Urteil des FG Köln vom 20.01.2010

FG Köln (kläger, begründung, einkünfte, einspruch, ausdrücklich, akteneinsicht, termin, verhandlung, rechtliches gehör, auflage)

Finanzgericht Köln, 7 K 4391/07
Datum:
20.01.2010
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 K 4391/07
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Anordnung von steuerlichen
Außenprüfungen gegenüber dem Kläger sowie gegenüber einer Gesellschaft
bürgerlichen Rechts (GbR), an der der Kläger beteiligt ist.
2
Der geschiedene Kläger war unter anderem in den Jahren 2003 bis 2005 als Kinderarzt
selbständig tätig. Darüber hinaus war er in diesen Jahren an der "M" (im Folgenden
auch: "Apparategemeinschaft") beteiligt und erzielte aus dieser Beteiligung ebenfalls
Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Darüber hinaus erzielte er Einkünfte aus
Kapitalvermögen und Einkünfte aus einer vermieteten Wohnung.
3
Im Besteuerungsverfahren des Klägers trat zunächst eine in England und Wales
registrierte Limited mit Sitz in F und Niederlassungen in H (R) und O (D) – die "P Ltd."
(im Folgenden: P) – gegenüber dem Beklagten als Bevollmächtigte auf. Die "P"
beantragte für den Kläger in diesem Zusammenhang unter anderem mit Schreiben vom
31.5.2006 eine Verrechnungsstundung und die Gewährung von vorläufigem
Vollstreckungsschutz sowie die Herabsetzung von Vorauszahlungen. Mit Schreiben
vom 27.12.2006 legte sie für den Kläger unter anderem wegen Einkommensteuer 2005
Einspruch ein und stellte zudem einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, den sie
mit Schreiben vom 16.2.2007 konkretisierte. Für nähere Einzelheiten wird auf die in den
Akten des Beklagten befindlichen Schriftsätze vom 31.5.2006, vom 27.12.2006 und vom
16.2.2007 Bezug genommen.
4
Der Beklagte wies die "P" mit einem ihr am 14.5.2007 zugestellten Bescheid vom
30.4.2007 nach § 80 Abs. 5 AO als Bevollmächtigte zurück und setzte den Kläger
hiervon mit Schreiben vom 29.8.2007 in Kenntnis. Die Entscheidung über die
Zurückweisung enthielt keine näheren Angaben über das von der Zurückweisung
betroffene Verfahren. Die an den Kläger gerichtete Mitteilung vom 29.8.2007 enthielt
insoweit lediglich den Hinweis auf "Einkommensteuer/Lohnsteuer". Für nähere
Einzelheiten wird auf die in den Akten des Beklagten befindlichen Schreiben vom
5
Einzelheiten wird auf die in den Akten des Beklagten befindlichen Schreiben vom
30.4.2007 und vom 29.8.2007 Bezug genommen.
Gegen die Zurückweisung vom 30.4.2007 legte die "P" unter dem 4.6.2007 Einspruch
ein, den der Beklagte mit einer am 7.7.2008 zugestellten Einspruchsentscheidung vom
24.6.2008 zurückwies. Die hiergegen vor dem erkennenden Senat unter dem
Aktenzeichen 7 K 2683/08 erhobene Klage hatte keinen Erfolg (Senatsurteil vom
11.11.2009).
6
Mit Verfügungen vom 21.9.2007 ordnete der Beklagte die Durchführung einer
steuerlichen Außenprüfung beim Kläger hinsichtlich der "Einkommensteuer 2003 bis
2005" und bei der "M" hinsichtlich der "gesonderten und einheitlichen Feststellung von
Einkünften für 2003 bis 2005" an. Die Prüfungsanordnung für die Apparategemeinschaft
war an eine Steuerberatungsgesellschaft als Empfangsbevollmächtigte der "M"
adressiert. Zur Begründung verwies der Beklagte jeweils auf die Vorschrift des § 193
Abs. 1 AO. In der Anlage der wegen "Einkommensteuer 2003 bis 2005" an den Kläger
gerichteten Prüfungsanordnung forderte der Beklagte den Kläger zudem auf, im
Rahmen der Prüfung den Mietvertrag bezüglich einer (privat) vermieteten Wohnung
sowie Kontoauszüge zu den insoweit erhaltenen Mietzahlungen vorzulegen.
7
Die "P" legte als Bevollmächtigte des Klägers gegen beide Prüfungsanordnungen mit
Schreiben vom 16.10.2007 Einspruch ein. Mit Schreiben vom 23.10.2007 setzte der
Beklagte den Kläger davon in Kenntnis, dass die von der "P" erhobenen Einsprüche
"unzulässig" seien. Zur Begründung führte er unter Bezugnahme auf die Zurückweisung
der "P" als Bevollmächtigte und das Schreiben vom 29.8.2007 aus, dass die "P" nicht
zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sei und ihre schriftlichen
Eingaben daher "ohne steuerrechtliche Wirkung" blieben.
8
Mit Schreiben vom 29.10.2007 teilte der Beklagte der "P" ebenfalls mit, dass die
Einsprüche gegen die Prüfungsanordnungen "unwirksam" seien, da die "P" durch das
"Finanzgericht Köln" mit Beschluss vom 23.9.2005 als Bevollmächtigte zurückgewiesen
worden sei. Die Einsprüche hätten daher keine steuerrechtliche Wirkung.
9
Mit einem am 15.11.2007 beim Beklagten eingegangenen Schriftsatz wies die "P" unter
anderem darauf hin, dass ihr eine Zurückweisungsentscheidung des Beklagten vom
23.9.2007 nicht bekannt sei. Im Übrigen entfalteten Zurückweisungsentscheidungen
nach § 80 Abs. 5 AO keine Dauerwirkung und müssten in jedem steuerlichen
Verwaltungsverfahren erneut ausgesprochen werden. Dies sei vorliegend nicht
geschehen, so dass die Einsprüche wirksam bzw. zulässig seien.
10
Mit Einspruchsentscheidung vom 9.11.2007 wies der Beklagte den Einspruch gegen die
Prüfungsanordnung bei der Apparategemeinschaft als unzulässig zurück und gab die
Einspruchsentscheidung der Empfangsbevollmächtigten der Apparategemeinschaft
bekannt. Über den Einspruch gegen die an den Kläger gerichtete Prüfungsanordnung
wegen "Einkommensteuer 2003 bis 2005" ist bisher nicht entschieden worden.
11
Mit seiner Klage verfolgt der auch im Klageverfahren zunächst von der "P" vertretene
Kläger sein ursprüngliches Begehren weiter. Zur Begründung führt er in seiner
Klageschrift vom 14.11.2007 sowie in ergänzenden Schriftsätzen vom 27.2.2008 und
vom 5.3.2008 aus, dass der Beklagte hinsichtlich der die Einkommensteuer 2003 bis
2005 betreffenden Prüfungsanordnung eine Sachbehandlung rechtsfehlerhaft ablehne.
Die Klage sei insoweit als Untätigkeitsklage ohne Durchführung eines Vorverfahrens
12
zulässig. Es sei aufgrund des Verhaltens des Beklagten insbesondere unzumutbar
gewesen, die in § 46 FGO vorgesehene Frist abzuwarten. Die Prüfungsanordnung
wegen Einkommensteuer 2003 bis 2005 sei rechtswidrig, da sie sich lediglich auf die
Einkünfte aus der privat vermieteten Wohnung beziehe. Die freiberuflichen Einkünfte
seien nicht von der Anordnung umfasst. Dies ergebe sich ausdrücklich aus der Anlage
zur Prüfungsanordnung. Vor diesem Hintergrund reiche der vom Beklagten zur
Begründung für eine sogenannte "Routineprüfung" angegebene § 193 Abs. 1 AO nicht
aus. Eine weitergehende Begründung fehle. Zudem sei ein Zusammenhang zu der die
Apparategemeinschaft betreffenden Prüfungsanordnung "unübersehbar", so dass es
auch insoweit einer besonderen Begründung bedurft habe. Schließlich sei ihm – dem
Kläger – bekannt geworden, dass gegen die Apparategemeinschaft ein
steuerstrafrechtliches Verfahren anhängig sei. Daher sei er "in jedem denkbaren Fall zu
belehren". Eine Prüfung nach § 193 Abs. 1 AO als "Routineprüfung" verletzte ihn daher
auch aus diesem Grund in seinen Rechten und sei rechtswidrig.
Der Beklagte könne sich darüber hinaus nicht auf eine (frühere) Zurückweisung der "P"
berufen. Die Zurückweisung eines Bevollmächtigten entfalte nur dann Wirkung, wenn
sie dem Zurückgewiesenen bekannt gegeben worden sei. Sie erstrecke sich zudem nur
auf ein konkretes, bestimmtes Verfahren. Eine solche Zurückweisungsentscheidung
liege jedoch nicht vor. Insbesondere sei keine Zurückweisung des "Einspruchs"
hinsichtlich der die Apparategemeinschaft betreffenden Prüfungsanordnung erfolgt. Im
Hinblick auf die Apparategemeinschaft habe der Beklagte zudem eine notwendige
Beiladung unterlassen. Das Erfordernis einer notwendigen Beiladung sei am Beklagten
"wohl vorbeigegangen".
13
Mit einem am 16.1.-18.1.2010 eingegangenen Schriftsatz vom 15.1.2010 hat sich die "G
Ltd." als Prozessbevollmächtigte des Klägers bestellt und beantragt, den Termin zur
mündlichen Verhandlung aufzuheben. In dem Schriftsatz wird ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass die "Klägerseite" zum Termin – so er denn stattfinde – nicht
erscheinen werde. Sowohl die Terminierung als auch die Durchführung der mündlichen
Verhandlung stünden im Widerspruch zum geltenden Prozessrecht. Sie seien nur in
dem Fall zulässig, dass der Klage nach der bestehenden Aktenlage entsprochen werde.
In diesem Fall erübrige sich eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung.
Ansonsten könnte die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung dem Verfahren den
"Anschein der Ordnungsmäßigkeit" geben. Es sei aber gerade nicht beabsichtigt, einen
solchen Anschein zu erwecken. Zudem wird ausgeführt, dass mit der Klage in der
Sache geltend gemacht mache, dass die Prüfungsanordnung nicht begründet sei, da
keine sogenannte "Routineprüfung" vorgesehen sei, sondern eine Prüfung aufgrund
eines besonderen Anlasses, bei der die Bezeichnung des besonderen Anlasses im
Rahmen der Begründung zwingend sei. Schon alleine mit Blick auf die
Überprüfungsmöglichkeit der Ermessensentscheidung des Beklagten durch das Gericht
habe der Kläger die Zuziehung bestimmter Akten sowie Gewährung von Akteneinsicht
beantragt; dies auch deshalb, weil er dadurch in die Lage versetzt werde, weiter
vorzutragen und seinen Vortrag zu stützen. Dieser Vortrag sei in den bisherigen
Schriftsätzen vom 27.2.2008 und vom 5.3.2008 wiederholt und untermauert worden. Das
Übergehen dieser Anträge werde insgesamt ausdrücklich als entscheidungserheblicher
Verfahrensmangel gerügt. Das Gericht habe diesen Anträgen nicht entsprochen und
"einfach terminiert". Dadurch würden die Rechte des Klägers verletzt, insbesondere das
Recht aus § 78 FGO. In diesem Zusammenhang werde auf den Beschluss des
Bundesfinanzhofs vom 11.11.2008 (Az.: I B 80/08) hingewiesen, wo die
Nichtgewährung von Akteneinsicht als Verfahrensmangel festgestellt worden sei.
14
Der Kläger beantragt sinngemäß,
15
1. den Termin vom 20.1.2010 zu verlegen und
2. in der Sache, die Prüfungsanordnungen vom 21.9.2007 sowie die in diesem
Zusammenhang hinsichtlich der die "M" betreffenden Prüfungsanordnung
ergangene Einspruchsentscheidung vom 9.11.2007 aufzuheben;
16
17
zudem regt er an, im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
18
Der Beklagte beantragt,
19
die Klage abzuweisen.
20
Zur Begründung führt er aus, dass die "P" als Bevollmächtigte des Klägers mit
Schreiben vom 30.4.2007 und vom 5.6.2008 nach § 80 Abs. 5 AO zurückgewiesen
worden sei. Hiervon sei der Kläger unterrichtet worden. Zudem sei dem Kläger mit
Schreiben vom 23.10.2007 mitgeteilt worden, dass der von der "P" erhobene Einspruch
"unzulässig" sei und eine Einspruchsentscheidung daher nicht erfolgen werde. Die
Klage gegen die Prüfungsanordnung wegen Einkommensteuer 2003 bis 2005 sei
mangels Durchführung eines Vorverfahrens unzulässig. Hinsichtlich der die
Apparategemeinschaft betreffenden Prüfungsanordnung sei zu berücksichtigen, dass
die "P" im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung weder Bevollmächtigte noch
Vertreterin der Apparategemeinschaft gewesen sei. Eine Untätigkeitsklage sei nicht
gerechtfertigt. Es sei nicht ersichtlich, weshalb dem Kläger das Abwarten der Frist des §
46 FGO nicht zumutbar gewesen sei. Abgesehen davon sei die Klage insgesamt auch
unbegründet. Es habe kein Anlass für eine über den § 193 Abs. 1 AO hinausgehende
Begründung der Prüfungsanordnungen bestanden. Insbesondere seien dem Beklagten
keine steuerstrafrechtlichen Ermittlungen bekannt. Die diesbezüglichen Hinweise
stammten ausschließlich von der damaligen Bevollmächtigten des Klägers. Im Übrigen
habe ein solches Ermittlungsverfahren ohnehin keine Auswirkungen auf das
vorliegende Verfahren.
21
Der Berichterstatter teilte sowohl dem Kläger als auch der damaligen
Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Verfügung vom 17.6.2009 mit, dass die
Möglichkeit zur Akteneinsicht nach einer vorherigen Terminvereinbarung bestehe. Von
dieser Möglichkeit haben in der Folgezeit weder die damalige Prozessbevollmächtigte
noch der Kläger selbst Gebrauch gemacht. Die an den Kläger in der Verfügung vom
17.6.2009 gerichtete Anfrage, ob er nach einer Zurückweisungsentscheidung einen
neuen Bevollmächtigten benennen oder sich selbst vertreten wolle, blieb unbeantwortet.
22
Der Senat hat die damalige Bevollmächtigte des Klägers mit Beschluss vom 31.8.2009
nach vorheriger Anhörung gemäß § 62 Abs. 3 FGO zurückgewiesen und in diesem
Beschluss unter anderem ausdrücklich ausgeführt, dass eine Reaktion auf die
angebotene Möglichkeit zur Akteneinsicht nicht erfolgt sei. Für nähere Einzelheiten wird
auf den in den Akten befindlichen Beschluss vom 31.8.2009 (Bl. 52 ff.) Bezug
23
genommen.
Entscheidungsgründe:
24
1.
25
Der Senat entscheidet in der Sache, ohne den Termin der mündlichen Verhandlung zu
vertagen bzw. zu verlegen. Die Voraussetzungen für eine Vertagung bzw. Verlegung
nach § 155 FGO in Verbindung mit § 227 ZPO sind nicht gegeben.
26
Nach § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Termin nur aus erheblichen Gründen
aufgehoben oder vertagt werden. Ein Anspruch auf Terminsverlegung bzw. Vertagung
besteht unter anderem nicht, wenn ein Verfahrensbeteiligter von einer ihm angebotenen
Akteneinsicht keinen Gebrauch gemacht hat (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Februar 2009
VIII B 95/08, ZSteu 2009, R339 m.w.N.). Das ist vorliegend der Fall. Denn sowohl dem
Kläger als auch seiner damaligen Prozessbevollmächtigten wurde die Möglichkeit zur
Akteneinsicht bereits in der Verfügung vom 17.6.2009 angeboten. Auf diese Verfügung
und die darin ermöglichte Akteneinsicht wurde zudem nochmals im Beschluss vom
31.8.2009 ausdrücklich Bezug genommen. Hierauf ist keine Reaktion erfolgt und keine
Akteneinsicht genommen worden.
27
Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung
am 20.1.2010 eine Einsichtnahme in die Akten hätte erfolgen können, wenn die
Klägerseite – entgegen ihrer ausdrücklichen Ankündigung, nicht erscheinen zu wollen –
zum Termin erschienen wäre. Anhaltspunkte für eine fortdauernde Unmöglichkeit der
Akteneinsichtnahme aus von der Klägerseite nicht zu vertretenden Gründen sind –
ebenso wenig wie andere Gründe, die eine Terminsverlegung bzw. Vertagung
rechtfertigen könnten – weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine Verlegung bzw.
Vertagung des Termins kam vor diesem Hintergrund nicht in Betracht (vgl. BFH-
Beschlüsse vom 5. Februar 2009 VIII B 95/08, ZSteu 2009, R339 m.w.N.; vom 30.
Januar 1997 I B 79/96, BFH/NV 1997, 671 und vom 30. November 1992 X B 18/92,
BFH/NV 1993, 732).
28
Die Klägerseite kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs berufen. Denn trotz der vom Senat ausdrücklich angebotenen
Möglichkeit zur Akteneinsichtnahme hat die Klägerseite nicht alle prozessualen
Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl. BFH-
Beschlüsse vom 5. Februar 2009 VIII B 95/08, ZSteu 2009, R339 m.w.N.; vom 29.
Oktober 2004 XI B 213/02, BFH/NV 2005, 566 und vom 22. Dezember 2003 VII B 35/03,
BFH/NV 2004, 652; BFH-Urteil vom 27. Juni 2006 VII R 34/05, BFH/NV 2006, 2024).
Die Klägerseite hat vielmehr im Schriftsatz vom 15.1.2010 ausdrücklich und ohne eine
die Verlegung des Termins rechtfertigende Begründung (siehe oben) angekündigt, zum
Termin nicht erscheinen zu wollen. Damit hat sie bewusst an der mündlichen
Verhandlung nicht teilgenommen, obwohl ihr aufgrund der vorherigen Mitteilungen über
die Möglichkeit zur Akteneinsicht bekannt war, dass die Akten beim Gericht vorliegen
und zumindest im Termin hätten eingesehen werden können.
29
2.
30
Die Klage ist hinsichtlich der Prüfungsanordnung wegen Einkommensteuer 2003 bis
2005 des Klägers zulässig, aber unbegründet und hinsichtlich der gesonderten und
31
einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus der Apparategemeinschaft unzulässig.
a)
32
Die gegen die Prüfungsanordnung wegen der gesonderten und einheitlichen
Feststellung der Einkünfte der Apparategemeinschaft gerichtete Klage ist unzulässig.
33
Der Kläger ist als Beteiligter der Apparategemeinschaft nicht klagebefugt. Klagebefugt
im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO ist nur derjenige, der – soweit gesetzlich nichts anderes
bestimmt ist – geltend machen kann, durch einen Verwaltungsakt in seinen Rechten
verletzt zu sein. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs setzt § 40
Abs. 2 FGO voraus, dass der Kläger durch den angefochtenen Verwaltungsakt
unmittelbar in seiner Rechtsstellung betroffen ist (vgl. etwa BFH-Urteile vom 30. August
1994 IX R 65/91, BFH/NV 1995, 517 und vom 27. August 2003 II R 18/02, HFR 2004,
241 jeweils m.w.N.). Die von einem Verwaltungsakt nicht oder nur mittelbar betroffenen
Personen sind hingegen regelmäßig nicht klagebefugt im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO
(vgl. Gräber/von Groll, FGO, 6. Auflage 2006, § 40 Rn 57 m.w.N.).
34
Bei einer Prüfungsanordnung ist vor diesem Hintergrund für das Erfordernis der
Klagebefugnis maßgebend, an wen sich die Anordnung inhaltlich richtet, das heißt, wer
die Prüfung als Prüfungssubjekt zu dulden hat (vgl. BFH-Urteil vom 30. August 1994 IX
R 65/91, BFH/NV 1995, 517; BFH-Beschluss vom 19. Februar 1996 VIII B 5/95, BFH/NV
1996, 686 m.w.N.; Klein/Rüsken, AO. 10. Auflage 2009, § 196 Rn 56). Eine
Personengesellschaft ist unter anderem auch insoweit Prüfungssubjekt, als sich die
Prüfung auf die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte erstreckt (vgl.
BFH-Beschluss vom 19. Februar 1996 VIII B 5/95, BFH/NV 1996, 686 m.w.N.;
Klein/Rüsken, AO, 10. Auflage 2009, § 196 Rn 56). Die einzelnen Gesellschafter sind
von einer gegen die Personengesellschaft gerichteten Prüfungsanordnung nicht
unmittelbar betroffen. Der Inhaltsadressat einer Prüfungsanordnung ist in Zweifelsfällen
durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BFH-Urteil vom 30. August 1994 IX R 65/91, BFH/NV
1995, 517). Dabei kommt es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter die
Prüfungsanordnung auffassen musste; entscheidend ist vielmehr, wie der Betroffene
selbst nach den ihm bekannten Umständen die Anordnung verstehen konnte.
35
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze, die sich der Senat zueigen macht, ist der
Kläger im Hinblick auf die Prüfungsanordnung wegen der einheitlichen und
gesonderten Feststellung der Einkünfte der Apparategemeinschaft nicht klagebefugt.
Die Prüfungsanordnung bestimmte ausdrücklich und eindeutig die "M" – mithin die
Apparategemeinschaft – als Inhaltsadressaten. Ihr lassen sich keine Anhaltspunkte auf
den Kläger als Inhaltsadressaten entnehmen. Vor diesem Hintergrund scheidet eine
Klagebefugnis des Klägers aus.
36
Eine Klagebefugnis ergibt sich auch nicht aus einer unmittelbaren oder analogen
Anwendung des § 48 FGO. Denn die in § 48 FGO enthaltene Regelung, die den
Gesellschaftern für die Anfechtung von Feststellungsbescheiden in gewissen Grenzen
ein unmittelbares Klagerecht einräumt, ist auf Prüfungsanordnungen nicht anwendbar.
Der dieser Regelung zugrunde liegende Gedanke, dass sich ein Feststellungsbescheid
materiell-rechtlich letztlich nicht gegen die Gesellschaft, sondern gegen die
Gesellschafter richtet, greift bei Prüfungsanordnungen, nicht durch, da diese die
Gesellschaft als eigenständiges Rechtssubjekt betreffen (vgl. BFH-Urteil vom 30.
August 1994 IX R 65/91, BFH/NV 1995, 517 zu § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO; Tipke/Eckhoff,
37
AO, § 196 Rn 245; Klein/Rüsken, AO, 10. Auflage 2009, § 196 Rn 56).
b)
38
Die gegen die Prüfungsanordnung wegen Einkommensteuer 2003 bis 2005 gerichtete
Klage ist zulässig, aber unbegründet.
39
aa)
40
Die Klage ist auch ohne den Abschluss eines außergerichtlichen Vorverfahrens
zulässig, da die Voraussetzungen des § 46 FGO gegeben sind. Der Beklagte hat über
den von der "P" eingelegten Einspruch des Klägers ohne Mittleilung eines sachlichen
Grundes nicht innerhalb einer angemessenen Frist sachlich entschieden. Dabei ist es
unerheblich, dass die Frist des § 46 Abs. 1 Satz 2 FGO im Zeitpunkt der Klageerhebung
noch nicht abgelaufen war. Denn sie war jedenfalls im Zeitpunkt der mündlichen
Verhandlung verstrichen, so dass die Klage in die Zulässigkeit "hineinwachsen" konnte
(vgl. dazu nur BFH-Urteil vom 28. September 1990 VI R 98/89, 100/89, BFHE 162, 414,
BStBl. II 1991, 363 m.w.N.).
41
Ein zureichender Grund für eine Verzögerung durch den Beklagten in Form der
Nichtentscheidung über den Einspruch des Klägers lag nicht vor. Die "P" konnte für den
Kläger am 17.10.2007 wirksam einen Einspruch gegen die Prüfungsanordnung vom
21.9.2007 einlegen. Der Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf
berufen, dass er die "P" bereits vor dem 17.10.2007 nach § 80 Abs. 5 AO
zurückgewiesen habe. Denn eine wirksame Zurückweisungsentscheidung lag zu
diesem Zeitpunkt nicht vor. Voraussetzung für eine wirksame Zurückweisung nach § 80
Abs. 5 AO ist unter anderem, dass diese für das konkrete steuerliche
Verwaltungsverfahren erfolgt (vgl. Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 80 Rn
441). Die Zurückweisung ist dem Bevollmächtigten bekanntzugeben (vgl. Söhn, in:
Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 80 Rn 462) und darüber hinaus dem Vertretenen
nach § 80 Abs. 8 Satz 1 AO mitgeteilt werden. Dabei wirkt eine Zurückweisung nur für
die Zukunft, so dass bereits vorgenommene Verfahrenshandlungen des
Bevollmächtigten ihre Wirksamkeit behalten (vgl. Klein/Brockmeyer, AO, 10. Auflage
2009, § 80 Rn 17).
42
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Zurückweisungsentscheidung des Beklagten vom
30.4.2007 sowie die entsprechende Mitteilung an den Kläger vom 29.8.2007
ordnungsgemäß erfolgten. Denn diese Entscheidung betraf allenfalls die dort in Bezug
genommenen Vorgänge aus den Schreiben des damaligen Bevollmächtigten vom
31.5.2006, 27.12.2006 und 16.2.2007. Hierzu zählte das erst später am 21.9.2007
begonnene Verfahren hinsichtlich der Prüfungsanordnung wegen Einkommensteuer
2003 bis 2005 nicht. Im Hinblick darauf, dass die Zurückweisung nach § 80 Abs. 5 AO
für jedes konkrete steuerliche Verfahren gesondert vorzunehmen ist, ist nach
Auffassung des Senats eine eigenständige Zurückweisungsentscheidung auch für das
eine Prüfungsanordnung nach § 196 AO betreffende (Einspruchs)Verfahren erforderlich,
wenn der Beklagte unter Bezugnahme auf § 80 Abs. 5 AO die Unwirksamkeit einer
Verfahrenshandlung des Bevollmächtigten in diesem Verfahren geltend machen
möchte. Eine solche Zurückweisung war vorliegend jedoch nicht gegeben.
Dementsprechend ist die Klage auch ohne den Abschluss eines vorherigen
Vorverfahrens zulässig, da der Beklagte nicht innerhalb einer angemessenen Frist über
den wirksam eingelegten Einspruch des Klägers entschieden hat.
43
bb)
44
Die Klage ist jedoch unbegründet.
45
Die angefochtene Prüfungsanordnung wegen Einkommensteuer 2003 bis 2005 ist nicht
rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
46
Die Prüfungsanordnung leidet entgegen der Auffassung des Klägers insbesondere nicht
an einem Begründungsmangel. Der Beklagte hat den Anforderungen an die
Begründung der Prüfungsanordnung durch den Hinweis auf § 193 Abs. 1 AO
hinreichend Rechnung getragen. Denn § 193 Abs. 1 AO enthält eine tatbestandlich
voraussetzungslose Prüfungsermächtigung, die keiner besonderen Begründung bedarf
(vgl. BFH-Urteil vom 5. November 1981 IV R 179/79, BFHE 134, 395, BStBl. II 1982,
208; Tipke/Seer, AO, § 193 Rn 8; Klein/Rüsken, AO. 10. Auflage 2009, § 193 Rn 15).
Die Angabe dieser Rechtsgrundlage ist vor diesem Hintergrund regelmäßig
ausreichend, um dem Begründungserfordernis des § 121 Abs. 1 AO nachzukommen.
47
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kann die bei einem
Unternehmer bzw. Freiberufler aufgrund von § 193 Abs. 1 AO angeordnete
Außenprüfung darüber hinaus auch auf nichtbetriebliche Sachverhalte erstreckt werden,
ohne dass es einer besonderen Begründung bedarf. In diesem Zusammenhang
gestattet eine auf § 193 Abs. 1 AO gestützte Prüfungsanordnung die Ausweitung der
Prüfung auch auf die privaten Verhältnisse des Steuerpflichtigen. Die Voraussetzungen
des § 193 Abs. 2 Nr. 2 brauchen dabei nicht vorzuliegen (vgl. dazu nur BFH-Urteile vom
28. November 1985 IV R 323/84, BFHE 145, 311, BStBl. II 1986, 437; vom 24. August
1989 IV R 65/88, BFHE 158, 114, BStBl. II 1990, 2 und vom 5. November 1981 IV R
179/79, BFHE 134, 395, BStBl. II 1982, 208; BFH-Beschlüsse vom 8. März 2005 IV B
75/03, Juris; vom 11. September 2003 XI B 9/03, Juris und vom 21. März 2001 X B
75/00, Juris).
48
Ausweislich der Prüfungsanordnung erstreckt sich die Außenprüfung auf die
"Einkommensteuer 2003 bis 2005". Der Kläger war in diesen Jahren freiberuflich als
Arzt tätig. Unter Berücksichtigung der oben genannten Rechtsgrundsätze, die sich der
Senat zueigen macht, durfte der Beklagte daher auch die Verhältnisse der vom Kläger
(privat) vermieteten Wohnung in die Außenprüfung miteinbeziehen. Für die vom Kläger
vertretene Auffassung, dass sich die Außenprüfung – entgegen der ausdrücklich auf die
"Einkommensteuer 2003 bis 2005" bezogenen Anordnung – alleine auf die Einkünfte
aus Vermietung und Verpachtung erstrecken würde, ist nichts ersichtlich. Eine
Beschränkung auf eine einzelne Einkunftsart des Prüfungszeitraums ergibt sich
insbesondere nicht aus der in der Anlage zur Prüfungsanordnung enthaltenen
Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen über die vermietete Wohnung. Andere
Anhaltspunkte, aus denen sich eine Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung ergeben
könnte, sind nicht erkennbar. Diesbezüglich hat auch der Kläger nichts weiteres
vorgetragen.
49
3.
50
Ein Fall der (notwendigen) Beiladung des zweiten Gesellschafters der "M" liegt nicht
vor. Die (notwendige) Beiladung setzt nach § 60 Abs. 3 FGO die Notwendigkeit einer
einheitlichen Entscheidung voraus. Beizuladen ist, wer im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO
51
klagebefugt ist und keine Klage erhoben hat. Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich
der Gesellschafter einer Personengesellschaft unter anderem dann nicht erfüllt, wenn
gegenüber der Personengesellschaft eine Prüfungsanordnung ergangen ist und sich die
Prüfungsanordnung auf die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung erstreckt.
Da eine einheitliche Entscheidung gegenüber den Gesellschaftern nach dem
Regelungsinhalt der Prüfungsanordnung nicht sicherzustellen ist, sind die
Gesellschafter zum Verfahren weder notwendig noch einfach beizuladen (vgl. BFH-
Beschluss vom 19. Februar 1996 VIII B 3/95, BFH/NV 1996, 685; Gräber/Stapperfend,
FGO, 6. Auflage 2006, § 60 Rn 110).
4.
52
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind.
53
5.
54
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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