Urteil des FG Köln vom 16.02.2006

FG Köln: körperliche behinderung, örtliche zuständigkeit, diabetes mellitus, wirtschaftliche leistungsfähigkeit, ausbildung, erwerbstätigkeit, behörde, unterhaltspflicht, behinderter, arbeitsamt

Finanzgericht Köln, 2 K 2675/04
Datum:
16.02.2006
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 K 2675/04
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
1
Der Kläger hat eine am ............... 1978 geborene Tochter ........., welche seit 1986 zu 50
vH schwerbehindert ist. Die Tochter des Klägers wurde 1984 eingeschult, besuchte
dann bis 1994 die allgemeinbildende Schule und bis 1998 das Wirtschaftsgymnasium.
Danach absolvierte sie in Vollzeit ein 10-monatiges Berufspraktikum. Am ............. 1999
schloß sie mit der Berufsschule für Technik in ........... einen Ausbildungsvertrag über die
Ausbildung zur staatlich geprüften Gestaltungstechnischen Assistentin. Die Ausbildung
dauerte nach dem Vertrag vom 6. September 1999 bis zum 31. August 2001 (auf den
Lehrvertrag in den Kindergeldakten wird verwiesen), bis zu diesem Zeitpunkt zahlte ihr
Vater auch Schulgeld, ihr Zeugnis erhielt seine Tochter allerdings bereits am 27. Juni
2001. Gemäß einer Mitteilung der Bundesanstalt für Arbeit vom 25. Juni 2001 war die
Tochter des Klägers seit dem 28. Juni 2001 als arbeitslos beim Arbeitsamt ...........
gemeldet. Seit Februar 2003 ist die Tochter des Klägers verheiratet.
2
Am ............. 2001 beantragte der Kläger für seine Tochter Kindergeld für den Zeitraum 1.
September 2001 bis 31. Dezember 2003 und legte zur Begründung eine Kopie des
Schwerbehinderten-Ausweises vor (auf dessen Kopie in den Kindergeldakten wird
verwiesen). Zudem gab er an, seine Tochter sei seit Juli 2001 arbeitslos und erziele
weder Einkünfte noch erhalte sie sonstige Bezüge.
3
Der Beklagte erwiderte, es müsse zunächst die Stellungnahme der Reha/SB-Stelle des
zuständigen Arbeitsamtes ........... abgewartet werden. Auf Grund amtsärztlicher
Begutachtung gelangte die vorgenannte Behörde zu der Einschätzung, dass die Tochter
des Klägers in der Lage sei, eine arbeitslosenversicherungspflichtige, mindestens 15
Stunden umfassende Beschäftigung unter üblichen Bedingungen auszuüben.
4
Auf Grund der langen Bearbeitungszeit des Einspruchs im Parallelverfahren zum
Festsetzungszeitraum 1. Juli bis 31. August 2001 (hiesiges Az. 2 K 6686/03) wandte
sich der Kläger mit Schreiben vom 7. August 2002 an den Beauftragten der
Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen. Dieser reichte die Eingabe
5
Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen. Dieser reichte die Eingabe
des Klägers zur Stellungnahme an den Beklagten weiter, woraufhin er eine
Stellungnahme gegenüber der mit der Fachaufsicht betrauten Behörde abgab. Um dem
Beschwerdeverfahren nicht vorzugreifen, wurde der Kindergeldantrag zunächst nicht
beschieden.
Am 21. Januar teilte der Kläger allerdings mit, dass er eine Sachentscheidung begehre
und gab am 24. Februar 2004 zudem –vom Beklagten unbestritten-- an, dass seine
Tochter am 20. Februar 2003 geheiratet habe. Zudem erhob er Untätigkeitsbeschwerde,
woraufhin der Beklagte ihm gegenüber am 26. März 2003 eine Sach- und
Rechtsauskunft erteilte und ihm Gelegenheit zur weiteren Stellungnahme gab. Der
Kläger gab daraufhin an, seine Tochter leide an Diabetes und an einer Sehschwäche.
Die Wertung der Reha/SB-Stelle des Arbeitsamtes ............ sei daher falsch und seine
Tochter sei gerade nicht in der Lage, sich selbst zu unterhalten.
6
Am .................. 2003 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers ab, weil keines der in §
32 Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) genannten
Tatbestandsmerkmale für eine Kindergeldfestsetzung gegeben sei. Dagegen legte der
Kläger am ............... 2003 Einspruch ein, den er nochmals damit begründete, die
Sacheinschätzung der Reha/SB-Stelle des Arbeitsamtes .......... sei falsch.
7
Durch Einspruchsentscheidung vom ........... 2004 wies der Beklagte den Einspruch als
unbegründet zurück. Arbeitslose Kinder würden nur bis zur Vollendung des 21.
Lebensjahres unterstützt, während die Tochter des Klägers bereits im Februar 1999
dieses Alter erreicht habe. Die Tochter sei auch in der Lage, sich selbst zu unterhalten,
weil dies die konkrete Bewertung der Einzelfallumstände durch einen Amtsarzt der
Reha/SB-Stelle des Arbeitsamtes ......... ergeben habe. Im Übrigen bestehe seit der
Heirat des Kindes im Februar 2003 keine Unterhaltspflicht des Klägers mehr.
8
Gegen den Ablehnungsbescheid vom .............. 2003 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom .......... 2004 hat der Kläger am ........ 2004 Klage erhoben,
die er im Wesentlichen wie folgt begründet: Seine, des Klägers, Tochter sei zum
fraglichen Zeitpunkt im September 2001 arbeitslos gemeldet und zudem zu 50 vH
schwerbehindert. Die Einschätzung der Reha/SB-Stelle, sie sei in der Lage, mehr als 15
Stunden unter üblichen Arbeitsmarktbedingungen zu arbeiten, sei inhaltlich falsch und
auch nicht verwertbar. Die Dienststelle sei ungeeignet zur Abgabe einer solchen
Einschätzung und es sei auch schon eine erhebliche Zeitspanne vergangen. Neben der
Behinderung sei das Kind nämlich auch sehgeschädigt, was folge der Zuckerkrankheit
sei. Diese Schädigung werde auch fortschreiten. Es sei zwar richtig, dass für die
Kindergeldgewährung neben der Behinderung zu 50 vH weitere Umstände hinzutreten
müssten. Diese habe er, der Kläger, aber mit dem Hinweis auf die Zuckerkrankheit bzw.
die Sehstörung benannt und es sei zu beachten, dass insoweit eine
Mehrfachbehinderung vorliege, die in der Einstufung im Behinderten-Ausweis nur
ungenügend zum Ausdruck komme. Umso erstaunlicher sei es, dass die Reha/SB-
Stelle des Arbeitsamtes .......... ohne eigene Untersuchung zu der Auffassung gelangt
sei, seine Tochter könne sich alleine unterhalten. Dies habe auch der Beauftragte der
Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen in seiner Stellungnahme vom
.......... 2002 so gesehen.
9
Der Kläger beantragt,
10
den Bescheid vom ........... 2003 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom
11
........ 2004 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
12
die Klage abzuweisen.
13
Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung. Ursächlichkeit einer
Behinderung für die Unfähigkeit des Kindes zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit könne
nur angenommen werden, wenn der Grad der Behinderung 50 vH oder mehr betrage
und besondere Umstände hinzukämen, wegen der eine Erwerbstätigkeit unter den
üblichen Arbeitsmarktbedingungen ausgeschlossen erscheine. Nach der einschlägigen
Dienstanweisung sei im Zweifel ein Gutachten der Reha/SB-Stelle des zuständigen
Arbeitsamtes einzuholen, was auch geschehen sei. An der Qualität der Begutachten sei
nichts auszusetzen.
14
Der Senat hat am 18. Mai 2005 beschlossen, zur Frage, ob die Tochter des Klägers im
Festsetzungszeitraum in der Lage war, sich selbst zu unterhalten, ein
Sachverständigengutachten der Amtsärztin Medizinaldirektorin Dr. med. ....... ...............
des Gesundheitsamtes ................ – Außenstelle ......... einzuholen. Auf den Inhalt ihres
entsprechenden Gutachtens vom 15. September 2005 wird verwiesen. Der Kläger hat
zum Gutachten ausgeführt, dieses sei inhaltlich falsch, weil die Sachverständige keine
Nachweise eingeholt oder Befunde erhoben habe. Im Übrigen habe sich der
Gesundheitszustand seiner Tochter inzwischen gegenüber dem Festsetzungszeitraum
gebessert.
15
Entscheidungsgründe
16
1. Das hiesige Finanzgericht (FG) ist trotz der Tatsache, dass durch die
Verselbständigung der früher als Außenstelle des Bundesamtes für Finanzen geführten
Bundesfamilienkasse ein Beklagtenwechsel eingetreten ist, nach wie vor örtlich
zuständig. Wird nach Erhebung der Klage statt der ursprünglich beklagten eine andere
Finanzbehörde für die Steuerfestsetzung zuständig und beruht dieser
Zuständigkeitswechsel auf einem Organisationsakt der Finanzverwaltung, so tritt zwar
die zuständig gewordene Behörde an Stelle des bisherigen Beklagten in den
anhängigen Rechtsstreit ein (BFH-Urteile vom 15. Dezember 1971 I R 5/69, BFHE 104,
524, BStBl II 1972, 438; vom 16. Oktober 2002 I R 17/01, BFHE 200, 521, BStBl II 2003,
631, 632, m.w.N.). Trotz des eingetretenen Wechsels auf der Beklagtenseite bleibt das
hiesige FG aber örtlich zuständig, obwohl der jetzige Beklagte seinen Sitz nicht in
dessen Bezirk hat. Dessen örtliche Zuständigkeit ergibt sich nämlich aus § 17 Abs. 1
Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) i.V. mit § 70 Satz 1 FGO: Nach § 17
Abs. 1 Satz 1 GVG wird die Zulässigkeit des Rechtswegs durch eine nach der
Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der zuständigkeitsbegründenden Umstände
nicht berührt. Diese Regelung gilt gemäß § 70 Satz 1 FGO für die örtliche Zuständigkeit
eines FG (§ 38 FGO) entsprechend. Die sich hieraus ergebende Fortdauer einer einmal
begründeten örtlichen Gerichtszuständigkeit besteht zwar nur, solange der
Streitgegenstand des betreffenden Verfahrens unverändert bleibt (BFH-Beschluss vom
9. November 2004 V S 21/04, BStBl II 2005, 101). Im hiesigen Verfahren ist
Streitgegenstand aber alleine die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids,
weshalb ein Wechsel in der Beklagtenstellung den Streitgegenstand nicht berührt,
solange es --wie im Streitfall-- um den ursprünglich angefochtenen Bescheid geht. Der
kraft Gesetzes eingetretene Beteiligtenwechsel stellt auch keine Klageänderung dar
17
(Stöcker in Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, § 67 FGO Rz. 11;
Schallmoser in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO/FGO, § 67 FGO Rz. 28). Deshalb bleibt
in einer solchen Situation das ursprünglich zuständige FG auch dann, wenn die neu in
das Verfahren eingetretene Finanzbehörde ihren Sitz nicht in dem Bezirk dieses FG hat,
gemäß § 70 Satz 1 FGO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG weiterhin für das Klageverfahren
zuständig, solange nach dem Beteiligtenwechsel kein Änderungsbescheid ergeht (BFH-
Urteil vom 25. Januar 2005 I R 87/04, BFHE 209, 9, BStBl II 2005, 575 mwN).
2. Die Klage ist unbegründet.
18
Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom ........ 2003 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom ....... 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in
seinen Rechten. Ihm steht für den Streitzeitraum kein Anspruch auf Kindergeld zu. Nach
§ 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG hat derjenige, welcher im Inland einen Wohnsitz oder seinen
gewöhnlichen Aufenthalt hat, für Kinder i.S. des § 63 EStG Anspruch auf Kindergeld.
Nach § 63 Abs. 1 Nr. 1 werden dabei als Kinder berücksichtigt Kinder i.S. des § 32 Abs.
1 EStG. Zu den danach berücksichtigungsfähigen Kindern gehören leibliche Kinder,
wobei allerdings § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG weitere Vorgaben zur
Berücksichtigungsfähigkeit von Kindern enthält, die –wie die Tochter des Klägers— das
18. Lebensjahr vollendet haben. Diese Vorgaben erfüllt die Tochter des Klägers nicht.
19
a. Die Tochter des Klägers wurde im Streitzeitraum nicht mehr i.S. des § 32 Abs. 4 Satz
1 Nr. 2 Buchst. a EStG für einen Beruf ausgebildet. Abgesehen davon, dass ihre
Ausbildung sogar nach dem Ausbildungsvertrag vom 6. September 1999 nur bis zum
31. August 2001 dauern sollte, erhielt die Tochter des Klägers ihr Abschlusszeugnus
bereits am 27. Juni 2001 und war sie gemäß der Mitteilung der Bundesanstalt für Arbeit
vom 25. Juni 2001 seit dem 28. Juni 2001 als arbeitslos beim Arbeitsamt ..........
gemeldet.
20
b. Die Tochter des Klägers war danach zwar seit dem 28. Juni 2001 arbeitssuchend
gemeldet, da sie aber zu diesem Zeitpunkt bereits das 21. Lebensjahr vollendet hatte,
kann sie auch nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt werden.
21
c. Eine Berücksichtigung der Tochter des Klägers nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG
scheidet schließlich ebenfalls aus. Danach wird ein Kinde, welches das 18. Lebensjahr
vollendet hat, berücksichtigt, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer
Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten und die Behinderung vor der
Vollendung des 27. Lebensjahres eingetreten ist.
22
aa. Letzteres ist im Streitfall zu bejahen, weil die am ......... 1978 geborene Tochter des
Klägers seit 1986 zu 50 vH schwerbehindert ist. Die Behinderung beruht unstreitig auf
einer körperlichen Behinderung durch eine insulinpflichtige Diabetes mellitus mit
beginnender Nierenschädigung und Bluthochdruck sowie Fehlsichtigkeit und
Gesichtsfeldeinschränkungen bei Linsenlosigkeit beider Augen. Der Senat verweist
insoweit auf die Darstellung im Sachverständigengutachen vom 15. September 2005
(Seite 5 ff.; Bl. 68 ff. d.A.). Eine geistige oder seelische Behinderung besteht nicht.
23
bb. Anders als der Kläger meint, führt diese körperliche Behinderung allerdings nicht
dazu, dass die Tochter des Klägers sich nicht selbst unterhalten könnte. Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesfinanzof (BFH) ist ein behindertes Kind dann außerstande,
sich selbst zu unterhalten, wenn es seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten kann. Dies
24
ist der Fall, wenn die Behinderung einer Erwerbstätigkeit entgegensteht und das Kind
über keine anderen Einkünfte und Bezüge verfügt (BFH-Urteile vom 12. November 1996
III R 53/95, BFH/NV 1997, 343; vom 14. Juni 1996 III R 13/94, BFHE 181, 128, BStBl II
1997, 173). § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG stellt also nicht nur darauf ab, dass ein Kind
körperlich, geistig oder seelisch behindert ist; vielmehr muss es gerade wegen seiner
Behinderung außerstande sein, sich selbst zu unterhalten. Ist das Kind trotz seiner
Behinderung in der Lage, selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, kommt der
Behinderung keine Bedeutung zu. Nur diese Auslegung entspricht dem
gesetzgeberischen Willen, bei hinreichender Leistungsfähigkeit des behinderten Kindes
kein Kindergeld bzw. keinen Kinderfreibetrag zu gewähren (BFH-Urteil vom 15. Oktober
1999 VI R 183/97, BFHE 189, 442, BStBl II 2000, 72). Dazu ist es wiederum erforderlich,
dass das behinderte Kind über eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt bzw.
verfügen kann, die zur Bestreitung seines gesamten notwendigen Lebensbedarfs
ausreicht (vgl. BFH-Urteil vom 15. Oktober 1999 VI R 40/98, BFHE 189, 449, BStBl II
2000, 75). Im Streitfall geht der Senat davon aus, dass die Tochter des Klägers trotz
ihrer körperlichen Behinderung im Streitzeitraum in der Lage gewesen wäre, eine
zumindest 20 Stunden/Woche umfassende Berufstätigkeit auszuüben, die dann
geeignet wäre, ihren gesamten notwendigen Lebensunterhalt abzudecken.
aaa. Der Senat folgt hinsichtlich der in der Person der Tochter des Klägers im
Streitzeitraum bestehenden Möglichkeit, einer zumindest 20 h/Woche umfassenden
Berufstätigkeit nachzugehen, den Ausführungen der Sachverständigen in ihrem
Gutachten vom 5. September 2005. Die Gutachterin hat dazu zunächst in technisch
einwandfreier und inhaltlich ohne weiteres nachvollziehbarer Weise die die Tochter des
Klägers betreffenden medizinischen Befunde aus einem Zeitraum von 1987 bis 2003
ausgewertet (Bl. 2 ff. des Gutachtens; 65 ff. d.A.) und bereits darin die o.g. körperliche
Behinderung bestätigt gefunden. Sie hat darüber hinaus aber auch die Tochter des
Klägers am 28. Juni 2005 in ihre Räumlichkeiten geladen, dort umfangreich Daten zur
Vorgeschichte, Ausbildung, Beschwerden und Medikamenten erhoben und zusätzlich
eine eingehende Untersuchung durchgeführt (Bl. 4 f. des Gutachtens; Bl. 67 f. d.A.).
Diese Untersuchung hat die Vorbefunde bestätigt und ebenfalls alleine die o.g.
körperliche Behinderung ergeben. Soweit seit 2003 eine Veränderung des
Gesundheitszustandes dergestalt eingetreten ist, dass Bluthochdruck zum
Krankheitsbild der Diabetes hinzugetreten ist, hat die Gutachterin festgestellt, dass sich
dieser ohne Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit problemlos mit Medikamenten
behandeln lasse. Bei den der Behinderung zugrunde liegenden Krankheiten handelt es
sich entgegen der Ansicht des Klägers auch um Standarderkrankungen in dem Sinne,
dass sowohl Diabetes als auch Linsenerkrankungen in einer großen Verbreitung
vorkommen und ohne weiteres von einem Amtsarzt befundet werden können.
25
bbb. Aufgrund der Tatsache, dass die Tochter des Klägers nicht nur bis 1998 das
Wirtschaftsgymnasium erfolgreich absolviert hat, sondern danach zunächst in Vollzeit
ein Praktikum und dann von 2000 bis 2002 in Vollzeit die im Tatbestand genannte
Ausbildung absolviert hat, ist die Gutachterin zu dem Schluß gelangt, dass die Tochter
des Klägers im Zeitraum 09/1999 bis 12/2003 trotz ihrer Behinderung nicht derart in ihrer
Leistungsfähigkeit eingeschränkt war, dass sie nicht mindestens einer Tätigkeit von
20h/Woche nachgehen könnte. Diese Schlußfolgerung ist nicht nur nachvollziehbar,
sondern sogar naheliegend, weil sich das Krankheitsbild der Tochter des Klägers im
Streitzeitraum nicht wesentlich verändert hat.
26
ccc. Wäre die Tochter des Klägers einer entsprechenden Berufstätigkeit nachgegangen,
27
so hätte sie mit dem Verdienst auch ihren gesamten notwendigen Lebensunterhalt
abdecken können. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Tochter des Klägers dann
ein entsprechend hohes Einkommen bezogen hätte und die Kosten ihrer körperlichen
und zur Behinderung führenden Erkrankungen durch die Krankenversicherung
übernommen worden wären.
3. Ganz abgesehen von den vorgenannten Feststellungen besteht seit der Heirat der
Tochter des Klägers im Februar 2003 ihr gegenüber keine Unterhaltspflicht des Klägers
mehr, obwohl die Rechtsprechung eine (fort)bestehende Unterhaltspflicht als
ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Berücksichtigungsfähigkeit eines Kindes
ansieht (vgl. BFH-Urteil vom 2. März 2000 VI R 13/99, BFHE 191, 69, BStBl II 2000, 522;
Glanegger in Schmidt, EStG, § 32 EStG Rz. 27).
28
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
29