Urteil des FG Hamburg vom 29.04.2014

FG Hamburg: pos, einreihung, zollrechtliche tarifierung, ware, fahrzeug, anmerkung, schalter, aktiven, gerät, passiven

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Zolltarifierung: Einreihung von "Airbagelektronik"
Ein Gerät zum Einbau in ein Fahrzeug, das neben einem Beschleunigungssensor verschiedene aktive und passive
Bauelemente und einen Microcontroller enthält, und das dazu dient, unter Auswertung auch externer Sensoren im Falle eines
Unfalls ein Airbagsystem auszulösen, ist kein "Gerät zum Messen oder Prüfen" nach Pos. 9031 KN, sondern eine "andere
elektronische Schaltung" nach Pos. 8537 KN.
NZB, Az.: VII B 100/14
FG Hamburg 4. Senat, Urteil vom 29.04.2014, 4 K 140/12
Pos 8537 KN, Pos 9031 KN
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten in der Sache darüber, wie zwei Waren in den Zolltarif einzureihen
sind. Bei den Waren handelt es sich jeweils um ein aus mehreren Elementen
bestehendes Bauteil für die Kfz-Industrie. Die Klägerin bezeichnet die Ware als
"Airbagelektronik" (diese Bezeichnung wird für den Tatbestand und die
Entscheidungsgründe untechnisch übernommen).
1. Die Klägerin stellte unter dem 14.06.2011 für zwei vergleichbare Airbagelektroniken
jeweils einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA). Zur
Einreihung schlug sie die Codenummer 9031 8038 100 vor: "Vorrichtung zum Messen der
Beschleunigung in Kraftfahrzeugen, mit einem oder mehreren aktiven und/oder passiven
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Bauelementen und einem oder mehreren Sensoren; das Ganze befindet sich in einem
Gehäuse".
In den Anträgen beschreibt die Klägerin die Ware wie folgt: Bei den Airbagelektroniken
handele es sich um elektronische Geräte zum Messen der Beschleunigung in
Kraftfahrzeugen, im Wesentlichen bestehend aus einer Leiterplatte, die mit aktiven
Bauelementen (Wandler, Dioden und Transistoren) und passiven Bauelementen,
Beschleunigungssensoren und einem Microcontroller bestückt und in ein Gehäuse
eingebaut seien. Die Beschleunigungssensoren würden die negative Beschleunigung
beim Kraftfahrzeugaufprall messen und ein Signal senden, aufgrund dessen mit Hilfe der
im Microcontroller abgelegen Auslöseparameter über die Zündung des Airbags
entschieden werde. Der Warenwert betrage ca. EUR 46.
2. Der Beklagte erließ auf die Anträge der Klägerin am 24.01.2012 die beiden vZTA DE
...0/...-1 und DE ...1/...-1, mit der die Waren jeweils als "Airbag-Steuergeräte" bezeichnet
und unter der Codenummer 8537 1099 99 0 als "andere elektronische Schaltung" in die
Zollnomenklatur eingereiht wurden.
Die Einsprüche der Klägerin vom 30.01.2012 wies der Beklagte mit
Einspruchsentscheidung vom 20.07.2012 als unbegründet ab. Die Waren seien nicht in
die von der Klägerin begehrte Codenummer einzureihen, weil sie über die dortige
Warenbeschreibung hinaus mit weiteren elektronischen Bauteilen - u. a. einem
Mikroprozessor, der über eine Zündung der Gasgeneratoren entscheide - ausgestattet
seien. Die Waren stellten die zentrale Elektronik eines komplexen Airbagsensoriksystems
dar, das der zentralen Steuerung von sog. Crashsensoren (Beschleunigungs-, Druck-,
Überroll-, Gurtschloss-, Sitzpositions- und -belegungssensoren) diene. Die Sensoren
seien zum Teil in der streitgegenständlichen selbst verbaut und würden im Übrigen im
gesamten Fahrzeug verteilt verbaut werden. Die Funktion der Ware sei die einer zentralen
Airbagsteuerelektronik, die die Messdaten der Crashsensoren und diverser weiterer
Schalter aufnehme und auswerte. Nach Auswertung der von den Sensoren gelieferten
Daten entscheide das Modul, ob eine Auslösung der Insassenrückhaltesysteme
notwendig sei und steuere die Aktivierung der Airbags und Gurtstraffer. Darüber hinaus
steuere das Modul die Weiterleitung der Statusinformationen an andere Bauteile, so das
Fahrerdisplay und andere Elektroniken des Fahrzeugs. Wegen ihrer Einzelheiten wird auf
die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
3. Mit Klage vom 23.08.2012 verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.
Eine Airbagelektronik bestehe aus einer Zusammenstellung mehrerer aktiver und
passiver sowie mechanischer Bauelemente. Während des Betriebs eines Kraftfahrzeugs
messe sie permanent Beschleunigungswerte und gleiche diese mit hinterlegten
Auslösewerten ab. Zusätzlich werde die Funktionsfähigkeit der externen Sensoren
gemessen und etwaige Störgrößen ermittelt. Die Airbagelektronik gebe die
Messergebnisse permanent an weitere Steuergeräte ab. Werde bei abrupten
Verzögerungen, wie sie bei einem Fahrzeug-Zusammenprall auftreten, ein vorgegebener
Messwert überschritten, aktiviere die Airbagelektronik die außerhalb der Airbagelektronik
im Fahrzeug eingebauten Sicherheitselemente, wie z. B. Airbags.
Die Klägerin hält an ihrem Einreihungsvorschlag fest. Nach Ziffer 3b) der Allgemeinen
Vorschriften (AV) für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (KN) würden Waren
nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter
verleihe. Für die Einreihung der Airbagelektronik entscheidend sei daher, dass ihre fast
ausschließliche Funktion und damit ihr wesentlicher Charakter das Auswerten und
Messen von Beschleunigungswerten sei. Unter den Bauteilen seien die zum Messen
bestimmten auch wertmäßig überwiegend. Die von dem Beklagten gewählte
Codenummer sei hingegen nicht einschlägig; in ihrer Warenbeschreibung werde die
Messfunktion nicht erwähnt und sie enthalte auch keinen Hinweis auf die aktiven und
passiven Bauelemente samt der Sensoren, die indes wesentlicher Bestandteil der
Airbagelektronik seien.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung der verbindlichen Zolltarifauskünfte DE ...0/...-1 und DE
...1/...-1 vom 24.01.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.07.2012 zu
verpflichten, der Klägerin eine verbindliche Zolltarifauskunft zu erteilen, mit der die
"Airbagelektroniken" in die Codenummer 9031 8038 100 eingereiht wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bezieht sich zur Begründung auf den Inhalt seiner Einspruchsentscheidung.
Ergänzend trägt er vor, bei den streitgegenständlichen Airbagelektriken handele es sich
nicht um zusammengesetzte Waren im Sinne der von der Klägerin angesprochenen AV
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3b). Diese Vorschrift sei für Maschinen des Abschnitts XVI KN regelmäßig nicht
einschlägig, weil vorrangig die Spezialvorschrift der Anmerkung 3 zu Abschnitt XVI der
Nomenklatur zur Anwendung komme. Aktive und passive Bauelemente würden aufgrund
der ErlKN Pos. 8536 (KN) Rz. 01.1 und 10.0 der Pos. 8536 KN zugewiesen und stellten
somit ein objektives Beschaffenheitsmerkmal für Waren der Pos. 8537 dar. Entscheidend
sei daher, dass die streitgegenständlichen Waren in ihrer Gesamtheit dem direkten
aktiven Auslösen der Airbags und Gurtstraffer dienten. Untergeordnet sei, dass sie auch
Signale an weitere externe Steuergeräte weiterleiteten für Funktionen wie den Motor-
Notaus und die Notöffnung der Zentralverrieglung oder Statusinformationen an das
Fahrerdisplay. Dass die Airbagelektriken mit einem oder mehreren
Beschleunigungssensoren bestückt seien, stehe der Einreihung in Pos. 8537 nicht
entgegen, vielmehr sei dies vom Wortlaut der Position ausdrücklich miterfasst.
4. Dem Gericht lag außer den Schriftsätzen der Beteiligten nebst Anlagen noch ein Hefter
mit den Verwaltungsvorgängen des Beklagten vor.
Im Rahmen des Erörterungstermins am 23.05.2013 haben die Beteiligten
übereinstimmend den Verzicht auf eine mündliche Verhandlung und ihr Einverständnis
mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
durch den Berichterstatter als Einzelrichter, § 90 Abs. 2, § 79a Abs. 3, 4
Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die angefochtenen vZTA sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren
Rechten (§ 100 Satz 1 FGO). Die Klägerin hat nach Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EWG)
Nr. 2913/92 (Zollkodex - ZK) des Rates vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der
Union (ABl EG Nr. L 302/1) keinen Anspruch darauf, dass die streitgegenständliche
Waren unter der Codenummer 9031 eingereiht wird; die Waren sind vielmehr zutreffend
der Codenummer 8537 zugewiesen worden.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie des
Bundesfinanzhofs (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 20.06.1996, C-121/95; BFH, Urteil vom
18.11.2001, VII R 78/00, vom 09.10.2001, VII R 69/00, vom 14.11.2000, VII R 83/99, vom
05.10.1999, VII R 42/98 und vom 23.07.1998, VII R 36/97) ist das entscheidende Kriterium
für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und
Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in
den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs
festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der
Kombinierten Nomenklatur). Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes
bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 2 bis 5 für die
Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen
zum Harmonisierten System Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die
Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die von der Europäischen Kommission
ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für
die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (vgl. EuGH, Urteil vom
09.12.1997, C-143/96, und vom 19.05.1994, C-11/93). Auf den Verwendungszweck einer
Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den
Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (vgl. BFH,
Urteil vom 14.11.2000, VII R 83/99 und vom 05.10.1999, VII R 42/98; Beschluss vom
24.10.2002, VII B 17/02).
2. Zwischen den Beteiligten ist die Frage im Streit, ob die streitgegenständlichen Produkte
in die Position 8537 KN (so der Beklagte) oder in die Position 9031 KN (so die Klägerin)
einzureihen sind.
Die objektiven Merkmale und Eigenschaften der Airbagelektroniken führen zu der vom
Beklagten vorgenommenen Einreihung in die Pos. 8537 KN.
3. Zum Einreihungsantrag der Klägerin, Pos. 9031 KN.
a) Die Pos. 9031 KN bezeichnet "Instrumente, Apparate, Geräte und Maschinen zum
Messen oder Prüfen, in diesem Kapitel anderweit weder genannt noch inbegriffen;
Profilprojektoren". Dabei umfasst die von der Klägerin angesprochene Codenummer 9031
8038 100 eine "Vorrichtung zum Messen der Beschleunigung in Kraftfahrzeugen, mit
einem oder mehreren aktiven und/oder passiven Bauelementen und einem oder
mehreren Sensoren; das Ganze befindet sich in einem Gehäuse".
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Nach Anmerkung 3 zu Kapitel 90 gelten die Bestimmungen der Anmerkungen 3 und 4 zu
Abschnitt XVI auch für dieses Kapitel, wobei Anmerkung 3 zu Kapitel XVI bestimmt:
"Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind kombinierte Maschinen aus zwei oder mehr
Maschinen verschiedener Art, die zusammen arbeiten sollen und ein Ganzes bilden,
sowie Maschinen, die ihrer Beschaffenheit nach dazu bestimmt sind, zwei oder mehrere
verschiedene, sich abwechselnde oder ergänzende Tätigkeiten (Funktionen)
auszuführen, nach der das Ganze kennzeichnenden Haupttätigkeit (Hauptfunktion)
einzureihen"
Zu dieser Anmerkung findet sich folgende Erläuterung zum Harmonisierten System (HS,
Rz. 56.0 ff.):
"In der Regel ist eine für die Ausübung mehrerer Tätigkeiten (Funktionen) verschiedener
Art gebaute Maschine (Multifunktionsmaschine) nach der von ihr ausgeübten - für sie
charakteristischen - Haupttätigkeit einzureihen. Multifunktionsmaschinen sind z. B.
Werkzeugmaschinen zur Metallbearbeitung mit auswechselbaren Werkzeugen, die es
ihnen ermöglichen, verschiedene Bearbeitungsvorgänge (z. B. Fräsen, Bohren, Läppen)
durchzuführen. Ist es nicht möglich, die Haupttätigkeit zu bestimmen und ist, entsprechend
der Anmerkung 3 zu Abschnitt XVI, nichts anderes bestimmt, muss die Allgemeine
Vorschrift 3 c) zur Anwendung kommen; ... . Dies gilt auch für kombinierte Maschinen, die
aus einem einzigen Maschinenkörper (einem Ganzen) bestehen, der (das) von zwei oder
mehreren, in verschiedenen Positionen des Abschnitts XVI erfassten Maschinen oder
Apparaten gebildet wird, die nacheinander oder gleichzeitig verschiedene, in der Regel
sich ergänzende Tätigkeiten ausüben."
b) Vor diesem Hintergrund, sind die streitgegenständlichen Airbagelektroniken nicht
innerhalb der Pos. 9031 einzureihen.
Zum einen ist festzustellen, dass Pos. 9031 nach dem Inhalt ihrer Beschreibung
voraussetzt, dass es sich bei der Ware um eine Vorrichtung "zum" Messen oder Prüfen
handelt. Dem Wort "zum" kommt die Bedeutung zu, dass die Ware für den genannten
Verwendungszweck bestimmt sein muss. Die streitgegenständliche Airbagelektronik ist
indes nicht zum Messen oder zum Prüfen bestimmt, sondern zum Ansteuern bzw.
Auslösen der Airbags und des Gurtstraffers in dem Fahrzeug, in dem das Produkt
eingebaut werden soll. Dass dies ihr Verwendungszweck ist, ergibt sich bereits aus der
Warenbeschreibung, die die Klägerin selbst in ihren Anträgen auf Erteilung der vZTA
gegeben hat, aber auch aus den insoweit übereinstimmenden Ausführungen beider
Beteiligter sowie dem Ergebnis der im Erörterungstermin gegebenen Erläuterungen der
Klägerin. Wie auch zwischen den Beteiligten unstreitig, werden durch die
Airbagelektronik zu dem genannten Zwecke des Ansteuern und Auslösens der
Sicherungssysteme Messungen vorgenommen, zum einen unter Einsatz des in ihr
verbauten Beschleunigungssensors und zum anderen durch Auswertung der Signale, die
die Airbagelektronik durch weitere im Fahrzeug verbaute Sensoren erhält. Es ist demnach
festzustellen, dass das Durchführen der Messungen in Verbindung mit dem in dem
Abgleichen mit den hinterlegten Größen liegende Prüfen nicht der Verwendungszweck
der Airbagelektronik ist, sondern das Messen und Prüfen ist bloß das Mittel, durch dass
die Airbagelektronik in den Stand gesetzt wird, ihren eigentlichen Zweck, dass Ansteuern
und Auslösen der Sicherungssysteme zu erfüllen.
c) Dieser Befund hat auch dann noch Bestand, wenn weiterhin in Betracht gezogen wird,
dass die Airbagelektronik, wie die Klägerin unbestritten vorträgt, auch Signale an andere
Steuergeräte im Kraftfahrzeug gibt, die sodann etwa den Motorbetrieb oder die
Zentralverrieglung ansteuern. Selbst wenn diese Impuls-Weitergabe bereits als Ausgabe
von Messergebnissen verstanden werden sollte - was hier offen bleiben kann - und ein
Gerät, dessen Funktion sich darin erschöpft, ein Gerät "zum Messen" sein sollte - was hier
ebenfalls dahingestellt bleiben kann -, wäre doch für die streitgegenständlichen
Airbagelektriken bei der erforderlichen wertenden Zusammenschau aller tatsächlich
gegebenen Funktionen (vgl. die oben zitierte Anmerkung 3 zu Abschnitt XVI)
festzustellen, dass es sich bei dieser Impuls-Weitergabe nicht um die die Hauptfunktion
der Airbagelektriken handelt. Denn diese Hauptfunktion liegt, wie oben dargelegt, in dem
Auslösen und Ansteuern der Airbags und Gurtstraffer.
d) Ohne Bedeutung ist es weiterhin, dass die Klägerin vorträgt, die Airbagelektronik sei
den Großteil ihrer Betriebszeit mit der Selbstüberwachung beschäftigt. Denn auch unter
Zugrundelegung dieses Vortrags wäre der Verwendungszweck der Airbagelektronik nicht
das Messen oder Prüfen und auch nicht das Zurverfügungstellen von Messergebnissen,
sondern die Sicherung der Fehlerfreiheit des Systems. Vor allem wäre die Sicherung der
Fehlerfreiheit kein Selbstzweck, sondern würde allein dem bereits als eigentlichen Zweck
der Airbagelektroniken festgestellten Zweck dienen, nämlich im Falle eines Unfalls bzw.
eines unfallartigen Ereignisses die Airbags und Gurtstraffer auszulösen. Für die
Bestimmung, was Hauptzweck ist, kommt es ist im Übrigen auf die Häufigkeit oder
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Wahrscheinlichkeit, dass diese Ereignisse im Verwendungszeitraum der einzelnen Ware
auftreten, nicht entscheidend an. Zweck einer Alarmanlage zum Schutz bei einem
Hauseinbruch ist auch dann die Auslösung eines Alarms, wenn die Einbruchsgefahr
gering ist.
e) Weiterhin ist es ohne Bedeutung, in welchem Wertverhältnis die verbauten Elemente
stehen und ob der größte Kostenanteil auf die Messvorrichtung entfällt, wie es die
Klägerin vorträgt.
4. Vor diesem Hintergrund ist die vom Beklagten gewählte Einreihung unter Pos. 8537
zutreffend.
a) Pos. 8537 umfasst ihrer Beschreibung nach "Tafeln, Felder, Konsolen, Pulte, Schränke
und andere Träger, mit mehreren Geräten der Position 8535 oder 8536 ausgerüstet, zum
elektrischen Schalten oder Steuern oder für die Stromverteilung, einschließlich solcher
mit eingebauten Instrumenten oder Geräten des Kapitels 90, sowie numerische
Steuerungen, ausgenommen Vermittlungseinrichtungen der Position 8517".
Die in der Positionsbeschreibung angesprochene Pos. 8535 umfasst "Elektrische Geräte
zum Schließen, Unterbrechen, Schützen oder Verbinden von elektrischen Stromkreisen
(z. B. Schalter, Sicherungen, Blitzschutzvorrichtungen, Spannungsbegrenzer,
Überspannungsableiter, Steckvorrichtungen und andere Verbindungselemente sowie
Verbindungskästen), für eine Spannung von mehr als 1 000 V", und die Pos. 8536
"Elektrische Geräte zum Schließen, Unterbrechen, Schützen oder Verbinden von
elektrischen Stromkreisen (z. B. Schalter, Relais, Sicherungen, Überspannungsableiter,
Steckvorrichtungen, Lampenfassungen und andere Verbindungselemente,
Verbindungskästen), für eine Spannung von 1 000 V oder weniger; Verbinder für optische
Fasern, Bündel aus optischen Fasern oder optische Kabel".
Die zur Auslegung heranzuziehende Erläuterung (HS) Pos. 8537 Rz 01.0 ergibt, dass
Waren der Pos. 8537 aus Kombinationen von Geräten der in den zwei vorangehenden
Positionen aufgeführten Art (Schalter, Sicherungen usw.) bestehen, die auf einer Tafel,
einem Feld, einer Konsole, einem Pult, in einem Schrank usw. angebracht sind und
gewöhnlich auch Messvorrichtungen besitzen.
b) Die streitgegenständlichen Airbagelektroniken enthalten unstreitig mehrere
sogenannter aktiver und passive Bauelemente, einen Mikroprozessor sowie einen
Beschleunigungssensor. Da sie die genannten Sicherungssysteme zudem über die
Schnittstellen der Airbagelektroniken ausgelöst werden, also durch einen elektrischen
Impuls, ist festzustellen, dass die streitgegenständlichen Airbagelektroniken auch
Schalter gemäß Pos. 8535 f. (hier Pos. 8536) enthalten. Die Airbagelektroniken verfügen
im Zusammenhang mit dem in ihnen verbauten Beschleunigungssensor weiterhin über
eine "Messvorrichtung" im Sinne der von der Klägerin zur Einreihung beantragten Pos.
9031. Dieser Umstand spricht jedoch nicht gegen ihre Einreihung in Pos. 8537, wie sich
deutlich aus dem zitierten Teil der Erl (HS) Pos. 8537 Rz. 01.0 ergibt. Denn diese
Messvorrichtung ist nur einer unter mehreren Bestandteilen der Airbagelektronik, der
zudem - wie ausgeführt - nicht ihren Verwendungszweck bestimmt, wie es Voraussetzung
dafür wäre, die Gesamtware unter Pos. 9031 einzureihen. Wie dargelegt - und anders als
die Klägerin meint - ist es nicht so, dass ein Bestandteil, selbst wenn er als
Hauptbestandteil zu qualifizieren wäre, mit seiner Funktion ohne weiteres die Funktion
der Gesamtware prägt. Da die Bauteile auf einem Träger und in einem Gehäuse verbaut
sind, ist auch das Positionsmerkmal "Konsole oder anderer Träger" gegeben.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) sind nicht gegeben.