Urteil des FG Münster vom 16.03.2001

FG Münster: einspruch, einkünfte, liebhaberei, datum, gewerbesteuer, gesellschafter, geschäftsführer, absicht, sachurteilsvoraussetzung, vorverfahren

Finanzgericht Münster, 11 K 990/00 G,F
Datum:
16.03.2001
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
11. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 K 990/00 G,F
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
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Zu entscheiden ist, ob die Klage zulässig ist und - wenn ja - ob die Klägerin (Klin.) in
den Streitjahren 1991 bis 1994 sowie 1996 und 1997 als gewerblich einzustufende
Einkünfte erzielt hat.
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Die Klin. ist eine KG. Gegenstand ihres Unternehmens ist der Einzelhandel mit Yachten
und maritimer Ausrüstung sowie speziell die Vercharterung von Yachten. Persönlich
haftende Gesellschafterin der Klin. ist die Fa. B. GmbH (im folgenden: GmbH), die
ursprünglich unter der Fa. D. Verwaltungs-GmbH gegründet, später zunächst in A.
Verwaltungs-GmbH und in 1999 sodann in B. GmbH umbenannt worden ist. Einziger
Kommandist der Klin. ist Herr C..
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Nachdem der Beklagte (Bekl.) die von der Klin. für die Streitjahre 1991 bis 1994
erklärten gewerblichen Einkünfte zunächst erklärungsgemäß, wenn auch unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung und hinsichtlich der Frage, ob die Klin. ihre Tätigkeit mit
Einkunftserzielungsabsicht ausübe, vorläufig festgestellt sowie für diese Jahre jeweils
auf 0 DM lautende Gewerbesteuer- (GewSt-) Meßbescheide erlassen und
vortragsfähige Gewerbesverluste festgestellt hatte, erließ er jeweils unter dem Datum
03.12.1998 sowohl für die Jahre 1991 bis 1994 als auch für die Jahre 1996 und 1997
unter Hinweis darauf, daß die Tätigkeit der Klin. als steuerlich unbeachtliche
Liebhaberei einzustufen sei, sog. negative Feststellungsbescheide, die er sowohl an die
GmbH als auch an Herrn C. bekannt gab.
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Des weiteren hob er mit Bescheid ebenfalls vom 03.12.1998 u.a. sowohl die für die
Jahre 1991 bis 1994 ergangenen GewSt-Meßbescheide als auch die für diese Jahre
vorgenommenen Feststellungen von vortragsfähigen Gewerbeverlusten auf. Diesen
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Bescheid gab er an Herrn C. mit dem Hinweis "für: Firma A. GmbH &Co. KG" bekannt.
Am 30.12.1998 gingen daraufhin beim Bekl. drei von den Prozeßbevollmächtigten der
Klin. verfaßte Einspruchsschreiben - jeweils datierend vom 23.12.1998 - ein. Zwei
dieser Schreiben bezogen sich auf die ergangenen sog. negativen
Feststellungsbescheide für die Streitjahre 1991 bis 1994 sowie 1996 und 1997. In
diesen Schreiben erklären die Prozeßbevollmächtigten der Klin., daß sie zum einen "für
unsere Mandantin, die Fa. A. Verwaltungsgesellschaft mbH, ...", zum anderen "für
unseren Mandanten, Herrn C., ..." Einspruch gegen die für die Streitjahre ergangenen
negativen Feststellungsbescheide einlegen. Mit ihrem dritten Schreiben vom
23.12.1998 erhoben die Prozeßbevollmächtigten der Klin. "für unseren Mandanten,
Herrn C., ..." darüber hinaus zusätzlich auch noch Einspruch gegen den am 03.12.1998
ergangenen "Bescheid über Gewerbesteuer 1991 bis 1995 für: Fa. A. GmbH &Co. KG".
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Jeweils mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 07.01.2000 wies der Bekl. die
eingelegten Einsprüche zurück. Dabei richtete er seine EE'en betreffend die gegen die
negativen Feststellungsbescheide eingelegten Einsprüche zum einen an die GmbH,
zum anderen an Herrn C.. Die EE betreffend den Einspruch gegen die Aufhebung der
GewSt-Meßbescheide und die Aufhebung der Feststellungen von vortragsfähigen
Gewerbesverlusten richtete der Bekl. an die Klin.
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Mit Schriftsatz vom 07.02.2000 hat die Klin. daraufhin sowohl gegen die für die
Streitjahre 1991 bis 1994 sowie 1996 und 1997 ergangenen negativen
Feststellungsbescheide in Gestalt der EE vom 07.01.2000 als auch gegen die
Aufhebung der GewSt-Meßbescheide für die Streitjahre 1991 bis 1994 sowie die
Aufhebung der für diese Jahre ergangenen Feststellungen von vortragsfähigen
Gewerbeverlusten ebenfalls in Gestalt der EE vom 07.01.2000 Klage erhoben.
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Nach Vorlage der den Streitfall betreffenden Akten durch den Bekl. wurde die Klin. mit
gerichtlicher Verfügung vom 22.09.2000 darauf hingewiesen, daß Bedenken gegen die
Zulässigkeit der Klage bestünden, da es in der Person der Klin. hinsichtlich der
angefochtenen negativen Feststellungsbescheide an einem abgeschlossenen
Vorverfahren fehle, und seinerzeit nicht von ihr, sondern von Herrn C. gegen die
Aufhebung der GewSt-Meßbescheide 1991 bis 1994 und die Aufhebung der für diese
Jahre ergangenen Feststellungen von vortragsfähigen Gewerbeverlusten Einspruch
eingelegt worden sei, sich die erhobene Klage jedoch nicht allein gegen die ergangene
EE richten würde.
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Zu diesen Bedenken hatte sich die Klin. zunächst nicht geäußert, sondern vielmehr
lediglich in der Sache Stellung genommen und ihren Standpunkt, daß die von ihr in den
Streitjahren entfaltete Tätigkeit als gewerblich einzustufen sei, bekräftigt und zum
Nachweis ihrer diesbezüglichen Angaben umfangreiche Unterlagen vorgelegt, auf die
wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird. In der mündlichen
Verhandlung hat die Klin. sodann die Auffassung vertreten, daß die seinerzeit gegen die
ergangenen negativen Feststellungsbescheide erhobenen Einsprüche dahingehend
ausgelegt werden müßten, daß sie (auch) in ihrem Namen eingelegt worden seien.
Gleiches müsse auch für den Einspruch gegen den Bescheid betr. die Aufhebung der
GewSt-Meßbescheide 1991 bis 1994 und der für diese Jahre ergangenen
Feststellungen von vortragsfähigen Gewerbeverlusten gelten, zumal auf telefonische
Anfrage des Beklagten eine entsprechende Klarstellung erfolgt sei.
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Die Klin. beantragt,
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1. die für die Jahre 1991 bis 1994 sowie 1996 und 1997 ergangenen negativen
Feststellungsbescheide jeweils vom 03.12.1998 in Gestalt der EE vom 07.01.2000
aufzuheben, die von ihr in diesen Jahren entfaltete Tätigkeit als gewerblich
einzustufen und für sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb in folgender Höhe
festzustellen: 1991: ./. DM
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1992: ./. DM
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1993: ./. DM
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1994: ./. DM
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1996: ./. DM
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1997: + DM
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2. den Bescheid vom 03.12.1998 betreffend die Aufhebung der GewSt-
Meßbescheide für 1991 bis 1994 sowie die Aufhebung der Feststellung von
vortragsfähigen Gewerbeverlusten für diese Jahre in Gestalt der EE vom 07.01.2000
aufzuheben und die GewSt-Meßbeträge und vortragsfähigen Gewerbeverluste
wieder in ursprünglicher Höhe festzusetzen bzw. festzustellen,
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hilfsweise,
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die Revision zuzulassen.
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Der Bekl. beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er ist nach wie vor der Auffassung, daß die von der Klin. in den Streitjahren entfaltete
Tätigkeit als steuerlich unbeachtliche Liebhaberei einzustufen sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die
von der Klin. eingereichten Unterlagen sowie die vom Bekl. vorgelegten Steuerakten
verwiesen.
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Der Senat hat am 16.03.2001 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird
Bezug genommen.
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Die Klage ist nicht zulässig.
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Soweit sich die Klin. mit ihrer Klage gegen die negativen Feststellungsbescheide für
1991 bis 1994 sowie 1996 und 1997 jeweils vom 03.12.1998 in Gestalt der EE vom
07.01.2000 wendet, fehlt es im Streitfall bereits an dem gem. § 44 Abs. 1 FGO
erforderlichen Abschluß eines in ihrer Person durchgeführten außergerichtlichen
Rechtsbehelfsverfahrens.
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Nach § 44 Abs. 1 FGO ist "in Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf
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gegeben ist, ... die Klage nur zulässig, wenn das Verfahren über den außergerichtlichen
Rechtsbehelf erfolglos geblieben ist". Danach ist es für die Zulässigkeit einer Klage
erforderlich, daß der Kl. vor Erhebung seiner Klage zunächst ein außergerichtliches
Rechtsbehelfsverfahren betrieben hat und dieses durch eine
Rechtsbehelfsentscheidung gegen ihn abgeschlossen worden ist (vgl. Urteil des BFH
vom 21.01.1993 - V R 59/88, BFH/NV 1994, 41).
Diese von Amts wegen zu beachtende Sachurteilsvoraussetzung ist im Streitfall nicht
gegeben.
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Nach dem eindeutigen und daher nicht auslegungsfähigen und -bedürftigen (vgl.
Beschluß des BFH vom 29.07.1992 - IV B 44/91, BFH/NV 1993, 2, sowie Urteil vom
01.09.1998 - VIII R 46/93, BFH/NV 1999, 596, m.w.N.) Wortlaut der Schreiben, mit
denen ihre sachkundigen Prozeßbevollmächtigten gegen die für die Streitjahre
ergangenen negativen Feststellungsbescheide Einspruch eingelegt hatten, hat nicht die
Klin., sondern haben lediglich die GmbH und Herr C. seinerzeit gegen diese Bescheide
Einspruch eingelegt. Auch die EE vom 07.01.2000 ist vom Bekl. nicht an die Klin.,
sondern an die GmbH und Herrn C. gerichtet worden.
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Die Durchführung eines Vorverfahrens in der Person der Klin. war im Streitfall auch
nicht deshalb entbehrlich, weil die Klin. zu den von ihren Gesellschaftern betriebenen
Einspruchsverfahren ggf. notwendig hinzuzuziehen gewesen wäre. Denn die ein
Einspruchsverfahren betreibenden Gesellschafter einer KG und die KG selbst sind
keine notwendigen Streitgenossen (vgl. Beschluß des BFH vom 10.06.1997 - IV B
124/96, BFH/NV 1998, 14) mit der Folge, daß aufgrund der Durchführung eines
Vorverfahrens gegenüber den Gesellschaftern einer KG die Durchführung eines
Vorverfahrens in der Person der KG nicht entbehrlich geworden ist.
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Die erhobene Klage ist darüber hinaus aber auch insoweit unzulässig, wie sie sich
gegen die Aufhebung der GewSt-Meßbescheide für 1991 bis 1994 sowie die Aufhebung
der Feststellung von vortragsfähigen Gewerbeverlusten für diese Jahre in Gestalt der
insoweit ebenfalls unter dem 07.01.2000 ergangenen EE richtet.
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Zwar liegt insoweit eine an die Klin. gerichtete EE vor. Allerdings hatte gegen den
entsprechenden Aufhebungsbescheid vom 03.12.1998 nach dem eindeutigen und
daher nicht auslegungsfähigen und -bedürftigen (vgl. Beschluß des BFH vom
29.07.1992 - IV B 44/91 sowie Urteil vom 01.09.1998 - VIII R 46/93, jeweils a.a.O.)
Wortlaut des diesbezüglichen Einspruchsschreibens nicht die Klin., sondern lediglich
Herr C. Einspruch eingelegt. Eine Klage gegen einen Steuerbescheid in Gestalt der
dazu ergangenen EE ist jedoch als unzulässig anzusehen, wenn sie nicht nur gegen die
EE, sondern auch gegen den zugrundeliegenden Bescheid gerichtet ist, obwohl der Kl.
gegen diesen seinerzeit keinen Einspruch eingelegt hatte (vgl. Urteil des BFH vom
28.02.1990 - IR 165/85, BFH/NV 1993, 75).
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Demgegenüber kann sich die Klin. auch nicht auf eine angeblich erfolgte telefonische
Klarstellung zur Person des Einspruchsführers gegenüber dem Beklagten berufen.
Abgesehen davon, daß der Zeitpunkt dieser telefonischen Klarstellung nicht feststeht,
wäre eine derartige Klarstellung, selbst wenn sie noch innerhalb der Einspruchsfrist
erfolgt sein sollte, aber auch deshalb nicht geeignet, eine rechtzeitige
Einspruchseinlegung durch die Klin. zu bewirken, da das Einspruchsschreiben
hinsichtlich der Person des Einspruchsführers als eindeutig und damit als nicht
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klarstellungsbedürftig und -fähig anzusehen ist und daher die Änderung der Person des
Einspruchsführers gem. § 357 Abs. 1 AO einer schriftlichen Erklärung bedurft hätte.
Unabhängig von der danach bereits nicht gegebenen Zulässigkeit der Klage, hätte sie
nach Auffassung des Senats aber auch in der Sache keinen Erfolg gehabt. Vor den
Hintergrund der bislang aufgelaufenen Verluste und den Umständen, daß es sich bei
den von der Klin. vercharterten Booten um Gegenstände der Freizeitgestaltung handelt,
der Geschäftsführer der GmbH und zugleich einziger Kommanditist über die
notwendigen Bootsführerscheine verfügt und aufgrund hoher anderweitiger Einkünfte in
der Lage war, die jedenfalls bis 1996 angefallenen Verlustes auszugleichen, erscheint
ihm der von der Klin. zu erbringende Nachweis, daß die von ihr ausgeübte Tätigkeit in
den Streitjahren mit der Absicht ausgeübt wurde, einen sog. Totalgewinn zu erzielen,
auch durch die im Klageverfahren vorgelegten umfangreichen Unterlagen nicht erbracht.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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Die Revision war mangels Vorliegens eines Zulassungsgrundes i.S.d. § 115 Abs. 2
FGO nicht zuzulassen.
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