Urteil des FG Hamburg vom 11.12.2013

FG Hamburg: die post, agb, bemessungsgrundlage, zustellung, steuerbefreiung, absender, frankierung, eugh, gegenleistung, posten

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Umsatzsteuer: Dienstleistungskommission
1. Tritt ein sogen. Postkonsolidierer im eigenen Namen und für fremde Rechnung gegenüber der
Deutschen Post AG auf und wird deshalb Gläubiger des Briefbeförderungsanspruchs, erhält und erbringt
er gemäß § 3 Abs. 11 UStG eine Briefbeförderungsleistung.
2. Als Entgelt und umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage für diese Leistung ist das Netto-Porto
abzüglich von Gutschriften gegenüber dem Auftraggeber des Konsolidierers anzugeben.
FG Hamburg 2. Senat, Urteil vom 11.12.2013, 2 K 267/12
§ 3 Abs 11 UStG, § 10 Abs 1 UStG, § 28 PostG
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die umsatzsteuerliche Behandlung von Leistungen eines sogenannten
Konsolidierers, der in die Erbringung von Postdienstleistungen einbezogen ist.
Die Klägerin schloss im Januar 2009 mit der A ... GmbH (im Folgenden: A) eine Dienstleistungsvereinbarung,
wonach Vertragsgegenstand die tägliche Übernahme von Briefsendungen im Logistikzentrum der A in B, die
Sortierung und taggleiche Einspeisung zur Auslieferung bei der Deutschen Post AG durch die Klägerin war.
Die Klägerin sollte eine Vergütung in Form eines prozentualen Anteils am Rabatt erhalten, den die Deutsche
Post AG für die so eingelieferten Briefsendungen gewährte. Die Vergütung sollte monatlich per
Gutschriftverfahren gegenüber der A abgerechnet werden.
Zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der A schloss die Klägerin im März 2009 einen
Vertrag mit der C GmbH (im Folgenden: C), die ein lizensiertes Postkonsolidierungsunternehmen ist, das die
Briefsendungen seiner Kunden nach Postleitregionen sortiert und diese dann in das Zustellnetz der
Deutschen Post AG einspeist. C verpflichtete sich in diesem Vertrag dazu, die Sendungen der Klägerin
werktags bei der A in B abzuholen, maschinell zu sortieren, zu zählen und bei einem Briefzentrum der
Deutschen Post AG einzuliefern. Die Einlieferung sollte nach den Vorgaben der Deutschen Post AG erfolgen.
Für den Fall, dass C die Einlieferung bei der Deutschen Post AG selbst vornimmt, sollten die Briefsendungen
zum Zwecke der Zustellung an die Deutsche Post AG im Namen und für Rechnung des Briefabsenders
übergeben werden. Ein Vertragsverhältnis über die Beförderung ab Übergabe an die Deutsche Post AG sollte
ausschließlich zwischen dem Briefabsender und der Deutschen Post AG zustande kommen. Die vertragliche
Beziehung des Absenders zur Deutschen Post AG sollte von diesem Vertrag unberührt bleiben.
Entsprechendes galt für den Fall, dass die C ihrerseits einen Postkonsolidierer als Subunternehmer zur
Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschalten würde (Abschnitt 1.3 des Vertrags). Die Klägerin
sollte auf teilleistungsfähige Sendungen eine Rückvergütung von 26 % des vollen Briefportos erhalten.
Hierüber sollte monatlich eine Gutschrift erteilt werden. Die Vergütung der Konsolidierungsleitungen von C
wurde prozentual auf der Grundlage des Portos für die jeweils monatlich eingelieferten Briefe berechnet. Sie
betrug je nach Art der Briefsendungen zwischen 7 und 15 % zuzüglich 19 % Umsatzsteuer.
C (damals noch unter der früheren Firmierung D GmbH) hatte vorher im Mai/Juni 2005 mit der Deutschen
Post zwei sogenannte Teilleistungsverträge abgeschlossen, die C berechtigen, die sortierten Briefsendungen
unter ihrer Konsolidierungsnummer in den Briefzentren der Deutschen Post AG einzuliefern. Grundlage dieser
Verträge waren die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Deutschen Post AG "Teilleistungen
BZE/BZA gewerbsmäßige Konsolidierung Brief". C erhielt für die Einlieferungen gemäß den AGB prozentuale
Nachlässe auf das jeweilige Entgelt (Porto) für die Briefsendungen. Nach § 1 Abs. 3 dieser AGB ist
Einlieferer und alleiniger Gläubiger der Leistungen der Deutschen Post der Konsolidierer. Absender im Sinne
der AGB sind danach die Endkunden des Konsolidierers. Die Deutsche Post AG verpflichtete sich unter
anderem dazu, die Briefsendungen unter der auf der Briefsendung angebrachten Anschrift zuzustellen (§ 2
Abs. 3 der AGB). Der Konsolidierer hat unter anderem die Verpflichtung, die Briefsendungen mit dem
jeweiligen Entgelt freigemacht/frankiert einzuliefern (§ 3 Abs. 4 der AGB) und nur solche Briefsendungen
einzuliefern, deren Beförderung er unmittelbar vertraglich vom Absender übernommen hat (§ 3 Abs. 7 der
AGB). Der Konsolidierer schuldet nach § 4 Abs. 1 der AGB der Deutschen Post AG das Porto; dies auch
dann, wenn die Freimachung vom Absender oder Dritten erfolgt ist (§ 4 Abs. 2 der AGB). Die Deutsche Post
AG erstattet dem Konsolidierer monatlich die Differenz zwischen dem regulären Porto und dem Rabatt auf
Grund der vereinbarten Teilleistungsentgelte (§ 4 Abs. 3 der AGB).
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Auf diesen vertraglichen Grundlagen erfolgten in den Streitmonaten Januar bis Oktober 2010 Einreichungen
von Briefsendungen der A bei der Deutschen Post AG über die Klägerin und C. Die Sendungen wurden dafür
bereits von der A mit Netto-Portovolumina zwischen knapp 27.000 € bis rund 59.000 € frankiert.
...
Bis einschließlich Juni 2010 waren nach § 4 Abs. 11b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) a. F. die
unmittelbar dem Postwesen dienenden Umsätze der Deutschen Post AG umsatzsteuerfrei. Auf dieser
Grundlage berechnete die Deutsche Post AG der C keine Umsatzsteuer für ihre Leistungen. Die C ihrerseits
stellte der Klägerin in sogenannten Konsolidierungsabrechnungen monatlich ihre Konsolidierungsleistung
zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung und überwies der Klägerin jeweils den übrig gebliebenen von der Post
erstatteten (Porto)Betrag. Die Klägerin erstellte der A Gutschriften, in denen sie den nach Abzug ihres Anteils
an der Konsolidierung verbliebenen Netto-(Porto)Betrag nebst Umsatzsteuer aufwies.
Ab Juli 2010 wurde die Steuerbefreiung des § 4 Abs. 11b UStG dergestalt geändert, dass
Postdienstleistungen unter anderem dann nicht von der Umsatzsteuer befreit sind, wenn sie auf Grund
allgemeiner Geschäftsbedingungen zu abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren Preisen, als
den allgemein für jedermann zugänglichen Tarifen oder den nach § 19 des Postgesetzes (PostG)
genehmigten Entgelten vereinbart worden sind (§ 4 Abs. 11b Satz 3 Buchst. b UStG).
Auf dieser Grundlage berechnete die Deutsche Post AG der C ab Juli 2010 monatlich die Umsatzsteuer auf
das Porto für die Versendungsleistung nach und zog dieses von dem auf Grund der Konsolidierungsleistung
zu erstattenden Gutschriftsbetrag ab. Die Deutsche Post AG erhöhte allerdings zur Kompensation der
Umsatzsteuer die Teilleistungsnachlässe jeweils um 12 % und änderte diesbezüglich ihre AGB. Die C gab
diese Erhöhung ab 1. Juli 2010 durch eine entsprechende Vertragsänderung an die Klägerin weiter. Auf dieser
Grundlage erstellte auch die C der Klägerin ab Juli 2010 monatliche Konsolidierungsabrechnungen, in denen
die Nachbelastung mit Umsatzsteuer auf das Porto der Deutschen Post AG ausgewiesen und von dem
jeweiligen Gutschriftbetrag abgezogen wird. Die Klägerin stellte zunächst wie zuvor Gutschriften aus und
erteilte der A erst am 28. Februar 2011 geänderte Rechnungen, in denen das Porto nebst Umsatzsteuer
entsprechend den Rechnungen der C ausgewiesen wurde.
Die Klägerin gab für die streitgegenständlichen Monate Januar bis Oktober 2010
Umsatzsteuervoranmeldungen ab, die zunächst nicht zu abweichenden Festsetzungen durch den Beklagten
führten. Dieser führte im Februar 2011 eine Umsatzsteuersonderprüfung bei der Klägerin durch. Dabei wurde
festgestellt, dass die Klägerin bis einschließlich Juni 2010 in ihren Voranmeldungen keine Umsatzsteuer auf
das Porto für die Briefsendungen berücksichtigt hatte. Ab Juli 2010 hat die Klägerin nach den Feststellungen
der Prüfung die Vorsteuer aus den Eingangsrechnungen der C auch in Bezug auf das dort ausgewiesene,
nachberechnete Porto der Post gezogen, allerdings auf das Porto bezogene Umsatzsteuer aus ihren
Leistungen an die A nicht berücksichtigt. Nach Auffassung des Beklagten war in Bezug auf die
Ausgangsleistungen der Klägerin die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer um das Netto-Porto zu
erhöhen, abzüglich der von der Klägerin gegenüber der A erteilten Gutschriften. Die Deutsche Post AG habe
eine sonstige Leistung in Form des Transportes und der Zustellung der Briefe an die C erbracht. Diese habe
auf der Grundlage von § 3 Abs. 11 UStG eine solche Leistung an die Klägerin und diese wiederum an die A
erbracht. Bemessungsgrundlage dafür sei nach § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG alles, was die A als
Leistungsempfänger für die Leistung aufgewendet habe, abzüglich der Umsatzsteuer. Die A habe das Porto
abzüglich der Gutschriften aufgewendet. Dies führe zu folgenden Erhöhungen der
Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen und der Umsatzsteuer:
Zeitraum
Erhöhung der Bemessungsgrundlage Umsatzsteuererhöhung
Januar 2010
27.091,55 €
5.147,39 €
Februar 2010
26.423,75 €
5.020,51 €
März 2010
24.258,07 €
4.609,03 €
April 2010
20.891,32 €
3.969,35 €
Mai 2010
21.254,73 €
4.038,40 €
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Juni 2010
23.483,31 €
4.461,83 €
Juli 2010
21.049,66 €
3.999,43 €
August 2010
28.835,19 €
5.478,69 €
September 2010 34.784,33 €
6.609,02 €
Oktober 2010
40.634,03 €
7.720,47 €
Auf dieser Grundlage erließ der Beklagte am 23. Februar 2011 Bescheide über die Festsetzung von
Umsatzsteuervorauszahlungen für Januar bis Oktober 2010. Ein Umsatzsteuerjahresbescheid 2010 ist
bislang nicht ergangen.
Die Klägerin legte dagegen am 3. März 2011 Einsprüche ein. Die Deutsche Post AG erbringe keine
Transport- und Zustellungsleistung an die C. Die von der A erbrachten Portozahlungen seien deshalb nicht im
abgekürzten Zahlungsweg direkt an die Deutsche Post AG erfolgt. Die A habe die Post vielmehr mit den
Postbeförderungsleistungen im Ganzen beauftragt und hierfür das Porto bezahlt. Die Zahlung des Portos
betreffe das Vertragsverhältnis der A zur Deutschen Post AG, dies stelle die Gegenleistung für die
Beförderungsleistung dar. Die Sortierleistungen würden auf der Grundlage eines Teilleistungsvertrags gemäß
§ 28 PostG von der C erbracht. Hierbei handele es sich um ein eigenständiges Vertragsverhältnis zwischen
der C und der Deutschen Post AG. Die C erhalte für das Sortieren und Einliefern ein Entgelt von der
Deutschen Post AG, welches sich der Höhe nach am Porto orientiere. Die Vertragsverhältnisse mit der A und
der C stellten wiederum selbständige Rechtsbeziehungen dar. Die C gebe die von der Post erhaltenen
Entgelte als Gegenleistung für die Übergabe der Postsendungen weiter. Das in den Rechnungen
ausgewiesene Porto stelle nur eine Bemessungsgrundlage dar, danach errechne sich der
Teilleistungsnachlass. Das Porto stelle deshalb keine Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer bezogen
auf die Leistungen der Klägerin dar. Es handele sich dabei auch nur um einen durchlaufenden Posten im
Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG.
Mit Entscheidung vom 14. September 2012 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat am 2. Oktober 2012 Klage erhoben. Der Beklagte habe zu Unrecht das Briefporto mit in die
Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer für die ihre Leistungen einbezogen. Sie, die Klägerin, erbringe keine
Postdienstleistungen. Allein zwischen der A und der Deutschen Post AG bestehe eine Leistungsbeziehung
aus der umsatzsteuerlich relevante Entgelte bezüglich erbrachter Postdienstleistungen resultierten. Die A sei
Absenderin der Postsendungen und alleinige Schuldnerin des Portos. Die Deutsche Post AG stelle ihr die
Rechnungen für die Sendungsentgelte aus. Diese AG erbringe die Beförderungsleistung für den Absender,
mithin die A. Sowohl die C als auch sie, die Klägerin, seien nur als Mittelsperson für die A tätig gewesen.
Sie, die Klägerin, dürfe einen Teil der von der Deutschen Post AG gewährten Rabatte für die
Konsolidierungsleistungen einbehalten. Der Rest werde an die A ausgekehrt. Nur die Vergütung für die
Konsolidierungsleistung sei Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer. Das in den Rechnungen ab Juli
2010 ausgewiesene Porto stelle nur einen durchlaufenden Posten gemäß § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG dar, der
nicht in die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer einfließe. Würde das Porto als
Bemessungsgrundlage angesetzt, läge eine Übermaßbesteuerung vor, weil sie, die Klägerin, dann Steuern
abzuführen hätte, die höher seien, als das von ihr tatsächlich erlangte Entgelt.
Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer sei gemäß Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über
das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystemrichtlinie - MwStSystRL) - abweichend von §
10 Abs. 1 UStG - alles, was der Dienstleistungserbringer vom Dienstleistungsempfänger oder Dritten erhalte.
Dies sei vorliegend der um Rabatte oder Kürzungen korrigierte Betrag. Die Bezeichnung des Entgelts oder die
Abrechnungsmethode spielten dabei keine Rolle. Die Leistungskette gehe von der A über die Klägerin und die
C zur Deutschen Post AG und nicht umgekehrt.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Januar bis Oktober 2010 vom 23.
Februar 2011 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. September 2012 dergestalt zu ändern, dass
die Erhöhung der jeweiligen Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer um das Porto der Briefsendungen
rückgängig gemacht wird und die Umsatzsteuer für Januar 2010 um 5.147,39 €, für Februar 2010 um
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5.020,51 €, für März 2010 um 4.609,03 €, für April 2010 um 3.969,35 €, für Mai 2010 um 4.038,40 €, für Juni
2010 um 4.461,83 €, für Juli 2010 um 3.999,43 €, für August 2010 um 5.478,69 €, für September 2010 um
6.609,02 € und für Oktober 2010 um 7.720,47 € niedriger festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach dem BMF-Schreiben vom 13. Oktober 2006 (BStBl. I 2007, 119) erbringe die Deutsche Post AG eine
Beförderungsleistung unmittelbar gegenüber dem Konsolidierer, wenn dieser - wie hier - im eigenen Namen
gegenüber der Post auftrete. Einlieferer und alleiniger Gläubiger der Leistungen der Deutschen Post AG sei
die C GmbH und nicht der jeweilige Briefabsender. Nach dem aufgeführten BMF-Schreiben erbringe der
Konsolidierer gegenüber dem Absender der Briefsendungen oder seinem sonstigen Vertragspartner - hier der
Klägerin - eine steuerpflichtige Postbeförderungsleistung, die nach dem Regelsatz zu besteuern sei. Die
Leistungsbeziehung der Klägerin zur A sei ebenso zu behandeln, auch diese erbringe eine
Postbeförderungsleistung, für die das Porto als Entgelt anzusetzen sei, hiervon seien die Gutschriften, die
von der Klägerin gewährt worden seien, in Abzug gebracht worden.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den
der beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 90 Abs. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide über die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen Januar bis Oktober 2010 vom 23.
Februar 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. September 2012 sind rechtmäßig und verletzen
die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der FGO). Der Beklagte hat die umsatzsteuerliche
Bemessungsgrundlage zu Recht um das (Netto)Porto für die Briefsendungen - vermindert um die Gutschriften
der Klägerin gegenüber der A - erhöht.
1)
Der Umsatzsteuer unterliegen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG die Lieferungen und sonstigen Leistungen,
die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Für die Besteuerung
eines Unternehmers (§ 2 Abs. 1 UStG) als Steuerschuldner (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG) ist demnach
maßgebend, ob und welche Lieferungen oder sonstige Leistungen von ihm erbracht werden. Entgeltliche
Leistungen sind steuerbar und unterliegen gemäß Art. 2 Abs. 1 MwStSystRL dem Anwendungsbereich der
Steuer, wenn zwischen einer Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang
besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem Rechtsverhältnis zwischen Leistendem und
Leistungsempfänger ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die
Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet (vgl. BFH-Urteil vom 15. Mai 2012 XI R 16/10, BStBl II
2013, 49). Die Beteiligten eines Leistungsaustauschs ergeben sich aus den schuldrechtlichen
Vertragsbeziehungen (vgl. BFH-Urteil vom 3. November 2011 V R 16/09, BStBl II 2012, 378, unter II.1.a).
Jede Dienstleistung ist in der Regel als eigene, selbständige Leistung zu betrachten. Eine wirtschaftlich
einheitliche Dienstleistung darf allerdings nicht künstlich aufgespaltet werden (vgl. EuGH-Urteil vom 25.
Februar 1999 C-349/96, UR 1999, 254; BFH-Urteil vom 31. Mai 2001 V R 97/98, BStBl II 2001, 658). Nach
dem Wesen des fraglichen Umsatzes ist zu ermitteln und festzustellen, ob eine einheitliche Leistung oder
mehrere Leistungen vorliegen; eine Leistung ist dann als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen,
wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck hat (vgl. BFH-Urteile vom 2. März 2006 V R
25/03, BStBl. II 2006, 788; vom 10. Januar 2013 V R 31/10, BStBl II 2013, 380).
Nach § 10 Abs. 1 Satz 1, 2 UStG wird der Umsatz bei sonstigen Leistungen nach dem Entgelt bemessen.
Zum Entgelt gehört gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die
Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 11 Teil A Abs.
1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG; jetzt wortgleich Art. 73
MwStSystRL). Danach ist Besteuerungsgrundlage bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen
... "alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom
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Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der
unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen". Trotz der zwischen § 10
Abs. 1 Satz 2 UStG und Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG/Art. 73 MwStSystRL
bestehenden Formulierungsunterschiede führen beide Regelungen zum selben Ergebnis, da weder § 10 Abs.
1 Satz 2 UStG die Berücksichtigung der Sicht des Leistenden verbietet, noch Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a
der Richtlinie 77/388/EWG/Art. 73 MwStSystRL eine Berücksichtigung der Aufwendungen des
Leistungsempfängers ausschließt (vgl. EuGH-Urteil vom 15. Mai 2001 C-34/99, Primback Ltd., Slg. 2001, I-
3833, BFH/NV Beilage 2001, 173 Rdnr. 43; BFH-Urteile vom 19. Oktober 2001 V R 48/00, BFHE 196, 376,
BStBl II 2003, 210; vom 6. Mai 2010 V R 15/09, BStBl II 2011, 142).
Dementsprechend richtet sich die Höhe des Entgelts nach dem zwischen Leistendem und
Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis, aus dem sich der für die Steuerbarkeit der Leistung
maßgebliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Leistung und dem erhaltenen Gegenwert ergibt (vgl.
BFH-Urteile vom 19. Oktober 2001 V R 48/00, BFHE 196, 376, BStBl II 2003, 210; vom 6. Mai 2010 V R
15/09, BStBl II 2011, 142; vgl. auch EuGH-Urteil Primback in Slg. 2001, I-3833, BFH/NV Beilage 2001, 173
Rdnr. 25).
Nach § 3 Abs. 11 UStG gilt eine Leistung als an einen Unternehmer und für ihn erbracht, wenn er in die
Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet wird und dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde
Rechnung handelt (sogenannte Dienstleistungskommission). Durch diese Vorschrift werden die
gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen zur Leistungskommission wortgetreu umgesetzt (Art. 28
MwStSystRL). Es wird dadurch eine Leistungskette fingiert, in der der Geschäftsbesorger nicht noch eine
andere Leistung in Form einer Vermittlungsleistung erbringt. Diese Leistung wird vielmehr durch die fingierte
Leitung absorbiert. Diese umsatzsteuerliche Konsequenz steht im bewussten offenen Widerspruch zum
Zivilrecht (vgl. Leonard, in: Bunjes, UStG, 12. Aufl. 2013, Rn. 296; Martin, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Rn.
723). Die durch § 3 Abs. 11 UStG bewirkte Fiktion bezieht sich auf die Leistung selbst und auf deren Inhalt,
d.h. Leistungsort und Befreiungsvorschriften richten sich danach, welche Leistung der
Kommittent/Beauftragte gegenüber seinem Kunden im eigenen Namen erbringt (vgl. BFH-Urteil vom 28.
November 2002 V R 6/02, BFH/NV 2003, 517; Martin, in: Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Rn. 723). Die
personenbezogenen Merkmale (etwa Unternehmereigenschaft, Kleinunternehmer mit oder ohne Verzicht auf
die Anwendung des § 19 UStG) müssen jeweils unabhängig voneinander geprüft werden (Martin, in:
Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Rn. 723).
2)
Daran gemessen besteht die umsatzsteuerbare sonstige Leistung der Klägerin gegenüber der A in der
Beförderung der Briefsendungen zum Zustelladressaten. Die Klägerin war auf Grund der
Dienstleistungsvereinbarung mit der A vom Januar 2009 zwar nur zur "täglichen Übernahme von
Briefsendungen..., zur Sortierung und taggleichen Einspeisung zur Auslieferung bei der Deutschen Post AG"
verpflichtet (Abschnitt 1.1. der Vereinbarung). Die Zustellung der Briefsendungen sollte von der Deutschen
Post AG vorgenommen werden. Der A ging es im Kern darum, dass die von ihr bereits frankierten
Briefsendungen durch die Post zeitnah zugestellt werden. Durch die Einschaltung der Klägerin sollte diese
Postbeförderungsleistung vermittelt und zusätzlich ein Rabatt auf das bereits entrichtete Porto durch die
Konsolidierungsleistungen der Klägerin (Abholung, Sortierung und Einspeisung) erzielt werden, der zum Teil
an die A zurückfließen sollte. Die Klägerin hat zur Umsetzung dieser Vereinbarung im eigenen Namen den
Vertrag vom ... 2009 über Konsolidierungsleistungen mit der C als Subunternehmerin geschlossen, die als
lizensiertes Postkonsolidierungsunternehmen in der Lage war, die Rabatte von der Deutschen Post AG zu
erhalten. Die Klägerin hat damit ihre Verpflichtungen (Abholung, Sortierung und Einlieferung der Briefsendung
bei der Deutschen Post AG) auf die C delegiert und ist damit in Bezug auf die Vermittlung der (vergünstigten)
Briefbeförderungsleistung der Post auf fremde Rechnung tätig geworden, weil die Briefbeförderung auf Kosten
der A erfolgt ist, die durch die vorherige Frankierung der Briefsendungen bereits das Entgelt für die
Postbeförderung entrichtet hatte. Die Klägerin ist somit als Dienstleistungskommittentin im Sinne von § 3
Abs. 11 UStG tätig geworden und hat durch die dort geregelte gesetzliche Fiktion gegenüber der A die
Leistung erbracht, die sie selbst von der C bezogen hat.
Die C ist in der Leistungskette ebenfalls als Dienstleistungskommittentin im Sinne von § 3 Abs. 11 UStG
gegenüber der Deutschen Post AG aufgetreten. Sie hat im eigenen Namen den Vertrag mit der Deutschen
Post AG nach deren AGB geschlossen, wonach die C als Einlieferin der Briefsendungen alleinige Gläubigerin
der Leistungen der Deutschen Post AG und somit der Beförderung und Zustellung der Briefe durch die Post
ist (§ 1 Abs. 3, § 2 Abs. 3 der AGB). Die C ist dabei insoweit ebenfalls für fremde Rechnung tätig geworden,
weil die Briefbeförderung auf Kosten der A erfolgt ist, die die Frankierung vorgenommen und bezahlt hat. Die
C hatte sich in dem Vertrag mit der Klägerin zwar dazu verpflichtet, die Beförderungsverträge im fremden
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Namen abzuschließen. Diese Verpflichtung berührt aber nur das Innenverhältnis der C zur Klägerin und nicht
ihr Vertragsverhältnis mit der Deutschen Post AG. Die Beförderung und Zustellung der Briefsendungen durch
die Post erfolgte an die Anschriften, die die A als Absenderin auf den Sendungen angegeben hatte. Die A
hatte auf Grund der AGB der Post keinen eigenen Beförderungsanspruch gegenüber der Deutschen Post AG,
sondern nur die C. Der A ist die Beförderung nur im Sinne eines sogenannten unechten Vertrags zu Gunsten
Dritter zu Gute gekommen (vgl. dazu Grünberg, in Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, vor § 328 BGB Rn. 1.).
Ein Beförderungsanspruch der A gegenüber der Deutschen Post AG ergibt sich auch nicht abweichend von
den AGB durch die Frankierung der Sendungen seitens der A. Postwertzeichen wie Briefmarken oder
Frankierungstempel stellen Inhaberpapiere im Sinne von § 807 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) dar,
die dem jeweiligen Inhaber einen Anspruch auf Beförderung der Postsendung im Wert des auf der Marke oder
Frankierung angegebenen Geldbetrags vermitteln (vgl. BGH-Urteil vom 11. Oktober 2005 XI ZR 395/04, NJW
2006, 54). Durch die Weitergabe der frankierten Sendungen ging dieser Anspruch auf die Klägerin als
Inhaberin und anschließend auf die C über, die den Beförderungsvertrag schließlich mit der Deutschen Post
AG abgeschlossen hat.
Die C hat von der Deutschen Post AG somit die Beförderung und Zustellung der Briefsendungen der A als
Leistung empfangen, die sie gemäß der gesetzlichen Fiktion des § 3 Abs. 11 UStG auch gegenüber der
Klägerin erbracht hat. Die Klägerin hat somit nach § 3 Abs. 11 UStG ebenfalls die Beförderung und
Zustellung der Briefsendungen gegenüber der A erbracht. Die Vermittlungsleistungen der Klägerin und der C
treten nach den oben dargelegten Grundsätzen gegenüber der nach § 3 Abs. 11 UStG zugerechneten
Beförderungsleistungen zurück.
3)
Die Briefbeförderungsleistungen, die die Klägerin gegenüber der A erbracht hat, sind auch steuerpflichtig.
Eine Steuerbefreiung greift nicht ein; insbesondere folgt eine Steuerbefreiung nicht aus § 4 Abs. 11b UStG.
Für die Umsatzsteuervoranmeldungszeiträume Januar bis Juni 2010 ergibt sich dies daraus, dass nach § 4
Abs. 11b UStG a. F. nur die Umsätze der Deutschen Post AG steuerbefreit waren. Dieses
personenbezogene Merkmal lag bei der Klägerin nicht vor und wird nach den obigen Darlegungen auch nicht
über § 3 Abs. 11 UStG zugerechnet. Für die Umsätze ab Juli 2010 greift die Steuerbefreiung des § 4 Abs.
11b UStG deshalb nicht ein, weil die Deutsche Post AG die Briefbeförderung auf Grund ihrer AGB im
Vergleich zu ihren normalen Entgelten rabattiert hat und eine Steuerbefreiung deshalb nach § 4 Abs. 11b
Satz 3 Buchst. b UStG ausgeschlossen ist. Danach gilt die Steuerbefreiung nicht für Leistungen, die auf
Grund von AGB zu abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren Preisen als den nach den
allgemeinen für jedermann zugänglichen Tarifen oder als den nach § 19 PostG genehmigten Entgelten
erbracht werden.
4)
Als Entgelt für die von der Klägerin gegenüber der A erbrachte Briefbeförderungsleistung ist gemäß § 10 Abs.
1 Satz 2 UStG alles das anzusetzen, was die A als Leistungsempfängerin aufgewendet hat, um die
Beförderungsleistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Entgelt können auch Zahlungen des
Leistungsempfängers an Dritte sein, wenn sie für Rechnung des leistenden Unternehmers entrichtet werden
und im Zusammenhang mit der Leistung stehen (vgl. Korn in Bunjes, UStG, 12. Aufl. 2013, Rn. 8 m. w. N.).
Der Beklagte hat zu Recht das von der A entrichtete Netto-Briefporto, abzüglich der von der Klägerin nach
Abwicklung der Leistungskette vergüteten Gutschriften, als Entgelt und damit umsatzsteuerliche
Bemessungsgrundlage angesetzt (so auch BMF-Schreiben vom 13. Dezember 2006, BStBl I 2007, 119).
Diese - zwischen den Beteiligten der Höhe nach unstreitigen - Beträge hat die A letztendlich aufgewendet, um
die (gesetzlich fingierte) Beförderungsleistung der Klägerin zu erlangen. Das Porto steht deshalb im
unmittelbaren Zusammenhang mit dieser Leistung. Das Briefporto ist zwar an die Deutsche Post AG
entrichtet worden, aber um die durch die Klägerin erbrachte Beförderungsleistung zu erhalten. Die
Portozahlung ist im Wege des sogenannten abgekürzten Zahlungswegs direkt - aber für Rechnung der in der
Leistungskette eingeschalteten Unternehmer - an die Deutsche Post AG geflossen. Dies ergibt sich aus der
jeweiligen Vertragsgestaltung, wonach die A zur Erlangung der Rabattierung konsolidierungsfähige und damit
freigemachte Briefsendungen an die Klägerin (Abschnitt 1.1 der Dienstleistungsvereinbarung zwischen der
Klägerin und der A vom Januar 2009) liefern sollte und diese gegenüber der C nach dem Sinn und Zweck des
Subunternehmervertrags eine entsprechende Verpflichtung übernommen hat (vgl. Abschnitt 1.2 des Vertrags
zwischen der Klägerin und der C vom März 2009). Die C wiederum war gegenüber der Post zu Erlangung der
Beförderungsleistung verpflichtet, das Entgelt zu tragen und die Briefe dafür frankiert einzuliefern (§ 3 Abs. 4,
§ 4 Abs. 1 der AGB). Auch für Briefsendungen, die - wie hier - bereits durch Dritte freigemacht worden sind,
schuldete die C gegenüber der Post auf erstes Anfordern das aus der Freimachung resultierende
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Beförderungsentgelt (§ 4 Abs. 2 AGB). Durch die Lieferung der frankierten Briefsendungen an die Klägerin
seitens der A hat die Klägerin - wie oben dargelegt - den in den Postwertzeichen als Inhaberpapiere gemäß §
807 BGB verkörperten Beförderungsanspruch im Wert des auf der Marke oder dem Stempel angegebenen
Geldbetrags erhalten. Ihr ist damit von der A zunächst wertmäßig das (volle) Entgelt für die Briefbeförderung
(verkörpert in der Frankierung als Wertpapiere) entrichtet worden, das dann später nach erfolgter
Vertragsdurchführung und Abrechnung durch die Gutschriften der Klägerin gemindert worden ist. Damit hat
die Klägerin dieses Entgelt auch im Sinne von Art. 73 MwStSystRL von der A erhalten. Entgegen der
Auffassung der Klägerin bleibt deshalb für die Einordnung des Portos als durchlaufender Posten im Sinne von
§ 10 Abs. 1 Satz 6 UStG kein Raum.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.