Urteil des FG Hamburg vom 04.06.2014

FG Hamburg: an erfüllung statt, vercharterung, erfüllungs statt, verkehr, absicht, einkünfte, anfang, anteil, kapitalanlage, geschäftsbetrieb

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Einkommensteuerrecht: Tonnagesteuer
Von der pauschalen Gewinnermittlung nach Tonnage (§ 5a EStG) sind auch Gewinne aus Aktienverkäufen mit abgegolten,
wenn die Aktien als Surrogat für die Charterforderung erworben worden sind und von Anfang an die Absicht bestand, sie
zeitnah zu veräußern.
FG Hamburg 2. Senat, Urteil vom 04.06.2014, 2 K 175/13
§ 5a Abs 1 EStG, § 5a Abs 2 S 2 EStG
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Einbeziehung eines Gewinns aus der Veräußerung von
Aktien in die Gewinnermittlung nach § 5a des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Klägerin, eine Kommanditgesellschaft (KG), betreibt ein Containerschiff Schiff-1
(Chartername "XX"). Das Schiff hat eine Kapazität von 3.500 TEU und wurde von der
Klägerin mit einem Zeitchartervertrag vom ... 2007 für einen Zeitraum von mindestens 66
Monaten und maximal 68 Monaten ausgerüstet an die A ... aus B (im Folgenden: A)
verchartert. Es wurde eine Charterrate von ursprünglich ... USD pro Tag vereinbart.
Die A, eine Linienreederei, geriet im Laufe der Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008
zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten. Sie hatte Charterverträge mit zahlreichen -
auch deutschen - Schiffsgesellschaften geschlossen und konnte die Charterraten nicht
mehr vollständig bedienen. Die A kürzte die Raten einseitig - auch der Klägerin
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gegenüber - um 35 %. Auf Initiative der Bank-1 wurde ein Sanierungskonzept für die A
entwickelt, das zu einer Restrukturierungsvereinbarung ("Restructuring Agreement") vom
... 2009 führte. An dieser Vereinbarung beteiligten sich, mit der Klägerin, insgesamt ...
deutsche Schifffahrtsunternehmen. Ziel der Klägerin war es dabei, inmitten der
Weltwirtschaftskrise die Einnahmen aus der Vercharterung ihres Schiffes langfristig zu
sichern.
Das Konzept sah im Kernpunkt eine Kapitalerhöhung der A um insgesamt ... USD vor.
Diese erfolgte in drei Schritten. Die beiden ersten Kapitalerhöhungen wurden aus dem
Kreis der Gesellschafter und weiterer Investoren aufgebracht. Die dritte Erhöhung um
insgesamt ... USD wurde so vorgenommen, dass die an der Vereinbarung beteiligten
Schiffsgesellschaften Aktien an der A übernahmen. Diese Aktienübernahme war
verbunden mit einer abweichenden Vereinbarung über die Bezahlung der Charterraten
vom ... 2009 bis zum ... 2011. Für die Klägerin wurde vereinbart, dass die Charterraten in
diesem Zeitraum nur zu einem Anteil von ... % in USD (= ... USD pro Tag) bezahlt werden
sollten. Zu einem Anteil von ... % sollte die Klägerin Aktien der A erhalten (sog. debt to
equity swap). Dieser Anteil der Charterraten wurde mit insgesamt ... USD ermittelt.
Auf Grund der Festlegung eines Übernahmewertes von ... pro Aktie und eines
Devisenkurses von ... je 1 USD errechnete sich für die Klägerin ein Anteil von ... Aktien
der A. Die Aktien wurden am ... 2010 ausgegeben und durch Registrierung am ... 2010
rechtswirksam übertragen. Die Aktien wurden der Bank-2 ... (im Folgenden: Bank-2) zur
treuhänderischen Verwahrung in einem Depot übergeben. Die Bank-2 war eine ...
Investmentbank. Die Klägerin behandelte die Aktien buchhalterisch als Umlaufvermögen.
Die Klägerin hatte bereits bei der Ausgabe der Aktien die Entscheidung getroffen, diese
zeitnah zu veräußern. An die betroffenen deutschen Reedereien wurden im Zuge der
Restrukturierungsvereinbarung insgesamt ... Aktien (... % aller Aktien der A) vergeben. Es
bestand damals seitens der Hausbank der Klägerin die Besorgnis, dass die B Börse
einen unkoordinierten Verkauf dieser Aktienpakete mangels aufnahmefähigen Marktes
nicht ohne größere Preisabschläge werde verkraften können. Der Verkaufsprozess wurde
deshalb unter den deutschen Schifffahrtsgesellschaften koordiniert. Die Bank-2 hatte
ursprünglich die Strategie, die Aktien auf Grund gesonderter Verkaufsorder der einzelnen
Gesellschaften zu veräußern. Es kam dann aber bei den beteiligten Reedereien der
Wunsch auf, Vorschläge alternativer Anbieter einzuholen. Am ... und ... 2010 stellt ein
Vertreter der in B vertretenen Investmentbank Bank-3 ... (im Folgenden: Bank-3) in C ein
Alternativkonzept vor. Danach sollten größere Aktienpakte im Rahmen einer Auktion (sog.
block deal) platziert werden, was allerdings mit einer längeren Anlaufphase,
insbesondere zur Suche von Kaufinteressenten, verbunden war (sogen. road show). Die
deutschen Reedereien stimmten sich in der Folgezeit untereinander ab und folgten
letztlich dem Vorschlag der Bank-3. Vor Erteilung eines Auftrags musste allerdings noch
geprüft werden, ob die Schifffahrtsgesellschaften bereits an die Bank-2 gebunden waren.
Das diesbezügliche Rechtsgutachten, welches zu dem Ergebnis kam, dass vor der
Beauftragung eines anderen Brokers das Vertragsverhältnis mit der Bank-2 beendet
werden müsse, lag am ... 2010 vor. Daraufhin wurde die Bank-3 mit der Platzierung der
Aktien beauftragt. Vorausgegangen war eine Abstimmung unter den
veräußerungswilligen deutschen Reedereien. Ab dem ... bis zum ... 2010 wurden die
Aktien der beteiligten deutschen Reedereien, und damit auch die der Klägerin, durch die
Bank-3 veräußert. Dabei wurde eine "Poollösung" vorgenommen, so dass die beteiligten
Reedereien jeweils denselben Erlös pro Aktie erzielt haben.
Die Klägerin erzielte durch die Veräußerung ihrer Aktien an der A eine Gewinn von ... €,
der sich aus Wechselkursdifferenzen zwischen .../USD und USD/EUR ergab
(Währungsgewinn). Der in der Restrukturierungsvereinbarung festgelegte
Übernahmewert der Aktien konnte nicht erzielt werden. Der Aktienerlös wurde nicht an die
Gesellschafter ausgezahlt oder von diesen entnommen, sondern im Schiffsbetrieb
verwendet und diente unter anderem zur Bezahlung von Vergütungen für
Geschäftsbesorgungen Dritter. Dabei wurde er als Chartereinnahme behandelt und
erhöhte deshalb die Bemessungsgrundlage für die Vergütungen, die darauf beruhten,
etwa das Bereederungsentgelt.
Die Klägerin hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr (1. Juli bis 31. Juni) und ermittelt ihren
Gewinn ab dem 1. Januar 2004 gemäß § 5 a EStG nach der Tonnage ihres Schiffes. Sie
erklärte für das Streitjahr 2011 auf dieser Grundlage Einkünfte aus Gewerbebetrieb in
Höhe von ... €. Mit ihrer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von
Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2011 machte sie geltend, dass der Gewinn
aus der Veräußerung der Aktien an der A von der Gewinnermittlung nach § 5a EStG mit
abgegolten sei. Der Beklagte folgte dem nicht, sondern stellte mit Bescheid über die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2011 vom ... 2013
Einkünfte aus Gewerbetrieb in Höhe von ... € fest. In den Erläuterungen zum Bescheid
wurde ausgeführt, dass der im Zusammenhang mit der Beteiligung an der A erzielte
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Gewinn in Höhe von ... € nicht nach § 5a Abs. 1 EStG abgegolten sei, weil er nicht auf den
Betrieb des Handelsschiffes entfalle. Die Beteiligung habe vielmehr der Sicherung und
Realisierung bestehender Charterforderungen gegenüber der A gedient.
Die Klägerin legte dagegen am ... 2013 Einspruch ein. Mit der Annahme der Aktien habe
sie, die Klägerin, ein Grundgeschäft zum Schiffsbetrieb verwirklicht, durch das die Aktien
zum Schiffsbetriebsvermögen angeschafft worden seien. Die wenig später
vorgenommene Veräußerung stelle ein Nebengeschäft zum Schiffsbetrieb dar, so dass
der Veräußerungsgewinn mit dem pauschal ermittelten Gewinn nach § 5a Abs. 1 EStG
abgegolten sei.
Mit Entscheidung vom ... 2013 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Die Übernahme des Aktienpakets stelle eine Leistung auf die Charterforderung an
Erfüllung statt im Sinne von § 364 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) dar. Die
ursprüngliche Charterforderung habe Betriebsvermögen der Klägerin dargestellt. Dies
führe jedoch nicht dazu, dass die Aktien zum Betriebsvermögen der Klägerin gehört
hätten, vielmehr sei darauf abzustellen, ob die Aktien dem Betrieb des Handelsschiffes im
internationalen Verkehr unmittelbar dienten. Die Aktien hätten den Schifffahrtsbetrieb
nicht gefördert und seien deshalb nicht dem Schiffsbetriebsvermögen zuzuordnen. Bei der
Veräußerung der Aktien handele es sich auch nicht um ein Nebengeschäft zur
unmittelbaren unternehmerischen Betätigung. Dabei seien auf Grund des
Subventionscharakters der Tonnagebesteuerung strenge Anforderungen an das
Vorliegen eines unmittelbaren Zusammenhangs zu stellen. Bei Kapitalanlagen könne ein
unmittelbarer Zusammenhang zum Hauptgeschäft nur dann angenommen werden, wenn
die Art, Höhe und Dauer der Kapitalanlage unmittelbar durch den Einsatz oder die
Vercharterung des Schiffes veranlasst sei. Dies sei nicht der Fall.
Die Klägerin hat am ... 2013 Klage erhoben. Die Charterforderung gegen die A habe zu
ihrem Schiffsbetriebsvermögen gehört. Die Aktien seien im wirtschaftlichen Ergebnis an
Erfüllung statt für einen Teil der Charterforderung ausgegeben worden. Es liege ein
Erfüllungssurrogat für die eigentlich geschuldeten USD vor. Die Aktien seien deshalb
ebenso zu behandeln, wie das Entgelt für die Charterforderung. Auch die Aktien seien
Wirtschaftsgüter im Umlaufvermögen der Klägerin geworden. Sie, die Klägerin, habe
schon vor dem Erwerb der Aktien den Entschluss gefasst, diese schnellstmöglich durch
einen Verkauf zu Geld zu machen, um liquide Mittel zu erhalten. In dem Zeitraum
zwischen Anschaffung und Veräußerung seien die Aktien auch nicht aus dem
Schiffsbetriebsvermögen in ein anderes Vermögen überführt worden. Sie, die Klägerin,
habe die Aktien nicht aus freien Stücken erworben, sondern sie lediglich notgedrungen
anstatt der Zahlung der Charterrate akzeptiert.
Die Veräußerung der im Schiffsbetriebsvermögen der Klägerin erfassten Aktien sei als
Nebengeschäft zum Schiffsbetrieb zu qualifizieren. Es liege ein unmittelbarer
Zusammenhang mit dem Schiffsbetrieb vor, weil der Aktienerwerb durch den
Schiffsbetrieb veranlasst gewesen sei. Die Beteiligung an der Restrukturierung sei
essentiell für das Gelingen der Sanierung der A und damit der langfristigen Sicherung der
Charterforderung gewesen. Hätte sie, die Klägerin, sich nicht beteiligt, habe das Risiko
bestanden, mit der Charterforderung ganz oder teilweise auszufallen. Ohne
Restrukturierung habe die B Reederei womöglich Insolvenz beantragen müssen. Die ...
Reederei D, zu deren Gruppe sie, die Klägerin, gehöre, sei mit insgesamt ... Schiffen ...
Betroffener gewesen. Ein neuer Chartervertrag habe das unkalkulierbare Risiko
wesentlich schlechterer Bedingungen bedeutet. Ihre Beteiligung an der
Restrukturierungsvereinbarung sei zur Sicherung der vormals vereinbarten Einnahmen
alternativlos und gleichsam "aus der Not geboren" gewesen. Die Anschaffung der Aktien
sei Teil des Gesamtpakets gewesen und keine Spekulation. Sie hätten als Entgelt für
Charterforderungen zum Schiffsbetriebsvermögen gehört. Die von Anfang an vorhandene
Absicht zur zeitnahen Veräußerung und sei zwischenzeitlich nicht aufgegeben worden.
Die Veräußerung sei in Anbetracht der zu berücksichtigen Umstände und Schwierigkeiten
kurzfristig erfolgt. Die Erlöse seien schließlich auch dem Schiffsbetrieb zugutegekommen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid für 2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen vom ... 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ...
2013 dahingehend zu ändern, dass Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... €
festgestellt werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Erlöse aus dem Verkauf der Aktien entfielen weder direkt auf den Betrieb des
Handelsschiffes noch stelle der Aktienverkauf ein Hilfs- oder Nebengeschäft dar, das
unmittelbar mit dem Einsatz des Handelsschiffes zusammenhänge. Die Erzielung von
Zinseinnahmen, Dividendeneinnahmen oder Veräußerungsgewinnen gehöre nicht zur
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originären Tätigkeit "Betrieb eines Handelsschiffes". Durch die Übernahme der Aktien
durch die Klägerin gegen "Verzicht" auf einen Teil der Charterforderung sei eine
vollständige Tilgung der Forderung erfolgt. Die durch die Übernahme der Aktien bewirkte
Beteiligung an der A stelle kein der originären Tätigkeit zuzuordnendes Betätigungsfeld
dar. Ein Hilfsgeschäft liege nicht vor, weil die Aktienbeteiligung kein Geschäft sei, das der
Geschäftsbetrieb üblicherweise mit sich bringe und die Aufnahme der Haupttätigkeit erst
ermögliche. Es liege auch kein Nebengeschäft vor, weil es zumindest an einem
unmittelbaren Zusammenhang zum Hauptgeschäft fehle. Das Halten und das spätere
Veräußern der Aktien an sich stelle eine spekulative Tätigkeit dar, die nicht direkt und
zwangsläufig dem Betrieb eines Handelsschiffes zuzuordnen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
gewechselten Schriftsätze, die Protokolle über den Erörterungstermin vom ... 2014 und
die mündliche Verhandlung vom ... 2014 sowie den Inhalt der beigezogenen Akten des
Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Bescheid für 2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen vom ... 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ...
2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit höhere Einkünfte
aus Gewerbebetrieb als ... € festgestellt worden sind. Er ist deshalb auf den Antrag der
Klägerin dementsprechend zu ändern (§ 100 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -
FGO -).
1)
Der gemäß § 5a Abs. 1 EStG nach der Tonnage des Schiff-1 zu ermittelnde Gewinn aus
Gewerbetriebe beträgt - unstreitig - ... €. Von dieser pauschalen Gewinnermittlung ist der
streitgegenständliche Gewinn aus der Veräußerung der Aktien der A in Höhe von ... € mit
erfasst und somit abgegolten. Es handelt sich um Einkünfte aus dem Betrieb von
Unternehmen der Seeschifffahrt, so dass nach ... das Besteuerungsrecht nur Deutschland
zusteht, weil sich der Ort der Leitung der Klägerin in C befindet.
2)
a) Anstelle der Ermittlung des Gewinns nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ist bei einem
Gewerbetrieb mit Geschäftsleitung im Inland der Gewinn, soweit er auf den Betrieb von
Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfällt, auf unwiderruflichen Antrag des
Steuerpflichtigen nach der in seinem Betrieb geführten Tonnage zu ermitteln, wenn die
Bereederung dieser Handelsschiffe im Inland durchgeführt wird (§ 5a Abs. 1 Satz 1 EStG).
Diese Voraussetzungen liegen im Streitjahr 2011 - unstreitig - vor, so dass die Klägerin
berechtigt ist, ihren Gewinn pauschal nach der Tonnage zu ermitteln.
b) Der Gewinn wird anhand der Tonnage des Handelsschiffes pauschaliert ermittelt (§ 5a
Abs. 1 Satz 2 EStG), soweit er auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen
Verkehr entfällt. Zum Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr gehören
gemäß § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG auch ihre Vercharterung, wenn sie vom Vercharterer
ausgerüstet sind, und die unmittelbar mit ihrem Einsatz oder ihrer Vercharterung
zusammenhängenden Neben und Hilfsgeschäfte einschließlich der Veräußerung der
Handelsschiffe und der unmittelbar ihrem Betrieb dienenden Wirtschaftsgüter.
Die Vercharterung des Schiff-1 an die A stellte einen Betrieb des Handelsschiffes im
internationalen Verkehr dar. Das Schiff ist ausweislich des Time-Charter-Vertrags vom ...
2007 von der Klägerin ausgerüstet an die A verchartert worden und wurde vom ...
Charterer in dessen internationalen Linienverkehr einsetzt. Das Entgelt für die
Vercharterung des Schiff-1 entfällt somit auf den Betrieb dieses Handelsschiffes im
internationalen Verkehr und wird von der Gewinnermittlung nach Tonnage gemäß § 5a
Abs. 1 EStG erfasst. Dies bedeutet, dass die jeweils entstandenen Charterforderungen
zum Betriebsvermögen der Klägerin gehörten. Dies ist zwischen den Beteiligten auch
unstreitig.
Durch die Übernahme der Aktien an der A wurde nach dem Sinn und Zweck der
Restrukturierungsvereinbarung vom ... 2009 ein Teil in Höhe von ... % der eigentlich in
USD zu zahlenden Charterforderungen der Klägerin vom ... 2009 bis zum ... 2011 erfüllt
("debt to equity swap"). Die Vereinbarung einer Reduzierung der Charterraten war
verknüpft mit der Hingabe der Aktien, deren Anzahl und damit die Beteiligungshöhe sich
aus der Reduzierung der Charterraten errechnete. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise
stellte die Aktienübereignung eine Leistung an Erfüllungs statt im Sinne von § 364 Abs. 1
BGB dar, die zu einem Erlöschen der ursprünglichen Charterforderungen geführt hat. Die
Aktien gingen damit als "Surrogat" für einen Teil der Charterforderungen in das
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Betriebsvermögen der Klägerin ein. Sie stellten eine Einnahme dar, die sich - wie die
ursprüngliche Charterforderung - aus dem Betrieb des Schiff-1 ergab. Da die Klägerin -
unstreitig - von Anfang an vorhatte, die erworbenen Aktien wieder zeitnah zu veräußern,
stellten sie kein Anlagevermögen, sondern ein zur Veräußerung vorgesehenes
Umlaufvermögen im Sinne von § 247 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches (HGB), § 6 Abs. 1
Nr. 2 Satz 1 EStG dar. Bei der Klägerin wurde der Vorgang buchhalterisch
dementsprechend erfasst. Die Charterforderungen wurden gegen die als Einnahme aus
dem Schiffsbetrieb behandelte Beteiligung an der A ausgebucht (Aktivtausch). Die
Wertpapiere wurden buchhalterisch als Umlaufvermögen behandelt.
c) Die Veräußerung der Aktien stellt ein Nebengeschäft zur Vercharterung des Schiff-1
dar.
Nebengeschäfte im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG sind dabei solche Geschäfte, die
nicht den eigentlichen Zweck der unternehmerischen Betätigung ausmachen und sich
auch nicht notwendig aus dem eigentlichen Geschäftsbetrieb ergeben, aber in seiner
Folge vorkommen und nebenbei mit erledigt werden. Hilfsgeschäfte sind solche
Geschäfte, die der Geschäftsbetrieb üblicherweise mit sich bringt und die die Aufnahme,
Fortführung und Abwicklung der Haupttätigkeit erst ermöglichen. Während
Nebengeschäfte regelmäßig bei Gelegenheit des Hauptgeschäfts, also zeitlich neben
diesem vorkommen, ist es für Hilfsgeschäfte, die in einer funktionalen Beziehung zum
Hauptgeschäft stehen, typisch, dass sie dem Hauptgeschäft auch zeitlich vor- oder
nachgehen können (vgl. BFH-Urteile vom 26. September 2013 IV R 46/10, BStBl II 2014,
253; vom 24. November 1983 IV R 74/80, BStBl II 1984, 155, zu § 34c Abs. 4 EStG a. F.;
FG Hamburg Urteil vom 17. Januar 2014 6 K 19/13, juris; FG Niedersachsen Urteil vom
23. November 2010 8 K 347/09, juris).
d) Die Veräußerung der Aktien ist kein Hilfsgeschäft zur Vercharterung des Schiff-1 Es
fehlt insoweit an dem für ein Hilfsgeschäft typischen Merkmal der funktionalen Beziehung
zum Hauptgeschäft. Die Vercharterung eines Handelsschiffes bringt es nicht
üblicherweise mit sich, dass Erträge in Form von Aktienbeteiligungen erzielt werden, die
dann anschließend veräußert werden, um Liquidität zu erzielen. Handelsschiffe werde
vielmehr üblicherweise gegen Geldforderungen (zumeist in USD) verchartert.
Es liegt aber ein Nebengeschäft vor, weil sich die Aktienveräußerung nicht notwendig aus
der Vercharterung ergab, sich aber letztlich als Folge des "außerordentlichen
Charterertrags" in Form von Aktien darstellte, weil die Klägerin von Anfang an und
kontinuierlich die Absicht hatte, die Wertpapiere zu veräußern.
e) Zwischen diesem Nebengeschäft und der Vercharterung des Schiff-1 bestand auch ein
unmittelbarer Zusammenhang im Sinne des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG.
Ein unmittelbarer Zusammenhang im Sinne des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG ist gegeben,
wenn das Nebengeschäft mit der Hauptleistung in Gestalt des Betriebes eines
Handelsschiffes im internationalen Verkehr wirtschaftlich verknüpft ist. Durch das
Tatbestandsmerkmal der Unmittelbarkeit soll der Verwendungszusammenhang zwischen
dem Nebengeschäft und dem Betrieb des Handelsschiffes abgebildet werden. Auf die
zeitliche Nähe zum Hauptgeschäft kommt es dabei nicht entscheidend an (vgl. FG
Hamburg Urteile vom 17. Januar 2014 6 K 19/13, juris; vom 18. Februar 2013 6 K 8/11,
EFG 2013, 1096). Ein zu großer zeitlicher Abstand zwischen dem Hauptgeschäft und dem
Nebengeschäft kann im Einzelfall aber ein Indiz dafür sein, dass die wirtschaftliche
Verknüpfung zwischen Haupt- und Nebengeschäft nicht besteht. Bei der Prüfung, ob ein
Neben- oder Hilfsgeschäft vorliegt, müssen zudem aufgrund des Subventionscharakters
der Tonnagebesteuerung strenge Anforderungen an das Vorliegen eines unmittelbaren
Zusammenhangs gestellt werden (vgl. FG Hamburg Urteil vom 17. Januar 2014 6 K
19/13, juris). Die wirtschaftliche Verknüpfung zwischen Haupt- und Nebengeschäft muss
deshalb hinreichend eng sein.
aa) Nach dem BMF-Schreiben vom 12.06.2002 (BStBl I 2002, 614, Rn. 9) gehören
Erträge aus Kapitalanlagen bzw. Beteiligungen an Kapitalgesellschaften mangels
unmittelbaren Zusammenhangs mit dem Betrieb von Schiffen grundsätzlich nicht zu dem
Gewinn nach § 5a EStG. Nur Zinserträge aus laufenden Geschäftskonten sollen von § 5a
EStG abgegolten sein.
Diese Verwaltungsauffassung bindet das Gericht nicht. Unabhängig davon ist es nach der
Auffassung des Senats Zielrichtung des BMF-Schreibens, nur Erträge aus solchen
Kapitalanlagen, die nicht mit dem Schiffsbetrieb im Zusammenhang stehen, aus dem
Anwendungsbereich des § 5a EStG auszuschließen. Dies folgt bereits aus der
Aufzählung der Beteiligungen an Kapitalgesellschaften und den in diesen
Zusammenhang gestellten Kapitalanlagen. Anderenfalls wäre eine überzeugende
Abgrenzung zwischen Kapitalanlagen und laufenden Geschäftskonten kaum möglich (vgl.
FG Hamburg Urteil vom 17. Januar 2014 6 K 19/13, juris).
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bb) Hier steht der Ertrag aus der Veräußerung der Aktien im erforderlichen engen
wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Vercharterung des Schiff-1. Die Kapitalanlage
ergab sich als "außerordentlicher" Ertrag aus der Vercharterung des Handelsschiffes, weil
sich die Klägerin aus wirtschaftlichen Gründen "notgedrungen" gezwungen sah, an der
Restrukturierungsvereinbarung teilzunehmen. Die Klägerin hatte von vornherein die
Absicht, die Aktien zeitnah zu veräußern, um Liquidität für ihren Schiffsbetrieb zu erhalten.
Diese Absicht hat sie auch umgesetzt, wobei sich die Umsetzung durch die besonderen
Umstände des Verkaufs (Veräußerung an der Börse in B, Abstimmung mit den beteiligten
deutschen Reedereien wegen der Größe der Aktienpakete, Einholung mehrerer
Angebote, rechtliche Überprüfung einer Bindung an die Bank-2, Auftragserteilung und
Gewinnung von institutionellen Anlegern durch eine "road show", mehraktiger Verkauf)
von Ende April bis Mitte Oktober 2010 hinzog. Diese Zeit wurde aber ausweislich der -
unstreitigen - Darstellung der Klägerin benötigt, um den Verkauf wirtschaftlich vernünftig
und rechtlich geprüft in B durchführen zu können. Es bestehen auch keine Anhaltspunkt
dafür, dass die Klägerin ihre Verkaufsabsicht zwischenzeitlich aufgegeben und
beabsichtigt hat, eine - spekulative - Kapitalanlage bei der A vorzunehmen. Sofern dies
der Fall gewesen wäre, hätte sich allerdings der erforderliche enge wirtschaftliche
Zusammenhang mit Vercharterung des Schiffes gelöst und läge keine Unmittelbarkeit im
Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG mehr vor.
Angesichts dieser Umstände führt die Zeitspanne von gut 4 Monaten zwischen dem
Erwerb der Aktien (... 2010) und dem ersten Verkauf (... 2010) und von weiteren etwa 6
Wochen bis zum letzten Verkauf (... 2010) nicht dazu, den unmittelbaren Zusammenhang
zwischen dem Aktienverkauf und der Vercharterung des Schiff-1 als Hauptgeschäft zu
verneinen. Die von vornherein vorhandene Absicht der Veräußerung der Aktien zur
Gewinnung von Liquidität für den Schiffsbetrieb, mithin letztlich - wirtschaftlich betrachtet -
zur Rückgängigmachung des Tausches "Charterforderung gegen Aktien an der A"
begründet vielmehr diesen engen unmittelbaren Zusammenhang. Der Umstand, dass die
gewonnenen Mittel tatsächlich im Schiffsbetrieb zur Bestreitung der laufenden
Aufwendungen verwendet worden sind und auch als Bemessungsgrundlage für
Forderungen Dritter dienten, die sich - wie das Bereederungsentgelt - an den
Chartereinnahmen ausrichteten - bestätigt diesen unmittelbaren Zusammenhang.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1, 3 FGO i. V.
m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren war gemäß § 139
Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 115 Abs. 2 FGO).