Urteil des FG Hamburg vom 01.07.2014

FG Hamburg: auflage, schutz der kinder und jugendlichen, rechtliches gehör, meldung, wohnung, jugendlicher, erlass, unterbringung, gebäude, rüge

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1. § 45 Abs. 4 SGB VIII rechtfertigt nicht nur den Erlass solcher Nebenbestimmungen, mit denen die Erlaubnisfähigkeit einer
Einrichtung i.S.v. § 45 Abs. 2 SGB VIII sichergestellt werden soll.
2. § 45 Abs. 4 SGB VIII berechtigt die zuständige Behörde, im Ermessenswege eine Betriebserlaubnis mit einer
Nebenbestimmung zu versehen, wenn diese geeignet, erforderlich und angemessen ist, um die mit der Erlaubnispflichtigkeit
von Einrichtungen nach § 45 SGB VIII verfolgte Zielsetzung, nämlich die Gewährleistung des Wohls der in einer solchen
Einrichtung betreuten Kinder und Jugendlichen, während des Betriebs der Einrichtung sicherzustellen. § 45 Abs. 4 SGB VIII
ermöglicht der zuständigen Behörde daher, aus Gründen der Gefahrenvorsorge den Betrieb einer Einrichtung zu
reglementieren, damit auch zukünftig eine Gefährdung des Wohls der in einer Einrichtung untergebrachten Kinder und
Jugendlichen vermieden und etwaigen Gefährdungen effektiv begegnet werden kann.
3. Die Frage, ob das Wohl der Kinder und Jugendlichen in einer Einrichtung i.S.v. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII gewährleistet ist,
ist auf der Grundlage des Betreuungskonzeptes mittels einer typisierenden Betrachtung zu beantworten. Atypische
Ausnahmefälle können hierbei außer Betracht gelassen werden.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht 4. Senat, Beschluss vom 01.07.2014, 4 Bf 212/12.Z
§ 19 SGB 8, § 45 Abs 2 SGB 8, § 45 Abs 4 SGB 8, § 47 S 1 Nr 2 SGB 8
Verfahrensgang
vorgehend VG Hamburg, 29. August 2012, Az: 13 K 2064/11, Urteil
Tenor
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. August 2012 zuzulassen, wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
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Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen eine Auflage in einer Betriebserlaubnis und begehrt die
Erweiterung der Betriebserlaubnis.
Der Kläger betreibt in Hamburg-Eimsbüttel in vier Gebäuden, die fußläufig voneinander
entfernt gelegen sind, eine Mutter-Kind-Einrichtung als Einrichtung nach § 19 SGB VIII.
Die Einrichtung bietet Platz für insgesamt 20 Schwangere bzw. alleinerziehende
Elternteile mit Kleinkindern. In dem zu der Einrichtung gehörenden Gebäude „H.....“ hat
der Kläger zehn von insgesamt elf Wohnungen angemietet. Die Wohnung im ersten
Obergeschoss links wird als Zentrale für die gesamte Einrichtung genutzt. Dort befindet
sich auch die Nachtwache. In der Wohnung im ersten Obergeschoss rechts wird ein
Zimmer als „Leitungsbüro“ genutzt. Im Übrigen wird diese Wohnung, ebenso wie die
Wohnung im ersten Obergeschoss Mitte, zur Unterbringung von jeweils einer
Schwangeren bzw. einem alleinerziehenden Elternteil nebst Kleinkind genutzt.
Nachdem die Beklagte zuletzt unter dem 4. August 2009 eine Betriebserlaubnis für den
Betrieb der Mutter-Kind-Einrichtung auf der Grundlage von § 45 SGB VIII erteilt hatte, in
der das Mindestalter der im „H.....“ zu betreuenden Schwangeren bzw. alleinerziehenden
Elternteile auf 16 Jahre festgelegt worden war, beantragte der Kläger im Oktober 2010 –
neben der Erweiterung um eine weitere, neu angemietete Wohnung in dem Gebäude
„H.....“ – die Änderung der Betriebserlaubnis dahin, dass in den Wohnungen „H.....“ im
ersten Obergeschoss Mitte und rechts auch Schwangere bzw. alleinerziehende Elternteile
mit einem Mindestalter von 14 Jahren betreut werden dürften.
Unter dem 27. Oktober 2010 erteilte die Beklagte daraufhin eine neue Betriebserlaubnis,
die die Betriebserlaubnis vom 4. August 2009 ersetzte. Die von dem Kläger beantragte
Herabsetzung des Mindestalters nahm die Beklagte darin nicht vor. Ferner versah sie die
neue Betriebserlaubnis mit einer „Nebenbestimmung“, wonach der Kläger verpflichtet sei,
„besondere Vorkommnisse“ an die Beklagte zu melden. Wegen der Einzelheiten des
Inhalts dieser Nebenbestimmung wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Mit seinem daraufhin erhobenen Widerspruch verfolgte der Kläger sein Begehren auf
Erweiterung der Betriebserlaubnis für die beiden zur Betreuung genutzten Wohnungen im
ersten Obergeschoss im „H.....“ weiter und wandte sich gegen die Verpflichtung zur
Meldung „besonderer Vorkommnisse“: Die Versagung der Erweiterung der
Betriebserlaubnis sei nicht gerechtfertigt. Eine angemessene Betreuung auch 14- und 15-
jähriger Jugendlicher sei in den beiden Wohnungen im ersten Obergeschoss im „H.....“
aufgrund der Nähe zum Leitungsbüro sowie zur Nachtwache und zum Mitarbeiterbereich
gewährleistet. Die angegriffene Nebenbestimmung sei unbestimmt, wahre nicht die
gesetzlichen Zuständigkeiten der Beklagten und begegne datenschutzrechtlichen
Bedenken.
Mit dem Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 2011 fasste die Beklagte die
Nebenbestimmung zur „Meldung über Besondere Vorkommnisse“ auszugsweise wie folgt
neu:
„Der Träger der Einrichtung hat solche sog. besonderen Vorkommnisse bzw.
besondere Ereignisse der Heimaufsicht zu melden, aus denen direkt eine
Kindeswohlgefährdung resultiert oder die in eine solche münden können (...).
Diese Meldung hat stets sofort telefonisch zu erfolgen (...).
Im Folgenden sind besondere Vorkommnisse bzw. Ereignisse beispielhaft
aufgezählt:
• (...)
• Erhebliche Handlungen zum Nachteil betreuter Minderjähriger, insbesondere
Sittlichkeitsdelikte (...).
In dem schriftlichen Bericht sind mindestens folgende Angaben zu machen: (...).“
Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts dieser Nebenbestimmung wird auf den
Akteninhalt Bezug genommen.
Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch betreffend die Erweiterung der
Betriebserlaubnis zurück: Das Wohl von 14- und 15jährigen Jugendlichen könne
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aufgrund der vorhandenen Rahmenbedingungen nicht i.S.v. § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII
(a.F.) gewährleistet werden. In den Wohnungen im ersten Obergeschoss des Gebäudes
„H.....“ sei nicht rund um die Uhr eine Betreuungsperson anwesend. Da sich in dem
Gebäude noch eine weitere, privat vermietete Wohnung befinde, müsse das Treppenhaus
den ganzen Tag und die gesamte Nacht zugänglich sein und könne der Kläger das
Hausrecht dort nicht ausüben oder Personenkontrollen vornehmen. Junge Frauen, die
sich neben ihrer Rolle als junge Mutter im Alter von 14 oder 15 Jahren mitten in der
pubertären Entwicklung befänden, seien nicht stets in der Lage, sich entwickelnde
Gefährdungssituationen realistisch einzuschätzen und geeignet damit umzugehen. Dies
treffe insbesondere auf Besucher aus dem sozialen Herkunftsmilieu der betreuten
Schwangeren und Mütter zu, die unverhofft auftauchen oder heimlich in die Wohnungen
gelassen werden könnten. Diesen Gefahren könne nicht durch die Nachtwache in der
Nähe begegnet werden, weil diese für alle Gebäude zuständig sei und nicht ständig
anwesend sein könne.
Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil aufgrund der
mündlichen Verhandlung vom 29. August 2012 abgewiesen: Eine Erweiterung des
Personenkreises der zu betreuenden Personen auch auf 14- und 15jährige Jugendliche
könne im ersten Obergeschoss im „H.....“ nicht erfolgen, weil angesichts der
Rahmenbedingungen in der betreffenden Einrichtung ansonsten das Kindeswohl
gefährdet würde. Aufgrund der Abgeschlossenheit der Wohnungen bestünden zu wenig
Bezüge zu Gemeinschaftsräumen und zu geringe Kontrollmöglichkeiten. Geeignet sei
daher bei der Unterbringung 14- und 15jähriger Jugendlicher mit Kleinkind nur eine
Wohnform in einem geschlossenen Wohnsystem bei ständiger Anwesenheit einer
Betreuungsperson. Denn es stehe zu befürchten, dass die Betreuten mit Blick auf die
Verantwortung für ein Kleinkind schnell in eine Überforderungssituation geraten könnten,
die die ständige Anwesenheit einer Betreuungsperson notwendig mache. Auch die Pflicht
zur Meldung von „besonderen Vorkommnissen“ sei nicht zu beanstanden. Hierbei
handele es sich um eine selbständige Auflage i.S.v. § 32 Abs. 1 Alt. 1 SGB X, deren
Erlass in § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII zugelassen sei. Eine Auflage könne nach dieser
Vorschrift nicht nur erlassen werden, um die Genehmigungsfähigkeit eines Betriebs
herzustellen, sondern auch darüber hinaus zur Regelung der Betriebsausübung. Die der
Betriebserlaubnis beigegebene Auflage sei zulässig, denn sie diene der Sicherung des
Kindeswohls und knüpfe damit an die Genehmigungsvoraussetzungen für die Einrichtung
an, da sie Meldepflichten für Vorkommisse vorsehe, die sich entweder auf den Bestand
und den Betrieb der Einrichtung oder auf das jeweilige Wohl der betreuten Minderjährigen
auswirkten oder auswirken könnten. Die inhaltliche Ausgestaltung der Meldepflichten sei
nicht zu beanstanden und werde von dem Kläger auch nicht angegriffen. Diese seien,
was die Notwendigkeit von „Angaben zur betreuten Person“ anbelange, auch nicht
unbestimmt, sondern hinreichend offen formuliert, um den Gegebenheiten des Einzelfalls
und der von dem Kläger selbst vorzunehmenden Einschätzung der Tragweite eines
etwaigen Vorfalls Rechnung zu tragen.
Hiergegen richtet sich der Antrag des Klägers, mit dem er begehrt, die Berufung
zuzulassen.
II.
Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus den
Darlegungen des Klägers im Zulassungsantrag, auf die die Prüfung im
Zulassungsverfahren grundsätzlich beschränkt ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2
VwGO), ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen
Entscheidung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (hierzu 1.). Auch liegt ein Verfahrensmangel
i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht vor (hierzu 2.). Die Rechtssache hat auch keine
grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (hierzu 3.).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO sind dann begründet, wenn gegen dessen Richtigkeit angesichts der Begründung
des Zulassungsantrags gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Hiervon ist immer schon
dann auszugehen, wenn durch die Begründung des Zulassungsantrags ein einzelner
tragender Rechtssatz – sei es ein abstrakter Obersatz, sei es die Subsumtion des
konkreten Sachverhalts unter einen solchen Obersatz – oder eine erhebliche
Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl.
BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000, 1 BvR 830/00, NVwZ 2000, 1163, juris Rn. 15; BVerwG,
Beschl. v. 10.3.2004, 7 AV 4.03, DVBl. 2004, 838, juris Rn. 8 f.). So liegt es hier nicht.
a) Mit der Begründung des Zulassungsantrags werden keine ernstlichen
Richtigkeitszweifel an der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die angefochtene
Nebenbestimmung zu der Betriebserlaubnis vom 27. Oktober 2010 sei rechtmäßig,
dargelegt.
Der Kläger meint diesbezüglich zunächst, die Auflage, „besondere Vorkommnisse“ zu
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melden, sei bereits dem Grunde nach rechtswidrig. § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII lasse nur
solche Nebenbestimmungen zu, die die Genehmigungsfähigkeit einer Einrichtung der
Jugendhilfe i.S.v. § 45 Abs. 2 SGB VIII herstellten oder – im Fall nachträglicher Auflagen
gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII – aufrechterhielten, wenn andernfalls die Erlaubnis
gemäß § 45 Abs. 7 SGB VIII widerrufen werden müsste. Demgegenüber genüge es für
eine Auflage nach § 45 Abs. 4 SGB VIII nicht, dass diese „dem Zweck des
Verwaltungsaktes dienlich“ sei und „die Ausübung des Betriebs“ regele. Vielmehr sei
angesichts des mit der Auflage verbundenen Eingriffs in das Grundrecht des Betreibers
einer Einrichtung aus Art. 12 Abs. 1 GG weiter Voraussetzung, dass die Auflage zur
andernfalls nicht gesicherten Gewährleistung des Kindeswohls, also zur Herstellung oder
Aufrechterhaltung der Genehmigungsfähigkeit einer Einrichtung geeignet, erforderlich und
angemessen sei.
Mit diesen Ausführungen zieht der Kläger die Richtigkeit der angefochtenen
Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht ernsthaft in Zweifel. § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB
VIII berechtigt die zuständige Behörde, im Ermessenswege (vgl. OVG Münster, Beschl. v.
27.11.2007, 12 A 4697/06, FEVS 59, 318, juris Rn. 49) eine Betriebserlaubnis mit einer
Nebenbestimmung zu versehen, wenn diese geeignet, erforderlich und angemessen ist,
um die mit der Erlaubnispflichtigkeit von Einrichtungen nach § 45 SGB VIII verfolgte
Zielsetzung, nämlich die Gewährleistung des Wohls der in einer solchen Einrichtung
betreuten Kinder und Jugendlichen, während des Betriebs der Einrichtung und damit
auch für die Zukunft sicherzustellen (vgl. Mann, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB
VIII, 4. Auflage 2012, § 45 Rn. 30). Dies gilt auch und gerade dann, wenn die in § 45 Abs.
2 Satz 1 SGB VIII geregelten Voraussetzungen für die Erteilung einer Betriebserlaubnis,
deren Vorliegen wiederum unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII
regelmäßig anzunehmen ist, erfüllt sind, eine beantragte Erlaubnis also zu erteilen ist. §
45 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII ermöglicht der zuständigen Behörde auch in einem solchen
Fall, aus Gründen der Gefahrenvorsorge den Betrieb einer Einrichtung zu reglementieren,
damit auch zukünftig eine Gefährdung des Wohls der in einer Einrichtung
untergebrachten Kinder und Jugendlichen vermieden und etwaigen Gefährdungen
effektiv begegnet werden kann. Die von dem Kläger vertretene Einschränkung des
Anwendungsbereichs des § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII lässt sich dem Gesetz
demgegenüber nicht entnehmen. Einer (spezialgesetzlichen) Regelung, wonach der
Erlass von Nebenbestimmungen zulässig ist, mit denen die Erlaubnisfähigkeit einer
Einrichtung sichergestellt werden soll, bedarf es im Übrigen auch nicht. Denn gemäß § 32
Abs. 1 Alt. 2 SGB X darf ein Verwaltungsakt, auf den – wie in den Fällen des § 45 Abs. 2
SGB VIII – ein Anspruch besteht, ohnehin mit einer Nebenbestimmung versehen werden,
wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des
Verwaltungsaktes erfüllt werden. Darüber hinaus verweist § 32 Abs. 1 Alt. 1 SGB X aber
auch auf die Zulässigkeit von Nebenbestimmungen dort, wo dies – wie in § 45 Abs. 4
Satz 1 SGB VIII – gesetzlich vorgesehen ist.
Für den Erlass nachträglicher Auflagen gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII gilt im
Ergebnis nichts anderes. Solche dienen zwar letztlich dem Erhalt der Betriebserlaubnis,
indem der Widerruf einer erteilten Betriebserlaubnis vermieden wird (vgl. Mörsberger, in:
Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 45 Rn. 64). Gleichwohl ist, wie sich bereits aus dem
Wortlaut von § 45 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 7 Satz 1 SGB VIII ergibt, eine nachträgliche
Auflage nicht erst dann zulässig, wenn auch die Voraussetzungen für einen Widerruf
erfüllt sind, sondern bereits im Vorfeld, um schon den Eintritt dieser Voraussetzungen
abzuwenden. Denn während gemäß § 45 Abs. 7 Satz 1 SGB VIII eine Betriebserlaubnis
zurückzunehmen oder zu widerrufen ist, wenn das Wohl der Kinder oder Jugendlichen in
der Einrichtung (konkret, vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 14.12.2012, 4 Bs 248/12, NordÖR
2013, 320, juris Rn.13 ff.) gefährdet und der Träger der Einrichtung nicht bereit oder in der
Lage ist, die Gefährdung abzuwenden, kann eine nachträgliche Auflage im
Ermessenswege gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII zur Sicherung des Wohls der Kinder
und der Jugendlichen in der Einrichtung erlassen werden, ohne dass bereits eine
konkrete Gefahr i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 1 SGB VIII vorliegen müsste.
Dies hat nicht zur Folge, dass die Behörde mithilfe einer Auflage nach § 45 Abs. 4 SGB
VIII letztlich durchsetzen könnte, dass – was auch nicht Voraussetzung für die Erteilung
einer Betriebserlaubnis ist (vgl. OVG Münster, Urt. v. 20.3.2000, 16 A 4169/98, juris Rn. 9)
– in einer Einrichtung „optimale Verhältnisse“ herrschen müssen. Auch mit einer im
Ermessenswege erlassenen Auflage nach § 45 Abs. 4 SGB VIII darf nur das Ziel verfolgt
werden, das Wohl der Kinder und Jugendlichen in einer Einrichtung dauerhaft, also nicht
nur im Zeitpunkt der Erlaubniserteilung, sicherzustellen und Vorsorge dafür zu treffen,
dass das Kindeswohl gefährdende Situationen gar nicht erst eintreten oder in einem
solchen Fall geeignete Maßnahmen ergriffen werden (können).
Der Kläger macht weiter geltend, es handele sich bei der angefochtenen Auflage nicht,
wie das Verwaltungsgericht meine, um eine anfängliche Auflage i.S.v. § 45 Abs. 4 Satz 1
SGB VIII, sondern um eine nachträgliche Auflage i.S.v. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII. Denn
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er habe die Einrichtung auch schon vor Erlass der Betriebserlaubnis vom 27. Oktober
2010 auf der Grundlage einer früheren Betriebserlaubnis betrieben.
Auch mit diesen Ausführungen begründet der Kläger keine durchgreifenden Zweifel an
der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Abgesehen
davon, dass es für die Frage, ob eine Auflage als anfängliche (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB
VIII) oder als nachträgliche (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII) Auflage zu qualifizieren ist,
darauf ankommen dürfte, ob diese – wie vorliegend im Fall der von der Beklagten unter
dem 27. Oktober 2010 erteilten Betriebserlaubnis – mit einer Betriebserlaubnis verbunden
ist oder gesondert nach Erteilung einer Betriebserlaubnis verfügt wird, legt der Kläger
nicht dar, aus welchem Grund es für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Auflage
hierauf ankommt. Denn sowohl eine anfängliche als auch eine nachträgliche Auflage
setzen nicht voraus, dass andernfalls eine Erlaubnisfähigkeit der betreffenden Einrichtung
aktuell nicht (mehr) gegeben wäre (s.o.).
Der Kläger meint ferner, die Auflage, „besondere Vorkommnisse“ zu melden, sei nicht
geeignet zur Vermeidung oder zur Abwendung zukünftiger Kindeswohlgefährdungen,
weil sie eine Informationspflicht für hypothetische Fälle in der Zukunft statuiere, auf die er
nicht einmal notwendigerweise Einfluss nehmen könne.
Auch diese Ausführungen sind nicht geeignet, die Richtigkeit der angefochtenen
Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen. Die Meldung besonderer
Vorkommnisse versetzt die zuständige Behörde in die Lage, beurteilen zu können, ob
Maßnahmen zur Abwendung oder zur Vermeidung von Gefährdungen des Wohls der in
einer Einrichtung untergebrachten Kinder und Jugendlichen geboten sind, und
gewährleistet damit, dass die Behörde ihren Beratungs- und Aufsichtspflichten
nachkommen kann (vgl. §§ 8a, 45 Abs. 6 und 7, 46, 79 SGB VIII). Auch der Gesetzgeber
geht von der Notwendigkeit aus, dass die zuständigen Behörden über Ereignisse oder
Entwicklungen, die geeignet sind, das Wohl der Kinder und Jugendlichen zu
beeinträchtigen, unverzüglich unterrichtet werden (vgl. § 47 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII). Und
auch der Kläger selbst bezieht sich an anderer Stelle der Begründung seines Antrags auf
Zulassung der Berufung auf die Gesetzesbegründung zu § 47 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII, in der
davon die Rede ist, dass die zuständige Behörde durch die Pflicht zur Anzeige von
Ereignissen oder Entwicklungen, die geeignet sind, das Wohl der Kinder und
Jugendlichen zu beeinträchtigen, in die Lage versetzt werde, auf negative
Entwicklungsprozesse in der Einrichtung rechtzeitig zu reagieren (vgl. BT-Drs. 17, 6256,
S. 24). Vor diesem Hintergrund ist kein Raum für die Annahme, der Pflicht zur Meldung
besonderer Vorkommnisse fehle die notwendige Eignung, im Sinne einer
Gefahrenvorsorge etwaigen künftigen Gefährdungen des Wohls der in einer Einrichtung
betreuten Kinder und Jugendlichen rechtzeitig begegnen zu können.
Der Kläger macht des Weiteren geltend, aus § 47 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII ergebe sich, dass
die Anordnung zur Meldung besonderer Vorkommnisse nicht auf § 45 Abs. 4 SGB VIII
gestützt werden könne, weil es dieser Neuregelung nicht bedurft hätte, wenn
entsprechende Anordnungen auch als Nebenbestimmungen erlassen werden könnten.
Auch mit diesen Ausführungen erschüttert der Kläger nicht die Richtigkeit des
angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts. Mit der Erweiterung des Katalogs der
Meldepflichten in § 47 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII um die Pflicht zur Meldung von Ereignissen
oder Entwicklungen, die geeignet sind, das Wohl der Kinder und Jugendlichen zu
beeinträchtigen, verfolgt der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung das Ziel,
den Schutz der Kinder und Jugendlichen zu verbessern (vgl. BT-Drs. 17, 6256, S. 24).
Dieses Ziel wird dadurch erreicht, dass entsprechende Meldepflichten nunmehr
unmittelbar kraft Gesetzes für jede Einrichtung bestehen und nicht mehr einer
gesonderten Regelung im Einzelfall bedürfen. Dies schließt es aber nicht aus, dass auch
ohne die bzw. trotz der gesetzliche(n) Regelung in § 47 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII der Erlass
entsprechender Auflagen zulässig sein kann. Mit anderen Worten ist nicht erkennbar oder
von dem Kläger dargelegt, dass der Gesetzgeber die gesetzliche Meldepflicht nach § 47
Satz 1 Nr. 2 SGB VIII schaffen musste, weil andernfalls derartige Meldepflichten im
Einzelfall nicht mithilfe entsprechender Nebenbestimmungen auf der Grundlage von § 45
Abs. 4 Satz 1 SGB VIII hätten statuiert werden können.
Dass es, wie der Kläger weiter einwendet, mit Blick auf die Neuregelung in § 47 Satz 1
Nr. 2 SGB VIII keine Notwendigkeit mehr für eine auf § 45 Abs. 4 SGB VIII gestützte
Nebenbestimmung gibt, vermag der Senat ebenfalls nicht zu erkennen. Denn die
angefochtene Auflage in der Nebenbestimmung zur Betriebserlaubnis vom 27. Oktober
2010 geht über den Regelungsgehalt des § 47 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII deutlich hinaus. Dort
ist lediglich dem Grunde nach geregelt, dass eine Pflicht zur Meldung besonderer
Vorkommnisse besteht. Die Auflage zur Betriebserlaubnis vom 27. Oktober 2010 regelt
demgegenüber zusätzlich und klarstellend, welcher Stelle gegenüber die Meldepflicht zu
erfüllen ist, welche Vorkommnisse bzw. Ereignisse insbesondere eine Meldepflicht
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auslösen und welche Angaben in einem derartigen Fall zu machen sind. Dass für eine
derartige weitergehende Regelung ein Bedürfnis nicht bestehe, legt der Kläger
insbesondere vor dem Hintergrund, dass es in der Vergangenheit bereits
Unstimmigkeiten zwischen den Beteiligten über Anlass und Umfang der Meldung
besonderer Vorkommnisse gegeben hat, nicht dar.
Soweit der Kläger schließlich darauf verweist, dass die beanstandete Auflage nicht auf §
47 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII gestützt werden könne, da diese Vorschrift eine unmittelbar
geltende Verpflichtung enthalte und nicht zum Erlass einer entsprechenden Auflage
berechtige, greift auch dieser Einwand nicht durch. Weder die Beklagte noch das
Verwaltungsgericht sind davon ausgegangen, dass die beanstandete Auflage auf § 47
Satz 1 Nr. 2 SGB VIII gestützt werden könne. Die Beklagte und das Verwaltungsgericht
haben vielmehr, ohne dass der Kläger diesen Ansatz hinreichend erschüttert (s.o.), § 45
Abs. 4 SGB VIII bzw. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII a.F. als Rechtsgrundlage
herangezogen.
Schließlich rügt der Kläger den Inhalt einzelner Teile der angefochtenen
Nebenbestimmung: Die Verpflichtung, Vorkommnisse zu melden, „die in eine
Kindeswohlgefährdung münden können“, sei ebenso unbestimmt wie die Pflicht zur
Meldung von „Sittlichkeitsdelikten“. Gleiches gelte für die Verpflichtung zur Meldung
„erheblicher Handlungen zum Nachteil betreuter Minderjähriger“.
Auch diese Ausführungen sind nicht geeignet, die Richtigkeit der angefochtenen
Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Zweifel zu ziehen. Der Kläger setzt sich schon
nicht ausreichend mit dem Ansatz des Verwaltungsgerichts auseinander, wonach die
begriffliche Offenheit einzelner Bestimmungen in der angefochtenen Auflage aus Gründen
der Verhältnismäßigkeit geboten sei und es ihm ermögliche, die Notwendigkeit von
Angaben und den gebotenen Umfang an die Tragweite etwaiger konkreter Vorfälle
anzupassen und damit seiner Verantwortung als Träger der Einrichtung gerecht zu
werden. Im Übrigen sind die Ausführungen des Klägers teilweise widersprüchlich, denn
an anderer Stelle der Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung bezieht er
sich auf § 47 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII und meint, es mangele mit Blick auf diese Vorschrift an
der Notwendigkeit für die angefochtene Auflage zu der Betriebserlaubnis vom 27. Oktober
2010 (s.o.). § 47 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII bleibt indes, was seine Bestimmtheit und seinen
Konkretisierungsgrad anbelangt, deutlich hinter der angefochtenen Auflage zurück. Vor
diesem Hintergrund hätte es der eingehenden Darlegung bedurft, dass bzw. warum es der
angefochtenen Auflage an der notwendigen Bestimmtheit mangele.
Im Übrigen teilt der Senat auch nicht die konkret von dem Kläger geltend gemachten
Bedenken gegen einzelne Teile der angefochtenen Auflage, weil die beanstandeten
Passagen – zumal für einen mit dem Betrieb einer Einrichtung nach §§ 19, 45 SGB VIII
langjährig erfahrenen Träger wie den Kläger – hinreichend bestimmbar sind. Die
Informationspflicht dient insgesamt dazu, der Beklagten die Wahrnehmung ihrer
Aufsichtsbefugnisse zu ermöglichen und überprüfen zu können, ob in der Einrichtung
untergebrachte Kinder bzw. Jugendliche dort auch weiterhin ohne Gefährdung ihres
Wohls verbleiben können. Diese Zielrichtung wird in der Auflage ausdrücklich klargestellt:
Die Heimaufsicht soll aufgrund der Meldung erkennen können, „ob eine
Kindeswohlgefährdung vorliegt bzw. Umstände eingetreten sind oder eintreten können,
die zu einer solchen führen können und ob von daher die Voraussetzungen für den
Fortbestand der Einrichtung weiter gegeben sind oder ob ggf. Auflagen zu erteilen sind“.
Vor diesem Hintergrund sind „Vorkommnisse, die in eine Kindeswohlgefährdung münden
können“ solche, bei denen eine Kindeswohlgefährdung zwar noch nicht eingetreten ist,
aber voraussichtlich eintreten wird, sofern dem nicht mit geeigneten Mitteln entgegen
gewirkt wird. Der – seinerseits interpretationsbedürftige – Begriff der
Kindeswohlgefährdung ist dabei nicht anders zu verstehen als in den einschlägigen
gesetzlichen Vorschriften, namentlich in § 45 Abs. 2 Satz 1, Abs. 7 Satz 1 SGB VIII.
„Sittlichkeitsdelikte“ bezeichnen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Und
(sonstige) „erhebliche Handlungen zum Nachteil betreuter Minderjähriger“ beziehen sich
auf in ihrer Tragweite vergleichbare Handlungen, die Anlass geben können, die Eignung
der Einrichtung zur Betreuung des betroffenen Kindes bzw. Jugendlichen zu überprüfen.
b) Mit der Begründung des Zulassungsantrags legt der Kläger auch keine ernstlichen
Richtigkeitszweifel i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Einschätzung des
Verwaltungsgerichts dar, er habe keinen Anspruch auf die begehrte Erweiterung seiner
Betriebserlaubnis für die Betreuung 14- und 15jähriger Jugendlicher in den zwei hierfür
vorgesehenen Wohnungen im ersten Obergeschoss in dem Gebäude „H.....“.
Der Kläger macht hierzu geltend, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen,
eine Unterbringung 14- und 15jähriger Mütter oder Väter bzw. Schwangerer könne
gefahrlos nur erfolgen, wenn in der betreffenden Wohnung eine Betreuungsperson
ständig anwesend sei. Welcher Bedarf und welche Betreuungsintensität im Einzelfall
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bestehe bzw. erforderlich sei, sei individuell unterschiedlich und müsse in jedem
Einzelfall bei der Bewilligung einer Betreuung nach § 19 SGB VIII geklärt werden. Es
könne demgegenüber nicht generell und ausnahmslos angenommen werden, dass eine
gefahrlose Unterbringung 14- und 15jähriger Jugendlicher in abgeschlossenen
Wohnungen nicht möglich sei.
Mit diesen Ausführungen wird die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des
Verwaltungsgerichts nicht hinreichend in Frage gestellt. Zunächst erschüttert der Kläger
nicht die Einschätzung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts, dass aufgrund der bei
14- und 15jährigen Jugendlichen typischerweise weniger ausgeprägten Reife eine
intensivere – über den Betreuungsbedarf von Jugendlichen, die das 16. Lebensjahr
vollendet haben, hinausgehende – Betreuung zur Vermeidung von Gefährdungen
regelmäßig geboten ist. Im Gegenteil geht offenbar auch der Kläger selbst hiervon aus.
Denn er begründet die Möglichkeit, in den zwei Wohnungen im ersten Obergeschoss
auch 14- und 15jährige Jugendliche betreuen zu können, mit der Nähe dieser
Wohnungen zu den Aufenthaltsräumen des Personals bzw. zur Nachtwache und zum
Leitungsbüro. Für die übrigen – nicht in unmittelbarer Nähe zur „Zentrale“ gelegenen –
Wohnungen der Einrichtung strebt er demgegenüber keine entsprechende Erweiterung
des zu betreuenden Personenkreises an, weil er diese Wohnungen offenbar selbst als
hierfür nicht geeignet ansieht.
Dass – trotz einer im Regelfall erforderlichen höheren Betreuungsintensität – das Wohl
auch 14- und 15jähriger Jugendlicher in der Einrichtung des Klägers i.S.v. § 45 Abs. 2
Satz 1 SGB VIII entgegen der von der Beklagten und dem Verwaltungsgericht vertretenen
Einschätzung gewährleistet werden kann, wenn sie in einer eigenen Wohnung
untergebracht werden, in der nicht ständig eine Betreuungsperson anwesend ist, legt der
Kläger nicht dar. Denn die Frage, ob das Wohl der Kinder und Jugendlichen in einer
Einrichtung i.S.v. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII gewährleistet ist, ist auf der Grundlage des
Betreuungskonzeptes (vgl. Nonninger, in: Kunkel, SGB VIII, 5. Auflage 2014, § 45 Rn. 22
f.) mittels einer typisierenden Betrachtung zu beantworten. Atypische Ausnahmefälle
können hierbei außer Betracht gelassen werden. Es reicht deshalb nicht aus, dass der
Kläger darauf verweist, es könne im Einzelfall in Betracht kommen, dass auch
Jugendliche, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, keiner permanenten
Betreuung „rund um die Uhr“ bedürften. Vielmehr müsste er darlegen, dass die
Einschätzung des Verwaltungsgerichts unzutreffend ist, für 14 und 15 Jahre alte
alleinerziehende Mütter oder Väter mit Kleinkind bzw. Schwangere, die aufgrund ihrer
Persönlichkeitsentwicklung der Unterstützung bei der Pflege und Erziehung des Kindes
im Rahmen einer gemeinsamen Wohnform nach § 19 SGB VIII bedürften, sei zur
Vermeidung von Gefährdungen im Regelfall keine direkte Betreuung „rund um die Uhr“
geboten. Hieran mangelt es indes.
Aber auch dessen ungeachtet legt der Kläger nicht dar, dass sein Betreuungskonzept
geeignet ist, eine gefahrlose Betreuung 14- und 15jähriger Jugendlicher – selbst wenn sie
im Einzelfall keiner permanenten Betreuung bedürfen – stets zu gewährleisten. Der Senat
vermag nämlich nicht zu erkennen, dass allein durch die räumliche Nähe der Wohnungen
im ersten Obergeschoss zu den Aufenthaltsräumen des Personals und zur Nachtwache
bzw. zum Leitungsbüro eine auch von dem Kläger selbst für erforderlich erachtete
intensivere Betreuung des vorstehend genannten Personenkreises stets sichergestellt ist.
Dem Betreuungskonzept des Klägers lässt sich nicht entnehmen, wie insbesondere zur
Nachtzeit eine ständige Erreichbarkeit des Betreuungspersonals gewährleistet werden
kann. Denn die Nachtwache ist für die gesamte Einrichtung zuständig. Der
Personalbereich, der sich in räumlicher Nähe zu den betreffenden Wohnungen befindet
und deshalb nach dem Konzept des Klägers von den im ersten Obergeschoss betreuten
Jugendlichen bei Bedarf jederzeit kurzerhand aufgesucht werden könnte, ist daher nicht
ständig besetzt.
Dass, wie der Kläger geltend macht, Gegenstand einer Leistung nach § 19 SGB VIII die
Unterstützung der Mütter und Väter bei der Kindererziehung sei und nicht die Erziehung
und Kontrolle der Mütter und Väter bzw. Schwangeren selbst, da hierfür das
Jugendhilferecht andere Betreuungsformen vorsehe, führt zu keiner anderen
Einschätzung. Auch das Verwaltungsgericht hat für seine Auffassung, eine hinreichende
Betreuung 14- und 15jähriger Jugendlicher sei bei einer Unterbringung in den
Wohnungen im ersten Obergeschoss nicht gewährleistet, nicht auf die Notwendigkeit
einer Kontrolle und Erziehung der betreuten Jugendlichen abgestellt, sondern auf die
Notwendigkeit, die Einrichtung so zu organisieren, dass Kindeswohlgefährdungen
jederzeit ausgeschlossen sind bzw. solchen angemessen begegnet werden kann. Dass
die von dem Kläger angestrebte Organisation der Betreuung 14- und 15jähriger
Jugendlicher im ersten Obergeschoss diesen Voraussetzungen entgegen der
Einschätzung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts genügen kann, legt der Kläger
aber gerade nicht dar (s.o.).
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2. Der von dem Kläger beanstandete Verfahrensmangel i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO
liegt nicht vor. Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe sein Recht auf rechtliches
Gehör verletzt. Das Verwaltungsgericht habe darauf verwiesen, dass er den Inhalt der
beanstandeten Nebenbestimmung nicht angegriffen habe. Es habe daher die einzelnen
Teile der beanstandeten Nebenbestimmungen nicht überprüft. Es hätte aber eine
Vollprüfung der insgesamt angefochtenen und damit auch hinsichtlich ihrer einzelnen
Teile angefochtenen Auflage vornehmen müssen, ohne dass es insoweit einer Rüge oder
weitergehender Ausführungen von ihm – dem Kläger – bedurft hätte.
Mit diesen Ausführungen legt der Kläger einen Verfahrensfehler nicht dar. Ungeachtet der
Frage, ob andernfalls eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103
Abs. 1 GG anzunehmen wäre, hat das Verwaltungsgericht die angefochtene Auflage zu
der Betriebserlaubnis vom 27. Oktober 2010 inhaltlich überprüft und insgesamt für
rechtmäßig gehalten. Denn das Verwaltungsgericht hat – auch wenn es dies aufgrund der
Annahme, der Kläger rüge die Nebenbestimmung nur mehr dem Grunde nach, nicht in
allen Einzelheiten begründet hat – ausgeführt, dass „die Meldepflicht in der im
Widerspruchsverfahren abgeänderten Gestalt inhaltlich nicht zu beanstanden“ sei.
Hieraus wird deutlich, dass das Verwaltungsgericht auch eine inhaltliche Prüfung
vorgenommen hat.
Die weitere Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe ihn nicht darauf
hingewiesen, dass er zu den einzelnen Teilen der angefochtenen Nebenbestimmung
rechtlich hätte vortragen müssen, geht vor diesem Hintergrund ins Leere. Das
Verwaltungsgericht hat seine auch inhaltliche Überprüfung der angefochtenen Auflage
nicht von einer entsprechenden Rüge des Klägers abhängig gemacht.
3. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Das Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO verlangt insoweit die
Bezeichnung einer konkreten Frage, die für die Berufungsentscheidung erheblich sein
wird. Darüber hinaus bedarf es der Darlegung des Grundes, der ihre Anerkennung als
grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Der Zulassungsantrag muss daher erläutern,
dass und inwiefern die Berufungsentscheidung zur Klärung einer bisher von der
Rechtsprechung nicht beantworteten fallübergreifenden Frage führen kann (vgl. BVerwG,
Urt. v. 31.7.1984, 9 C 46.84, BVerwGE 70, 24, juris Rn. 13; Beschl. v. 14.5.1997, 1 B
93.97, NVwZ-RR 1997, 621, juris Rn. 3; siehe auch BVerwG, Beschl. v. 9.3.1993, 3 B
105.92, NJW 1993, 2825, juris Rn. 3).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Kläger meint, grundsätzlich
bedeutsam sei die Frage, ob § 45 Abs. 4 SGB VIII Auflagen zu einer Betriebserlaubnis
decke, mit der zusätzliche, über die Erfüllung der Voraussetzungen des § 45 SGB VIII
hinausgehende Anforderungen an den Betrieb einer Einrichtung gestellt werden. Damit
spricht der Kläger die Frage an, ob Inhalt einer Auflage nach § 45 Abs. 4 SGB VIII auch
solche Regelungen sein können, die nicht dazu dienen, die Erlaubnisfähigkeit einer
Einrichtung nach § 45 SGB VIII sicherzustellen. Diese Frage rechtfertigt nicht die
Durchführung eines Berufungsverfahrens wegen grundsätzlicher Bedeutung. Sie lässt
sich unmittelbar auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen beantworten. Auf die
diesbezüglichen Ausführungen unter 1. wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug
genommen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO.