Urteil des FG Münster vom 13.11.2009

FG Münster (kläger, wesentliche beteiligung, höhe, unentgeltlich, erfüllungs statt, unentgeltliche zuwendung, geldwerter vorteil, erwerber, zahlung, zeitpunkt)

Finanzgericht Münster, 14 K 2210/06 E
Datum:
13.11.2009
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 K 2210/06 E
Sachgebiet:
Finanz- und Abgabenrecht
Tenor:
Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 vom 21. September
2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. April 2006 wird
abgeändert. Dem Beklagten wird aufgegeben, die nach Maßgabe der
Urteilsgründe festzusetzende Einkommensteuer zu errechnen, den
Klägern das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und
nach Rechtskraft dieses Urteils einen Bescheid für 2001 mit geändertem
Inhalt neu bekanntzugeben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 43 v.H. und der
Beklagte zu 57 v.H.
Tatbestand
1
Streitig ist, ob die Klägerin von dem Kläger unentgeltlich Aktien erworben hat, ob bei der
Übertragung von Aktien durch den Kläger das wirtschaftliche Eigentum bereits vor dem
von den Vertragsparteien vereinbarten Übergabezeitpunkt übergegangen ist und ob
dem Kläger im Zusammenhang mit der Anschaffung eines ehemals von ihm als
Arbeitnehmer genutzten Dienstwagens ein geldwerter Vorteil zugeflossen ist.
2
Die Kläger sind Ehegatten, die von dem Beklagten in den Kalenderjahren 2000 und
2001 (Streitjahre) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.
3
Der Kläger gründete zusammen mit anderen Gesellschaftern im Jahr 1979 die Q....-
GmbH (Q-GmbH) in E. Seit dem Jahr 1991 war er mit drei weiteren Gesellschaftern zu je
25 v.H. an dem Stammkapital der Q-GmbH beteiligt. Ende des Jahres 1997 wurde die
Q-GmbH unter Beibehaltung der Beteiligungsverhältnisse in eine Aktiengesellschaft,
nämlich in die Q... AG (Q-AG) umgewandelt. Der Kläger wurde Mitglied des Vorstands
der Q-AG. Nach mehreren Kapitalerhöhungen betrug das Grundkapital der Q-AG vor
dem Börsengang im März 2000 2.814.132 EUR, das in Stückaktien von jeweils einem
EUR eingeteilt war.
4
Der Kläger, der bis Mitte 1998 mit 25 v.H. an der Q-AG beteiligt war, übertrug der
Klägerin am 24. Dezember 1998 29.500 Aktien mit einem Nennwert von je 2,56 EUR (5
DM). Er führte in einem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 24. Dezember 1998
aus: "hiermit schenke ich Dir mit heutigem Datum
5
29.500 Aktien der Q... AG
6
im Wert von DM 315.000,-
7
Ich wünsche Dir eine glückliche Hand mit den Aktien für das Unternehmen und seine
Mitarbeiter. Außerdem wünsche ich Dir und uns beiden zusammen alles Gute für die
Zukunft [...]"
8
Die auf diese Aktien entfallenden Anschaffungskosten des Klägers hatten 50.277 EUR
betragen. Nach einer Umwandlung dieser Aktien hielt die Klägerin insgesamt 75.416
Aktien an der Q-AG im Nennwert von je einem EUR.
9
Aufgrund einer Umwandlung von Gewinnrücklagen erhielt die Klägerin am 7. Juni 1999
weitere 5.414 Aktien. Anschaffungskosten sind ihr hierfür nicht entstanden.
10
Im Rahmen einer am 5. Oktober 1999 durchgeführten Erhöhung des Grundkapitals der
Q-AG um 1.228.000 Aktien zu je einem EUR erwarb die Klägerin 112.030 weitere
Aktien zu einem Preis von einem EUR. Zum gleichen Zeitpunkt waren Mitarbeitern der
Q-AG Aktien zu einem Stückpreis von 14 EUR angeboten worden.
11
Am 17. Februar 2000 erhielt die Klägerin aufgrund einer weiteren Umwandlung von
Gewinnrücklagen weitere 42.135 Aktien, ohne dass ihr dafür Anschaffungskosten
entstanden sind.
12
Im September 2000 verkaufte die Klägerin 20.000 Aktien der Q-AG an das Bankhaus C
zu einem Preis in Höhe von 346.800 EUR.
13
Im Februar 2001 leaste die Q-AG bei der G... GmbH (G-GmbH) einen Pkw, den sie dem
Kläger als Dienstwagen zur Verfügung stellte. Zuvor hatte die G-GmbH das Fahrzeug,
das einen Listenpreis von 182.800 DM hatte, ausweislich einer Rechnung vom 21.
Februar 2001 von dem G Zentrum in E zu einem Bruttoverkaufspreis von 169.000 DM
gekauft.
14
Zum 31. August 2001 wurde der Kläger als Mitglied des Vorstandes der Q-AG
abberufen. Nach der Vereinbarung über die Beendigung des Dienstverhältnisses vom
25. Oktober 2001 musste der Kläger den ihm zur Verfügung gestellten Dienstwagen
(Porsche xxx) an die Q-AG herausgeben. Diese und die G-GmbH beendeten daraufhin
einvernehmlich gegen Zahlung eines Ablösungsbetrags in Höhe von 41.676,40 DM
durch die Q-AG den Leasingvertrag. Anschließend erwarb der Kläger sein ehemaliges
Dienstfahrzeug von dem G Zentrum in E ausweislich einer Rechnung vom 6. November
2001 für einen Kaufpreis in Höhe von 63.911,88 EUR (= 125.000 DM). Zuvor hatte das
G Zentrum in E in einem "Gebrauchtwagen Quick Check" für das Fahrzeug einen Wert
in Höhe von 107.000 DM ermittelt.
15
Mit drei Verträgen vom 25. Oktober 2001 veräußerte der Kläger jeweils 120.815 Aktien
der Q-AG für 300.096 EUR (120.815 Aktien x 2,48393 EUR). Nach § 2 Nr. 1 der
16
Verträge erfolgte der Verkauf mit Wirkung zum 2. Januar 2002. Nach § 5 Nr. 1 der
Verträge waren sich die jeweiligen Vertragsparteien zudem darüber einig, dass die
verkauften Aktien erst zum 2. Januar 2002 unter der aufschiebenden Bedingung der
vollständigen und vorbehaltlosen Zahlung des Kaufpreises durch ihre buchmäßige
Umschreibung auf ein von dem jeweiligen Käufer zu benennendes Wertpapierdepot auf
diese übergehen.
Mit drei weiteren Verträgen ebenfalls vom 25. Oktober 2001 veräußerte auch die
Klägerin jeweils 72.518 Aktien zu einem Preis von jeweils 246.561,20 EUR (72.518
Aktien x 3,40 EUR). Die Summe der 217.554 Aktien entsprach einem Anteil von 5,05
v.H. am damaligen Grundkapital der Q-AG. Nach § 2 Nr. 1 der Verträge sollte der
Verkauf mit Wirkung zum 31. Oktober 2001 erfolgen. Nach § 5 Nr. 1 der Verträge waren
sich die jeweiligen Vertragsparteien zudem darüber einig, dass die verkauften Aktien
bereits zum 31. Oktober 2001 unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen
und vorbehaltlosen Zahlung des Kaufpreises durch ihre buchmäßige Umschreibung auf
ein von dem jeweiligen Käufer zu benennendes Wertpapierdepot übergehen.
17
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verträge vom 25. Oktober 2001
verwiesen.
18
Am 2. Januar 2002 betrug der amtliche Börsenkurs einer Aktie der Q-AG 2,40 EUR.
19
Am 25. März 2003 gab der Kläger den im Oktober 2001 von dem G Zentrum in E
erworbenen Porsche mit einer Laufleistung von 57.910 km für 64.000 EUR (= 125.173
DM) in Zahlung. Das Fahrzeug wurde sodann am 2. Juni 2004 an das G Zentrum in M
für 52.000 EUR verkauft.
20
In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre gaben die Kläger im
Zusammenhang mit den oben dargestellten Vorgängen keine Einkünfte an.
21
Der Beklagte setzte die Einkommensteuer der Kläger zunächst mit Bescheiden vom 12.
Dezember 2001 (2000) und 3. Mai 2002 (2001) fest. Am 3. Januar 2002 erließ er aus
hier unstreitigen Gründen einen Einkommensteueränderungsbescheid für das Jahr
2000. Außerdem setzte er - ebenfalls aus hier unstreitigen Gründen - mit
Änderungsbescheiden vom 13. Juni 2002 und 26. März 2003 auch die
Einkommensteuer für das Jahr 2001 abweichend fest.
22
Unter anderem wegen der Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen für die
Streitjahre leitete das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfandung C gegen den
Kläger ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren ein. Im Rahmen dieses
Steuerstrafverfahrens wurde der Kläger am 24. März 2004 vernommen. In dieser
Vernehmung hat er sich auch zu den am 24. Dezember 1998 seiner Ehefrau
übertragenen Aktien geäußert und diese als "geschenkte Aktien" bezeichnet.
23
Zudem begann der Beklagte am 24. März 2004 bei dem Kläger mit einer Außenprüfung,
die sich unter anderem auch auf dessen einkommensteuerrechtlichen Verhältnisse in
den Streitjahren bezog.
24
Der Prüfer traf verschiedene Feststellungen, aufgrund derer er zu der Auffassung
gelangte, die Klägerin habe durch die in den Streitjahren vorgenommenen
Veräußerungen von Aktien (Veräußerungs-)Gewinne im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1
25
des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (EStG) in
Höhe von 600.023 DM (= 306.787 EUR) - im Jahr 2000 - und insgesamt 870.940 DM (=
445.305 EUR) - im Jahr 2001 - erzielt. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung der
Veräußerungsgewinne wird auf die Anlage 2 des Prüfungsberichts vom 4. März 2005
verwiesen.
Des Weiteren gelangte der Prüfer zu der Auffassung, die wirtschaftliche Inhaberschaft
bzw. das wirtschaftliche Eigentum an den von dem Kläger mit Verträgen vom 25.
Oktober 2001 veräußerten Aktien sei nicht - wie vertraglich vereinbart - erst am 2. Januar
2002, sondern bereits im Jahr 2001 übergegangen, sodass der Kläger im Streitjahr 2001
einen Veräußerungsgewinn gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG in Höhe von 1.515.232 DM
(Veräußerungspreis: 2.004.360 DM abzüglich Anschaffungskosten: 489.128 DM) erzielt
habe. Denn vor dem Hintergrund, dass der Veräußerungspreis schon in den Verträgen
vom 25. Oktober 2001 festgelegt worden sei, sei bereits ab diesem Zeitpunkt das
Kursrisiko auf die Erwerber übergangen. Diese Betrachtung entspreche auch der
Rechtsprechung des BFH, wonach der Erwerber von Aktien das wirtschaftliche
Eigentum bereits dann erhalte, wenn Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten, insbesondere
das mit Wertpapieren verbundene Kursrisiko auf ihn übergehe. Der im Jahr 2002
liegende vertraglich vereinbarte Übertragungszeitpunkt habe im Übrigen lediglich dazu
gedient, dass der Kläger den Veräußerungsgewinn nur nach dem
Halbeinkünfteverfahren versteuern müsse. Die steuerliche Motivation dieser Gestaltung
bestätige auch ein Schreiben des Prozessvertreters an den Kläger vom 16. Oktober
2001.
26
Der Prüfer vertrat zudem die Auffassung, der Kläger habe durch die Zahlung eines zu
niedrigen Kaufpreises für sein ihm zuvor von der Q-AG als Dienstwagen zur Verfügung
gestelltes Fahrzeug einen geldwerten Vorteil vereinnahmt, der bei dessen Einkünften
aus nichtselbstständiger Arbeit zu erfassen sei. Aus den beschlagnahmten
handschriftlichen Aufzeichnungen des Klägers ergebe sich, dass die Q-AG aufgrund der
vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrags der G-GmbH einen Betrag von 42.650 DM
überwiesen habe. Die Differenz zwischen diesem Betrag und dem an sich vertraglich
lediglich geschuldeten Ablösungsbetrag in Höhe von ungefähr 26.100 DM (brutto) stelle
eine weitere Abfindung der Q-AG an den Kläger dar.
27
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 4. März 2005
verwiesen.
28
Nachdem den Klägern der Prüfungsbericht zugegangen war, schlossen diese am 20.
Juli 2005 einen notariell beurkundeten Ehevertrag, in dem sie den gesetzlichen
Güterstand der Zugewinngemeinschaft aufhoben und unter Ausgleich des bisher
entstandenen Zugewinns den Güterstand der Gütertrennung vereinbarten. Dabei
ermittelten die Kläger eine Ausgleichsforderung zugunsten der Klägerin in Höhe von
298.000 DM. In diesem Zusammenhang rechneten die Kläger die von dem Kläger der
Klägerin Ende 1998 "ehebedingt" zugewendeten 29.500 Aktien der Q-AG mit einem
Nennwert von 5 DM an.
29
Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Prüfers an und erließ auf Grundlage von
dessen Prüfungsfeststellungen am 25. Juli 2005 für die Streitjahre
Einkommensteueränderungsbescheide, die er auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der
Abgabenordnung (AO) stützte.
30
Hiergegen legten die Kläger am 22. August 2005 Einspruch ein.
31
Im Verlauf des Einspruchsverfahrens setzte der Beklagte die Einkommensteuer der
Kläger für das Streitjahr 2001 mit einem auf § 10d Abs. 1 Satz 5 EStG gestützten
Änderungsbescheid vom 21. September 2005 niedriger fest.
32
Mit Einspruchsentscheidung vom 25. April 2006 wies er sodann den Einspruch der
Kläger als unbegründet zurück.
33
Die Kläger haben daraufhin am 26. Mai 2006 die vorliegende Klage erhoben.
34
Sie sind der Auffassung, dass der Beklagte in den angefochtenen Steuerfestsetzungen
zu Unrecht von der Klägerin erzielte Veräußerungsgewinne im Sinne des § 17 EStG
angesetzt habe.
35
Die Erfüllung der Ausgleichsforderung nach Maßgabe des Ehevertrags vom 20. Juli
2005 bewirke, dass die Klägerin die ihr am 24. Dezember 1998 übertragenen Aktien der
Q-AG nicht unentgeltlich im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG erhalten habe. Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) seien Zuwendungen unter Ehegatten
in aller Regel keine Schenkungen, weil es regelmäßig an der Einigung über die
Unentgeltlichkeit der Zuwendung fehle. Vielmehr handele es sich um ein
"ehebezogenes Rechtsgeschäft eigener Art". Eine Schenkung sei ausnahmsweise nur
dann anzunehmen, wenn diese - anders als im Streitfall - ausdrücklich notariell
vereinbart worden sei.
36
Die Erfüllung der durch den Ehevertrag vom 20. Juli 2005 entstandenen
Ausgleichsforderung stelle vielmehr eine entgeltliche Veräußerung im Sinne des § 17
Abs. 1 EStG dar. In diesem Zusammenhang sei nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs
(BFH) vom 15. Februar 1977 VIII R 175/74 (Amtliche Sammlung der Entscheidungen
des BFH - BFHE - 121, 340; Bundessteuerblatt - BStBl. - II 1977, 389), ohne Bedeutung,
dass die Übertragung der Anteile bereits vor der Beendigung der
Zugewinngemeinschaft vereinbart und vollzogen worden sei. Die Umgestaltung des
ursprünglichen Schuldverhältnisses durch den Ehevertrag vom 20. Juli 1995 bewirke,
dass die (zunächst) unentgeltliche Zuwendung der Aktien so zu behandeln sei, als wäre
sie zur Tilgung der Zugewinnausgleichsforderung an Erfüllungs statt erfolgt. Durch die
Tilgungsbestimmung in dem Ehevertrag vom 20. Juli 2005 habe die Zuwendung im Jahr
1998 ihre Eigenschaft als unentgeltlich verloren. Die Tilgungsbestimmung habe damit
der Erfüllung einer Verbindlichkeit aus dem ehelichen Güterrecht gedient, die gemäß §
1378 Abs. 3 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) erst mit der Beendigung des
Güterstandes entstanden sei. Die rechtliche Beurteilung unterscheide sich nicht von den
Fällen, in denen ein Ehegatte dem anderen einen Gegenstand zum Zwecke des
Ausgleichs des Zugewinns nach der Beendigung der Ehe übertrage. Auch dies erfolge
an Erfüllungs statt und müsse somit einkommensteuerrechtlich dieselben Folgen haben.
37
Zudem führe der Rückgriff auf die für die Streitjahre normierte, im Vergleich zu dem
Veranlagungszeitraum 1998 niedrigere Wesentlichkeitsgrenze in § 17 Abs. 1 Satz 1
EStG zu einer echten Rückwirkung, die in die abgeschlossene Übertragung aus dem
Jahr 1998 eingreife. Demgemäß habe die Klägerin unter Berücksichtigung der im Jahr
1998 maßgeblichen Rechtslage keine wesentliche Beteiligung im Sinne des § 17 Abs.
1 Satz 1 EStG erworben.
38
Ebenfalls zu Unrecht habe der Beklagte angenommen, dass der Kläger seine mit
Verträgen vom 25. Oktober 2001 verkauften Aktien bereits im Jahr 2001 veräußert habe.
Die Vertragsparteien hätten ausdrücklich bestimmt, dass die Übertragung (erst) mit
Wirkung zum 2. Januar 2002 erfolgen solle. Dementsprechend habe der Kläger seine
als Treuhänder eingeschaltete Depotbank angewiesen, die Aktien frühestens ab dem 2.
Januar 2002 Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises auf das Wertpapierdepot der
Erwerber zu übertragen. Die Erwerber seien erst am 2. Januar 2002 zivilrechtlich
Inhaber der Aktien geworden. Auch das wirtschaftliche Eigentum an den veräußerten
Aktien sei nicht vor dem 2. Januar 2002 übergegangen. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten
die Erwerber keine Rechte, z.B. Stimmrechte, ausüben können. Zudem hätten Besitz,
Gefahr, Nutzen und Lasten weiterhin beim Kläger gelegen, der die Aktien noch am 31.
Dezember 2001 in seinem Wertpapierdepot gehalten habe. Insbesondere habe dem
Kläger noch das auf die veräußerten Aktien entfallende Gewinnbezugsrecht für das
gesamte Jahr 2001 zugestanden. Aufgrund des fest vereinbarten Preises sei lediglich
die Gefahr von Kursschwankungen bereits am 25. Oktober 2001 auf die Erwerber
übergegangen. Allerdings hätten die Vertragsparteien die Kursentwicklung der Aktie für
den Zeitraum vom 25. Oktober 2001 bis zum 2. Januar 2002 aufgrund der Marktsituation
geschätzt. Der aktuelle Börsenkurs während der Vertragsverhandlungen habe ungefähr
3,20 EUR betragen. Die Vertragsparteien hätten einen Börsenkurs an dem
Übertragungszeitpunkt von 2,48 EUR, d.h. eine Minderung von ungefähr 23 v.H.,
angenommen. Tatsächlich habe der amtliche Börsenkurs am 2. Januar 2002 2,40 EUR
betragen und somit in etwa dem ausgehandelten Preis entsprochen.
39
Schließlich gehe der Beklagte zu Unrecht davon aus, dass der Kläger im
Zusammenhang mit dem Erwerb seines ehemaligen Dienstwagens einen Sachbezug
vereinnahmt habe, der bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu
erfassen sei. Die Q-AG habe dem Kläger keinen geldwerten Vorteil zugewendet, da der
Kläger das Fahrzeug zu einem marktüblichen Preis in Höhe von 125.000 DM von einem
Fahrzeughändler erworben habe. Die Differenz zu dem ursprünglichen Kaufpreis
(169.000 DM) in Höhe von 44.000 DM stelle den Wertverlust dar, den das Fahrzeug seit
der Erstzulassung im Februar 2001 erlitten habe. Ein Wertverlust dieser Größenordnung
sei nicht unüblich, zumal in dem ersten Jahr nach der Erstzulassung der relativ höchste
Wertverlust eintrete.
40
Die Kläger beantragen,
41
unter Änderung der Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2000 vom 25. Juli
2005 und für das Jahr 2001 vom 21. September 2005 sowie der
Einspruchsentscheidung vom 25. April 2006 die Einkommensteuer für das Jahr
2000 ohne Berücksichtigung eines Veräußerungsgewinns bei den Einkünften der
Klägerin aus Gewerbebetrieb und die Einkommensteuer für das Jahr 2001 ohne
Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen bei den Einkünften der Kläger aus
Gewerbebetrieb und auf Grundlage von Einkünften des Klägers aus
nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 1.128.362 DM niedriger festzusetzen,
42
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
43
Der Beklagte beantragt,
44
die Klage abzuweisen.
45
Er ist der Auffassung, dass die angefochtenen Bescheide nicht zu beanstanden seien.
46
Die von der Klägerin durch die Veräußerung von Aktien in den Streitjahren erzielten
Gewinne seien teilweise steuerpflichtig gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1, 4 bzw. 5 EStG, da
die Klägerin diese zum Teil innerhalb von fünf Jahren vor ihrer Veräußerung
unentgeltlich vom Kläger erhalten habe, der seinerseits zum Zeitpunkt der
unentgeltlichen Zuwendung der Aktien an der Q-AG wesentlich beteiligt gewesen sei.
Die Unentgeltlichkeit des Erwerbs entfalle nicht durch den am 20. Juli 2005
abgeschlossenen Ehevertrag. Die dadurch entstandene Zugewinnausgleichsforderung
führe nicht dazu, dass die ehemals unentgeltliche Zuwendung nunmehr als entgeltlich
anzusehen sei.
47
Auch der Kläger habe durch die Veräußerungen seiner Aktien bereits im Streitjahr 2001
Veräußerungsgewinne gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG erzielt. Die Erwerber der Aktien
hätten bereits mit Abschluss der Verträge am 25. Oktober 2001 das wirtschaftliche
Eigentum an den Aktien erhalten. Da die Vertragsparteien einen festen Kaufpreis in
Höhe von 1.640.000 DM für das Aktienpaket von 580.000 Stück vereinbart hätten, sei
das Kursrisiko bereits zu diesem Zeitpunkt auf die Erwerber übergegangen. Aufgrund
der gesamten vertraglichen Gestaltung sei der Kläger nach Abschluss des Vertrags
nicht mehr in der Lage gewesen, auf die Geschäftsführung der Gesellschaft
einzuwirken. Das ihm zustehende Stimmrecht sei bedeutungslos geworden, da die
verbleibenden Gesellschafter bei Beschlüssen stets eine Mehrheit gehabt hätten.
48
Der Kläger habe durch den Erwerb seines zuvor als Dienstfahrzeug genutzten Pkw von
dem G Zentrum in E zudem einen geldwerten Vorteil erzielt, der als Einnahme bei den
Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit anzusetzen sei. Das G Zentrum in E habe
das Fahrzeug von der Firma G-GmbH für einen Betrag von 169.926 DM angekauft. Die
Differenz zwischen diesem Betrag und dem von dem Kläger gezahlten Kaufpreis von
125.000 DM habe die ehemalige Arbeitgeberin des Klägers, die Q-AG, gezahlt. Laut
Leasingvertrag hätte die Q-AG für die vorzeitige Auflösung des Vertrags aber nur einen
Betrag von 7.500 DM (netto) und eine Entschädigung wegen einer höheren Fahrleistung
von 5.850 DM (netto) zahlen müssen. Die Differenz von ungefähr 26.100 DM (brutto)
habe die Q-AG ohne rechtliche Verpflichtung übernommen. Diese Zahlung habe ihre
Ursache im (ehemaligen) Arbeitsverhältnis mit dem Kläger.
49
Entgegen der Auffassung der Kläger sei in den ersten acht Monaten auch kein
Wertverlust eingetreten, der dazu geführt habe, dass der Wert des Pkw nur noch
125.000 DM betragen habe. Dies werde schon dadurch deutlich, dass der Kläger den
Pkw im März 2003 mit einer höheren Fahrleistung (57.910 km) wiederum für einen Preis
von 64.000 EUR (= 125.173 DM) bei dem G Zentrum in E in Zahlung gegeben habe.
50
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
51
Entscheidungsgründe
52
Die Klage ist teilweise begründet.
53
Der Einkommensteueränderungsbescheid für das Streitjahr 2001 vom 21. September
2005, der den Bescheid vom 25. Juli 2001 gemäß § 68 Satz 1 FGO ersetzt hat, und die
hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 25. April 2006 sind teilweise
54
rechtswidrig und verletzen die Kläger ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO -). Dagegen sind der
Einkommensteueränderungsbescheid für das Streitjahr 2000 vom 25. Juli 2001 und die
hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 25. April 2006 rechtmäßig und
verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Der Beklagte hat bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 2001 aus den
Aktienveräußerungen des Klägers durch die Verträge vom 25. Oktober 2001 zu Unrecht
Veräußerungsgewinne gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr 2001 -
gemäß der damals geltenden Vorschrift des § 52 Abs. 34a EStG noch - geltenden
Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I, 2601) angesetzt.
55
Nach dieser Vorschrift gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn
aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer
innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war.
Anteile an einer Kapitalgesellschaft sind zwar auch Aktien (§ 17 Abs. 1 Satz 3 EStG).
Ein nach dieser Vorschrift steuerbarer Gewinn entsteht allerdings nicht bereits mit
Abschluss des schuldrechtlichen Kaufvertrags, sondern erst mit der Veräußerung, d.h.
grundsätzlich in dem Zeitpunkt, in dem die zivilrechtliche, zumindest aber die
wirtschaftliche Inhaberschaft der Anteile auf den Erwerber übergeht (BFH, Urteil vom 11.
Juli 2006 VIII R 32/04, BStBl. II 2007, 296; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, Kommentar,
28. Auflage 2009, § 17 Rdnr. 96ff.).
56
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist aufgrund der von dem Kläger mit
Verträgen vom 25. Oktober 2001 vorgenommenen Aktienveräußerungen im Streitjahr
2001 kein Gewinn entstanden.
57
Zwar hat der Kläger durch die Verträge vom 25. Oktober 2001 Anteile an einer
Kapitalgesellschaft, nämlich der Q-AG, veräußert. Diese Veräußerung erfolgte jedoch
nicht bereits im Streitjahr 2001, sondern erst im Jahr 2002.
58
Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass die Inhaberschaft an den veräußerten
Anteilen aufgrund der ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarungen in den Verträgen
vom 25. Oktober 2001 zivilrechtlich erst mit Wirkung zum 2. Januar 2002 auf die
Erwerber übergegangen ist. Entgegen der Auffassung des Beklagten sind die Erwerber
aber auch nicht vorher, nämlich bereits im Streitjahr 2001, wirtschaftliche Inhaber der
von ihnen erworbenen Aktien geworden.
59
Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ist die Rechtsstellung des wirtschaftlichen Eigentümers
dadurch gekennzeichnet, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die
gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich
ausschließen kann. Unter diesen Voraussetzungen können auch Rechte, also auch
Kapitalgesellschaftsanteile, Gegenstand des wirtschaftlichen Eigentums sein. Letzteres
ist im Falle des Verkaufs einer Beteiligung jedenfalls dann anzunehmen, wenn der
Käufer des Anteils aufgrund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine
rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die
ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann, und die mit dem Anteil
verbundenen wesentlichen Rechte sowie das Risiko einer Wertminderung und die
Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind (vgl. BFH, Urteil vom 9.
Oktober 2008 IX R 73/06, BFHE 223, 145, BStBl. II 2009, 140; BFH, Urteil vom 15.
Dezember 1999 I R 29/97, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des
60
BFH - BFH/NV - 2000, 793 mit weiteren Nachweisen). Bei der Prüfung dieser Merkmale
ist zu berücksichtigen, dass nach ständiger Rechtsprechung der Übergang des
wirtschaftlichen Eigentums nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen
Einzelfall zu bestimmen ist. Eine von der zivilrechtlichen Inhaberstellung abweichende
Zuordnung eines Wirtschaftsguts kann deshalb auch dann anzunehmen sein, wenn die
vorstehend genannten Voraussetzungen nicht in vollem Umfang erfüllt sind (BFH-Urteil
in BFHE 223, 145, BStBl. II 2009, 140).
Hiernach ist im Streitfall das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen an der Q-AG erst
zu dem vertraglich vereinbarten Zeitpunkt, nämlich am 2. Januar 2002, übergegangen.
Denn die Erwerber hatten vorher noch keine Rechtspositionen erhalten, die ihnen unter
Berücksichtigung der Umstände des Streitfalls bereits das wirtschaftliche Eigentum an
den Anteilen vermittelt haben. So konnten die Erwerber vor dem 2. Januar 2002 keine
Rechte aus den Aktien wahrnehmen, insbesondere verfügten die Erwerber nicht über
die mit den Aktien verbundenen Stimmrechte. Darüber hinaus stand dem Kläger auch
noch das mit den Aktien verbundene Gewinnbezugsrecht für das gesamte Streitjahr
2001 zu. Lediglich das Risiko der Kursentwicklung war bereits im Zeitpunkt des
Abschlusses der Kaufverträge vom 25. Oktober 2001 auf die Erwerber übergegangen,
weil sich die Vertragsparteien darin bereits auf einen festen Kaufpreis geeinigt hatten.
Jedoch weicht der vereinbarte Kaufpreis von 2,48393 EUR pro Aktie nicht
unangemessen von dem amtlichen Börsenkurs am 2. Januar 2002 in Höhe von 2,40
EUR ab. Allein die Vereinbarung eines festen Kaufpreises reicht unter Würdigung der
Umstände des Streitfalls nach Überzeugung des Senats für einen Übergang des
wirtschaftlichen Eigentums nicht aus, zumal der Veräußerer durch die Berücksichtigung
eines Abschlages bei der Bemessung des Kaufpreises das Risiko einer bereits
prognostizierten rückläufigen Kursentwicklung teilweise mitgetragen hat.
61
Dagegen hat der Beklagte zu Recht in seinen Einkommensteuerbescheiden für die
beiden Streitjahre aus den Veräußerungen der Aktien der Q-AG durch die Klägerin
aufgrund der Verträge aus September 2000 und vom 25. Oktober 2001 gewerbliche
Einkünfte gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1, 5 EStG zugrunde gelegt.
62
Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG in der im Streitfall anwendbaren Fassung des Gesetzes
vom 22. Dezember 1999 (Bundesgesetzblatt - BGBl. - I, 2601) gehört zu den Einkünften
aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer
Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre an dem
Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war. Eine wesentliche Beteiligung ist
gegeben, wenn der Veräußerer an der Gesellschaft zu mindestens 10 v.H. unmittelbar
oder mittelbar beteiligt war (§ 17 Abs. 1 Satz 4 EStG in der im Streitfall anwendbaren
Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 1999, BGBl. I, 2601). Hat der Veräußerer den
veräußerten Anteil innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung unentgeltlich
erworben, so gilt Satz 1 entsprechend, wenn der Veräußerer zwar nicht selbst, aber der
Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre wesentlich beteiligt war (§ 17 Abs. 1
Satz 5 EStG in der im Streitfall anwendbaren Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember
1999, BGBl. I, 2601).
63
Letzteres ist hier der Fall.
64
Die Klägerin selbst war in den Streitjahren zwar nicht wesentlich an der Q-AG beteiligt,
da ihre Beteiligung niedriger als 10 v.H. war.
65
Gleichwohl ist die Veräußerung von Aktien aufgrund der Verträge vom 25. Oktober
2001, soweit sie die 29.500 Aktien betreffen, die die Klägerin am 24. Dezember 1998
vom Kläger erhalten hat und die später in 75.416 Aktien umgewandelt wurden, gemäß §
17 Abs. 1 Satz 5 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung steuerbar, denn die
Klägerin hatte die veräußerten Anteile von dem Kläger am 24. Dezember 1998
unentgeltlich, nämlich - wovon der Senat überzeugt ist - durch eine Schenkung
erworben.
66
Zwar sind Zuwendungen unter Ehegatten in der Regel nicht als Schenkungen im Sinne
der §§ 516ff. BGB zu qualifizieren, weil sie zumeist der ehelichen Lebensgemeinschaft
dienen. Jedoch ist eine Schenkung auch unter Ehegatten möglich, wenn beide sich
einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Unentgeltlich ist eine Zuwendung
nur, wenn sie nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts von keiner Gegenleistung abhängig
ist. Eine Zuwendung unter Ehegatten, der die Vorstellung oder die Erwartung zugrunde
liegt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben werde, oder sonst um der
Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung oder Sicherung der ehelichen
Lebensgemeinschaft erbracht wird und darin seine Geschäftsgrundlage hat, ist keine
Schenkung, sondern eine ehebedingte Zuwendung (Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.
Januar 1990 XII ZR 1/89, Neue Juristische Wochenschrift - Rechtsprechungsreport -
1990, 386 mit weiteren Nachweisen).
67
Nach diesen Grundsätzen liegen im Streitfall die Voraussetzungen für die Annahme
einer Schenkung vor. Denn der schriftlichen Erklärung des Klägers vom 24. Dezember
1998, der Klägerin 29.500 Aktien der Q-AG zu schenken, lag keine Gegenleistung
zugrunde. Vielmehr waren sich beide einig, dass die Übertragung der Anteile
unentgeltlich erfolgen sollte. Dies ergibt sich bereits aus der Formulierung in dem an die
Klägerin gerichteten Schreiben des Klägers vom 24. Dezember 1998, wonach der
Kläger diese Aktien "schenkt". Nach Überzeugung des Senats war sich der Kläger der
Bedeutung seiner Formulierung auch bewusst, zumal keine Anhaltspunkte dafür
erkennbar sind, dass er zum damaligen Zeitpunkt eine Gegenleistung entlohnen wollte
oder die Aktien der Klägerin der Erwartung zugewendet hat, dass die Ehe fortbestehen
würde. Dafür spricht insbesondere auch, dass er noch Jahre später, nämlich bei einer im
Rahmen eines gegen ihn gerichteten Steuerstrafverfahrens durchgeführten
Vernehmung durch das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung C am 24.
März 2004 unter anderem nähere Ausführungen zu den der Klägerin "geschenkten
Aktien" gemacht hat. Hinzu kommt, dass die Beurteilung des Senats im Übrigen auch
mit der Tradition in Einklang steht, an Weihnachten Geschenke unentgeltlich
zuzuwenden.
68
Schließlich steht der Annahme einer Schenkung auch nicht entgegen, dass das
schriftliche Schenkungsversprechen mangels notarieller Beurkundung zivilrechtlich
nach § 518 Abs. 1 Satz 1 BGB zunächst unwirksam war. Dieser Formmangel wurde
durch den Vollzug der Schenkung gemäß § 518 Abs. 2 BGB geheilt.
69
Der Unentgeltlichkeit des Erwerbs ist zudem nicht nachträglich durch die
Vereinbarungen in dem Ehevertrag vom 20. Juli 2005 (rückwirkend) entfallen.
70
Der Senat kann offen lassen, welche steuerrechtlichen Folgen aus einer derartigen
Vereinbarung zu ziehen wären, wenn die Klägerin im Zeitpunkt dieser Vereinbarung die
Anteile an der Q-AG noch nicht veräußert hätte. Jedenfalls kann eine vertragliche
Gestaltung des Sachverhalts nach der Veräußerung von Anteilen an einer
71
Kapitalgesellschaft, die die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllt, nicht
mit steuerrechtlicher Rückwirkung auf den bereits nach § 38 AO entstandenen
Steueranspruch einwirken (vgl. BFH, Urteil vom 24. August 2006 IX R 40/05, BFH/NV
2006, 2236; Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, Kommentar, § 38 AO Tz. 33f.;
Brockmeyer/Ratschow in Klein, AO, Kommentar, 10. Auflage 2009, § 38 Rdnr. 11). Dem
steht auch das Urteil des BFH vom 15. Februar 1977 (VIII R 175/74, BFHE 121, 340,
BStBl. II 1977, 389), auf das sich die Kläger berufen, nicht entgegen. Denn in dem vom
BFH entschiedenen Fall ging es nicht um die steuerrechtliche Rückwirkung einer
Vertragsgestaltung, sondern um die Frage eines entgeltlichen Erwerbs von einem
Ehegatten im Zusammenhang mit Ermittlung der Bemessungsgrundlage für eine
(zukünftig) Inanspruchnahme von Beträgen für Absetzungen für Abnutzungen.
Nach Auffassung des Senats führt die Anwendung dieser Grundsätze auch dazu, dass
die erzielten Gewinne der Klägerin aufgrund der mit Verträgen vom September 2000
und Oktober 2001 erfolgten Veräußerungen der übrigen von ihr nach dem 24. Dezember
1998 erworbenen Aktien der Q-AG steuerbar sind. Denn vor dem Hintergrund, dass die
Klägerin ohne die ihr zuvor von dem Kläger geschenkten Aktien weder an der
Umwandlung von Gewinnrücklagen der Q-AG hätte partizipieren noch Anteile dieser
Gesellschaft im Rahmen von Kapitalerhöhungen zu einem (verbilligten) Anteilspreis von
einem EUR statt - wie die Arbeitnehmer der Q-AG - von 14 EUR hätte erwerben können,
setzt sich der unentgeltliche Erwerb der 29.500 Aktien in den nach der Schenkung von
der Klägerin erworbenen weiteren Aktien jedenfalls insoweit fort, als der Erwerb
unentgeltlich erfolgte.
72
Dieser Beurteilung stehen auch nicht die Ausführungen des BFH in seinem Urteil vom
29. Juli 1997 VIII R 80/94 (BFHE 184, 74, BStBl. II 1997, 727) entgegen. Die Grundsätze
dieser Entscheidung sind auf den Streitfall nach Auffassung des erkennenden Senats
schon deshalb nicht übertragbar, weil im Streitfall - anders als in dem von dem BFH
entschiedenen Fall - die weiteren Erwerbe unentgeltlich bzw. teilweise unentgeltlich
erfolgten.
73
Der Rechtvorgänger der Klägerin, nämlich der Kläger, war auch innerhalb der letzten
fünf Jahre vor der Veräußerung der Aktien der Q-AG durch die Klägerin wesentlich im
Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung, d.h. zu
mindestens 10 v.H. am Kapital der Q-AG, beteiligt.
74
Die Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 5 EStG wird im Streitfall auch nicht dadurch
ausgeschlossen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Abgabe des
Schenkungsversprechens am 24. Dezember 1998 noch keine wesentliche Beteiligung
im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG in der für den Veranlagungszeitraum 1998
geltenden Fassung hielt, d.h. nicht zu mehr als mindestens ein Viertel an der Q-AG
beteiligt war. Denn bei der Vorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 5 EStG handelt es sich um
nicht um eine Rechtsgrund-, sondern eine Rechtsfolgenverweisung (BFH-Urteil in
BFHE 184, 74, BStBl. II 1997, 727; Gosch in Kirchhof, EStG, Kompaktkommentar, § 17
Rdnr. 91). Demnach bestimmt sich die Frage, ob der Rechtsvorgänger des Veräußerers
wesentlich beteiligt war, ausschließlich nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG. Im Rahmen der
Auslegung des § 17 Abs. 1 Satz 5 EStG gelten nach der Auffassung des Senats
dieselben Grundsätze, die für die Qualifizierung einer Beteiligung als wesentlich im
Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG maßgeblich sind. Dies bestimmt sich wiederum nach
der im Veräußerungszeitpunkt geltenden Gesetzesfassung (BFH-Urteil in BFHE 223,
145, BStBl. II 2009, 140; BFH, Urteil vom 1. März 2005 VIII R 25/02, BFHE 209, 275,
75
BStBl. II 2005, 436).
Diese Beurteilung steht auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift des
§ 17 Abs. 1 Satz 5 EStG. Diese erweitert den Anwendungsbereich des § 17 Abs. 1 Satz
1 EStG in der Weise, dass sich aus der Perspektive des zuletzt entgeltlich erwerbenden
Rechtsvorgängers die von ihm selbst erfüllten tatbestandlichen Voraussetzungen des
Grundtatbestands bei einem Dritten, der die Anteile unentgeltlich erwirbt, für die Dauer
von fünf Jahren fortsetzen (Schneider in Kirchhof/Söhn/Mellinghof, Kommentar zum
EStG, § 17 Rdnr. B 170). Hätte der Kläger selbst im Jahr 2001 die am 24. Dezember
1998 der Klägerin unentgeltlich übertragenen Aktien veräußert, wäre diese
Veräußerung in seiner Person steuerbar gewesen, weil er im Zeitpunkt der
Veräußerung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG in der für den Veranlagungszeitraum 2001
geltenden und damit maßgeblichen Fassung wesentlich beteiligt gewesen wäre.
76
Diese Auslegung verstößt nicht gegen das Rückwirkungsverbot (BFH-Urteil in BFHE
209, 275, BStBl. II 2005, 436). Der Senat vermag einen derartigen Verstoß
insbesondere auch nicht darin zu erkennen, dass die Anteile zu einem Zeitpunkt
unentgeltlich auf die Klägerin übergegangen sind, zu dem der Kläger an der Q-AG
(noch) nicht wesentlich im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG beteiligt war. Denn durch
die gesetzliche Absenkung der Grenze für eine Beteiligungsquote wurden nicht nur die
Anteile des Klägers, sondern zugleich auch die zuvor unentgeltlich auf die Klägerin
übertragenen Anteile steuerverstrickt.
77
Die Veräußerungen der Anteile an der Q-AG durch die Klägerin sind auch in den
Streitjahren zu erfassen, da die von der Klägerin veräußerten Aktien der Q-AG jeweils
bereits in diesen Jahren auf die Erwerber übergegangen sind.
78
Die Höhe der vom Beklagten in den angefochtenen Einkommensteuerfestsetzungen
berücksichtigten, unter Berücksichtigung der Freibeträge gemäß § 17 Abs. 3 EStG
ermittelten steuerpflichtigen Veräußerungsgewinne ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
Sie wird im Übrigen auch von den Klägern nicht bestritten.
79
Der Klage ist schließlich auch insoweit der Erfolg zu versagen, als sie sich gegen den
Ansatz eines geldwerten Vorteils bei den Einkünften des Klägers aus
nichtselbstständiger Arbeit im Zusammenhang mit dem Kauf seines früheren
Dienstwagens bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 2001 richtet.
80
Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbstständiger
Arbeit Gehälter, Löhne und andere Bezüge aus einer Beschäftigung im privaten Dienst.
Arbeitslohn sind alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis
zufließen. Es ist unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die
Einnahmen gewährt werden (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Lohnsteuer-
Durchführungsverordnung - LStDV -). Auch ist es gleichgültig, ob es sich um laufende
oder einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht (§ 19 Abs. 1
Satz 2 EStG). Nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 LStDV gehören zum Arbeitslohn auch
Entschädigungen, die dem Arbeitnehmer für die Aufgabe einer Tätigkeit gewährt
werden.
81
Nach diesen Grundsätzen hat die Q-AG dem Kläger dadurch Arbeitslohn zugewendet,
dass sie wegen der vorzeitigen Auflösung des Leasingvertrags mit der G-GmbH an
diese einen Betrag in Höhe von 41.676,40 DM gezahlt hat. Denn nach den
82
unbestrittenen Feststellungen des Betriebsprüfers war von dieser Zahlung lediglich ein
Teilbetrag in Höhe von 6.786 DM eine Entschädigung dafür, dass die Fahrleistung des
geleasten Pkw höher war als im Leasingvertrag vereinbart, und ein weiterer Teilbetrag
in Höhe von 8.700 DM eine Entschädigung für die vorzeitige Beendigung des
Leasingvertrags. Demgegenüber stand der Zahlung des Differenzbetrags in Höhe von
ungefähr 26.100 DM durch die Q-AG keine Verpflichtung aus dem Leasingvertrag
gegenüber. Diese Zahlung hat vielmehr nach Überzeugung des Senats den Charakter
einer zusätzlichen Abfindung für den Kläger, die im Zusammenhang mit der vorzeitigen
Beendigung eines Dienstverhältnisses vereinbart wurde.
Der Senat stützt seine Überzeugung zum einen auf verschiedene handschriftliche
Aufzeichnungen des Klägers, nach denen dieser seinen Dienstwagen von dem G
Zentrum in E unmittelbar nach der Beendigung des Leasingvertrags zu einem mit seiner
Arbeitgeberin vereinbarten Festpreis wieder erwerben wollte, und die Q-AG deshalb, um
diesen Kaufpreis zu ermöglichen, an die G-GmbH eine Zahlung leisten musste, die über
die im Leasingvertrag vereinbarten Zahlungsverpflichtungen hinausging.
83
Zum anderen hat aber auch das G Zentrum in E selbst in seinen Schreiben vom 22. Juni
2009 und 18. August 2009 bestätigt, dass die Zahlung der Q-AG einen Teil des Entgelts
für den Verkauf des Pkw dargestellt hat. Hinzu kommt, dass auch die verbindliche
Bestellung vom 24. Oktober 2001 einen Gesamtkaufpreis von 166.676,37 DM und eine
Zuzahlung der Q-AG in Höhe von 41.676,37 DM ausweist.
84
Soweit die Kläger dagegen behaupten, der Verkehrswert des Fahrzeugs habe schon im
Oktober 2001 lediglich 125.000 DM betragen, folgt der Senat dem nicht. Gegen die
Richtigkeit dieses Vorbringens spricht bereits die spätere Inzahlungsgabe des
Fahrzeugs am 25. März 2003 für einen Betrag in Höhe von 64.000 EUR (= 125.173 DM).
85
Im Übrigen ist im Streitfall für die Beurteilung, ob dem Kläger ein geldwerter Vorteil
zugeflossen ist, nicht allein auf den Verkehrswert des Fahrzeugs abzustellen, sondern
auch die aufgrund der vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrags entstehende
Entschädigungsverpflichtung gegenüber der G-GmbH einzubeziehen.
86
Der Erlass der Einkommensteueränderungsbescheide für die Streitjahre vom 25. Juli
2005 ist schließlich auch verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden.
87
Der Beklagte war nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO berechtigt, die ursprünglichen
Steuerfestsetzungen zu ändern.
88
Nach dieser Vorschrift sind Steuerbescheide zu ändern, soweit Tatsachen und
Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen.
89
So liegt es hier.
90
Dem für die Einkommensteuerveranlagung der Kläger zuständigen Amtsträger des
Beklagten sind erst nach dem Erlass der ursprünglichen Einkommensteuerbescheide
für die Streitjahre, nämlich durch die Betriebsprüfung, die Tatsachen bekannt geworden,
die zum Ansatz der Veräußerungsgewinne bei der Klägerin gemäß § 17 EStG und des
zusätzlichen Arbeitslohns bei dem Kläger geführt haben.
91
Die Berechnung der nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen festzusetzenden
92
Einkommensteuer der Kläger für das Streitjahr 2001 wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2
FGO dem Beklagten übertragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
93
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 1 Satz
1, 3 FGO in Verbindung mit § 709 der Zivilprozessordnung.
94
Der Senat lässt die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO zu. Zum einen
hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung. Zum anderen vermag der Senat nicht
auszuschließen, dass seine Entscheidung von dem BFH-Urteil in BFHE 184, 74, BStBl.
1997, 727, abweicht.
95