Urteil des FG Hamburg vom 20.11.2012

FG Hamburg: vorsteuerabzug, subunternehmer, unternehmen, konkretisierung, vollziehung, aussetzung, einspruch, rahmenvertrag, identifizierung, nummer

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Umsatzsteuergesetz: Zu den Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs; kein Vorsteuerabzug bei
Scheinrechnungen und bei Scheingeschäften
Ein Unternehmer kann die gesetzlich geschuldete Steuer für eine sonstige Leistung nur dann als Vorsteuer
nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG abziehen, wenn die formellen Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 UStG erfüllt
sind und die Rechnungen insbesondere Angaben zu Umfang und Art der Leistung enthalten, die eine
leichte und eindeutige Identifizierung der Leistung ermöglichen. Auch ist die in den Rechnungen
ausgewiesene Umsatzsteuer nur dann als Vorsteuer abziehbar, wenn das andere Unternehmen tatsächlich
eine Leistung für sein Unternehmen erbracht hat. Ein Vorsteuerabzug bleibt versagt, wenn für den geltend
gemachten Vorsteuerabzug Scheinrechnungen zugrunde liegen.
FG Hamburg 2. Senat, Beschluss vom 20.11.2012, 2 V 264/12
§ 14 UStG, § 15 UStG
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist eine 2009 gegründete GmbH, deren Unternehmensgegenstand sich auf das Be- und
Entladen von Containern sowie Lagerarbeiten aller Art erstreckt. Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer
ist A.
In dem Streitzeitraum 2010 und Januar bis Juli 2011 führte die Antragstellerin u. a. auch
Kommissionierungsarbeiten und Qualitätskontrollen für den Fruchthandel durch. Die Antragstellerin
beschäftigte für die übernommenen Aufträge keine eigenen Mitarbeiter, sondern bediente sich der Hilfe von
Subunternehmern.
Gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin wurde in diesem Zusammenhang ein Strafverfahren wegen
Steuerhinterziehung eingeleitet.
Für den Streitzeitraum führte der Antragsgegner bei der Antragstellerin eine Umsatzsteuersonderprüfung durch.
Auf Grund der Prüfungsergebnisse erkannte der Antragsgegner u. a. einen Vorsteuerabzug aus Rechnungen
der B GmbH (im Folgenden B), der C GmbH (im Folgenden C), der D GmbH (im Folgenden D), der E GmbH (im
Folgenden E) und des Einzelunternehmers F nicht an. Auf die zu diesen Unternehmen eingereichten
Unterlagen und geschlossenen Verträge sowie den Betriebsprüfungsbericht wird für weitere Einzelheiten Bezug
genommen.
Mit geändertem Umsatzsteuerbescheid für 2010 vom 23.08.2012 setzte der Antragsgegner die Umsatzsteuer
für 2010 auf 72.686,91 € fest. Ebenfalls änderte er am 23.08.2012 die Vorauszahlungsbescheide für Januar bis
Juli 2011 und setzte die USt-Vorauszahlung für Januar 2011 auf 11.976,63 €, für Februar 2011 auf 4.298,11 €,
für März 2011 auf 3.453,44 €, für April 2011 auf 3.362,79 €, für Mai 2011 auf 11.859,50 €, für Juni 2011 auf
13.529,31 € und für Juli 2011 auf 13.054,66 € fest.
Gegen diese Bescheide legte die Antragstellerin am 30.08.2012 Einspruch ein und beantragte die Aussetzung
der Vollziehung. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 30.08.2012 ab. Über den dagegen
am 12.09.2012 eingelegten Einspruch hat der Antragsgegner bisher ebenso wenig entschieden wie über den
Einspruch vom 30.08.2012.
Am 01.10.2012 beantragte die Antragstellerin bei Gericht die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen
Bescheide. Zur Begründung führt sie aus, dass sie sich nicht mit dem Ziel der Steuerverkürzung an so
genannten Dienstleistungsketten beteiligt habe. Sie habe sich vielmehr stets von der Unternehmereigenschaft
der von ihr beauftragten Subunternehmer vergewissert. So habe sie sich auch bei den hier betroffenen
Subunternehmern nach einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung erkundigt, die Gewerbeerlaubnis
sowie weitere Unterlagen angefordert, bevor sie dann den Auftrag zur Durchführung der Arbeiten erteilt habe.
Die Arbeiten seien - wie auch der Antragsgegner wohl einräume - tatsächlich erbracht und die Rechnungen der
Subunternehmer in bar oder durch Überweisung bezahlt worden. Zudem sei ein Schaden nicht eingetreten,
denn ihres Wissens seien die betroffenen Unternehmen ihren steuerlichen Pflichten nachgekommen.
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Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides 2010 und der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide
Januar 2011 bis Juli 2011 auszusetzen, soweit darin ein Vorsteuerabzug aus den Rechnungen B
GmbH, der C GmbH, der D GmbH, der E GmbH und des F nicht berücksichtigt worden ist.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht ernstlich
zweifelhaft sei. Es seien bereits die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m.
§ 14 Abs. 4 Nr. 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht gegeben. Die Leistungsbeschreibung mit
"Qualitätskontrolle" und einer Auflistung von Containernummern sei nicht ausreichend, insbesondere wenn sich
die Vergütung für die entladenden Container nach deren Größe, der Anzahl der enthaltenen Collies und Sorten
richte. Auch eine Leistungsbeschreibung "Container Be- und Entladen", "Lagereinheiten" oder "Lagerarbeiten"
sei nicht ausreichend konkret. Die Rechnungen der E enthielten jeweils auf der zweiten Seite einen
unzutreffenden Briefkopf. Bei vielen Rechnungen sei ein Leistungsort nicht angegeben, so dass nicht
erkennbar sei, bei welchem Endkunden die Leistungen durchgeführt worden seien. Insoweit nimmt der
Antragsgegner auf den Betriebsprüfungsbericht Bezug.
Darüber hinaus ergäbe sich aus den eingereichten Vermerken der Steuerfahndung, dass es sich bei den
genannten Firmen um solche handle, die Schein- bzw. Abdeckrechnungen zur Verfügung stellten.
Dem Gericht haben drei Bände Bp-Arbeitsakten, die Rechtsbehelfsakte und die Umsatzsteuerakte zu der
Steuer Nr. .../.../... vorgelegen.
II.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide ist zulässig. Der Antrag nach § 69
Abs. 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) setzt nicht die Durchführung eines Vorverfahrens voraus, so
dass es für die Zulässigkeit nicht darauf ankommt, dass der Antragsgegner über den Einspruch gegen die
ablehnende Entscheidung vom 30.08.2012 nicht entschieden hat.
Der Antrag hat jedoch keinen Erfolg.
Nach § 69 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines
angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen
Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch
überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Danach soll seitens des Gerichts eine
Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes
bestehen. Solche sind gegeben, wenn bei summarischer Prüfung neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden
Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit
oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen und/oder Unklarheiten in der Beurteilung einer Tatfrage
bewirken (st. Rspr., vgl. BFH, Beschluss vom 03.02.2005 - I B 208/04, BStBl II 2005, 351; Beschluss vom
03.02.1993 - I B 90/92, BStBl II 1993, 426). Die Entscheidung ergeht bei der im Aussetzungsverfahren
gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und
der Aktenlage sowie aufgrund von präsenten Beweismitteln (§ 155 FGO i. V. m. § 294 Abs. 2 der
Zivilprozessordnung - ZPO) ergibt. Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen
darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht (BFH-Beschluss vom 20.03.2002 IX
S 27/00, BFH/NV 2002, 809 m. w. N.).
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide. Der Antraggegner
hat zu Recht einen Vorsteuerabzug aus den streitigen Rechnungen versagt.
1. Die streitigen Rechnungen erfüllen ganz überwiegend bereits nicht die formellen gesetzlichen
Voraussetzungen für einen Abzug der Vorsteuer.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.02.2005 kann der
Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem
anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Die Ausübung
des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14 a UStG ausgestellte
Rechnung besitzt. Nach § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG muss eine Rechnung u. a. die Menge und die Art
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(handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen
Leistung enthalten. Diese Anforderungen stehen im Einklang mit den Regelungen der Richtlinie 2006/112/EG
des Rates vom 28.11.2006 (Mehrwertsteuersystemrichtlinie - vgl. BFH-Urteil vom 02.09.2010, V R 55/09,
BStBl II 2011, 235 zur Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG). Fehlen die für den
Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Rechnungsangaben oder sind sie
unzutreffend, besteht für den Leistungsempfänger kein Anspruch auf Vorsteuerabzug.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH dient das Abrechnungspapier (Rechnung oder Gutschrift) für den
Vorsteuerabzug als Belegnachweis. Deshalb müssen die Abrechnungspapiere Angaben tatsächlicher Art
enthalten, welche die Identifizierung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Die den
Leistungsgegenstand betreffenden Angaben müssen eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der
Leistung, über die abgerechnet worden ist, ermöglichen, denn aus der Funktion des Abrechnungspapiers als
Belegnachweis folgt, dass der Aufwand zur Identifizierung der Leistung begrenzt sein muss. Es ist jedoch
zulässig, zur Identifizierung der abgerechneten Leistungen über die im Abrechnungspapier enthaltenen
Angaben tatsächlicher Art hinaus weitere Erkenntnismittel heranzuziehen. Sofern auf andere Erkenntnismittel
verwiesen wird, ist es erforderlich, dass die in Bezug genommenen Unterlagen in der Rechnung eindeutig
bezeichnet werden (BFH, Urteil vom 10.11.1994 - V R 45/93, BStBl II 1995, 395; Urteil vom 21.01.1993 - V R
30/88, BStBl II 1993, 385; Urteil vom 24.09.1987 - V R 50/85, BStBl II 1988, 688, 691f.; Beschluss vom
29.11.2002 - V B 119/02, BFH/NV 2003, 518; Beschluss vom 14.10.2002 - V B 9/02, BFH/NV 2003, 213;.
Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 16.09.2005 - 6 V 2616/05, juris).
a) Rechnungen der B
Den Anforderungen an eine eindeutige und leicht nachprüfbare Leistungsbeschreibung werden die Rechnungen
der B vom 06.04.2010, 17.05.2010 (Nr. .../05/2010), 17.05.2010 (Nr. .../05/2010), 30.05.2010 und 30.06.2010
nicht gerecht. Soweit die Rechnungen vom 06.04.2010 und 30.05.2010 lediglich die Angabe
"Qualitätskontrollen" enthalten, ist diese Bezeichnung so allgemein, dass eine mehrfache Abrechnung
derselben Leistung nicht kontrolliert werden könnte. Auch wird durch weitere Angaben keine Konkretisierung
der abgerechneten Leistung vorgenommen, denn weder die Angabe der Firma "..., Hbg", nach dem Vortrag der
Antragstellerin einer der Hauptauftraggeber, noch das unter der "Art.-Nr." aufgeführte Datum oder die Menge,
ohne Angabe der Mengeneinheit, ermöglichen eine eindeutige Zuordnung der abgerechneten Leistung.
Die Rechnungen vom 17.05.2010 bezeichnen unter "Bauvorhaben" offenbar einen Auftraggeber der
Antragstellerin (G bzw. H), unter der Rechnungsposition "Bezeichnung" werden offenbar Containernummern
angegeben, ohne dass dies eindeutig festgestellt werden kann. Soweit keine solche Kombination aus
Buchstaben und Zahlen angegeben ist, wird die Leistung mit "Paletten kommissioniert", "Paletten umpacken"
oder "Entladen von Wechselbrücken und Verteilung der Waren und Halle A + B" angegeben. Auch diese
Leistungsbeschreibung lässt eine leichte und eindeutige Kontrolle der abgerechneten Leistung nicht zu, denn
bei einer Mehrheit der abgerechneten Positionen ist die Art der erbrachten Leistung nicht im Ansatz
bezeichnet. Auch der mit der B geschlossene Rahmenvertrag kann nicht zur Konkretisierung herangezogen
werden, denn nach § 1 Abs. 1 des Vertrages könnten unterschiedliche Leistungen (entladen, beladen,
kommissionieren, allgemeine lagermäßige Arbeiten) mit den Einzelrechnungen abgerechnet worden sein. Im
Übrigen ist in den Rechnungen kein Bezug auf die Regelung des Rahmenvertrags genommen worden.
Die Rechnung vom 30.06.2010 nimmt nur scheinbar eine konkretere Leistungsbeschreibung vor, in dem die Art
der Leistung mit "Entladen und Verteilung der Waren in Halle D" abgerechnet wird. Die Angaben der Rechnung
sind jedoch in sich nicht stimmig, denn die Art der Waren wird mit "Brücken" bezeichnet, die Mengenangabe
weist jedoch drei Stellen hinter dem Komma aus. Zudem passt auch der Stückpreis von 35 € nicht zu der
Einheit "Brücken", so dass aus diesem Grunde nicht von einer ausreichend eindeutigen Leistungsbeschreibung
ausgegangen werden kann.
Die weiteren Rechnungen vom 28.03.2010, 14.03.2010 und 10.04.2010 nehmen mit der Bezeichnung der
erbrachten Arbeit und mit der Bezeichnung der (be- oder entladenen oder kommissionierten) Container eine
Leistungsbeschreibung vor, die gerade noch eine Kontrolle der erbrachten Leistung ermöglichen könnte. Im
Ergebnis kann dies jedoch dahinstehen, denn auch aus anderen Gründen ist der Vorsteuerabzug aus diesen
Rechnungen zu versagen (hierzu unter 2.).
b) Rechnungen der C
Die hier streitigen Rechnungen der C enthalten bis auf die Rechnung vom 09.07.2010 keine den formellen
Anforderungen genügende Leistungsbeschreibung. Art und Umfang der Leistung wird in ganz allgemein
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gehaltenen Bezeichnungen wie "40' Entladen von Waren", "Lagereinheiten" oder "Container be- und entladen +
kommissionieren" umschrieben, die eine Kontrolle im Hinblick auf Mehrfachabrechnungen nicht ermöglicht.
Eine Konkretisierung erfolgt auch nicht dadurch, dass in Einzelfällen ein Firmenname in der Rechnung
angegeben ist, denn auch dadurch kann eine eindeutige Bestimmung der abgerechneten Leistung nicht
erfolgen.
Soweit die Rechnung vom 09.07.2010 Containernummern ausweist und es an anderer Stelle (unter Ort der
Ausführung) heißt "Container Be- und Entladen", kann es dahin stehen, ob darin eine ausreichende
Leistungsbeschreibung zu sehen ist, denn der Vorsteuerabzug ist aus anderen Gründen zu versagen (hierzu
unter 2.).
c) Rechnungen der D
Soweit die Rechnungen der D als Leistungsbeschreibung lediglich Angaben wie "Lagerarbeiten" oder
"Lagerarbeiten, Qualitätskontrolle" enthalten, genügt dies nicht den formellen Anforderungen an eine
ordnungsgemäße Rechnung im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG. Eine Konkretisierung der Art der Leistung
erfolgt auch nicht in einem ausreichenden Maße durch Angabe einer Stundenanzahl und einem Preis pro
Stunde, denn auch dadurch wird eine Kontrolle im Hinblick auf Mehrfachabrechnungen nicht möglich.
Nachweise über die abgerechneten Arbeitsstunden sind den Rechnungen nicht beigefügt und auch der
Betriebsprüfung nicht vorgelegt worden.
Soweit die übrigen Rechnungen neben der Bezeichnung der Leistung mit "Container Be- und Entladen" die
einzelnen Container mit Nummern bezeichnen, kann es auch hier offen bleiben, ob die Rechnungen den
gesetzlichen Anforderungen genügen, denn der Vorsteuerabzug ist auf Grund eines fehlenden
Leistungsaustauschs zu versagen (hierzu unter 2.).
d) Rechnungen der E
Ebenfalls enthalten die Rechnungen der E zu einem großen Teil keine den gesetzlichen Anforderungen
entsprechende Leistungsbeschreibung. Art und Umfang der Leistung werden in allgemeiner Form mit
"Qualitätskontrollen", "Containerentladung", "Umpackarbeiten", "Grobreinigung", "Treppenhausreinigung" oder
mit "40' Entladen von Waren" bezeichnet, ohne dass darüber hinaus eine Konkretisierung erfolgt, die eine
Kontrolle im Hinblick auf Mehrfachabrechnungen ermöglicht. Soweit in Rechnungen unter der Bezeichnung der
Leistung Auftragsnummern aufgeführt werden, ergibt sich auch daraus nicht eine Konkretisierung der Art der
Leistung, denn die Aufträge sind den Rechnungen nicht als Anlage beigefügt. Im Übrigen wurde von der
Betriebsprüfung festgestellt, dass die Antragstellerin über keinerlei schriftlichen Unterlagen über
Auftragsvergaben oder weiteren Schriftverkehr mit ihren Subunternehmern verfügte. Insoweit hat die
Antragstellerin selbst darauf hingewiesen, dass sie alles telefonisch erledigen würde.
Soweit in einigen Rechnungen neben der Leistungsbeschreibung "Be- und Entladen" durch Angabe von
Containernummern eine gewisse Konkretisierung ermöglicht wird, kann es offen bleiben, ob sie den
gesetzlichen Anforderungen genügen, denn der Vorsteuerabzug ist auch aus anderen Gründen zu versagen
(hierzu unter 2.).
Darüber hinaus enthalten die Rechnungen aus Dezember 2010 nicht die Steuernummer des leistenden
Unternehmers oder dessen USt-ID-Nummer, so dass auch insoweit die notwendigen Angaben der Rechnung
nach § 14 Abs. 4 Nr. 2 UStG nicht vorliegen.
e) Rechnungen des F
Sämtliche Rechnungen des F erfüllen nicht die Anforderungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 14 Abs. 4 Nr. 4
UStG. Die Rechnungen bezeichnen die Art der Leistung nur ganz allgemein mit "Qualitätskontrollen". Daneben
wird die Menge in Collies angegebenen sowie ein Datum. Aber auch diese weiteren Angaben führen nicht zu
einer Konkretisierung der Leistungsbeschreibung, die eine leichte und eindeutige Kontrolle im Hinblick auf
Mehrfachabrechnungen ermöglicht würde. Vielmehr bleibt die Bezeichnung der abgerechneten Leistung
insgesamt derart im Allgemeinen, dass eine Nachprüfung, ob die Leistung überhaupt erbracht worden ist und
ob sie schon einmal abgerechnet wurde, nicht ermöglicht wird.
Der Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen ist demnach schon aus formellen Gründen zu versagen.
2. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für eine sonstige
Leistung nur dann als Vorsteuer abziehen, wenn das andere Unternehmen auch tatsächlich eine Leistung für
sein Unternehmen erbracht hat. Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin nicht darlegen können, dass den
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Rechnungen auch tatsächlich ein Leistungsaustausch zugrunde gelegen hat. Die von der Umsatzsteuer-
Sonderprüfung dargelegten Hinweise, dass den geltend gemachten Vorsteuerabzug Scheinrechnungen
zugrunde liegen, hat die Antragstellerin nicht widerlegen können. Sie trägt jedoch für den geltend gemachten
Vorsteuerabzug die Darlegungslast.
Alle Subunternehmer der Antragstellerin, aus deren Rechnungen der Antragsgegner einen Vorsteuerabzug
abgelehnt hat, beschäftigten nach den Feststellungen der USt-Sonderprüfung (vgl. Tz. 5 bis 9 des USt-
Sonderprüfungsberichts vom 03.08.2012) keine eigenen Mitarbeiter, die die abgerechneten Leistungen hätten
erbringen können. Entgegen dem Vortrag der Antragstellerin konnten die Subunternehmer ihre Arbeitsleistung
nicht ohne weiteres durch weitere Subunternehmer erbringen, denn dazu hätten sie der schriftlichen
Zustimmung ihrer Auftraggeberin bedurft. Die Antragstellerin hat mit den betroffenen Subunternehmern B, C, E
und F jeweils inhaltlich gleich lautende Rahmenvereinbarungen geschlossen, in denen u. a. vereinbart worden
war, dass der Auftragnehmer nur mit schriftlicher Zustimmung des Auftragsgebers Subunternehmer einschalten
darf (vgl. § 7 Abs. 2 des Rahmenvertrags). Solche schriftlichen Zustimmungen gibt es jedoch nicht. Vielmehr
gibt es nach den - unbestrittenen - Feststellungen der Betriebsprüfung überhaupt keine schriftlichen Unterlagen
über Geschäftskontakte, insbesondere keine schriftlichen Aufträge, Unterlagen im Zusammenhang mit der
Abwicklung der übernommenen Aufträge, wie z. B. Arbeitsnachweise oder Entladeberichte, oder sonstigen
Schriftverkehr, so dass es neben dem Rahmenvertrag und den Rechnungen keine Hinweise auf ein
Auftragsverhältnis gibt.
Entgegen der Vereinbarung im Rahmenvertrag hat die Antragstellerin sich nicht regelmäßig vor einer
Auftragserteilung Unterlagen über die Existenz und Zuverlässigkeit der Subunternehmer vorlegen lassen, wie
die Gewerbeanmeldung, den Handelsregisterauszug, Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Krankenkasse
und der Berufsgenossenschaft, eine Steuerbescheinigung u. a. m. (vgl. § 12 Abs. 2 des Rahmenvertrags).
Entsprechende Unterlagen, soweit sie der Antragstellerin vorgelegt wurden, wurden häufig erst nach einer
Auftragserteilung und Abrechnung von Leistungen vorgelegt, teilweise erst, nachdem die
Geschäftsbeziehungen bereits wieder beendet waren.
Auffällig ist des Weiteren, dass die Subunternehmer nacheinander der Antragstellerin immer nur für wenige
Monate sonstige Leistungen in Rechnung stellten. Ein Subunternehmer löste den vorherigen vollständig ab,
wobei es nur geringfügige zeitliche Überschneidungen gab. Auch zu einem späteren Zeitpunkt trat ein
Subunternehmer nicht wieder als Vertragspartner auf, wie es sonst im Geschäftsverkehr durchaus üblich ist.
Aus den vorgelegten Unterlagen betreffend die Subunternehmer, den Rechnungen und der Art der
vorgetragenen Bezahlung ergeben sich weitere Ungereimtheiten, die den Eindruck verstärken, dass die hier
betroffenen Subunternehmer der Antragstellerin gegenüber keine Leistungen erbracht haben.
So hat die B der Antragstellerin bereits seit Februar 2010 Leistungen in Rechnung gestellt, obwohl die GmbH
erst durch Gesellschaftsvertrag vom 12.03.2010 gegründet wurde und eine Gewerbeanmeldung erst im April
2010 erfolgte. Die Rechnungen enthielten bereits im Februar 2010 den Ausweis der Handelsregisternummer
und die Angabe der USt-ID-Nummer, obwohl das Unternehmen erst im Mai 2010 ins Handelsregister
eingetragen wurde und das Bundeszentralamt für Steuern der B erst mit Bescheid vom ... 06.2010 eine USt-ID-
Nummer mitgeteilt hatte. Die Rechnungen müssen demnach rückdatiert worden sein. Ein Grund hierfür ist
weder ersichtlich noch vorgetragen. Der Scheincharakter der Rechnungen wird darüber hinaus auch daran
deutlich, dass die Rechnungen ausweislich der vorgelegten Quittungen angeblich alle am Tag der
Rechnungserstellung in bar bezahlt worden sein sollen, was angesichts der Rückdatierung schon nicht möglich
ist. Vor diesem Hintergrund fallen weitere Ungereimtheiten, wie fehlender Abzug des eingeräumten Skontos,
kaum mehr ins Gewicht.
Bei der E hat die Antragstellerin sich entgegen der Vereinbarung im Rahmenvertrag Unterlagen nach § 12 Abs.
2 nicht vorlegen lassen. Für den Scheinrechnungscharakter dieser Rechnungen spricht des Weiteren, dass
zum Teil nur die erste Seite der Rechnung die E als Rechnungsausteller aufführt, während auf den weiteren
Seiten der Rechnung eine "E GmbH" als Rechnungsaussteller aufgeführt ist. Einem tatsächlich am Markt
auftretenden Unternehmen würde kaum der Fehler unterlaufen, dass unter einer unzutreffenden Firma Teile der
Rechnung erstellt werden, zumal es sich dabei nicht um versehentliche Ausdrucke auf falschem Briefpapier
handelt. Bei der E GmbH handelte es sich nach Ermittlungen der Steuerfahndung um ein Scheinunternehmen.
Die Rechnungen der D sollen ausweislich der vorgelegten Quittungen alle in bar bezahlt worden sein. Die Bar-
Bezahlung von Rechnungen bei Beträgen im vier- und fünfstelligen Bereich ist jedoch unüblich und bedürfte
zumindest einer Begründung. Gründe für dieses ungewöhnliche Geschäftsverhalten sind jedoch weder
ersichtlich noch vorgetragen, so dass die Vermutung naheliegt, dass tatsächlich eine Bezahlung nicht erfolgt
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ist.
Die Antragstellerin hat die von der USt-Sonderprüfung im Prüfungsbericht bereits aufgezeigten Ungereimtheiten
und Widersprüchlichkeiten nicht wiederlegen oder erklären können. Es sind keine ergänzenden Nachweise
vorgelegt worden, dass die genannten Subunternehmen tatsächlich gegenüber der Antragstellerin Leistungen
erbracht haben. Hierbei kommt es nicht darauf an, dass möglicherweise auch der Antragsgegner davon
ausgeht, dass die Antragstellerin ihrerseits die Leistungen gegenüber ihren Auftraggebern erbracht hat. Die
Antragstellerin kann ihre Aufträge auch in anderer Weise erfüllt haben. Die eidesstattliche Versicherung des
Geschäftsführers der Antragstellerin, dass ihm die Unternehmen namentlich bekannt seien und er alle
Rechnungen bezahlt habe, ist so allgemein, dass sie nicht geeignet ist, die konkreten Anhaltspunkte auf das
Vorliegen von Scheinrechnungen zu widerlegen.
Nach allem bestehen nach der in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen und nur
möglichen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Versagung eines
Vorsteuerabzugs aus den streitgegenständlichen Rechnungen.
3. Die Antragstellerin hat nach § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beschwerde ist
nach § 128 Abs. 3, § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen.