Urteil des FG Hamburg vom 20.05.2014

FG Hamburg: einzelrichter, strafbefehl, einspruch, nichtigkeit, strafverfahren, verfügung, staatsgebiet, fax, staatsvolk, unternehmen

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Grundgesetz: Deutsches Besteuerungsrecht
Gegen die Besteuerung kann keine Zugehörigkeit zu einem Staat "Germanitien" eingewandt werden; dabei handelt es sich
mangels eines Staatsvolks "Germaniten" sowie mangels Staatsgebiet und Staatsmacht um ein Phantasiegebilde einer sich
gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtenden und daher gemäß § 3 i. V. m. § 2 Abs. 1 VereinsG zu verbietenden
Vereinigung (Anschluss an FG Hamburg, Zwischenurteil vom 19.04.2011 3 K 6/11, EFG 2011, 2189, DStRE 2012, 638; VG
Augsburg, Urteil vom 04.07.2012 Au 3 K 12.573, BeckRS, Juris).
NZB, Az.: X B 85/14
FG Hamburg 3. Senat, Urteil vom 20.05.2014, 3 K 94/14
§ 1 AO, § 1 EStG, § 33 FGO, § 1 GewStG, § 2 GewStG, Art 20 GG, Art 28 GG, Art 32 GG, § 1
UStG, § 2 VereinsG, § 3 VereinsG
Verfahrensgang
Tatbestand
A. Der Kläger begehrt die Feststellung der Nichtigkeit des "abwegigen
Einspruchsentscheids" sowie eine "Datenberichtigung BKA aller beteiligten Personen"; er
gehöre dem Volk der "Germaniten" und dem Staat "Germanitien" an.
I.
1. Für die früheren Veranlagungszeiträume 2006 bis 2007 bzw. bis 2008 hatte der Kläger
(Straf-A Bl. 47) bereits gegen Änderungsbescheide wegen mehrerer nicht erklärter
Einnahmen geklagt und wurde seine Klage rechtskräftig abgewiesen durch
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Zwischenurteil vom 19. April 2011 3 K 6/11 (EFG 2011, 2189, DStRE 2012, 638) und
Schlussurteil vom 11. Oktober 2011 3 K 6/11 (n. v.; Finanzgerichts-Akte {FG-A} Bl. 51, 57).
Im damaligen Strafverfahren ... wurde er nach Strafbefehl durch Strafurteil vom ... bestraft.
2. Für das Streitjahr 2010 veranlagte das beklagte Finanzamt (FA) den Kläger zunächst
unter Nachprüfungsvorbehalt mit bestandskräftig gewordenem
Einkommensteuerbescheid vom 10. August 2013 (Straf-A Bl. 38, Probeberechnung ESt-A
Bl. 33) und Umsatzsteuerbescheid vom 10. August 2013 (Probeberechnung USt-A Bl. 58).
3. Mit Datum 30. Januar 2013 reichte der Kläger auf Vordruck der angeblichen
"Germaniten" eine Erklärung ein, dass er der "Firma Bundesrepublik Deutschland
gegenüber nicht steuerpflichtig" sei (Allg.-A Bl. 15).
4. Aufgrund Betriebsprüfung bei der seinen Familiennamen tragenden und ihm seit ...
2011 allein gehörenden GmbH (ESt-A Bl. 43; Straf-A Bl. 8) übersandte die dort zuständige
Betriebsprüfungsstelle unter dem 3. Mai 2013 eine Kontrollmitteilung über monatliche
Rechnungen und Einnahmen des Klägers aus einem "Rahmenvereinbarung" mit der
GmbH an das beklagte FA (ESt-A Bl. 38 ff.; Straf-A Bl. 3, 9 ff.; Hefter Kontoauszüge).
5. Am 3. Dezember 2013 leitete die Bußgeld- und Strafsachenstelle erneut ein
Strafverfahren gegen den Kläger ein (Straf-A Bl. 51).
6. Am 19. Dezember 2013 rief der Kläger bei der Bußgeld- und Strafsachenstelle an und
bezog er sich, ohne die Tätigkeit und Einkünfte zu bestreiten, auf seine Erklärung, nicht
zur Abgabe von Steuererklärungen verpflichtet zu sein (Straf-A Bl. 54).
7. Die Strafsachenstelle berichtete unter dem 27. Februar 2014 über die Ergebnisse der
Ermittlungen und schloss letztere ab (Straf-A Bl. 74).
8. Das FA berücksichtigte die nach der Kontrollmitteilung bekannt gewordenen
Einnahmen mit Einkommensteuer-Änderungsbescheid 2010 vom 3. März 2014 (ESt-A Bl.
70; Probeberechnung Straf-A Bl. 43), Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 2010 vom 28.
Februar 2014 (Probeberechnung Straf-A Bl. 45; USt-A) sowie
Gewerbesteuermessbetrags- und Gewerbesteuerbescheid 2010 vom 3. März 2014
(Probeberechnung GewSt-A).
9. Für das Streitjahr 2011 veranlagte das FA den Kläger mit Einkommensteuerbescheid
vom 3. März 2014 (Straf-A Bl. 63; Probeberechnung ESt-A Bl. 72), Umsatzsteuerbescheid
vom 28. Februar 2014 (Straf-A Bl. 67; Probeberechnung USt-A) sowie
Gewebesteuermessbetrags- und Gewerbesteuerbescheid vom 3. März 2014 (Straf-A Bl.
70, 72; Probeberechnung GewSt-A).
10. Im Strafverfahren ... erließ das Amtsgericht am ... wiederum einen Strafbefehl gegen
den Kläger (Straf-A Bl. 81).
11. Unter dem 5. März 2014 legte der Kläger gegen die Bescheide des Finanzamts vom
28. Februar und 3. März 2014 Einspruch ein. Weder seine "Begründung" noch die im
Einspruchsverfahren eingereichten Schreiben der "Germaniten" beziehen sich sachlich
auf die Besteuerung oder auf die der Besteuerung zugrunde gelegten Vorgänge oder
Beträge (Rb-A Bl. 1 ff.).
12. Nach beim Amtsgericht u. a. am 13. März 2014 eingegangenen Faxschreiben der
Germaniten und Rückfrage des Amtsgerichts vom 18. März 2014 antwortete der Kläger,
dass er sich auf die Schreiben beziehe und Einspruch gegen den Strafbefehl einlege.
13. Den gegen die Steuerbescheide am 5. März 2014 eingelegten Einspruch wies das FA
nach erfolgloser Anforderung einer Begründung (Rb-A Bl. 20) mit
Einspruchsentscheidung vom 26. März 2014 als unbegründet zurück (FG-A Bl. 72, Rb-A
Bl. 46).
14. Unter dem 25. April 2014 lud das Amtsgericht den Kläger zur Hauptverhandlung am ...
(Straf-A Bl. 124).
II.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 15. am 17. April 2014 "Feststellungsklage wegen
Einspruchsentscheidung vom 26.03.2014" und "Datenberichtigung BKA" erhoben und
macht zur Begründung geltend, "Person des Staatsvolks Germaniten" zu sein (FG-A Bl.
1).
Weitere vom "Trust des indigenen Volkes Germaniten" eingereichte Faxschreiben (FG-A
Bl. 2 ff., 18 ff., 31 ff.) und eine E-Mail mit todesfallbezogenen Fotos (FG-A Bl. 25 ff.)
beziehen sich nicht auf die Besteuerung oder den Inhalt der Klage.
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Der Kläger beantragt (FG-A Bl. 1, 80),
1. die Nichtigkeit der Einspruchsentscheidung vom 26. März 2014 festzustellen und diese
ersatzlos aufzuheben,
2. "Datenberichtigung aller beteiligten Personen durchzuführen".
Das FA beantragt (FG-A Bl. 78, 80),
die Klage abzuweisen.
Das FA bezieht sich auf die Einspruchsentscheidung nebst vorangegangenen
Bescheiden und Kontrollmitteilung. Die Klage sei mangels konkretisierter Bezeichnung
des Klagebegehrens unzulässig (FG-A Bl. 78).
III.
1. Der Vorsitzende und Berichterstatter hat dem Kläger mit Verfügung vom 24. April 2014,
zugestellt am 26. April 2014, Ausschlussfristen bis zum 12. Mai 2015 gesetzt, gemäß § 65
Abs. 1 FGO den Gegenstand des Klagebegehrens insbesondere auch in steuerlicher
Hinsicht abschließend zu bezeichnen und gemäß § 79b FGO alle Tatsachen anzugeben,
durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren eine
Beschwer empfunden wird (FG-A Bl. 8 f., 11). Der Kläger hat in Bezug auf die
Fristsetzungen nicht reagiert.
2. Mit Beschluss vom 24. April 2014, zugestellt am 26. April 2014, hat der Senat den
Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen (FG-A Bl. 14, 15).
3. Gemäß Verfügung des Einzelrichters vom 24. April 2014 sind die Beteiligten zur
mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter am 20. Mai 2014, 11.45 Uhr geladen
worden, und zwar mit dem Hinweis, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne
ihn verhandelt und entschieden werden kann (FG-A Bl. 13 f., 16). Die Ladungen sind dem
Kläger am 26. und dem FA am 25. März 2014 zugestellt worden (FG-A Bl. 15, 17).
4. Mit einem am 1. Mai 2014 eingegangenen Fax des "Trusts des indigenen Volkes
Germaniten" wird der Einzelrichter abgelehnt. Er sei "befangen, da er als Schuldner von
Leistungen nach Palandt BGB § 839, BDSG § 6, § 7, § 8, ggf. BKAG § 12 nicht
unparteiisch Verfahrensführung leisten kann. ..." - wie weiter ausgeführt - (FG-A Bl. 18).
5. Mit Beschlüssen vom 15. Mai 2014, verkündet in der Verhandlung am 20. Mai 2014, hat
der Einzelrichter das Ablehnungsgesuch als unzulässig und rechtsmissbräuchlich
zurückgewiesen (FG-A Bl. 74, 80) sowie sitzungspolizeilich für den Fall des Erscheinens
von Zuschauern zur mündlichen Verhandlung Polizeischutz und Einlasskontrolle mit
Ausweiskontrolle angeordnet (FG-A Bl. 74, 76).
6. Der Kläger ist - auch nach Wartezeit - zur mündlichen Verhandlung nebst
anschließender Urteilsverkündung nicht erschienen (FG-A Bl. 79).
7. Ergänzend nimmt das Gericht Bezug auf das Verhandlungsprotokoll sowie auf die oben
angeführten Unterlagen und die damit zusammenhängenden Vorgänge aus der
Finanzgerichts-Akte (FG-A) nebst Anlagenband und aus folgenden auszugsweise in
Kopie beigezogenen Akten:
Strafakte ... (Straf-A);
Steuerakten:
...
Entscheidungsgründe
B. I. Die Klage ist bereits unzulässig gemäß § 65 FGO mangels Bezeichnung eines
inhaltlich oder steuerlich konkreten Klagebegehrens innerhalb der dafür gesetzten
Ausschlussfrist (oben A III 1).
II.
Selbst wenn das Vorbringen des Klägers, "Person des Staatsvolks Germaniten" zu sein,
als Einwand gegen die Einspruchsentscheidung verstanden und als ausreichende
Bezeichnung eines Streitgegenstands angesehen wird, bleibt seine Klage erfolglos
mangels Begründetheit.
1. Ein solcher Einwand begründet weder eine Nichtigkeit (vgl. § 41 FGO) noch eine
Rechtswidrigkeit (vgl. §§ 40, 100 FGO) der angegriffenen Einspruchsentscheidung oder
der - zwar nicht vom Kläger angeführten, aber - ihr zugrundeliegenden Bescheide.
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Wie bereits rechtskräftig gegenüber dem Kläger ausgeführt, gilt ihm gegenüber das
deutsche Recht mit Verfassungs-, Steuer-, Verfahrens- und Prozessrecht. Es keinen Staat
Germanitien, insbesondere kein Staatsvolk Germaniten und weder ein Staatsgebiet noch
eine Staatsmacht Germanitien (Zwischenurteil vom 19.04.2011 3 K 6/11, EFG 2011,
2189, DStRE 2012, 638).
Vielmehr handelt es sich bei dem Zusammenschluss der auf den Faxschreiben
unterzeichnenden Personen um eine sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung
richtende und daher - falls noch nicht geschehen - gemäß § 3 i. V. m. § 2 Abs. 1 VereinsG
mit den Wirkungen des § 85 StGB zu verbietende Vereinigung, die sich auf ein
Phantasiegebilde beruft (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 04.07.2012 Au 3 K 12.573,
BeckRS, Juris).
2. Auch im Übrigen ist nicht nur nicht vorgetragen, sondern auch sonst nicht ersichtlich,
warum die Einspruchsentscheidung und die ihr zugrunde liegenden Bescheide nichtig
oder rechtswidrig sein könnten.
III.
Im Zusammenhang mit der Klage im Finanzrechtsweg gemäß § 33 FGO sind ferner für
den zweiten Klageantrag ("Datenberichtigung BKA aller beteiligten Personen") weder
Inhalt dieses Begehrens noch dessen Begründung nachvollziehbar zu erkennen.
IV.
Gemäß § 91 Abs. 2 FGO entscheidet das Gericht in Abwesenheit des Klägers nach seiner
ordnungsgemäßen Ladung unter Hinweis auf die Folgen des Ausbleibens (oben A III 3).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 ZPO sind nicht ersichtlich.
Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter gemäß § 6 FGO (oben A III 2).