Urteil des FG Hessen vom 25.10.2010

FG Frankfurt: zuwendung unter lebenden, gegenleistung, schenkung, unentgeltlichkeit, einspruch, grundstück, belohnung, bereicherung, kostenersatz, urkunde

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Gericht:
Hessisches
Finanzgericht 1.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahr:
2006
Aktenzeichen:
1 K 2123/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 7 Abs 1 Nr 1 ErbStG 1997, §
7 Abs 4 ErbStG 1997
Nachträgliche Zuwendung für Pflegeleistungen und
Betreuungsleistungen unterliegt der Schenkungsteuer
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Schenkungsteuer durch den
Beklagten. Er ist der Auffassung, eine Zahlung von … € sei nicht als Schenkung zu
berücksichtigen, da dieser Betrag für langjährige Versorgungs- und
Unterstützungsleistungen gezahlt worden sei.
Durch notariellen Vertrag vom … 2006 übertrug B, die Stiefmutter der
verstorbenen Mutter des Klägers, diesem das Eigentum an dem Grundstück … in
… . In einer weiteren notariellen Urkunde desselben Datums verpflichtete sie sich
u.a., „im Wege vorweggenommener Erbfolge in Anbetracht der von Herrn E ihr
gegenüber erbrachten bereits jahrelang andauernden Versorgungs- und
Unterstützungsleistungen zur Zahlung von … €“.
Der Kläger gab auf Aufforderung des Finanzamts eine Schenkungsteuererklärung
ab, in der er lediglich das Grundstück als Gegenstand der Schenkung anführte. Bei
den Zahlungen der B im Übrigen handele es sich nicht um Schenkungen, sondern
um Entschädigungen für getragene Aufwendungen.
Durch Schenkungsteuerbescheid vom … 2008 setzte der Beklagte gegen den
Kläger Schenkungsteuer von … € fest. Dabei setzte er den Steuer- bzw.
Grundbesitzwert des Grundstücks mit … € und die Zahlung der B mit … € an und
errechnete unter Abzug von Steuerberatungskosten in Höhe von … € sowie der
Berücksichtigung eines Freibetrags nach § 16 Abs. 1 ErbStG von … € einen Wert
des steuerpflichtigen Erwerbs in Höhe von … €.
Mit seinem Einspruch wandte sich der Kläger gegen diese rechtliche Würdigung
und reichte zudem Belege über Steuerberatungskosten nach. Die
Schenkungsteuer wurde im Hinblick auf die nachgewiesenen
Steuerberatungskosten mit der Einspruchsentscheidung auf … € herabgesetzt, im
Übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Aufhebung der
Schenkungsteuerfestsetzung. Er ist der Auffassung, mit der schuldrechtlichen
Vereinbarung über die Zahlung der … € sei ihm Kostenersatz gem. § 683 BGB für
die Vergangenheit gewährt worden. So habe er langjährig für B
Geschäftsführungstätigkeiten vorgenommen. Die ihm entstandenen Kosten
beliefen sich auf „vorsichtig geschätzte Beträge“ in Höhe von … €, die der
schuldrechtlichen Vereinbarung von … € zugrunde gelegt worden seien. Es liege
keine Bereicherung vor.
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Der Kläger beantragt, die mit Bescheid vom … 2008 festgesetzte
Schenkungsteuer unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom … 2008 auf
0 € festzusetzen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist unter Hinweis auf die Ausführungen in der
Einspruchsentscheidung der Auffassung, bereits der Wortlaut der notariellen
Vereinbarung spreche für eine belohnende Schenkung. Es liege keine kausale
Verknüpfung zwischen der Zahlung von … € und den Versorgungs- und
Unterstützungsleistungen des Klägers vor.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Klagebegründung, auf die
Klageerwiderung sowie auf den im Verwaltungsverfahren gewechselten
Schriftverkehr verwiesen.
Dem Senat lag die Schenkungsteuerakte des Finanzamts vor.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Schenkungsteuerbescheid ist nicht zu beanstanden. Der
Beklagte ist bei der Steuerfestsetzung zu Recht davon ausgegangen, dass die von
dem Kläger geltend gemachten Versorgungs- und Unterstützungsleistungen nicht
zu berücksichtigen sind. Die Zuwendung des Geldbetrages in Höhe von … € stellt
eine freigebige Zuwendung i.S. von § 7 Abs.1 Nr.1 des Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) an den Kläger dar.
Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG unterliegt der Schenkungsteuer als Schenkung jede
freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten
des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG). Sie setzt in objektiver
Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf
Kosten des Zuwendenden führt; sie muss (objektiv) unentgeltlich sein (Urteil des
Bundesfinanzhofs -BFH- vom 2. März 1994 II R 59/92, BStBl II 1994, 366). Zur
Verwirklichung des subjektiven Tatbestands der freigebigen Zuwendung ist der
(einseitige) Wille des Zuwendenden zur Unentgeltlichkeit erforderlich. Der Wille zur
Unentgeltlichkeit ist dann gegeben, wenn der Zuwendende in dem Bewusstsein
handelt, zu der Vermögenshingabe weder rechtlich verpflichtet zu sein noch dafür
eine mit seiner Leistung in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen
Zusammenhang stehende Gegenleistung zu erhalten (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 1.
Juli 1992 II R 70/88, BStBl II 1992, 921, 923, und vom 1. Juli 1992 II R 12/90, BStBl II
1992, 925, 927).
Unter Beachtung vorstehender Rechtsgrundsätze, die der Senat für zutreffend
hält, ist im Streitfall davon auszugehen, dass B in dem Bewusstsein der
(objektiven) Unentgeltlichkeit ihrer Zuwendung handelte. Der Kläger hatte auf
diese Leistung weder einen Rechtsanspruch noch war die Zuwendung durch B im
o.g. Sinne - d.h. synallagmatisch, konditional oder kausal - mit einer Gegenleistung
des Klägers verknüpft. Dies folgt schon aus dem Wortlaut der notariellen
Vereinbarung, wonach sich B „im Wege vorweggenommener Erbfolge zur Zahlung
von … €“ verpflichtete. B hat somit dem Kläger nur das zugewendet, was er nach
ihrem Tode ohnehin geerbt hätte.
Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil nach dieser Vereinbarung die Zahlung
im Hinblick auf die vom Kläger ihr gegenüber erbrachten „bereits jahrelang
andauernden Versorgungs- und Unterstützungsleistungen“ erfolgt ist.
Dienstleistungen in Form von Pflege- und Betreuungsleistungen können zwar
grundsätzlich eine Gegenleistung für eine Zuwendung sein. Erfolgt die Zuwendung
nachträglich, könnten die bereits erbrachten Dienstleistungen dennoch als
Gegenleistung zu werten sein, wenn sie sich als Vorausleistungen des
Zuwendungsempfängers darstellen, die durch die Zuwendung entlohnt werden.
Voraussetzung hierfür ist eine von vornherein getroffene Entgeltsabrede.
Hingegen reicht es nicht aus, wenn für Vorausleistungen des
Zuwendungsempfängers, für die zunächst kein Entgelt vorgesehen war, erst
nachträglich ein Entgelt vereinbart oder tatsächlich geleistet wird. Eine die
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nachträglich ein Entgelt vereinbart oder tatsächlich geleistet wird. Eine die
Vorausleistungen nachträglich ohne rechtliche Verpflichtung ausgleichende
Zuwendung unterliegt als Belohnung i.S.d. § 7 Abs. 4 ErbStG der Schenkungsteuer
(vgl. Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. November 2002 4 K 2068/01,
DStRE 2003, 551). Entgegen der von dem Kläger vertretenen Ansicht ist die
Zuwendung auch nicht deshalb als Gegenleistung zu sehen, weil die von ihm mit
der Klagebegründung (Anlage 4) in der Vergangenheit detailliert beschriebenen
Leistungen mit der Zahlung der … € abgegolten werden sollten. Wenn, wie die
Prozessbevollmächtigte in ihrem Schriftsatz vom ...2008 an das Finanzamt
ausführt, B mit der schuldrechtlichen Vereinbarung „also anerkennt, dass ihrem
Enkel Kosten und Aufwendungen für die langjährig andauernden Leistungen
entstanden sind“, kommt der Geldzahlung angesichts dieser „Vorleistungen“ des
Klägers der Charakter einer nachträglichen Anerkennung (Belohnung) zu.
Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine im Voraus bestimmte Bezahlung von
Leistungen handelte, liegen nicht vor. Der Kläger hat zu keinem Zeitpunkt
vorgetragen, dass die inzwischen verstorbene B sich schon vor Jahren verpflichtet
hätte, die vom Kläger getragenen Aufwendungen zu einem späteren Zeitpunkt
„entlohnen“ zu wollen, zumal angesichts der finanziellen Verhältnisse der B dazu
schon früher Gelegenheit bestanden hätte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.