Urteil des FG Köln vom 20.03.2008

FG Köln: stille reserven, wohnsitz in der schweiz, anschaffungskosten, privatvermögen, personengesellschaft, unbewegliches vermögen, umwandlung, rechtsnorm, kapitalgesellschaft, körperschaft

Finanzgericht Köln, 15 K 2852/01
Datum:
20.03.2008
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
15. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 K 2852/01
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung von Verlusten, die nach Auffassung der
Klägerin im Rahmen der Umwandlung einer GmbH in eine Kommanditgesellschaft
entstanden sind.
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Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der H - AG & Co KG (nachfolgend: KG).
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Die KG ist durch Rechtsformwechsel der H - GmbH, Köln (nachfolgend: GmbH) zum 01.
Dezember 1994 entstanden. Sie hielt ein Stammkapital von 1.000.000,- DM, das von
den Kommanditisten Herr T (nachfolgend: Kommanditist 1) mit 75 % und der C - GmbH
& Co KG (nachfolgend: Kommanditist 2) zu 25 % gehalten wurde. Der Kommanditist 1
ist beschränkt steuerpflichtig, da er seinen Wohnsitz in der Schweiz hat.
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Die Beteiligungsverhältnisse entsprachen denen bei der GmbH, die jedoch nur ein
Stammkapital von 600.000,- DM hatte.
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Im Rahmen des Formwechsels machte die KG von ihrem Wahlrecht Gebrauch und
führte die Buchwerte der GmbH fort. Für die Ermittlung des Einlagewerts der GmbH-
Anteile des Kommanditisten 1 legte sie jedoch den Teilwert dieser Anteile zugrunde.
Unter Aufdeckung der stillen Reserven der einzelnen Wirtschaftsgüter stellte die
Klägerin (bzw. ihre Rechtsvorgängerin) daher eine Ergänzungsbilanz auf den 01.
Dezember 1994 auf. Für die KG entstand so ein Übernahmeverlust von 11.978.021,46
DM, den der Kommanditist 1 in Form der Abschreibungen aus seiner Ergänzungsbilanz
wie folgt in den Streitjahren erklärte:
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1994. 414.304,00 DM
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1995. 2.087.114,00 DM
1996. 1.738.309,00 DM
1997. 1.701.927,00 DM
1998. 1.448.586,00 DM.
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Im Rahmen einer Betriebsprüfung der KG für die Jahre 1994 bis 1998, die mit dem
Prüfungsbericht vom 27.10.1999 abgeschlossen wurde, vertrat der zuständige Prüfer auf
der Basis von Tz. 05.04. und 05.12. des Umwandlungssteuererlasses –neben weiteren
hier nicht streitigen Fragen– die Auffassung, dass es im Rahmen des Formwechsels
nicht zulässig sei, für den Kommanditisten 1 eine Ergänzungsbilanz zu erstellen. Auf der
Grundlage dieser Feststellungen erließ der Beklagte unter dem Datum des 05.01.2000
geänderte Feststellungsbescheide für die Streitjahre. Im Rahmen des gegen diese
Bescheide betriebenen Einspruchsverfahrens ergingen als Anlage zur
Einspruchsentscheidung am 11.04.2001 geänderte Bescheide, die jedoch nicht die hier
zu entscheidende Streitfrage betrafen. Am 16.05.2001 wurden die
Feststellungsbescheide für 1995 und 1996, am 12.06.2001 diejenigen für 1997 und
1998 erneut geändert. Mit Schriftsatz vom 21. Mai (1995 und 1996) bzw. vom 18. Juni
2001 (1997 und 1998) beantragte die Klägerin die geänderten Bescheide zum
Gegenstand des Verfahrens zu machen.
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Sie vertritt die Ansicht, dass die Auffassung des Beklagten gegen die Vorschrift des § 5
Abs. 2 UmwStG verstoße. Dieser verweise lediglich auf den Tatbestand des § 17 EStG,
nicht aber auf dessen Rechtsfolgen. Das ergebe sich schon aus der
Gesetzesbegründung, die von den "Voraussetzungen" des § 17 EStG spreche, nicht
jedoch von dessen Rechtsfolgen. Daher handele es sich auch bei den Anteilen des
Kommanditisten 1 um solche i.S.d. § 17 EStG. Auf die Steuerpflicht komme es für die
Beurteilung dieser Frage nicht an.
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Auch der Ansatz des Teilwertes für den Kommanditisten sei korrekt. Denn nur so könne
den Einschränkungen des deutschen Steuerrechts, die sich aus der Existenz des
Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und der Schweiz (DBA
Schweiz) ergäben, Rechnung getragen werden. Dieses ordne das Besteuerungsrecht
für stille Reserven, die in im Privatvermögen gehaltenen Anteilen an einer
Kapitalgesellschaft gebunden seien, dem Wohnsitzstaat des Anteilseigners, hier also
der Schweiz, zu. Diese Zuweisung würde jedoch unterlaufen, wenn statt des Teilwerts
im Rahmen der Umwandlung die Anschaffungskosten angesetzt würden. Dies würde
entgegen dem oben dargestellten Prinzip zu einer erstmaligen Steuerverstrickung der
Anteile in Deutschland führen.
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Zudem könne dem Kommanditisten auch der Verlust aus der Abschreibung der
aufgestockten Buchwerte nicht versagt werden. Die Aufstockung der Wirtschaftsgüter
ergebe sich aus § 4 Abs. 6 UmwStG. So solle ein Übernahmeverlust (weitgehend)
vermieden werden. Die Abschreibung auf diese Wirtschaftgüter sei abkommensrechtlich
als Unternehmensgewinn/-verlust zu subsumieren (Art. 7 DBA Schweiz), für die
Deutschland das Besteuerungsrecht zustehe.
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Soweit der Beklagte sich zur Begründung seiner Auffassung auf das Urteil des
Bundesfinanzhofes (BFH) vom 19. März 1996 (VIII R 15/94, BStBl. 1996 II, 312) berufe,
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sei dies schon deswegen mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar, weil dort
das deutsche Besteuerungsrecht gerade nicht durch ein DBA begrenzt gewesen sei.
Sollten die Werte der Ergänzungsbilanzen mit den Anschaffungskosten berechnet
werden, so teile sie mit, dass die Anschaffungskosten des Kommanditisten zum
Zeitpunkt des Formwechsels 5.292.737,00 DM betragen hätten. Daraus ergäbe sich
dann ein Übernahmeverlust von 4.105.278,09 DM.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen für 1994 vom 05. Januar 2000 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 11. April 2001 mit der Maßgabe zu ändern, dass ein
Verlust für den Kommanitisten 1 aus der Ergänzungsbilanz 1994 in Höhe von
414.304,00 DM anerkannt wird;
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den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen für 1995 und 1996 jeweils vom 05. Januar 2000 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. April 2001 zuletzt geändert mit
Änderungsbescheid vom 16. Mai 2001 mit der Maßgabe zu ändern, dass für 1995
ein Verlust für den Kommanditisten 1 entsprechend der Ergänzungsbilanz 1995 in
Höhe von 2.087.114,00 DM und für 1996 ein Verlust für den Kommanditisten 1
entsprechend der Ergänzungsbilanz 1996 in Höhe von 1.738.309,00 DM anerkannt
wird;
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den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen für 1997 und 1998 jeweils vom 05. Januar 2000 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. April 2001 zuletzt geändert mit
Änderungsbescheid vom 12. Juni 2001 mit der Maßgabe zu ändern, dass für 1997
ein Verlust für den Kommanditisten 1 entsprechend der Ergänzungsbilanz 1997 in
Höhe von 1.701.927,00 DM und für 1998 ein Verlust für den Kommanditisten 1
entsprechend der Ergänzungsbilanz 1998 in Höhe von 1.448.586,00 DM anerkannt
wird;
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hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung verweist er vollinhaltlich auf die Einspruchsentscheidung. Die bereits
im Rahmen der Betriebsprüfung vertretene Auffassung, dass die Einlagefiktion des § 5
Abs. 2 UmwStG nur für die Fälle gelte, in denen eine Versteuerung nach § 17 EStG
stattfinde und die Gewinne nicht nach DBA steuerfrei gestellt seien, werde nicht nur
durch namhafte Stimmen der Literatur gestützt, sondern auch von der
Gesetzesbegründung zu § 10 UmwStG (BT-Drucksache 12/6885, S. 20) gestützt. Zwar
sei der Klägerin darin zuzustimmen, dass das oben genannte Urteil des BFH einen
anderen Sachverhalt betreffe, jedoch seien vom BFH in dieser Entscheidung keine
systematischen Bedenken gegen die Versteuerung zunächst nicht steuerverhafteter
stiller Reserven erhoben worden. Insoweit sei die Entscheidung auch für den
vorliegenden Fall von Bedeutung.
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Letztlich sei auch dann, wenn man der Ansicht der Klägerin folge, dass auch bei einem
beschränkt Steuerpflichtigen § 5 Abs. 2 UmwStG Anwendung finde, dem klägerischen
Begehren nicht stattzugeben. Dann wären nach dem Wortlaut der Norm die Anteile an
der übertragenden Körperschaft zum Umwandlungszeitpunkt in das Betriebsvermögen
der Personengesellschaft mit den Anschaffungskosten einzulegen. Auch danach ergäbe
sich ein Übernahmegewinn, der in der Schweiz zu besteuern wäre. Das Argument der
Klägerin, dass der Teilwert entgegen dem Wortlaut der Norm deswegen anzusetzen
wäre, weil es sich um einen Tauschvorgang handele, berücksichtige nicht, dass dieser
Grundsatz immer dann zurücktrete, wenn das Gesetz speziellere Regelungen vorsehe.
Beispielhaft sei dies in §§ 20, 24 und 13 UmwStG sowie in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG der
Fall.
23
Auf Anfrage des Gerichts erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 13.03.2008, die
Klägerseite mit Schreiben vom 14.03.2008 den Verzicht auf mündliche Verhandlung.
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Entscheidungsgründe
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Die Entscheidung erging im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche
Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
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Die Klägerin ist durch die angegriffenen Steuerbescheide nicht in ihren Rechten verletzt.
Der Beklagte hat der (Rechtsvorgängerin der) Klägerin im Rahmen ihrer
formwechselnden Umwandlung auf den 01.12.1994 zu Recht die Geltendmachung des
Übernahmeverlustes für den Kommanditisten 1 in den Streitjahren versagt.
28
1.
29
Die verschmelzende Umwandlung (§ 1 Abs. 2 UmwStG 1995) unterlag den
Bestimmungen des UmwStG 1995 (§§ 2, 20 Abs. 8 UmwStG 1995). Übernahmegewinn
bzw. -verlust ist nach § 4 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1995 (nachfolgend UmwStG) der
Unterschiedsbetrag zwischen dem Wert, mit dem die übergegangenen Wirtschaftsgüter
übernommen wurden und dem Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft.
Im Falle einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung im Sinne des §
17 EStG an der übertragenden GmbH durch einen Gesellschafter der übernehmenden
Personengesellschaft, sind diese Anteile für die Ermittlung des Übernahmegewinns als
an diesem Stichtag in das Betriebsvermögen der Personengesellschaft eingelegt
anzusehen. Diese Einlagefiktion erfolgt prinzipiell mit dem Anschaffungskosten (§ 5
Abs. 2 UmwStG). Der Auffassung der Klägerseite, dass diese Norm für ihren beschränkt
steuerpflichtigen Mehrheitsgesellschafter Anwendung findet und zu einem erheblichen
Übernahmeverlust führt, folgt der erkennende Senat nicht.
30
Ein Übernahmeverlust entsteht nicht für den beschränkt steuerpflichtigen
Mehrheitsgesellschafter der Klägerin.
31
a.
32
Nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 e EStG gehören zu den beschränkt steuerpflichtigen Einkünften
grundsätzlich auch solche, die nach § 17 Abs.1 EStG erzielt werden. Zu Einkünften in
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diesem Sinne gehören nicht nur Veräußerungsgewinne, sondern auch
Veräußerungsverluste. Dies gilt auch für Verluste, die bei der Auflösung einer
Gesellschaft gemäß § 17 Abs. 4 EStG entstehen. Zur Auflösung einer
Kapitalgesellschaft i.S.d. § 17 Abs. 4 EStG gehört auch die formwechselnde
Umwandlung der Kapitalgesellschaft in eine Kommanditgesellschaft nach dem
UmwStG (vgl. BFH-Urteil vom 22. Februar 1989 I R 11/85, BStBl II 1989, 794; Thiel,
GmbHR 1995, 708/710).
Die Norm des § 49 Abs. 1 Nr. 2 e EStG und mit ihm § 17 Abs. 4 EStG ist jedoch nur
dann anwendbar, wenn für die Einkünfte nicht eine vorrangige DBA – Regelung
eingreift (so auch Schaumburg "Inländische Umwandlung mit Auslandsbezug", GmbHR
1996, 414 ff). Dies ist hier zu beachten, da der vorliegende Steuerfall –von allen
Beteiligten unbestritten– dem DBA Schweiz unterfällt. Insoweit ist die Frage der
Entstehung eines Übernahmeverlustes nach dem vorrangig (§ 2 AO) zu beachtenden
DBA – Recht zu entscheiden.
34
b.
35
Unstreitig gehören die im Eigentum des Hauptgesellschafters der Klägerin stehenden
Anteile im Jahr 1994 vor der Umwandlung nicht zum Vermögen der übernehmenden
Personengesellschaft, sondern befinden sich im Privatvermögen des wesentlich
beteiligten Gesellschafters. Dies bleibt, da nach Auffassung des erkennenden Senats
die "Fiktion" des § 5 Abs. 2 UmwStG auf den vorliegenden Fall keine Anwendung findet,
auch für steuer- bzw. abkommensrechtliche Zwecke so.
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Die Anteile an der GmbH gehören unter Zugrundelegung der Vorschriften des
Abkommensrechts nicht zum Vermögen der Personengesellschaft. Sie sind und bleiben
vielmehr Privatvermögen des früheren Anteilseigners und nunmehrigen Gesellschafters.
Als solche sind sie jedoch nach Art. 13 Abs. 3 DBA Schweiz zu beurteilen. Nach Art. 13
Abs. 3 DBA Schweiz können Gewinne aus der Veräußerung von in Abs. 1 und Abs. 2
dieser Vorschrift nicht genannten Vermögens wie hier Gesellschaftsanteile (Abs. 1:
"unbewegliches Vermögen"; Abs. 2 "bewegliches Vermögen, welches
Betriebsvermögen einer Betriebsstätte ist") nur in dem Vertragsstaat besteuert werden,
in dem der Veräußerer ansässig ist. Dies ist im Streitfall die Schweiz. Gleiches gilt
nunmehr auch für den aufgrund der Übernahme entstandenen Verlust (so Schaumburg,
GmbHR 1996, S. 418 m.w.N.). Dieser kann nur im Wohnsitzstaat des vormaligen
Anteilseigners geltend gemacht werden.
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Für die Frage der Qualifikation der Anteile des Mehrheitsgesellschafters der Klägerin als
betrieblich oder privat kommt es nicht auf die Fiktion des § 5 Abs. 2 UmwStG an. Denn
diese einfachgesetzliche Rechtsnorm kann die vorrangigen DBA-Vorschriften nicht
aushebeln. Dies einerseits schon deswegen nicht, weil die Norm des § 5 UmwStG sich
nach dem ausdrücklichen Wortlaut dieser Vorschrift allein mit den Auswirkungen auf
den Gewinn der übernehmenden Personengesellschaft in Sonderfällen beschäftigt (so
auch Thiel, GmbHR 1995, 708/709).
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Andererseits ist jedoch schon bei der Qualifizierung der Einkünfte das DBA
maßgebend. Eine Umqualifizierung –und sei es im Wege einer Fiktion – kann nicht auf
die Abkommensebene durchschlagen. Denn die Umqualilfizierung von im
Privatvermögen gehaltenen Anteilen in solche Anteile, die "fiktiv" in das Vermögen einer
Personengesellschaft eingelegt werden, würde dazu führen, dass einseitig von
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deutscher Seite dem Wohnsitzstaat das Besteuerungsrecht entzogen würde (so auch
sinngemäß Schaumburg, GmbHR 1996, 414, 418). Denn diese Anteile würden damit
"fiktiv" Betriebsvermögen.
Dabei ist Betriebsvermögen nach Art. 7, Art. 13 Abs. 2 Satz 1 DBA Schweiz solches
bewegliches Vermögen, das Betriebsvermögen eines Unternehmens oder einer
Betriebsstätte eines Unternehmens darstellt oder zu einer der Ausübung eines freien
Berufes dienenden festen Einrichtung gehört (so Flick/Wassermeyer/Kempermann,
Kommentar zum DBA Schweiz, Art. 13 Anm. 12). Diese Regelung kann nach
Auffassung des erkennenden Senats nicht durch eine einfachgesetzliche "Fiktion"
unterlaufen werden. Auf Abkommensebene muss daher vielmehr der Gewinn/Verlust
aus dem im Zuge der Verschmelzung bewirkten Anteilstausch als Gewinn/Verlust aus
der Veräußerung von übrigem Vermögen (entsprechend Art. 13 Abs. 3 DBA Schweiz)
qualifiziert werden. Die daraus folgende abkommensrechtliche Freistellung führt nicht
nur zur Nichtberücksichtigung dieser Übernahmegewinne/-verluste nach deutschem
Steuerrecht, sondern auch zur Nichtanwendung der Fiktion des § 5 Abs. 2 UmwStG zur
Ermittlung dieser Gewinne/Verluste. Denn diese Gewinne/Verluste gehören schon nicht
zur Steuerbemessungsgrundlage und sind damit der inländischen Besteuerung
uneingeschränkt entzogen (vgl. dazu Schaumburg, a.a.O. , S. 419).
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Der Ansicht, die teilweise in der Literatur vertreten wird, dass nachdem zunächst die
Fiktion des § 5 Abs. 2 UmwStG angewandt wurde, für Abkommenszwecke die Anteile
wieder wie Privatvermögen behandelt werden, kann der Senat schon aus den o.g.
Gründen nicht folgen. Dies lässt sich nach Auffassung des erkennenden Senats auch
mit der Einheitlichkeit der Rechtsordnung nicht vereinbaren. Einerseits sollen –so auch
die Klägerin– die Anteile wie Privatvermögen behandelt werden und nach DBA nicht
der deutschen Besteuerung unterfallen, andererseits sollen über § 5 Abs. 2 UmwStG
generierte Verluste wie Betriebsvermögen behandelt werden und nach Art. 7 DBA der
deutschen Besteuerung unterfallen.
41
c.
42
Im Übrigen ist schon wegen der Rechtsfolgenverweisung in § 5 Abs. 2 UmwStG auf §
17 EStG die in § 5 Abs. 2 UmwStG enthaltene Rechtsnorm nicht anwendbar. Nach
Auffassung des erkennenden Senats handelt es sich bei diesem Verweis zudem auch
um eine Rechtsfolgenverweisung, da dies nicht nur der bisherigen Regelung in § 13
Abs. 2 UmwStG 1977 entspricht, sondern eine anderweitige Annahme zum Sinn und
Zweck des Gesetzes, die Umstrukturierungen von Unternehmen zu erleichtern, auch in
keinerlei Zusammenhang steht.
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Dies ist schon aus der Gesetzesbegründung ersichtlich. Der Gesetzgeber wollte nur
insoweit von der bisher geltenden Rechtslage abweichen, als nunmehr auch Verluste
aus einer solchen Umstrukturierung geltend gemacht werden konnten (BT-Drucksache
12/6885: "Abs. 2 betrifft die Anteile an der übertragenden Körperschaft im Sinne des §
17 EStG, die am steuerlichen Übertragungsstichtag zum Privatvermögen des
Anteilseigners gehört haben. Diese Anteile gelten - wie im geltenden Recht - als am
steuerlichen Übertragungsstichtag mit den Anschaffungskosten in das
Betriebsvermögen der Personengesellschaft eingelegt. Während sich im geltenden
Recht die Bewertung der Einlage an § 6 EStG ausrichtet, bestimmt § 5 Abs. 2
Umwandlungssteuergesetz, dass die Anteile immer mit den Anschaffungskosten
eingelegt werden. Durch diese Fiktion der Einlage mit den Anschaffungskosten werden
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die Anteile im Sinne des § 17 EStG mit den Anteilen im Betriebsvermögen gleich
behandelt, das heißt durch den Vermögensübergang und dem Wegfall der Anteile
entstehende Gewinne und Verluste werden im Ergebnis bei der Besteuerung
berücksichtigt. Das galt im geltenden Recht schon für die Besteuerung eines
Übernahmegewinns in diesen Fällen, da diese Anteile nach § 6 Abs. 3
Umwandlungssteuergesetz 1977 als mit den Anschaffungskosten eingelegt galten,
wenn der Teilwert der Anteile höher war als die Anschaffungskosten. Dagegen waren
die Anteile mit dem Teilwert einzulegen, wenn dieser niedriger war als die
Anschaffungskosten. Die Berücksichtigung eines sich dadurch ergebenden Verlustes im
Sinne des § 17 Abs. 4 EStG war jedoch nach § 6 Abs. 3 Umwandlungssteuergesetz
1977 ausdrücklich ausgeschlossen.").
Obwohl der Wortlaut der Norm keine eindeutige Auslegung zur Frage Rechtsfolgen-
oder Tatbestandsverweisung bzgl. des § 17 EStG zulässt, kann im Wege der Auslegung
eindeutig eine Rechtsfolgenverweisung ermittelt werden. Es erscheint dem
erkennenden Senat –wie offensichtlich auch Teilen der Beraterschaft (vgl. dazu
Widmann in DStZ 1996, 449, 451 mit folgendem Zitat von der Jahrestagung der
Fachanwälte für Steuerrecht: "Zu schön um wahr zu sein")– nicht mit diesem
gesetzgeberischen Ziel vereinbar, dass ein bisher immer ausdrücklich erklärter Wille,
diese Vorschrift nicht auf beschränkt Steuerpflichtige mit wesentlicher Beteiligung im
Privatvermögen auszudehnen, nun sang- und klanglos aufgegeben worden sein sollte.
Dies widerspricht auch dem deutlichen Ziel des Gesetzgebers, im Inland entstandene
stille Reserven auch im Inland zu versteuern. Dieses Ziel wird bei Steuerpflichtigen, die
ihre Anteile in ihrem inländischen Privatvermögen halten, erreicht. Nicht jedoch bei
beschränkt Steuerpflichtigen, die unter die Regelung eines DBA fallen. Insofern
entspricht es nach Ansicht des erkennenden Senats weder dem Sinn des Gesetzes
noch der Intention des Gesetzgebers, für beschränkt Steuerpflichtige die Möglichkeit zu
schaffen, einen steuerbefreiten "Veräußerungsgewinn" zu generieren, der über die
Abschreibungen der Ergänzungsbilanzwerte für die Folgejahre die inländischen
Gewinne mindert (mit anderer Begründung, aber im Ergebnis ebenso Herford/Strunk,
IStR1995, 415).
45
d.
46
Die andere –u.a. von Widmann/Mayer (UmwG/UmwStG 1995) vertretene Auffassung
kann nicht überzeugen.
47
Nach Widmann stellt der Verweis auf § 17 EStG lediglich einen Verweis auf die in § 17
EStG genannten Voraussetzungen dar, nicht aber auf seine Rechtsfolgen. Insoweit will
er auch die "Fiktion" des § 5 Abs. 2 UmwStG auf wesentlich beteiligte Steuerpflichtige
anwenden, die ihre Beteiligung im (ausländischen) Privatvermögen halten. Allein der
Hinweis "dies ist für die Steuerpflichtigen am günstigsten" reicht dem Senat nicht zur
Begründung dieser Auffassung. Im Übrigen wird regelmäßig die Frage, ob ein DBA mit
dem Wohnsitzstaat des beschränkt Steuerpflichtigen besteht, als "nachrangige" Frage
nach der Ermittlung des Übernahmegewinns –unter Berücksichtigung der Fiktion des §
5 Abs. 2 UmwStG– angesehen (vgl. dazu u.a. Jakobs/Plewka, DB 1995, 1630). Dies ist
nach der oben dargestellten Auffassung des erkennenden Senats nicht möglich.
48
e.
49
Soweit die Klägerseite nicht nur den Verweis in § 5 Abs. 2 UmwStG auf § 17 EStG
50
entgegen der obigen Auslegung als eine Verweisung nur auf den Tatbestand dieser
Norm ansehen, sondern auch im folgenden die Norm des § 5 Abs. 2 UmwStG gegen
ihren ausdrücklichen Wortlaut auslegen und statt der bei der Anwendung der "Fiktion"
dieser Norm zugrunde gelegten Anschaffungskosten die Teilwerte –diesmal unter
Hinweis auf das DBA– ansetzen. Die hier angeführte Begründung –in Deutschland
entstandene stille Reserven würden trotz des alleinigen Besteuerungsrechts der
Schweiz erstmals steuerverstrickt– überzeugt nicht. Denn wie der erkennende Senat
oben dargelegt hat, wird diese Folge schon dadurch vermieden, dass die Fiktion des § 5
Abs. 2 UmwStG überhaupt nicht auf beschränkt Steuerpflichtige angewandt wird. Eine
Auslegung einer Norm gegen ihren Wortlaut wird daher überhaupt nicht nötig. Auch dies
spricht für die oben vom Senat gewählte Auslegung.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
51
3. Die Revision wird nicht zugelassen, da es sich bei § 5 Abs. 2 UmwStG i. d. Fassung
für das Streitjahr um eine überholte Rechtsnorm handelt. Eine Entscheidung des
Bundesfinanzhofes kann daher hier nicht zur Fortbildung des Rechts beitrage
52