Urteil des FG Hamburg vom 12.09.2012

FG Hamburg: geschäftsführer, gewinnausschüttung, gesellschafterversammlung, gehalt, aufrechnung, fremder, eigenkapital, kapitalgesellschaft, einspruch, verlustvortrag

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Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer: verdeckte Gewinnausschüttung
1. Vereinbart die Gesellschaft bei einem Darlehensvertrag mit ihrem Gesellschafter, dass der Zinssatz,
welcher ursprünglich vereinbart worden ist, herabgesetzt wird, so ist die Reduzierung des Zinssatzes eine
verdeckte Gewinnausschüttung, wenn der Gesellschafter keinen Anspruch auf die Herabsetzung gehabt hat
und ein fremder Dritter diese Herabsetzung nicht vorgenommen hätte.
2. Werden die vereinbarten Gehälter an die Gesellschaftergeschäftsführer nicht wie im
Geschäftsführervertrag geregelt, monatlich ausgezahlt, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, wenn
die Gesellschaftergeschäftsführer beherrschende Gesellschafter sind.
FG Hamburg 6. Senat, Urteil vom 12.09.2012, 6 K 110/10
§ 8 Abs 3 S 2 KStG
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Vorliegen verdeckter Gewinnausschüttungen (vGA).
Die Klägerin war eine mit Gesellschaftsvertrag vom ... 1997 gegründete GmbH (Handelsregister - Amtsgericht
A, HRB .../...). Gesellschafter waren Herr B und der ... C, alias ... (beide jeweils zu 50 %). Seit Anfang 2009 ist
der Beklagte für die Besteuerung der Klägerin zuständig. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung
vom ... 2009 ist die Gesellschaft aufgelöst worden.
Geschäftsführer der Klägerin waren die beiden Gesellschafter. Diese bezogen gem. § 7 der
Anstellungsverträge vom ... 1998, die den Präambeln zu diesen Verträgen zufolge auf Beschlüssen der
Gesellschafterversammlung vom gleichen Tag beruhten, ein festes Monatsgehalt in Höhe von 5.000 DM,
welches den genannten Verträgen zufolge zum Ende eines jeden Monats gezahlt werden sollte. In 1998 hatte
die Klägerin für kurze Zeit auch noch weitere Arbeitnehmer, in 1999 und 2000 nicht.
Zudem gewährte die Klägerin ihren Gesellschaftern mit Verträgen vom ... 1998 Darlehen in Höhe von 809.000
DM (B) und 968.000 DM (C) sowie mit Vertrag vom ... 1998 dem Gesellschafter B ein weiteres Darlehen in
Höhe von 81.000 DM. Gemäß Ziff. 3 des jeweiligen Vertrages wurde ein Zinssatz von 6 % vereinbart. Die
Darlehen sollten jeweils bis zum 31.12.2000 laufen. Regelmäßige Zins- und Tilgungsleistungen wurden nicht
festgelegt; Sondertilgungen sollten jederzeit möglich sein. Eine verbleibende Restschuld sollte durch
Verrechnung von Teilabtretungen aus Gehaltszahlungen beglichen werden, spätestens bis zum 31.12.2005.
Eine Besicherung der Darlehen wurde nicht vereinbart. Eine Zinsanpassungsklausel enthielten die
Darlehensverträge nicht.
Einem Protokoll über die Gesellschafterversammlung vom ... 2000 zufolge wurden die Gehälter mit Wirkung ab
01.06.2000 auf 1.000 DM herabgesetzt. Als Grund wird eine "Reduzierung des Arbeitseinsatzes durch Wegfall
der erwarteten Aufträge" angegeben.
Für die Streitjahre 1998 bis 2000 führte das damals noch zuständige Finanzamt D aufgrund einer
Prüfungsanordnung vom ... 2004 eine Betriebsprüfung durch. Im Verlauf dieser Prüfung beanstandete die
Prüferin (unter anderem), dass die Gesellschafter die von ihnen geschuldeten Darlehenszinsen ab dem Jahr
1999 nicht mehr in voller Höhe gezahlt hätten und dass die Geschäftsführergehälter nicht monatlich ausgezahlt
worden seien. Auf die Arbeitsakten der Prüferin wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen (s. Bp-
Arbeitsakten, Bd. II, Bl. 8 ff. und Bl. 226 ff.). Die Klägerin legte daraufhin mit Schreiben vom 22.08.2005 ein
Protokoll über eine Gesellschafterversammlung vom ... 2000 vor, demzufolge der Zinssatz für die den
Gesellschafter-Geschäftsführern gewährten Darlehen zur "Angleichung an den marktüblichen Zinssatz" auf
2,75 % herabgesetzt wurde. Nach einem Hinweis der Prüferin, dass die Herabsetzung nicht rückwirkend
berücksichtigt werden könne, legte die Klägerin mit Schreiben vom 22.11.2006 zwei weitere Protokolle über
Gesellschafterversammlungen vom ... 1998 und vom ... 1999 vor, denen zufolge bereits zu diesen Zeitpunkten
(jeweils) eine Herabsetzung des Zinssatzes auf 2,75 % beschlossen worden war. Die Prüferin hielt fest, dass
es in Anbetracht der beiden älteren Beschlüsse nicht nachvollziehbar sei, warum in dem Protokoll vom
Dezember 2000 - erneut - von einer "Herabsetzung" des vereinbarten Zinssatzes und einer "Angleichung" an
den marktüblichen Zinssatz gesprochen werde. Ebenfalls nicht nachvollziehbar sei, dass die Protokolle vom
Dezember 1998 und 1999 nicht bereits mit dem Schreiben vom 22.08.2005 vorgelegt worden seien. Die
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Annahme liege nahe, dass diese Protokolle nachträglich erstellt worden seien. Einem Aktenvermerk vom
11.01.2007 zufolge konnte im Rahmen einer Besprechung vom 09.01.2007 in beiden Punkten keine Einigung
erzielt werden.
In dem Prüfungsbericht vom 21.05.2007 führte die Prüferin aus:
Gegenüber einem fremden Dritten hätte die Klägerin nicht auf die ihr vertraglich zustehenden Zinsen verzichtet.
Der Zinsverzicht in Höhe von 3,25 % sei daher gesellschaftsrechtlich veranlasst und stelle eine verdeckte
Gewinnausschüttung dar. Der ursprünglich vereinbarte Zinssatz von 6 % werde dabei nicht beanstandet. In den
Jahren 1999 und 2000 hätten die banküblichen Festgeldzinsen bei etwa 3 % gelegen und die bankübliche
Sollverzinsung für ein besichertes Darlehen bei etwa 8 %. Daher sei für ein unbesichertes Darlehen von einem
Zinssatz von 10 % auszugehen. Da sich im Zweifel Darlehensgeber und Darlehensnehmer die Spanne
zwischen banküblichen Haben- und Sollzinsen teilten, ergebe sich im Schätzungswege ein angemessener
Zinssatz von 6,5 % (= (3+10) / 2).
Das Geschäftsführergehalt für die Monate Januar bis Oktober 1998 sei erst im Oktober 1998 eingebucht
worden; anschließend seien die Buchungen fortlaufend erfolgt. Die Lohnsteuer für 1998 sei erstmals im Januar
1999 angemeldet worden. Alle Buchungen seien zunächst über Verrechnungskonten gelaufen. Im
Jahresabschluss sei dies rückgängig gemacht und das Jahresgehalt für beide Geschäftsführer als
Verbindlichkeit erfasst worden, ohne dass eine Darlehensvereinbarung vorliege. Erst im Februar und im Mai
1999 seien die Geschäftsführergehälter für 1998 tatsächlich ausgezahlt worden. Auch für die Jahre 1999 und
2000 seien die Gehälter nur unregelmäßig ausgezahlt worden. Zum Teil seien Zahlungen für drei Monate
erfolgt, zum Teil für einen Monat. Einer der Geschäftsführer habe für Dezember 1999 überhaupt kein Gehalt
erhalten. Ab Oktober 2000 sei nicht mehr nachvollziehbar, ob und wie Gehälter ausgezahlt worden seien. Um
das Konto "Verbindlichkeiten aus Lohn und Gehalt" (Konto ...) auszugleichen, seien die bestehenden
Verbindlichkeiten, die sich aus dem Gehalt für Dezember 1999 für einen Geschäftsführer sowie aus den
Gehältern für Oktober bis Dezember 2000 für beide Geschäftsführer zusammensetzten, insgesamt über das
Verrechnungskonto des einen Gesellschafters aufgelöst worden. Es fehle daher an einer tatsächlichen
Durchführung und somit an der Ernsthaftigkeit der Gehaltsvereinbarungen. Die Gesellschafter der Klägerin
seien insoweit als beherrschende Gesellschafter anzusehen. Zwar halte jeder für sich betrachtet keine
Mehrheitsbeteiligung, doch lägen in Bezug auf die Geschäftsführergehälter gleichgerichtete Interessen vor. Ein
Indiz für ein Zusammenwirken der Gesellschafter, seien die übereinstimmende Höhe der Gehälter und das
zeitliche Zusammenfallen der den Verträgen zugrunde liegenden Beschlüsse.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 21.05.2007 und die Arbeitsakten
der Prüferin Bezug genommen. Vor diesem Hintergrund kam die Prüferin zu der Annahme verdeckter
Gewinnausschüttungen in folgender Höhe:
1998
1999
2000
DM
DM
DM
Verzinsung Gesellschafterdarlehen 57.151 62.152
Geschäftsführergehälter
120.000 120.000 64.000
Summe:
120.000 177.151 126.152
Am 12.06.2007 bzw. 18.06.2007 erließ das Finanzamt D geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer für die
Jahre 1998, 1999 und 2000. Die Körperschaftsteuer wurde auf 56.411,34 € (1998), 39.630,75 € (1999) und
49.603,49 € (2000) festgesetzt. Für das Jahr 2000 erging am 02.07.2007 erneut ein geänderter Bescheid, mit
dem die Körperschaftsteuer auf 47.460,16 € herabgesetzt wurde.
Die Klägerin legte gegen die Bescheide am 09.07.2007 Einspruch ein. Sie machte im Wesentlichen geltend,
dass eine Reduzierung und Angleichung des für die Darlehen vereinbarten Zinssatzes von 6 % auf 2,75 % den
seinerzeitigen wirtschaftlichen Gegebenheiten entsprochen habe; die Vergleichsberechnungen der Prüferin
gingen völlig am tatsächlichen Sachverhalt vorbei. Hinsichtlich der Geschäftsführergehälter läge keine
Beherrschung durch die Gesellschafter vor, da beide jeweils zur Hälfte beteiligt seien. Auch müsse
berücksichtigt werden, dass die Gesellschafter Schweizer Staatsbürger seien, was die Form der
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Geschäftsführung präge. Die Lohnkosten seien laufend erfasst und gebucht bzw. als Speicherbuchhaltung
geführt und gesichert worden. Die Buchungen im Jahresabschluss 1998 hätten lediglich einem Abgleich von
Verrechnungskonten und Lohnkonten gedient. Hintergrund sei, dass die Geschäftsführer zum Bestreiten aller
Aufwendungen Kosten verauslagt hätten, ohne dass ein Kassenbuch geführt worden sei. Tatsächlich seien die
Löhne entweder zeitnah ausgezahlt oder aber auf dem Darlehenswege verrechnet worden. Löhne ab Oktober
2000 seien als Bargeld bzw. Bankabhebungen ausgezahlt worden. Schließlich sei auch noch zu
berücksichtigen, dass eine Schlussbesprechung nicht stattgefunden habe und dass die Betriebsprüfung aus
diesem Grund noch nicht abgeschlossen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Klägerin vom
09.07.2007 samt Anlagen und vorgelegten Unterlagen Bezug genommen (Rechtsbehelfsakten, Band I, Bl. 1
ff.).
Mit Entscheidung vom 30.04.2010 wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung den Einspruch in Bezug
auf die hier streitigen Punkte als unbegründet zurück und folgte dabei dem Bericht der Betriebsprüfung: Der
Klägerin habe der vertraglich vereinbarte Zinssatz in Höhe von 6 % zugestanden; dieser Zinssatz sei auch
angemessen gewesen, und einem fremden Dritten gegenüber hätte die Klägerin nicht auf Zinsen in Höhe von
3,25 % verzichtet. Die Vereinbarung über die Geschäftsführergehälter sei steuerlich nicht anzuerkennen, da es
an der tatsächlichen Durchführung fehle. Eine Schlussbesprechung habe zwar unstreitig nicht stattgefunden,
doch stehe dies der Verwertung der Prüfungsergebnisse ohnehin nicht entgegen; zudem gelte die
Außenprüfung als abgeschlossen, wenn das Finanzamt den Abschluss zumindest konkludent erklärt habe,
was im Streitfall durch Übersendung des Prüfungsberichts geschehen sei. Jedenfalls seien aber die von der
Klägerin eingereichten Unterlagen und Belege bei der Einspruchsentscheidung berücksichtigt worden, so dass
die nicht abgehaltene Schlussbesprechung keinerlei Auswirkung auf die Steuerfestsetzung habe.
Die Körperschaftsteuer für 1998 wurde mit der Einspruchsentscheidung auf 32.433,80 € und die für 2000 auf
27.643,00 € herabgesetzt (wegen hier nicht streitiger Punkte). Die Festsetzung für 1999 blieb mit 39.630,75 €
unverändert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die genannte Einspruchsentscheidung Bezug
genommen.
Am 01.06.2010 hat die Klägerin Klage erhoben.
Mit Bescheiden vom 22.07.2010 hat die Antragsgegnerin die Körperschaftsteuerbescheide für 1999 und für
2000 erneut geändert. Die Änderungen betreffen jedoch nur die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen, die
bislang versehentlich nicht berücksichtigt worden sind.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor: Eine nachträgliche Vereinbarung über die Höhe der
Darlehenszinsen liege entgegen den Behauptungen des Beklagten nicht vor. Dabei verkenne der Beklagte,
dass es sich um "Haben-Zinsen" gehandelt habe. Die Klägerin hätte mit den Geldern, die sie den
Gesellschaftern als Darlehen gewährt habe, bankübliche Habenzinsen erzielen können. Diese stellten
wirtschaftlich die höchstens möglichen Zinseinnahmen dar. Es gebe keinen Grund, die Guthabenzinsen der
Klägerin mit fiktiven Schuldzinsen zu vergleichen, schon gar nicht, soweit dabei auf festverzinsliche
Geldanlagen zurückgegriffen werde. Sie, die Klägerin sei davon ausgegangen, dass nicht mehr 6 %
marktüblich seien, sondern nur noch 2,75 %, da man sich bei der Beurteilung an dem Zinsniveau in der
Schweiz bzw. der Vergütung der E AG orientieren müsse.
Eine Beherrschung der Klägerin durch die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer sei weder erkennbar noch
nachvollziehbar belegt. Durch die jeweils hälftige Beteiligung werde eine Beherrschung durch einen
Gesellschafter im Gegenteil ausdrücklich ausgeschlossen. Schriftform sei für Dienstverträge nicht
vorgeschrieben. Auch in anderen Fällen seien mündliche Vereinbarungen getroffen worden; dies ergebe sich
aus den Geschäftsabläufen. Unregelmäßigkeiten in der Auszahlung seien im Rahmen einer Lohnsteuerprüfung
aufgegriffen und geklärt worden. Auch die Abrechnung von Produktionen habe sich zeitweise über mehrere
Monate hingezogen, ohne dass sich einer der maßgeblichen Künstler und Darsteller darüber "hinweggesetzt"
habe; was aber "usus" sei, müsse für alle gelten. Schließlich weist die Klägerin noch einmal darauf hin, dass
keine Schlussbesprechung durchgeführt worden sei und dass zahlreiche Belege und weiteres Vorbringen noch
in die Beurteilung einfließen müssten.
Die Klägerin beantragt,
den Körperschaftsteuerbescheid 1998 vom 12.06.2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung
vom 30.04.2010 dahingehend zu ändern, dass die Körperschaftsteuer auf 7.081 DM herabgesetzt wird.
den Körperschaftsteuerbescheid 1999 vom 18.06.2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung
vom 30.04.2010, geändert durch den Bescheid vom 22.07.2010, dahingehend zu ändern, dass die
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Körperschaftsteuer auf 0 DM herabgesetzt wird.
den Körperschaftsteuerbescheid 2000 vom 02.07.2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung
vom 30.04.2010, geändert durch den Bescheid vom 22.07.2010, dahingehend zu ändern, dass die
Körperschaftsteuer auf 0 DM herabgesetzt wird.
den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Verlustvortrags zur
Körperschaftsteuer auf den 31.12.1999 vom 18.06.2007, in der Fassung der Einspruchsentscheidung
vom 30.04.2010, geändert durch den Bescheid vom 22.07.2010, dahingehend zu ändern, dass der
verbleibende Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.1999 in Höhe von 35.441 DM
festgestellt wird.
den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Verlustvortrags zur
Körperschaftsteuer auf den 31.12.2000 vom 02.07.2007, in der Fassung der Einspruchsentscheidung
vom 30.04.2010, geändert durch den Bescheid vom 22.07.2010, dahingehend zu ändern, dass der
verbleibende Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2000 auf 172.125 DM festgestellt
wird.
den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 KStG auf den
31.12.1998 vom 12.06.2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 30.04.2010 dahingehend
zu ändern, dass das verwendbare Eigenkapital 45 und EK 02 wie folgt festgestellt wird:
EK 45 - 5.729 DM
EK 02 44.881 DM
Summe 39.152 DM
den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 KStG auf den
31.12.1999 vom 18.06.2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 30.04.2010, geändert
durch den Bescheid vom 22.07.2010, dahingehend zu ändern, dass das verwendbare Eigenkapital 45
und EK 02 wie folgt festgestellt werden:
EK 45 - 4.311 DM
EK 02 - 21.618 DM
Summe - 25.929 DM
den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 KStG auf den
31.12.2000 vom 02.07.2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 30.04.2010, geändert
durch den Bescheid vom 22.07.2010, dahingehend zu ändern, dass das verwendbare Eigenkapital 45
und EK 02 wie folgt festgestellt werden:
EK 45 - 5.266 DM
EK 02 - 163.538 DM
Summe - 168.804 DM
Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 1998, 1999 und 2000, jeweils vom 12.06.2007, in der
Fassung der Einspruchsentscheidung vom 30.04.2010, dahingehend zu ändern, dass der
Gewerbesteuermessbetrag für 1998 auf 4.525 DM und für 1999 und 2000 auf jeweils 0 DM
herabgesetzt wird.
Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1999 und den
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31.12.2000, jeweils vom 12.06.2007, in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 30.04.2010,
dahingehend zu ändern, dass der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31.12.1999 auf 103.219 DM
und auf den 31.12.2000 auf 239.903 DM der festgestellt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidungen.
Die Beteiligten haben erklärt, dass sie mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin einverstanden sind
und auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichten.
Der Klägerin wurde eine Ausschlussfrist bis zum 31.10.2011 gesetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf
diese verwiesen.
Dem Gericht haben folgende Akten vorgelegen: je ein Band Körperschaftsteuerakten, Umsatzsteuerakten,
Gewerbesteuerakten, Feststellungsakten, Bilanzakten, Allgemeines; ein Band Betriebsprüfungsakten mit zwei
Aktenordnern "Bp-Arbeitsakten"; sowie zwei Bände Rechtsbehelfsakten.
Entscheidungsgründe
Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch die Berichterstatterin ohne die Durchführung
einer mündlichen Verhandlung (§ 79a Abs. 4 i. V. m. Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) und § 90 Abs. 2
FGO).
I.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochten Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin
nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).
Insbesondere hat der Beklagte das Einkommen gem. § 8 Körperschaftsteuergesetzes 1977 (KStG) bzw. den
Gewerbeertrag gem. § 7 Gewerbesteuergesetz richtig berechnet, da er zu Recht von verdeckten
Gewinnausschüttungen ausgegangen ist.
Unter einer vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung
(verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf
die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht (vgl.
BFH-Urteil vom 02. Februar 1994 I R 78/92, BFHE 173, 412, BStBl II 1994, 479). Für den größten Teil der
entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die
Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines
ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (vgl. BFH-
Urteil vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626).
In der Vereinbarung der Reduzierung der von den Gesellschaftern zu zahlenden Darlehenszinsen in den
Streitjahren 1999 und 2000 ist eine verdeckte Gewinnausschüttung zu sehen (1999 in Höhe von 57.151 DM
und 2000 in Höhe von 62.152 DM). Denn die Klägerin hatte ursprünglich mit ihren Gesellschafter-
Geschäftsführern einen Zinssatz von 6 % vereinbart. Zinsanpassungsklauseln enthielten die Darlehensverträge
nicht. Die Darlehen waren jeweils bis zum 31.12.2000 befristet. Die Klägerin war deshalb nicht verpflichtet auf
ihre Zinsansprüche zu verzichten. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, auf welcher tatsächlichen oder
rechtlichen Grundlage ein fremder Dritter von der Klägerin als Darlehensgeberin eine Reduzierung des
vertraglich festgelegten und damit auch für die Streitjahre 1999 und 2000 geschuldeten Zinssatzes hätte
verlangen und erreichen können. Der schlichte Hinweis auf die veränderten "wirtschaftlichen Gegebenheiten"
hätte jedenfalls unter fremdüblichen Bedingungen nicht ausgereicht; denn niemand verzichtet ohne weiteres auf
vertraglich vereinbarte Zinsen, auch nicht teilweise. Auch der Vortrag der Klägerin, man sei bei dem Abschluss
des Darlehensvertrags zunächst von anderen Kriterien für die Üblichkeit der Zinsen ausgegangen, würde
lediglich einen Motivirrtum darstellen, der nicht zur Anfechtung oder Anpassung des Vertrags berechtigt hätte.
Nachvollziehbare andere Gründe sind von der Klägerin nicht vorgetragen worden und auch aus den
vorliegenden Akten und Unterlagen nicht ersichtlich.
Daher ist mit dem Beklagten davon auszugehen, dass der Zinsverzicht gesellschaftsrechtlich veranlasst war.
Auf die Frage, wann dieser Zinsverzicht tatsächlich beschlossen wurde und wie sich die vorgelegten Protokolle
über die Gesellschafterversammlungen zueinander verhalten, kommt es ebenso wenig an wie auf die Frage,
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welcher Zinssatz marktangemessen gewesen wäre bzw. wonach sich diese Angemessenheit bestimmt.
Auch die Auszahlungen der Geschäftsführergehälter sind verdeckte Gewinnausschüttungen (1999 und 2000
jeweils in Höhe von 120.000 DM und 2000 in Höhe von 64.000 DM).
Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann
anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im
Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (ständige
Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 22.10.2003 - I R 36/03, BStBl. II 2004, 310, mit weiteren Nachweisen).
Ein Gesellschafter ist ein beherrschender in diesem Sinne, wenn er entweder die Mehrheit der Stimmrechte hat
oder mit anderen Gesellschaftern zusammenwirkt, die die gleichen finanziellen Interessen haben (BFH-Urteil
vom 09.04.1997 - I R 52/96, BFH/NV 1997, 808; vgl. auch Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz. 221). Die Interessen
müssen, um eine Beherrschung anzunehmen, im allgemeinen in dem Zeitpunkt gleichgerichtet sein, in dem
das möglicherweise als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilende Rechtsgeschäft vorgenommen wird
(BFH a. a. O.). Ein solcher Interessengleichklang wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn den zu
gleichen Anteilen beteiligten Gesellschaftern ein gleichlaufender Vorteil zugutekommt (so etwa Gosch, a. a. O.,
Rz. 222).
An einer tatsächlichen Durchführung von Gehaltsvereinbarungen kann es unter anderem dann fehlen, wenn
fällige Gehaltsansprüche nicht zeitnah erfüllt werden (vgl. etwa BFH-Urteil vom 13.11.1996 - I R 53/95, BFH/NV
1997, 622; BFH-Beschluss vom 21.03.2001 - I B 31/00, BFH/NV 2001, 1149, mit weiteren Nachweisen). In der
Regel werden Gehaltsansprüche durch Überweisung des Nettogehalts auf ein Bankkonto des Geschäftsführers
oder durch Barauszahlung des Nettogehalts und Abführung der Lohnsteuer und etwaiger
Sozialversicherungsbeiträge erfüllt. Für Monatsgehälter gilt der Grundsatz, dass sie auch monatlich ausbezahlt
zu werden pflegen. Selbst kurzfristige Verzögerungen in der Auszahlung können steuerlich nur anerkannt
werden, wenn sie ihren Grund in den Besonderheiten des Einzelfalles haben und üblich sind (BFH-Urteil vom
13.11.1996 -I R 53/95, BFH/NV 1997, 622; s. hierzu auch Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz. 827).
Ungeachtet dessen kann der Gehaltsanspruch auch dadurch erfüllt werden, dass er aufgrund einer gesonderten
Vereinbarung in einen Darlehensanspruch gegen die Gesellschaft umgewandelt wird oder durch Aufrechnung
erlischt. Ersteres setzt die - objektiv nachvollziehbare - Vereinbarung eines Darlehens voraus, letzteres eine
Aufrechnungserklärung des Geschäftsführers. Allein das Bestehen einer Aufrechnungslage, also die Tatsache,
dass die Voraussetzungen für eine Aufrechnung gegeben sind (vgl. § 387 BGB), genügt nicht (BFH-Beschluss
vom 21.03.2001 - I B 31/00, BFH/NV 2001, 1149).
Im Streitfall geht das Gericht davon aus, dass die beiden Gesellschafter in Bezug auf die
Gehaltsvereinbarungen "kraft gleichgelagerter Interessen" als beherrschende Gesellschafter anzusehen sind;
denn sie sind jeweils zu 50 % an der Klägerin beteiligt und haben sich mit Anstellungsverträgen vom gleichen
Tag und zu gleichen Bedingungen ein monatliches Gehalt von jeweils 5.000,00 DM zugesagt.
An der aus diesem Grund erforderlichen tatsächlichen Durchführung der Gehaltsvereinbarung fehlt es nach
Einschätzung des Gerichts in allen drei Streitjahren. Die Auszahlung der Gehälter für das Streitjahr 1998 ist
nicht monatlich erfolgt, sondern zusammengefasst erst in den Monaten Februar bzw. Mai des Jahres 1999. Die
Auszahlung der Gehälter für die Streitjahre 1999 und 2000 ist insgesamt so unregelmäßig erfolgt, dass sie
nach Auffassung des Gerichts nicht mehr den Charakter monatlicher Gehaltszahlungen haben; es entsteht
vielmehr der Eindruck, als hätten sich die Gesellschafter-Geschäftsführer nach Bedarf "bedient".
Eine andere Beurteilung wird auch nicht dadurch begründet, dass auch andere Zahlungen teilweise nicht
fristgerecht erfolgt sind, zumal die Klägerin in den Jahren 1999 und 2000 auch keine anderen Arbeitnehmer
beschäftigt hat, denn ein fremder Dritter hat auch nicht die Möglichkeit, wie ein beherrschender Gesellschafter-
Geschäftsführer, Einfluss auf die Zahlungspraxis der Gesellschaft zu nehmen.
Die Regelungen in den Darlehensverträgen, denen zufolge Sondertilgungen "jederzeit möglich" sind,
rechtfertigen keine anderweitige Beurteilung. Denn um Gehaltsansprüche und Darlehensverbindlichkeiten
gegeneinander aufrechnen zu können, wären entsprechende Aufrechnungserklärungen erforderlich gewesen.
Allein das Bestehen einer Aufrechnungslage führt - wie dargelegt - noch nicht zur Aufrechnung und damit zur
Erfüllung der Gehaltsansprüche.
Gleichermaßen fehlt es an Belegen über Vereinbarungen über die Umwandlung von Gehaltsansprüchen in
Darlehen. Die Klägerin hat trotz ausdrücklichen Hinweises im Aussetzungsbeschluss keine geeigneten
Unterlagen eingereicht.
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Auch der Verweis auf die "Eigenart dieser Musikproduktionsfirma" ist zu wenig konkret, um die unregelmäßigen
Zahlungen erläutern und rechtfertigen zu können, ebenso der Hinweis auf die "in der Branche üblichen À-conto-
Zahlungen", zumal die Gesellschafter-Geschäftsführer nicht mit den für einzelne Produktionen verpflichteten
Künstlern und Darstellern verglichen werden können.
Die Klägerin hat trotz des Setzens einer Ausschlussfrist hierzu nicht weiter substantiiert vorgetragen.
Hinsichtlich des Vorbringens der Klägerin, es habe keine Schlussbesprechung stattgefunden, ist darauf zu
verweisen, dass dieser Umstand kein Verwertungsverbot nach sich zieht (vgl. etwa BFH-Beschluss vom
24.08.1998 - III S 3/98, BFH/NV 1999, 436; ebenso: Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 201 AO Tz. 2, mit
weiteren Nachweisen). Auch hat die Klägerin im Einspruchsverfahren Gelegenheit gehabt, sich zu den
einzelnen Feststellungen im Prüfungsbericht zu äußern.
Zu der Höhe der Gewinnausschüttungen hat die Klägerin nichts vorgetragen. Es ergeben sich auch aus dem
Akteninhalt diesbezüglich keine Bedenken.
II.
Die Kostenentscheidungen beruht auf § 135 FGO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. §
115 FGO liegen nicht vor.