben Berufsregeln wie die in § 3 StBerG genannten
Personen (§ 3a Abs. 1 Satz 3 StBerG). Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in
Steuersachen nach § 3a Abs. 1 StBerG ist nur zulässig, wenn die Person vor
der ersten Erbringung im Inland der zuständigen Stelle schriftlich Meldung
erstattet (§ 3a Abs. 2 Satz 1 StBerG).
Die Klägerin zu 1 erfüllte und erfüllt die Voraussetzungen des § 3a Abs. 1
StBerG nicht.
Ausweislich der Auskunft der Steuerberaterkammer Düsseldorf in ihrem
Schreiben vom 29.05.2013 sind weder die Klägerin zu 1 noch Y und X
vorübergehend gem. § 3a StBerG im Berufsregister der Steuerberaterkammer
eingetragen (Bl. 1 bis 3 des Retenten S 0821 - 3/15/13 - 295 des Beklagten).
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Das FG Düsseldorf hat mit Urteil vom 10.04.2013 in dem Verfahren … die
Klage der Klägerin zu 1 gegen die Steuerberaterkammer Düsseldorf auf
vorübergehende Eintragung in das Berufsregister nach § 3a StBerG
abgewiesen. Die Klägerin zu 1 habe keinen Anspruch auf vorläufige
Eintragung in das Berufsregister. Maßgebend sei, dass § 3a StBerG auf die
Klägerin zu 1 nicht anwendbar sei; sie erbringe nicht nur vorübergehend und
gelegentliche Hilfeleistungen in Steuersachen im Bundesgebiet.
Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Die Klägerin zu 1 ist
nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft in Deutschland tätig. Dies ergibt
sich sowohl aus ihrem wiederholten Auftreten vor deutschen Finanzbehörden
und Finanzgerichten als auch aus ihrer Firmenbezeichnung, die den
deutschen Titel „Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft“ enthält und
sich damit nicht an eine niederländische Mandantschaft, sondern offensichtlich
an deutsche Mandanten wendet, sowie aus der entsprechenden Gestaltung
ihres Briefkopfes. Dem erkennenden Senat ist aus einer Vielzahl von
Verfahren, die eine Zurückweisung der Klägerin zu 1 als Bevollmächtigte
betreffen, bekannt, dass die Klägerin zu 1 unter der Anschrift ihres
inländischen Zustellungsbevollmächtigten (…) handelt und Mandanten im
räumlichen Umfeld dieses inländischen Standorts betreut.
Von dem für § 3a StBerG maßgebenden Begriff der Dienstleistung i.S. des
Art. 57 AEUV werden nur grenzüberschreitende vorübergehende
Hilfeleistungen in Steuersachen erfasst. Darunter fallen solche zeitlich
begrenzten Leistungen, die ohne dauerhafte Niederlassung (nach Art. 57
AEUV: "vorübergehend") in dem betreffenden Mitgliedstaat erbracht werden.
Der vorübergehende Charakter einer grenzüberschreitenden Dienstleistung ist
nicht nur unter Berücksichtigung der Dauer der Leistung, sondern auch ihrer
Häufigkeit, regelmäßigen Wiederkehr oder Kontinuität zu beurteilen. Er schließt
zwar nicht die Möglichkeit für den Dienstleistungserbringer i.S. des Art. 57
AEUV aus, sich im Aufnahmemitgliedstaat mit einer bestimmten Infrastruktur
(einschließlich eines Büros, einer Praxis oder einer Kanzlei) auszustatten,
soweit diese Infrastruktur für die Erbringung der fraglichen Leistung erforderlich
ist. Wer jedoch in „stabiler" und kontinuierlicher Weise eine Berufstätigkeit in
einem anderen Mitgliedstaat ausübt, fällt unter die Vorschriften des Kapitels
über das Niederlassungsrecht und nicht unter die des Kapitels über die
Dienstleistungen (BFH-Beschluss vom 13.11.2008 X B 82/08, juris).
IV. Eine Vorlage des Rechtsstreits an den EuGH ist nicht geboten.
Nach Art. 267 AEUV entscheidet der EuGH im Wege der Vorabentscheidung
u. a. über die Auslegung der Gemeinschaftsverträge; wird eine derartige Frage
einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine
Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es
diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen (Art. 267 Abs. 2
AEUV).
Von dem für § 3a StBerG maßgebenden Begriff der Dienstleistung i.S. des
Art. 57 AEUV werden nur grenzüberschreitende vorübergehende
Hilfeleistungen in Steuersachen erfasst. Darunter fallen solche zeitlich
begrenzten Leistungen, die ohne dauerhafte Niederlassung (nach Art. 57
AEUV: „vorübergehend") in dem betreffenden Mitgliedstaat erbracht werden.
Der vorübergehende Charakter einer grenzüberschreitenden Dienstleistung ist
nicht nur unter Berücksichtigung der Dauer der Leistung, sondern auch ihrer
Häufigkeit, regelmäßigen Wiederkehr oder Kontinuität zu beurteilen. Er schließt
zwar nicht die Möglichkeit für den Dienstleistungserbringer i.S. des Art. 57
AEUV aus, sich im Aufnahmemitgliedstaat mit einer bestimmten Infrastruktur
(einschließlich eines Büros, einer Praxis oder einer Kanzlei) auszustatten,
soweit diese Infrastruktur für die Erbringung der fraglichen Leistung erforderlich
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einem anderen Mitgliedstaat ausübt, fällt unter die Vorschriften des Kapitels
über das Niederlassungsrecht und nicht unter die des Kapitels über die
Dienstleistungen (BFH-Beschluss vom 13.11.2008 X B 82/08, juris).
Die Klägerin zu 1 ist nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft in
Deutschland tätig. Dies ergibt sich sowohl aus ihrem wiederholten Auftreten
vor deutschen Finanzbehörden und Finanzgerichten als auch aus ihrer
Firmenbezeichnung, die den deutschen Titel „Wirtschafts- und
Steuerberatungsgesellschaft“ enthält und sich damit nicht an eine
niederländische Mandantschaft, sondern offensichtlich an deutsche
Mandanten wendet, sowie aus der entsprechenden Gestaltung ihres
Briefkopfes.
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher
Bedeutung – auch im Hinblick auf das Revisionsverfahren II R 44/12 -
zugelassen.