Urteil des FG Münster vom 22.04.2009

FG Münster: könig, einkünfte, gegenleistung, allgemeine lebenserfahrung, internetseite, glücksspiel, pauschal, datum, telefon, abgabenordnung

Finanzgericht Münster, 12 K 3308/07 E
Datum:
22.04.2009
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 K 3308/07 E
Tenor:
Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids 2002 vom
28.03.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.07.2007 wird
die Einkommensteuer 2002 auf 38.256 EUR festgesetzt; im Übrigen wird
die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Streitig ist, ob der Kläger (Kl.) aus der Beteiligung an Schenkkreisen ("Tafelrunden")
sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz - EStG -) erzielt hat und wenn ja,
in welcher Höhe Fahrtaufwendungen, pauschal geltend gemachte Aufwendungen für
Telefon, Internet und "Krönungsfeiern" sowie Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens
als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
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Der Kl. ist Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH und erzielte im Streitjahr 2002
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) sowie aus Kapitalvermögen (§ 20
EStG). Er wurde - von seiner Ehefrau seit 2001 getrennt lebend - einzeln zur
Einkommensteuer (ESt) veranlagt.
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Der Beklagte (Bekl.) setzte die ESt 2002 nach Abgabe der Steuererklärung in 2003 mit
Bescheid vom 05.12.2003 auf 21.774 EUR fest.
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Im Jahr 2006 wurde im Rahmen von Ermittlungen des Finanzamts für Steuerstrafsachen
und Steuerfahndung B (StrafaFA B) bekannt, dass der Kl. sich im Rahmen eines
Pyramidenspiels an vier Schenkkreisen beteiligt hatte. Die als Tafelrunde bezeichneten
Schenkkreise waren im August 2002 im Raum O entstanden.
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Eine Tafelrunde war nach den im Internet unter "www.t .net" veröffentlichten Spielregeln
nach Art einer Pyramide organisiert. Jede Tafelrunde bestand aus 15 Personen und
gliederte sich in vier Stufen. An der Spitze (erste Stufe) stand eine Person (König), auf
der zweiten Stufe zwei Personen (Edelmann), auf der dritten Stufe vier Personen (Ritter)
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und auf der vierten und letzten Stufe acht Personen (Knappen). Ein Eintritt in eine
Tafelrunde erfolgte auf der vierten Stufe.
Die Spielregeln sahen vor, dass mit Besetzung sämtlicher Knappenpositionen alle acht
Knappen an den König "Schenkungen" i. H. v. jeweils 5.000 EUR -- in der Summe
40.000 EUR -- zu leisten hatten. Die Schenkungen erfolgten durch Übergabe von
Bargeld im Rahmen einer Feier. Hierbei wurden vom König, den Knappen und einem
Zeugen eine vorformulierte "Schenkungs-Urkunde" unterzeichnet. Wegen des Inhalts
der Schenkungsurkunden wird auf diese (graue Sonderakte des Bekl.) verwiesen.
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Nach der Beschenkung des Königs schied dieser aus der Tafel aus und es entstanden
durch Aufteilung zwei neue Tafeln. An deren Spitze traten die Personen, welche zuvor
auf der zweiten Stufe (Edelmänner) gestanden hatten. Die zweite Stufe wurde mit
jeweils zwei Personen der dritten Stufe der Ausgangstafel besetzt. In die dritte Stufe
rückten jeweils vier Knappen der Ausgangstafel auf, so dass die Knappenpositionen der
neuen Tafeln erneut zu besetzen waren.
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Grundlage der Tafelrunden war neben den Spielregeln ein ebenfalls im Internet
veröffentlichter "Ehrencodex". Tafeln, welche gegen den Ehrencodex verstießen,
konnten von der Internetseite ausgeschlossen werden.
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Die Kommunikation der Teilnehmer einer Tafelrunde erfolgte über die Internetseite; dort
waren sämtliche Teilnehmer mit Vornamen und Telefonnummern aufgeführt. Treffen der
Tafeln, insbesondere Ort und Datum einer Krönungsfeier (Beschenkung des Königs)
wurden auf der Internetseite veröffentlicht. Die Verwaltung der Angaben zu einer Tafel
erfolgte durch den König. Die Beschenkungsfeier wurde vom König organisiert. Nach
seiner Krönung erhielt der König ein "Tool" zum Aufteilen der Tafelrunde. Nach dem
Ehrencodex oblag es dem König, sich an der Finanzierung eines Treffens zu beteiligen;
zudem musste der König einen "Beitrag" für die Erhaltung der Internetseite erbringen.
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Für die Teilnehmer sah der Ehrencodex die "Obliegenheit" zur Anwerbung neuer
Teilnehmer vor. Ein Teilnehmer, der bis zum Erreichen der zweiten Stufe (Edelmann)
selbst keinen Teilnehmer geworben hatte, sollte durch Mehrheitsentscheid gegen
Rückgabe seines Geschenks durch einen "aktiven neuen Mitspieler" ersetzt werden
können.
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Wegen der weiteren Einzelheiten zum Inhalt der Spielregeln sowie des Ehrencodex
wird auf diese verwiesen (Anhänge 1 und 2 zum Bericht des StrafaFA B vom
02.03.2007, graue Sonderakte des Bekl.).
12
Der Kl. war in 2002 an drei Tafelrunden (Nr. 19, 138 und 288) als König und zugleich als
Knappe beteiligt und an einer weiteren Tafel (Nr. xxx) als Knappe; bei zwei Tafeln (Nr.
xx und xxx) wurde der Kl. in 2002 zum König gekrönt und erzielte Einnahmen i. H. v.
insgesamt 60.000 EUR. Aus den beiden anderen Tafeln (Nr. 165 und 288) erzielte er im
Streitjahr 2002 keine Einnahmen.
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Der Kl. selbst warb Teilnehmer aus seinem Bekannten- und Freundeskreis, wobei im
Einzelnen nicht festgestellt werden konnte, wie viele Personen der Kl. geworben hat.
Zudem hatte der Kl. Herrn L, , in 2002 Bargeld i. H. v. 15.000 EUR für die Anwerbung
neuer Teilnehmer im Raum B übergeben.
14
Mit zwei Knappen hatte der Kl. vereinbart, dass die 5.000 EUR an ihn, den Kl., erst im
Falle einer nachfolgenden Beschenkung der Knappen selbst zu leisten sind. Eine
Zahlung dieser Knappen an den Kl. erfolgte nicht.
15
Der Kl. besuchte im Streitjahr (2002) bis zu seinen Krönungen Treffen der Tafelrunden
Nr. xx und xxx einschließlich seiner eigenen "Krönungen" in O (einfache Wegstrecke:
48 km) an 21 Tagen und in B (einfache Wegstrecke: 180 km) an 4 Tagen. Darüber
hinaus besuchte er bis in das Jahr 2003 hinein Treffen der Tafeln. Zu Krönungen des Kl.
kam es in 2003 nicht mehr.
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Der Bekl. war der Ansicht, dass es sich bei den Einnahmen um sonstige Einkünfte aus
Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG handele und erließ mit Datum vom 28.03.2007 einen
nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderten ESt-Bescheid 2002. Darin
setzte er sonstige Einkünfte i. H. v. 35.000 EUR (60.000 EUR ./. 25.000 EUR) an und die
ESt 2002 auf xx.xxx EUR fest.
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Der hiergegen gerichtete Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung (EE) vom
17.07.2007 als unbegründet zurückgewiesen.
18
Mit der hiergegen gerichteten Klage macht der Kl. geltend, es handele sich bei den
Schenkungen der Knappen an ihn als König nicht um Gegenleistungen für eine von ihm
erbrachte sonstige Leistung i. S. v. § 22 Nr. 3 EStG. Sofern sein Ausscheiden als König
überhaupt als sonstige Leistung gewertet werden könne, fehle es an dem erforderlichen
wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung. Sein, des Kl.,
Ausscheiden sei für die Zuwendenden unerheblich und nicht Anlass der Zahlungen
gewesen. Die Zahlungen seien vielmehr für eine Teilnahme am Spiel als Eintrittsgeld
erbracht worden.
19
Die Zahlungen der Knappen stünden auch außer Verhältnis zu seinen, des Kl,
sonstigen Tätigkeiten als König, welche im "Anklicken" der elektronischen
Benutzeroberfläche bzw. dem schlichten "Eintippen" der Namen der Knappen auf den
von Dritten vorgegebenen "Web-Seiten" bestanden hätten. Derart geringfügige
Tätigkeiten könnten nicht als sonstige Leistung i. S. v. § 22 Nr. 3 EStG gewertet werden.
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Die allgemeine Lebenserfahrung lasse es undenkbar erscheinen, dass die Zahlungen
der Knappen Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein könnten.
21
Der Streitfall sei nicht mit dem Unternehmensspiel "Life" vergleichbar. Die vom Bekl.
angeführten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH – (BFH-Beschlüsse vom
28.06.1996 X B 15/96, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des
BFH -- BFH/NV -- 1996, 743; vom 14.05.1997 XI B 145/96, BFH/NV 1997, 658) dazu
seien nicht einschlägig.
22
Die Hingabe der Gelder durch die Knappen im Rahmen der Krönungsfeiern seien als
Schenkungen vereinbart worden und gewollt gewesen. Dafür spreche auch, dass keiner
der Knappen das Geld von ihm, dem Kl., zurückgefordert habe. Der Verweis des Bekl.
auf zahlreiche Zivilklagen sei unerheblich.
23
Hilfsweise macht der Kl. - erstmals im Klageverfahren - Aufwendungen für Fahrten zu
den von August/September 2002 bis einschließlich Februar 2003 erfolgten Treffen der
Tafelrunden in O (Entfernung: 48 km) und in B (Entfernung: 180 km) sowie zu den
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Krönungsfreiern am 06.11.2002 (Tafel xx) in O und am 10.12.2002 (Tafel xxx) in B als
Werbungskosten (Wk) geltend:
Fahrtaufwendungen 2002:
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20 Fahrten (Treffen O) x 48 km x 0,60 EUR = 576,00 EUR;
1 Fahrt (Krönungsfeier O) x 48 km x 0,60 EUR = 28,80 EUR;
3 Fahrten (Treffen B) x 180 km x 0,60 EUR = 324,00 EUR;
1 Fahrt (Krönungsfeier B) x 180 km x 0,60 EUR = 108,00 EUR;
Summe: 1.036,80 EUR
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28
Fahrtaufwendungen 2003:
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9 Fahrten nach O á 48 km x 0,60 EUR = 259,20 EUR;
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31
32
Des Weiteren macht der Kl. die Gerichts- und Anwaltskosten des vorliegenden
Verfahrens als Wk geltend, welche er auf insgesamt 4.199,35 EUR beziffert.
33
Zudem begehrt er den Abzug von Telefon- und Internetkosten für den Zeitraum der
Teilnahme an den Tafeln sowie seinen, des Kl., Aufwand im Rahmen der
Krönungsfeiern pauschal mit 500 EUR zu berücksichtigen.
34
Der Kl. beantragt sinngemäß,
35
den ESt-Bescheid 2002 vom 28.03.2007 in Gestalt der EE vom 17.07.2007
aufzuheben;
36
hilfsweise,
37
unter Abänderung des ESt-Bescheids 2002 vom 28.03.2007 in Gestalt der EE
vom 17.07.2007 die sonstigen Einkünfte (§ 22 Nr. 3 EStG) um
Werbungskosten i. H. v. insgesamt 5.995,35 EUR zu kürzen und die ESt 2002
38
entsprechend herabzusetzen.
hilfsweise,
39
die Revision zuzulassen.
40
Der Bekl. beantragt,
41
die Klage abzuweisen.
42
Der Bekl. verweist im Wesentlichen darauf, dass die Zahlungen der Knappen an den
König nicht als Schenkungen im Rechtssinne zu qualifizieren seien. Die Gelder seien in
der Erwartung einer konkreten Gegenleistung erbracht worden. Die Gegenleistung des
Königs bestehe darin, mit Entgegennahme der Gelder seine Position zu räumen und
den Knappen ein Aufrücken in die nächste Ebene zu ermöglichen. Das Erreichen der
Königsposition könne von den Teilnehmern durch Anwerben neuer Mitglieder
beeinflusst werden. Der Kl. habe z. B. Provisionen für die Anwerbung neuer Teilnehmer
gezahlt.
43
Unter fremden Dritten würden erfahrungsgemäß keine Schenkungen gemacht werden.
Zwischenzeitlich sei eine Vielzahl zivilrechtlicher Klageverfahren anhängig, in denen
Knappen ihre Zahlungen wegen Nichteintritt des erhofften Erfolges zurückforderten.
Dies spreche gegen den Wille einer freigebigen Zuwendung.
44
Von den im Klageverfahren geltend gemachten Wk seien allein die Aufwendungen für
die Fahrten zu den Krönungen des Kl. in O und B mit insgesamt 137 EUR
anzuerkennen. Die eventuell entstehenden Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens
seien nicht als Wk abzugsfähig. Sie teilten das rechtliche Schicksal der gem. § 12 Nr. 3
EStG nicht abzugsfähigen ESt. Die Telefon- und Internetkosten könntten im
Schätzungswege mit 100 EUR anerkannt werden.
45
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten,
den Bericht des StrafaFA B vom 02.03.2007 und die ESt-Akte 2002 verwiesen.
46
Der Berichterstatter des Senats hat die Sache mit den Beteiligten am 17.02.2009
erörtert. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
47
Entscheidungsgründe:
48
Der Senat entscheidet im Einverständis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§
90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -).
49
Die Klage ist mit ihrem die Steuerbarkeit der Einnahmen aus den Schenkkreisen
verneinenden Hauptbegehren unbegründet und mit ihrem auf Anerkennung weiterer
Werbungskosten gerichteten Hilfsbegehren teilweise begründet.
50
Der Bekl. hat die formell bestandskräftige Festsetzung der ESt 2002 zu Recht durch
ESt-Bescheid vom 28.03.2007 abgeändert.
51
Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide zu ändern, soweit Tatsachen oder
Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen.
52
Dem Bekl. war bei Durchführung der Veranlagung des Kl. zur ESt 2002 mit Bescheid
vom 05.12.2003 nicht bekannt, dass der Kl. in 2002 an zwei Tafelrunden als König
beteiligt war und hieraus Einkünfte erzielt hatte. Der Bekl. erhielt davon erst im Jahr
2006 aufgrund der Ermittlungen des StrafaFA B Kenntnis.
53
Die nachträglich bekannt gewordene Tatsache (Einkunftsquelle "Schenkkreis") führt zu
einer höheren ESt 2002. Der Kl. erzielte nicht Einnahmen aus einem (reinen)
Glücksspiel, sondern übte eine einkünfteerzielende Tätigkeit i. S. v. § 22 Nr. 3 EStG aus.
54
Bei dem Pyramidenspiel handelte es sich entgegen der Ansicht des Kl. nicht um ein
reines Glücksspiel, welches zu nicht steuerbaren Einnahmen führte.
55
Der Teilnehmer an einem Glücksspiel beteiligt sich mangels Leistungs- und
Güteraustausch nicht am Wirtschaftsverkehr (BFH-Beschluss vom 28.06.1996 X B
15/96, BFH/NV 1996, 743, m. w. N.); der Spieler erhält kein Entgelt für eine Leistung,
sondern setzt einen Geldbetrag ein und erhält aufgrund dieses Einsatzes die Chance,
einen Gewinn zu erzielen (BFH-Beschluss vom 28.06.1996 X B 15/96, BFH/NV 1996,
743, m. w. N.). Bei einem Glücksspiel hängen Gewinn und Verlust ganz oder doch ganz
überwiegend vom Zufall und nicht von der Einwirkung der Beteiligten ab. Der Spieler
erbringt einen Einsatz, um den in der Hoffnung, eine höherwertige Leistung zu erhalten,
gespielt wird.
56
Bei dem Spiel "Tafelrunde" genügte allein die Leistung der "Schenkung" von 5.000
EUR an den König nicht, um später als König selbst einen Gewinn erzielen zu können.
Der Gewinn war nach dem Spielsystem erst nach Durchlaufen der drei Stufen bis zum
König (erste Stufe) erzielbar. Nach dem Ehrencodex hatte jeder Teilnehmer bis dahin
aktiv für den Fortgang des Schneeballsystems durch Anwerbung neuer Mitglieder zu
sorgen; anderenfalls konnte er von den übrigen Mitspielern per Mehrheitsentscheid
ausgeschlossen werden.
57
Durch geschickte Anwerbung neuer Knappen konnte jeder Teilnehmer – anders als bei
einem reinen Glückspiel – unmittelbar Einfluss auf seine Gewinnchance nehmen. Je
mehr Knappen er anwarb, um so eher stieg er selbst in der Hierarchie der Tafelrunde
auf.
58
Der Kl. hat in 2002 vielmehr sonstige Leistungen i. S. v. § 22 Nr. 3 EStG erbracht, indem
er in den Tafelrunden, aus denen er Einnahmen erzielte, neue Mitglieder angeworben
hat. Als Gegenleistung dafür erhielt er die "Schenkungen" (Einnahmen) der Knappen.
59
Nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 7, 22 Nr. 3 EStG unterliegen Einkünfte aus Leistungen, soweit sie
weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG) noch zu den Einkünften
im Sinne von § 22 Nrn. 1, 1a, 2 oder 4 EStG gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen
Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände, der ESt.
60
Eine (sonstige) Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder
Unterlassen, das weder eine Veräußerung noch einen veräußerungsähnlichen Vorgang
im privaten Bereich betrifft (vgl. BFH-Urteile vom 26.10.2004 IX R 53/02, BFHE 207,
305, BStBl II 2005, 167, m.w.N.; vom 28.11.2007 IX R 39/06, BFHE 220, 67, BStBl II
2008, 469), Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und eine
Gegenleistung auslöst.
61
Auch bei den Einkünften aus sonstigen Leistungen i. S. v. § 22 Nr. 3 EStG sind die Be-
griffe der Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 EStG) und der Einnahmen (§ 8 Abs. 1 EStG) vom
Veranlassungsprinzip geprägt. Eine im Rahmen der Einkunftsart des § 22 Nr. 3 EStG
zufließende Einnahme setzt voraus, dass diese durch die individuelle sonstige Leistung
des Steuerpflichtigen veranlasst ist.
62
Nicht erforderlich ist, dass die (sonstige) Leistung des Steuerpflichtigen und das Entgelt
Gegenleistungen eines synallagmatischen Vertrags sind; das Bestehen eines
gegenseitigen Vertrages ist nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 21.09.2004 IX R 13/02,
BFHE 207, 284, BStBl. II 2005, 44, m. w. N.).
63
Entscheidend ist, ob die Gegenleistung (das Entgelt) durch das Verhalten des
Steuerpflichtigen veranlasst ist. Das bedeutet aber nicht, der Leistende müsse bereits
bei Erbringen seiner Leistung eine Gegenleistung erwarten. Ausreichend ist vielmehr,
dass er eine im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinem Tun, Dulden oder
Unterlassen gewährte Gegenleistung als solche annimmt. Auf diese Weise ordnet er
sein Verhalten der erwerbswirtschaftlichen, steuerrechtlich bedeutsamen Sphäre zu
(BFH-Urteile vom 21.09.2004 IX R 13/02, BFHE 207, 284, BStBl II 2005, 44, m.w.N.;
vom 28.11.2007 IX R 39/06, BFHE 220, 67, BStBl II 2008, 469).
64
Nach der Rechtsprechung des BFH, welcher sich der Senat anschließt, ist insoweit
zudem ausreichend, wenn für die sonstige Leistung nachträglich ein Entgelt gezahlt und
vom Leistenden als angemessene Gegenleistung für die von ihm erbrachte Tätigkeit
angenommen wird (BFH-Urteile vom 21.09.1982 VIII R 73/79, BFHE 137, 251, BStBl. II
1983, 201; vom 21.09.2004 IX R 13/02, BFHE 207, 284, BStBl II 2005, 44, m.w.N.).
65
Eine Einnahme des Leistenden muss nicht eine Gegenleistung für eine konkrete
einzelne sonstige Leistung darstellen; sie ist durch die sonstige Leistung bereits dann
veranlasst, wenn sie in einem tatsächlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit
der sonstigen Leistung steht. Dabei kann die Gegenleistung entweder vom Empfänger
der sonstigen Leistung als auch einem Dritten erbracht werden, sofern die
Vorteilszuwendung als durch die sonstige Leistung veranlasst anzusehen ist.
66
Nach diesen Grundsätzen hat der Kl. eine sonstige Leistung i. S. v. § 22 Nr. 3 EStG
erbracht und hierfür ein Entgelt erhalten.
67
Soweit der Kl. in der Position als König Knappen angeworben hat, stellen deren
"Schenkungen" eine Gegenleistung dafür dar, dass der Kl. diesen Knappen unmittelbar
die Möglichkeit eröffnet hat, an dem Spiel teilzunehmen und durch Werbung neuer
Teilnehmer selbst bis zum König aufzusteigen und den erhofften Gewinn zu erzielen.
Insoweit besteht eine Parallele zum Unternehmensspiel "Life", in welchem der
Anwerbende eine Provision vom Initiator oder dem Angeworbenen – hier: den Knappen
– erhielt (vgl. BFH-Beschluss vom 28.06.1996, X B 15/96, BFH/NV 1996, 743).
68
Soweit der Kl. als König das Entgelt ("Schenkungen") von Knappen erhielt, welche von
anderen Mitspielern angeworben wurden, bestand der notwendige
Veranlassungszusammenhang darin, dass die einmal erbrachte sonstige Leistung des
Anwerbens eines oder mehrerer anderer Mitspieler nach dem Spielsystem bis zum
Erreichen der Königsposition fortwirkte und durch Erhalt der Schenkungen vergütet
wurde. Das nach dem Ehrencodex geforderte Anwerben von Mitspielern war notwendig,
69
um den von Dritten angeworbenen Knappen, welche den Kl. als König "beschenkten"
einen Eintritt zu ermöglichen sowie durch Förderung des Fortgangs des Spiels deren
Chance auf einen Gewinn als zukünftiger König zu erhalten.
Eine weitere sonstige Leistung ist darin zu sehen, dass der Kl. als König einer Tafel
deren Daten auf der passwortgeschützten Internetseite verwaltete und die Daten der
neu eintretenden Teilnehmer dort einzupflegen hatte. Ein Schreibzugriff stand nach dem
unbestrittenen Vortrag des Bekl. im Erörterungstermin allein dem König zu. Ferner hatte
der König nach dem Ehrenkodex die Aufteilung der Tafel in zwei neue Tafeln zu
vollziehen, indem er ein ihm mitgeteiltes Passwort auf der Internetseite seiner Tafel
eingab. Durch diese Tätigkeiten förderte der Kl. als König den programmtechnischen
Fortgang des Pyramidenspiels.
70
Entgegen der Ansicht des Kl. steht der Qualifikation der zuletzt genannten Tätigkeiten
der Verwaltung der Internetseite als sonstige Leistung nicht entgegen, dass sie – darin
ist ihm zuzustimmen – gemessen an den erhaltenen Entgelten qualitativ nicht sonderlich
anspruchsvoll und umfangreich waren. Nach der Rechtsprechung des BFH kommt es
für die Annahme einer sonstigen Leistung jedoch auch nicht darauf an, ob die erbrachte
Leistung "mit oder ohne Mühe erbracht wird und ob eine daraus resultierende Einnahme
wirtschaftlich gerechtfertigt ist" (BFH-Urteil vom 21.09.1982 VIII R 73/79, BFHE 137,
251, BStBl. II 1983, 201).
71
Der Erfassung der Einnahmen als sonstige Einkünfte steht nicht entgegen, dass die
Zuwendungen der Knappen an den Kl. wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Bürgerliches
Gesetzbuch) ohne Rechtsgrund erfolgten (vgl. Bundesgerichtshof – BGH – Urteil vom
13.03.2008 III ZR 282/07, NJW 2008, 1942). Die zivilrechtliche Unwirksamkeit steht
nach § 41 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) einer Besteuerung der Einkünfte nicht
entgegen, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis eines
Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Dies war vorliegend der
Fall. Nach dem Vortrag des Kl. wurden die von den Knappen an ihn gezahlten Gelder
nicht zurückgefordert.
72
Die einkünfteerzielende Tätigkeit des Kl. war nicht gewerblich i. S. v. § 15 Abs. 2 EStG.
73
Zwar ist der Kl. selbständig, nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht tätig geworden
und hat auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen, indem er sich in
den Jahren 2002 und 2003 an vier Tafelrunden insgesamt bzw. zwei Tafelrunden mit
Erfolg beteiligte. Gewerblich kann eine solche Tätigkeit jedoch erst dann sein, wenn sie
nach Art und Intensität den Rahmen einer privaten Tätigkeit überschreitet und nach der
Verkehrsauffassung dem Bild eines gewerblichen Unternehmens entspricht (vgl. BFH-
Urteil vom 24.01.1996 X R 255/93, BStBl II 1996, 303; BFH-Beschluss vom 28.06.1996
X B 148/96, BFH/NV 1996, 750).
74
Die Beteiligung an vier Tafeln in 2002 und 2003, bei denen der Kl. in 2002 aus zwei
Tafeln Einnahmen erzielte, stellt keine nachhaltige unternehmerische Betätigung im
Sinne des gewerblichen Einkunftstatbestandes dar; insbesondere übte der Kl. nicht eine
einem Berufsspieler (vgl. dazu BFH-Urteil vom 11.11.1993 XI R 48/91, BFH/NV 1994,
622) vergleichbare Tätigkeit aus.
75
Begründet ist das Hilfsbegehren des Kl., soweit die im Streitjahr 2002 entstandenen
Aufwendungen für die Fahrten zu den wöchentlichen Treffen der Tafeln des Kl. sowie
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der Krönungsfeiern des Kl. als Werbungskosten geltend gemacht werden.
Die der ESt unterliegenden sonstigen Einkünfte i.S. von § 22 Nr. 3 EStG ergeben sich
aus dem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2
Nr. 2 EStG).
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Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der
Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der
sie erwachsen sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 EStG). Aufwendungen sind durch die jeweilige
Einkunftsart veranlasst, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der auf die
Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit besteht und die Aufwendungen subjektiv zur
Förderung dieser steuerrechtlich relevanten Tätigkeit gemacht wurden (BFH-Urteil vom
15.03.1994 X R 58/91, BFHE 174, 84, BStBl II 1994, 516, m. w. N.). Eine "direkte" oder
unmittelbare Veranlassung ist dabei nicht erforderlich, eine mittelbare Veranlassung
genügt (BFH-Urteil vom 17.07.2007 IX R 2/05, BFHE 218, 353, BStBl II 2007, 941
(Vermietungseinkünfte); Schmidt/Drenseck, EStG, § 9 Rz 8; von Bornhaupt, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rz B 194; Kreft in Herrmann/Heuer/Raupach,
EStG § 9 Rz 152).
78
Zu den Werbungskosten zählen danach dem Grunde nach die Aufwendungen des Kl.
für die Fahrten zu den wöchentlichen Treffen seiner Tafelrunden in 2002 sowie seiner
Krönungsfeiern in 2002.
79
Ein Veranlassungszusammenhang zwischen der einkünfteerzielenden Tätigkeit i. S. v.
§ 22 Nr. 3 EStG und den Aufwendungen des Kl. bestand - entgegen der Ansicht des
Bekl. - nicht allein bei den Fahrten zu den Krönungsfeiern des Kl., sondern auch bei den
Fahrten zu den wöchentlichen Treffen seiner Tafeln. Auslösendes Moment der Fahrten
war die auf die Erzielung sonstiger Einkünfte gerichtete Tätigkeit des Kl.
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Nach den Feststellungen des Senats waren die Treffen gemäß Spielregeln und
Ehrenkodex Bestandteil des Pyramidenspiels. Sie dienten dazu, potentielle Teilnehmer
mit den Mitspielern bekannt zu machen, über den Schenkkreis weiter zu informieren und
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- darin bestand das Hauptziel - zu einer Teilnahme zu bewegen. Die Treffen wurden
nach dem unbestrittenen Vortrag des Kl. im Erörterungstermin auch nicht getrennt für die
einzelnen Tafeln durchgeführt, sondern sie fanden für mehrere Tafeln gleichzeitig statt.
Dabei war es – wie die Teilnahme des Kl. an mehreren Tafeln zeigt – nicht unüblich,
dass Mitspieler parallel bei mehreren Tafeln einstiegen oder nach ihrer Krönung erneut
an einer anderen Tafel teilnahmen. Insoweit bestand bei jedem Treffen Gelegenheit, ein
neues Mitglied für die eigene Tafel zu werben und damit das eigene Fortkommen im
Spiel voranzutreiben und der Königsposition und damit der Erzielung von Einnahmen
näher zu rücken.
82
Insoweit ergeben sich nach den Feststellungen des Senats keine hinreichenden
Anhaltspunkte für eine überwiegende private Veranlassung der Treffen, welche einem
Abzug der Fahrtaufwendungen als Werbungskosten nach § 12 Nr. 1 EStG entgegen
stünde.
83
Die vom Kl. für 2002 geltend gemachten Fahrtkosten sind auch der Höhe nach
anzuerkennen.
84
Fahrtaufwendungen sind entweder in nachgewiesener tatsächlicher Höhe oder – in
Anlehnung an die für Arbeitnehmer geltenden pauschalen Kilometersätzen (vgl. H 38
LStH 2002) -- mit im Streitjahr 2002 0,30 EUR pro km bei Verwendung des eigenen Pkw
anzuerkennen, so dass sich Wk i. H. v. insgesamt 1.036,80 EUR ergeben.
85
Die vom Kl. zudem pauschal geltend gemachten Aufwendungen für Internet- und
Telefonkosten sowie die Krönungsfeiern können hingegen nicht berücksichtigt werden.
86
Insoweit fehlt es bereits an einem substantiierten Vortrag zu Entstehung und Art der
Aufwendungen sowie deren Höhe.
87
Anders als bei den Fahrtaufwendungen kommt bei den
Telekommunikationsaufwendungen auch kein Rückgriff auf die für Arbeitnehmer gemäß
Lohnsteuerrichtlinien im Streitjahr 2002 geltenden Grundsätze in Betracht, da der Kl.
weder einen R 33 Abs. 5 LStR entsprechenden Einzelnachweis des Anteils der durch
die sonstige Tätigkeit veranlassten Kosten noch – sollen pauschal 20 v. H. der Kosten in
Ansatz gebracht werden – die Höhe der Rechnungsbeträge in den einzelnen Monaten
(August/September bis Dezember 2002) dargelegt hat.
88
Die weiteren, erst nach dem Streitjahr 2002 angefallenen Aufwendungen können
mangels Abfluss im Streitjahr 2002 nicht berücksichtigt werden.
89
Die Grundlagen für die Einkommensbesteuerung sind jeweils für ein Kalenderjahr
(Veranlagungszeitraum) zu ermitteln (§ 2 Abs. 7 Satz 2 EStG i.V.m. § 25 EStG).
Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem
Steuerpflichtigen zugeflossen sind (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Ausgaben sind für das
Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind (§ 11 Abs. 2 Satz 1 EStG).
Einnahmen und Ausgaben müssen zwar --wie sich aus den Ausnahmeregelungen in §
11 Abs. 1 und 2 EStG ergibt-- nicht vollständig nach einem strengen Zu- und
Abflussprinzip erfasst werden. Ausnahmen können sich jedoch nur aus einer
abweichenden gesetzlichen Regelung (vgl. dazu BFH-Urteil vom 17.07.1991 X R 6/91,
BFHE 165, 85, BStBl II 1991, 916), der gesetzlichen Definition des
Besteuerungsgegenstandes (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 06.10.1993 I R 97/92, BFHE 173,
47, BStBl II 1994, 287 zu § 16 Abs. 2 EStG) oder zwangsläufig aus der Art einmaliger
Leistungen i.S. des § 22 Nr. 3 EStG ergeben (BFH-Urteil vom 03.06.1992 X R 91/90,
BFHE 168, 272, BStBl II 1992, 1017).
90
Nach der Rechtsprechung des BFH, welcher der Senat folgt, sind bei einmaligen
sonstigen Leistungen auch Werbungskosten, die im Zuflussjahr der Einnahme noch
nicht getätigt sind, deren Abfluss in den Folgejahren aber sicher ist, zu berücksichtigen.
Das Abflussprinzip nach § 11 Abs. 2 EStG soll nach der BFH-Rechtsprechung lediglich
gegenüber Werbungskosten aus einmaligen Leistungen i.S. des § 22 Nr. 3 EStG
zurücktreten. Kommt es im Rahmen des § 22 Nr.3 EStG zu regelmäßigen Leistungen,
verbleibt es dagegen bei der Anwendung des § 11 Abs. 2 EStG. Die einmalige sonstige
Leistung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht auf Wiederholung angelegt ist (vgl.
BFH-Urteil vom 03.06.1992 X R 91/90, BFHE 168, 272, BStBl II 1992, 1017).
91
Nach diesen Grundsätzen können die erst im Jahr 2003 angefallenen
Fahrtaufwendungen ebenso wenig berücksichtigt werden wie die danach im
Zusammenhang mit dem finanzgerichtlichen Verfahren entstandenen Aufwendungen
(Anwalts- und Gerichtskosten).
92
Der Kl. war weder nur an einer Tafel beteiligt noch hatte er nur eine Person für eine
Teilnahme geworben. Vielmehr war er in den Jahren 2002 und 2003 an vier Tafeln
beteiligt. Er fuhr zu den wöchentlichen Treffen der Tafeln und warb mehrere Teilnehmer
für die Tafelrunden. Seine Tätigkeit kann sowohl aufgrund des wiederholten Anwerbens
von Teilnehmern als auch aufgrund des Umstandes, dass sich seine auf Wiederholung
angelegte Tätigkeit auf zwei Veranlagungszeiträume erstreckte, nicht mehr als
einmalige sonstige Leistung qualifiziert werden, bei welcher sämtliche Wk auf das Jahr
des Zufließens der Einnahmen zurückzubeziehen wäre.
93
Gründe für ein Abweichen vom Zu- und Abflussprinzip ergeben sich auch nicht aus dem
Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Die Leistungsfähigkeit des
Steuerpflichtigen ist auf den jeweils zu beurteilenden Einkommensermittlungszeitraum
(Veranlagungszeitraum) zu beziehen (BFH-Urteil vom 17.04.1996 I R 78/95, BFHE 180,
559, BStBl II 1996, 571). Durch die Normierung des Zu- und Abflussprinzips in § 11
EStG hat der Gesetzgeber in Kauf genommen, dass es durch die Zusammenballung von
Einnahmen und Ausgaben in einem Veranlagungszeitraum --bei der Anwendung des
Einkommensteuersatzes als Folge der Steuerprogression oder wegen der fehlenden
tatsächlichen Ausgleichsmöglichkeit negativer Einkünfte in einem späteren
Veranlagungszeitraum-- zu steuerlichen Zufallsergebnissen kommen kann, die
gegebenenfalls zu einer erheblichen steuerlichen Be- oder Entlastung führen (BFH-
Urteile vom 02.04.1974 VIII R 76/69, BFHE 112, 348, BStBl II 1974, 540; vom
24.09.1985 IX R 2/80, BFHE 145, 507, BStBl II 1986, 284; und vom 26.01.2000 IX R
87/95, BFHE 191, 274, BStBl. II 2000, 396). Insbesondere ist der Grundsatz der
wirtschaftlichen Verursachung kein dem Abfluss- oder Zuflussprinzip vorrangiges
Prinzip. Er dient der sachlichen Verknüpfung von wirtschaftlich zusammen gehörenden
Einnahmen und Ausgaben und ist im Vergleich zum Abfluss-/Zuflussprinzip, das den
Zeitpunkt ihrer steuerlichen Erfassung regelt, ein aliud (BFH-Urteil vom 17.04.1996, I R
78/95, BFHE 180, 559, BStBl II 1996, 571).
94
Insoweit kann vorliegend offen bleiben, ob die (bislang tatsächlich angefallenen) Kosten
des finanzgerichtlichen Verfahrens wegen Einkommensteuer als Werbungskosten
anzuerkennen sind oder grundsätzlich nicht (strittig; verneinend jüngst Finanzgericht
Düsseldorf, Urteil vom 12.06.2008 11 K 3441/06 E, AO; Revision eingelegt, Az. des
BFH: VIII R 26/08).
95
Danach ergibt sich folgende Neuberechnung der ESt 2002:
96
zu versteuerndes Einkommen (zvE) bisher: xxx.xxx,xx EUR
97
./. Fahrtaufwendungen 2002 (WK): ./. 1.036,80 EUR
98
zvE neu: xx.xxx,xx EUR
99
festzusetzende ESt 2002 nach Grundtabelle: xx.xxx,xx EUR.
100
Die Kostenentscheidung ergibt sich sowohl aus § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO als auch aus
137 Satz 1 FGO. Zum einen hat der Kl. die seinen Hilfsantrag teilweise begründenden
Umstände erstmals im Klageverfahren geltend gemacht (§ 137 Satz 1 FGO); zum
anderen ist der Kl. mit einer Quote von rund 3 v. H. bei einem Streitwert von rund 17.000
EUR zu einem nur geringen Teil unterlegen (§ 136 Abs. 1 Satz 3 FGO).
101
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2
FGO vorliegt.
102